Kapitel 2
Langsam machte er sich auf den Weg. Seine Gedanken trieben
hin und her, er musste einfach immer an Legolas denken. Es ging nicht
anders. Was in Valars Namen sollte er tun? Er war verzweifelt.
Dann
war er vor seinem Volk angekommen und musste diese Gedanken
verdrängen. Alle hatten sich versammelt, um der Zeremonie bei zu
wohnen. Auch Aragorn und Arwen, seine Schwester Eowyn mit ihrem
zukünftigen Mann Faramir und die restlichen Gefährten waren
da. Sein Blick glitt über die Menge, er sucht ein ihm vertrautes
Gesicht, das er so sehr zu sehen wünschte. Er konnte Legolas
nicht entdecken.
'Dieser verfluchte Elb, er hat mich angelogen
und ist einfach abgehauen.', dachte er bei sich.
Sein Blick glitt
zum Rand und plötzlich durchzuckte ihn ein stechender Schmerz.
Da war er. Sein Elb. Legolas. Er sah auch nicht gerade glücklich
aus. Er versuchte zu angestrengt, nicht in seine Richtung zu sehen.
Dieses wunderbare Haar, das in der Sonne glänzte. Dieses
perfekte und wunderschöne Gesicht. Er wandte den Blick ab, zu
sehr schmerzte es ihn, Legolas zu betrachten. Doch immer wieder
musste er kurz rüber sehen, ob der Elb auch noch da war. Er
konnte einfach nicht anders.
Aragorn hatte den Blick, mit dem
Eomer alles absuchte genau gesehen. Er wusste auf wen dessen Blick
fiel, als er so schmerzlich zusammen zuckte. Eomer wusste es also.
Und scheinbar ging es ihm nicht anders, oder er war davon abgestoßen
und erschrocken ihn noch hier zu sehen. Er beobachtete Eomer. Dieser
schien nicht recht bei der Sache zu sein. Oft wanderte sein Blick zu
dem unglücklich aussehenden Elb.
Nun kam das Wichtigste.
Eomer wurde von Gandalf, genau wie er selbst ein paar Tage zuvor, zum
König gekrönt. Die Krone Rohans wurde auf sein Haupt
gesetzt. Er wandte sich an sein Volk und sprach:
"Ich,
Eomer, König von Rohan, gelobe alles in meiner Macht stehende zu
tun, damit dieses Land wieder aufblüht. Ich werde Euch, so weit
es in meinen Kräften steht, ein starker und gleichzeitig gütiger
König sein. Immer ein offenes Ohr für jeden meiner
Untertanen zu haben." So ging das noch ein Weilchen weiter.
Somit war Eomer offiziell König von Rohan. Eine Verpflichtung,
die unumstößlich war. Aragorn hoffte, Eomer würde
glücklich und lange regieren. Im Moment sah es aber eher so aus,
als wäre er den Tränen nahe. Nun ging es zu dem anderen
festlichen, aber um einiges lockereren Teil. Die Feier, bei der
gelacht, getanzt, getrunken und gegessen wurde. Der neue König
musste gebührend gefeiert werden.
Während der ganzen
Zeremonie traute sich Legolas nicht, den Blick vom Boden zu heben. Er
konnte Eomer einfach nicht ansehen, zu sehr schmerzte es. Dennoch
hatte er das Gefühl, dass dieser ihn mit seinem Blick streifte.
Er seufzte ganz leise.
"Ach, gäbe es doch eine
Hoffnung...", murmelte er sehr leise zu sich
selbst.
Endlich war die Krönung vorüber. Er würde
sich so schnell wie möglich absetzen. Jetzt noch näher an
ihn zu kommen, hätte er wirklich nicht überlebt.
Sanft
und vorsichtig legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er erstarrte,
wandte den Kopf. Es war nur Aragorn. Er musste sich mehr
konzentrieren, er bekam ja gar nichts mehr mit.
" Mein
Freund, ich sehe Schmerz und Pein in deinen Augen. Es ist Eomer, der
Dich so leiden lässt? Ich habe doch Recht, oder?", fragte
Aragorn.
"Ich weiß, wie sehr Liebe wehtun kann, doch
Eomer ist nun König und an seine Pflichten gebunden.",
sagte Aragorn.
"Ich weiß.", zischte der Elb. Er
schlug die Hand seines Freundes von seiner Schulter.
"Was
soll dieses Gerede? Denkst Du wirklich ein lächerlicher Mensch
könnte mich so berühren?", Legolas versuchte arrogant
und kalt zu klingen. Es gelang ihm nicht so recht.
"Sei nicht
böse auf mich, ich möchte Dir Trost spenden, zu schmerzhaft
kann ein unerfülltes Begehren sein.", erwiderte Aragorn,
sich durch die Grobheit seines Freundes nicht abschrecken lassend.
"Begehren? Ach, wenn es so einfach wäre.",
flüsterte Legolas leise.
Also doch, er hatte es befürchtet
der Düsterwald Elbenprinz hatte sich verliebt. In einen
Sterblichen, der noch dazu auserkoren war, niemals ihm gehören
zu können.
