-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Snape erfüllt seinen Schwur
Die plötzliche Dunkelheit erschien Willow allumfassend und völlig undurchdringlich und sie umklammerte den überraschend kühlen Schwertgriff – immerhin kam die Waffe ja aus einer Flamme – mit vor Schreck schweißfeuchten Fingern.
Einen Augenblick lang war in der riesigen Höhle kein Laut zu hören, bis auf das leise, erschreckte Wispern der vier Schüler direkt neben ihr.
„Ruhe!", zischte Remus weiter vorn in warnendem Ton und sofort verstummten auch diese letzten Geräusche.
Ein leises, kaum hörbares Rascheln erklang von der Seite, wo Voldemort und die Todesser standen. Dann sah sie von Remus' Position in der ersten Reihe aus einige rote Lichtblitze aufzucken, hörte mehrere Schockzauber zischen und ein lautes Gurgeln und Ächzen, gefolgt von drei schweren Aufprallen, bevor der Werwolf plötzlich dicht neben ihr flüsterte: „Harry! Hier herüber!"
Ein leises „Plop" erklang und sie spürte, wie unvermittelt etwas Großes, Haariges lautlos an ihr vorbei strich und die vier Schüler weiter in den Hintergrund der Höhle drängte. Es dauerte einen Augenblick, bis Willow begriff, was da vor sich ging. Offenbar war Remus als Werwolf in der Lage, trotz der Finsternis etwas zu erkennen, und er wollte jetzt diesen Vorteil nutzen, um Voldemorts bevorzugtes Ziel an einen etwas sichereren Ort schaffen. Und Jade nutzte derweil wohl ihre Animagus-Gestalt – bei der auch ihre Augen im Dunkeln ungleich schärfer waren, immerhin war sie ein Puma – um die anderen Jugendlichen und vermutlich auch Amanda und Sarah in Sicherheit zu bringen. Gleich darauf glitten auch Sirius und Kingsley an Willow vorbei und sie fragte sich flüchtig, ob zur Aurorenausbildung auch spezielle, geheim gehaltene Zauber gehörten, die die Sehfähigkeit im Dunklen verbesserten.
Aber was um alles in der Welt war mit Severus? Er konnte doch nicht tot sein, oder? Panik erfüllt und vor Angst und Entsetzen völlig unfähig sich zu rühren lauschte Willow angestrengt in die Dunkelheit. Oh bitte … bitte … nur ein Lebenszeichen … Bitte …
„Solaris!", fauchte im gleichen Augenblick eine hohe, kalte Stimme überschnappend vor Wut und gleißende Helligkeit erfüllte augenblicklich die riesige Höhle. Willow erhaschte aus den Augenwinkeln noch einen kurzen Blick auf Sirius und Kingsley, die gerade Sarah und Amanda in einen dunkleren Seitenabzweig der Höhle drängten. Von den vier Schülern war nichts zu sehen und auch die Lupins schienen wie vom Erdboden verschluckt …
Es dauerte eine Sekunde, bis Willow begriff, dass sie vor Entsetzen wie festgefroren dagestanden haben musste, nachdem ihr Griff zum Schwert und die daraus resultierende Dunkelheit es ihren Gefährten ermöglicht hatte, die drei Todesser niederzustrecken und sich in Sicherheit zu bringen.
Allerdings stand sie jetzt plötzlich Voldemort allein gegenüber – der gerade mit abfälligem Blick auf Nott, Avery und Narcissa Malfoy hinab sah, die mit verrenkten Gliedern reglos am Boden lagen, bevor er seine rot glühenden Augen direkt auf sie richtete … Aber sogar noch während die Furcht ihr das Herz zusammenkrampfte und ihr den kalten Schweiß auf die Stirn trieb, registrierte sie doch, dass Severus nicht tot zu Füßen des dunklen Lords lag. Er war überhaupt nicht zu sehen! War immer geschehen sein mochte – es war Voldemort offenbar nicht gelungen, ihn zu töten! Dem Himmel sei Dank!
Mit wild klopfendem Herzen erwiderte sie den Blick des Schwarzen Lords, entschlossen, lieber zu sterben, als ihm das Schwert zu überlassen.
„Professor Woods! Das Schwert! Schnell!" Von irgendwoher war plötzlich Harry aufgetaucht und streckte die Hand nach der Waffe aus. Und noch während Willow sich ihm zuwendete, überkam sie ein ganz merkwürdiges Gefühl. Im letzten Augenblick zog sie stirnrunzelnd das Schwert zurück und er griff ins Leere.
