Lautlos schwebte Tyrael, Letzter der Erzengel, auf und ab. Soeben hatte er den von Baal verdorbenen Weltstein vernichtet, hatte die Welt in ein neues Zeitalter ohne die Drei Großen Übel gestürzt.
Die Erschütterung der Wirklichkeit war hart zu spüren gewesen, sogar Tyrael war für einen Moment erschrocken gewesen, wie groß die Veränderung der Realität durch die Vernichtung des Weltsteines war.
Die Amazone vor ihm war von allem vollkommen ungerührt gewesen. Tyrael kannte sie schon ein ganze Weile, seit sie sich aufgemacht hatte, den Herrn des Schreckens zu vernichten, doch nicht ein einziges Mal hatte er eine Emotion auf ihrem steinernen Gesicht gesehen. Sie machte ihm keine Angst, doch sie... beunruhigte ihn. Irgendetwas war mit ihr nicht in Ordnung.
Er konnte die Dunkelheit in ihrem Inneren spüren, konnte die Wut und die Hilflosigkeit gegen das Schicksal in ihr brennen fühlen. Er wusste nicht, woher diese Dunkelheit in ihr kam.
Vielleicht wurde sie verursacht durch die Ermordung ihres ersten Söldners, einem Mann namens Alhiseer, durch Mephisto, den Herrn des Hasses.
Vielleicht hatte sie ihren Ursprung in der Vernichtung Izuals, des gefallenen Erzengels in der Ebene der Verzweiflung.
Vielleicht hatte der Tod ihres zweiten Söldners, dem Barbaren namens Qelag, sie so sehr aus dem Gleichgewicht gebracht.
Sie hatte die drei verschiedenfarbigen Seelensteine – Blau für Mephisto, Rot für Diablo und schließlich Gelb für Baal – vernichtet, doch vielleicht war ein Teil der Bosheit der Drei Großen Übel auf sie übergegangen.
Oder weil sie Dinge gesehen hatte, die keine Sterbliche je hätte sehen dürfen.
Tyrael wusste es nicht, es war auch nicht wichtig. Er wusste jedoch genau, dass die Amazone mit dieser Dunkelheit in ihrem Innersten zu gefährlich für diese Welt war. Schon einmal war ein Bezwinger der Großen Übel der Dunkelheit in seinem Innersten anheim gefallen und hatte die zweite Auferstehung der Brüder verursacht, dies durfte sich auf gar keinen Fall wiederholen.
„Du hast deine Aufgabe gut gemacht.", sprach er zu der Frau vor sich. „Erhalte nun deine Belohnung."
Und Tyrael zog sein flammendes Schwert des Lichtes, hell gleißte die Magie der Klinge, welche aus dem Innersten des Erzengels stammte. Genau diese Klinge hatte vor wenigen Minuten den Weltstein vernichtet, hatte den Sieg über die Großen Übel vollkommen gemacht.
Grüßend hob der Erzengel die Klinge, bevor er sie mit aller Kraft auf den Körper der schlanken Amazone vor sich niederfahren ließ. Er spürte keinen Widerstand – nichts widersetzte sich dieser mächtigen Waffe des Lichtes - , doch das Ergebnis seiner Tat war unübersehbar.
Er hatte den Leib der Frau in Hüfthöhe durchtrennt, Blut spritzte in hohen Fontänen aus ihrem Körper als die beiden Teile getrennte Weg gingen. Kein Schrei oder Schmerzenslaut war der Amazone entkommen, sie schien gewusst zu haben, was geschehen würde.
Auch jetzt sah Tyrael keinen Schmerz in ihren Augen, auch der erwartete Vorwurf oder die Wut blieben aus. Stattdessen glaubte er etwas anderes erkennen zu können.
Dankbarkeit.
Und dies machte ihm wirklich Angst.
Ja, erklärt mich doch für verrückt – solange ihr es in einem Review tut g