"Sag Legolas, mein Freund, weiß er
davon?", fragte Aragorn. Legolas sah ihn entsetzt an.
"H-hab
ich das grade laut gesagt?", Panik war in seiner Stimme, die
sich fast überschlug und einige Oktaven zu hoch quiekte.
"Ja,
das hast Du, zumindest so laut, dass ich Dich verstehen konnte.",
lächelte Aragorn. "Schäme Dich nicht deswegen, Liebe
macht vor gar nichts halt, nicht vor den Menschen, Elben, Zwergen und
allen anderen Völkern, genauso wenig vor dem Geschlecht.",
sagte Aragorn leise beruhigend zu Legolas.
Dieser drehte sich nun
vollends zu seinem Freund um, Tränen standen in seinen Augen. Er
sah einfach jämmerlich aus."
Ich habe ihm nicht gesagt,
wie viel er mir bedeutet, ich habe mich unserer Leidenschaft
hingegeben, aber nichts von meinen Gefühlen erzählt.",
sagte er leise. "Ich glaube auch nicht, dass er ebenso
empfindet. Es war was anderes. Einen Elben zu besitzen, wenn auch
nicht vollständig und auch nur für eine Nacht, war wohl
einfach zu verlockend." meinte Legolas leise. Aragorn sah ihn
aufmerksam an.
"Ich bin mir da nicht so sicher. Die Blicke
mit denen er Dich bedachte waren zärtlich, voller Trauer und
Sorge. Ich hatte schon das Gefühl, dass es ihm um mehr ging,
auch wenn er genau wusste, dass das nicht möglich sein wird.",
sagte Aragorn einfach. Legolas sah ihn an.
"Du, du meinst er
leidet genauso wie ich?", fragte er ungläubig.
"Ich
habe den Schmerz in seinen Augen gesehen, als er dich erblickte und
die Verzweiflung am Anfang, als er dich nicht finden konnte. Ich
denke, so merkwürdig es klingt, er hat an deinem Anblick Halt
gesucht. Er brauchte Dich, um das hier zu überstehen.",
meinte Aragorn.
Legolas war verwirrt. Sollte Eomer tatsächlich
mehr für ihn empfinden? Aber das war ja auch egal, es würde
keine Zukunft für sie geben, egal wie es mit den Gefühlen
aussah. Er sehnte sich danach Eomer zu berühren, seine Stimme zu
hören und noch so vieles mehr.
"Bitte richte ihm meine
Wünsche für seine Zukunft aus", flüsterte
Legolas mit brechender Stimme, "ich kann ihm nicht unter die
Augen treten. Zu sehr schmerzt es mich in seine Nähe zu
gelangen. Ich werde mich auf den Weg machen. Ich habe vor sein Glück
ein wenig in meine Hände zu nehmen..."
"Das hast
Du doch schon lange getan, er scheint sich nach Dir zu sehnen.",
sagte Aragorn leise.
"W-Was?", stammelte Legolas und
suchte Aragorns Blick.
"So wie ich die Sache sehe, wärst
Du seine Zukunft.", meinte Aragorn.
"Das darf nicht
sein, er würde für schwach angesehen und das wäre das
Letzte, was ihm hilft. Er braucht eine Frau. Eine Frau, die ihm einen
Stammhalter schenkt, mit der er glücklich werden kann.",
sagte Legolas leise und mit tiefer Verzweiflung in der Stimme.
"Du
willst WAS tun?" fragte Aragorn verdutzt. "Du liebst ihn
und willst ihm eine Frau suchen? Bist Du noch bei Trost?",
fragte der König Gondors entsetzt.
"Das ist seine
eigene Sache, da hast Du Dich nicht einzumischen.", meinte
Aragorn schließlich. Legolas sah ihn völlig verzweifelt
an.
"Ich kann ihm keinen Stammhalter schenken, eine Zukunft
gibt es für uns nicht. Bitte tu, um was ich Dich gebeten habe
mein Freund. Bitte erfüll mir meinen Wunsch. Ich benötige
einfach Deine Hilfe.", flehte der Elb leise.
Aragorn stimmte
auf Grund des völlig verzweifelten Zustandes seines Freundes zu,
drehte sich um und reihte sich in die Schlange der Gratulanten ein.
Legolas warf einen traurigen Blick hinter ihm her. Er hatte alles
verloren. Alles was wichtig war. Jetzt konnte er nur versuchen zu
helfen.
Er drehte sich um und ging mit Tränen in den Augen
ins Gebäude. Wenn er ihn schon verlieren musste, konnte er
wenigstens jetzt in Ruhe seine Sachen packen und mitnehmen. Eine
leise Hoffnung, dass Eomer kommen und ihn abhalten würde von
seinem Vorhaben, stahl sich in seine Gedanken und sein Herz. Er
wischte sie mit einer Handbewegung weg.
Das war Irrsinn, er war
bestimmt froh, wenn er endlich aus seiner Nähe verschwunden war.
Er packte alles langsam zusammen, wobei immer wieder sein Blick durch
zu viele Tränen getrübt wurde.