Fassungslos starrte der Junge sie an, aber sie achtete nicht einmal richtig auf ihn. Ihre haselnussbraunen Augen fixierten stattdessen den Schwarzen Lord, der sie von der anderen Seite der Höhle aus interessiert zu mustern schien, ohne sich jedoch zu rühren.
„Verdammt, geben Sie mir endlich das Schwert!" Harry sprang wieder auf sie zu und versuchte ihr die jahrhundertealte Klinge zu entreißen. Willow wich erneut vor ihm zurück und drehte sich so, dass er die Waffe nicht berühren konnte.
Seine Zauberstabhand hob sich drohend und Willows Augen weiteten sich unwillkürlich, als sie das hasserfüllte Funkeln in seinen grünen Augen sah.
Und dann verzerrte sich das Jungengesicht hinter der runden Brille zu einer fiesen Grimasse und er rief mit einer Stimme, die in der riesigen Höhle schaurig widerhallte: „Crucio!"
Atemlos wartete sie auf den Schmerz …
- - - - -
In dem Moment, als die Flamme erlosch und es schlagartig dunkel wurde, in dem Sekundenbruchteil, in dem Voldemort seinen Fluch beendete, warf Severus sich zur Seite. Etwas Kraftvolles, Eisiges streifte ihn, lähmte ihn für einen Augenblick, schleuderte ihn quer durch die Höhle und der harte Aufprall am Fels und nahm ihm kurzzeitig den Atem. Aber er war am Leben! Voldemorts Avada Kedavra hatte ihn knapp verfehlt!
Mühsam versuchte er wieder Luft in seine blockierenden Lungen zu zwingen, die durch den Schock des Aufpralls scheinbar völlig geleert worden waren. Sterne tanzten vor seinen Augen und nur mühsam unterdrückte er einen schmerzerfüllten Aufschrei, weil sein gebrochener Arm ihm den Flug und vor allem die harte Landung ziemlich übel nahm.
Und zu allem Überfluss hatte er auch noch seinen Zauberstab irgendwo verloren …
Mehrere rote Lichtblitze zuckten durch den Raum, und Severus, der sich gerade mühsam aufrichtete, fragte sich unwillkürlich, wer in dieser undurchdringlichen Finsternis wohl genug sehen konnte, um vernünftig zu zielen. Musste wohl Lupin sein – sein Wolfsinstinkt kam ihm hier wahrscheinlich zu Gute … Jawohl!
Der dreifache Aufprall auf Seiten der Voldemort-Anhänger entlockte ihm unwillkürlich ein grimmiges Lächeln, auch wenn in seinem Kopf jetzt wieder das Schreien und Kreischen der Stimme seines Onkels begann. Offenbar hatte der gute Max sich, jetzt da der Sauerstoffmangel behoben war, inzwischen auch wieder etwas erholt …
„Solaris!", fauchte Voldemort zornig und Severus kniff unwillkürlich die Augen gegen die gleißende Helligkeit zusammen. Und als er wieder klar sehen konnte, stockte ihm der Atem.
Das stand Willow, ganz allein, das Schwert in der Hand, das Kinn trotzig erhoben.
Und Voldemort fixierte sie mit lauerndem Blick.
Und dann tauchte plötzlich Potter auf – verdammt, wo war denn der Bengel auf einmal hergekommen? Und warum um alles in der Welt, gab Willow ihm das Schwert nicht? Damit wäre sie doch aus dem Spiel, oder? Voldemort würde sich doch nicht mit ihr aufhalten, wenn er Potter und das Schwert bekommen konnte … Andererseits – so ein Avada Kedavra erforderte nicht besonders viel Zeit …
Mit zusammengebissenen Zähnen setzte Severus sich mühsam in Bewegung. Wo zum Troll steckten die Auroren und Vertreidigungs-Lehrer, wenn es hart auf hart ging? Seine Frage wurde umgehend beantwortet, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.
Black. Er trat gerade aus einem relativ dunklen Gang, den Zauberstab drohend erhoben und einen grimmigen Ausdruck im Gesicht. Etwas weiter, aus einem zweiten Gang kommend, entdeckte er jetzt auch Lupin. Und Shacklebolt taucht auch auf, nur einen Schritt hinter Black. Gut.
Severus schob sich noch etwas weiter ins Licht, den Blick noch immer fest auf Willow und Potter gerichtet. Der Junge schien jetzt eindeutig am Ende seiner Geduld … Und der Schwarze Lord wirkte derweil wie eine Katze, die den Kanarienvogel belauerte …
Und dann tat Potter etwas, das Severus entsetzt aufkeuchen ließ. „Crucio!", schrie er mit lauter Stimme und richtete seinen Zauberstab auf Willow, die einfach stehen blieb, offenbar unfähig sich zu rühren …
- - - - -
Das war zuviel für Snape.
„Nein!" Wie aus dem Nichts stürzte er aus dem Schatten zwischen zwei schwarzen Felsblöcken hervor und warf sich auf den Jungen. Der Zauberstab flog in hohem Bogen durch die Luft. „Du wirst sie nicht foltern, um an dieses Schwert zu kommen, verdammt! Bist du jetzt völlig übergeschnappt, Potter?"
Potter ging unter seinem Angriff zu Boden, aber er gab nicht auf. Mit beiden Händen packte er den gebrochenen Arm des Lehrers und drückte zu. Die grünen Augen hinter der runden Brille funkelten hämisch, als diesem der kalte Schweiß ausbrach.
„Severus!" Das war Willows Stimme. Allerdings hatte er im Moment keine Zeit, ihr zu antworten. Sie schien noch etwas zu rufen, aber ihre Stimme ging vollkommen in der Schmerzwelle und in Maximilian Princes Toben in seinem Kopf unter. „BRING IHN UM! TÖTE POTTERS BALG! ERFÜLLE DEINEN SCHWUR!"
Mit einem Ächzen, das fast wie ein Schrei klang, schleuderte Severus den Körper des Schülers von sich. Kalter Schweiß lief ihm über das Gesicht und ihm war schrecklich übel vor Schmerz. Taumelnd kämpfte er sich zurück auf die Füße. „Verflucht, Potter!", schnaubte er aufgebracht. „Was ist in dich gefahren?"
Die einzige Antwort des Jungen bestand aus lautem, höhnischem Gelächter, als er sich vom Boden aufrappelte. Unsanft stieß er Willow beiseite „Aus dem Weg, Woods!" und warf sich dann wieder dem Tränkemeister entgegen. Sein Fausthieb war wieder auf den gebrochenen Arm gezielt und ging nur deshalb daneben, weil Severus sich schnell genug wegdrehen konnte. Stattdessen kollidierte die Faust des Jüngeren schmerzhaft mit seinem Solarplexus, was ihm ein weiteres Mal die Luft aus den Lungen trieb.
Und über das wütendes Schreien und Kreischen in seinem Kopf hinweg überlegte Severus flüchtig, dass er ja irgendwie verstehen konnte, dass Voldemort nicht in den Kampf eingriff – eine solche Show wollte er sich wohl nicht entgehen lassen, zumal er es ja von Anfang an auf diese Konfrontation abgesehen hatte – aber warum Black ihn noch nicht von diesem Planeten gehext hatte, wo er doch dessen geliebtem Patensohn eine Prügelei lieferte, das verstand er beim besten Willen nicht. Er würde bestimmt darüber nachdenken, jedenfalls sobald er wieder genug Luft in den Lungen hatte, um sich aufzurichten … und sobald die wilden, gekreischten Forderungen seines Onkels in seinem Kopf leiser wurden und nicht immer lauter …
„TÖTE POTTERS BRUT! BRING DEN VERDAMMTEN BENGEL UM! TU ES! TU ES JETZT!"
Es gelang ihm, den nächsten Schlag des Jungen zu kontern, und das Gesicht mit der blitzförmigen Narbe auf der Stirn verzerrte sich zu einer hasserfüllten Grimasse. Und dann ging alles in einem Nebel aus Schmerz und Wut unter … Seine Faust traf Potter direkt unter dem Kinn … Der Kopf des Jungen flog zurück … Er stürzte rückwärts, gegen einen der scharfkantigen Felsen … Ein lautes Knirschen …
Und Maximilian Princes Stimme stieß in Severus' Kopf ein wahres Triumphgeheul aus und verstummte dann, während dieser fassungslos vor Entsetzen in die gebrochenen grünen Augen Harry Potters starrte, aus dessen Brust ein armdicker, abgebrochener Stalagmit ragte.
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Okay, und das war es dann. Harry ist tot. Voldy murkst die anderen genüsslich ab und tritt die Weltherrschaft an … Nee, war nur ein Scherz! Und damit mich keiner killt, weil ich mein „Kein-Cliff-Versprechen" gebrochen habe, gibt es das nächste Kapitel gleich im Anschluss! Ach und noch etwas! FROHE WEIHNACHTEN!
