Kapitel 56 Probleme und Pflichten

Sie sind wie Geschichten, jede auf einen Grashalm geschrieben, dein Volk,

sagte der Drache mit leiser Stimme.

Aber jeder Halm ist eine Welt für sich, antwortete Jenny ruhig.

Frei nach Barbara Hambly, Der Sternendrache

Sirius hatte es geahnt, das Fieber war gekommen. Er hatte so gehofft, dass die Behandlung von ihm und Moody Erfolg gehabt hätte. Dem war nicht so. Das Fieber bahnte sich seinen Weg und Sirius wollte es noch in der Anfangsphase stoppen, oder es wenigstens versuchen. Zielsicher suchte er den Apothekerschrank von Moody auf und suchte nach fiebersenkenden Mitteln. Der magisch vergrößerte Schrank war sehr gut gefüllt, auch sah Sirius Tränke gegen starke Schmerzen, wie sie oft bei Folterflüchen vorkamen. Moody war wirklich gut bestückt, gewappnet für alle Lebenslagen.

Der alte Auror wurde seinem Ruf als leicht paranoid gerecht. Leise schlich er wieder die Treppen nach oben. Langsam dämmerte es, aber der Auror war noch zu erschöpft um helfen können, überhaupt würde man ihn sicher bald wieder im Ministerium erwarten. Sirius wollte dem alten Mann noch einige Zeit Ruhe und Schlaf gönnen, auch er konnte sich nur ansatzweise das Chaos im Ministerium vorstellen und wie Alastor versuchte, es in geordnete Bahnen zu lenken. Fudge war bestimmt keine Hilfe, der Zaubererminister war ein Narr und Feigling ohne Rückrat für diese Arbeit, aber beliebt! Genau diese Beliebtheit und diese Naivität brachten ihm immer noch viel Sympathie ein. Ein Umstand den Black nicht verstand, kurz schüttelte der den Kopf, ein Umstand, den er JETZT nicht verstehen musste! Vor ihm lagen andere Probleme.

Vorsichtig öffnete Sirius die Tür zum Schlafzimmer, das Einhorn hatte den Kopf gehoben und sah ihm mit leicht schiefgelegten Kopf entgegen. Firenze beugte sich gerade über Snape und fühlte selber nach der Temperatur, als Sirius eintrat sah das magische Wesen auf.

"Fieber!" stellte es fest und runzelte dann die Stirn. "Von den Wunden?"

"Gut möglich. Es könnten jedoch andere Faktoren sein, die wir bis jetzt noch nicht entdeckt haben", antwortete Sirius und stellte den Trank auf dem Nachttisch ab.

Mit einem leichten Stirnrunzeln wog er in Gedanken den Trank ab, diese fiebersenkenden Mittel waren nicht immer leicht zu handhaben und sollten erst recht nicht auf leeren Magen genommen werden. Aber hatte er eine andere Wahl? Snape sah nicht so danach aus als ob er einen vollen Fieberschub überleben würde. Fest entschlossen füllte Sirius etwas von dem Heilmittel in ein Glas ab und flößte es mit größter Vorsicht dem Bewußtlosen ein. Die Reflexe funktionierten und der Spion schluckte die Medizin.

Firenze raunte leicht: "Wie wäre es mit kaltem Wasser? Ich habe gehört ein kaltes Tuch auf der Stirn soll etwas helfen oder wenigstens Linderung verschaffen."

Mit leicht zitternden Händen schloß Sirius die Tränkeflasche und antwortete langsam: "So schlimm ist es ja noch nicht."

Firenze peitschte mit seinem Schweif und sah Sirius an. Das kleine Wörtchen, NOCH, schwebte zwischen ihnen.

Seufzend stand Black auf, dann suchte er nach kaltem Wasser oder noch besser Eissasser.

Wieder mußte Sirius das Haus durchsuchen, Eis, er mußte Eis finden. Doch wo hatte Mad Eye im Haus Eis? Seine Glieder wurden immer schwerer und langsam pochten seine Handgelenke. Wann hatte er zuletzt geschlafen? Sein Gedächtnis wollte nicht funktionieren und stattdessen bewegte er sich fast mechanisch. In einem Keller wurde er schließlich fündig. Dort lagen mehrere riesige Eisblöcke und ein kleiner Pickel. Mody hatte einen alten Eiskeller wie ihn früher Muggel gehabt hatten. Warum jedoch der alte Auror ein solches Relikt hatte war Sirius ein Rätsel. Schnell schlug er einige Eisbrocken in einen nahen Eiseneimer und rannte leise die Treppen hoch zu Snapes Zimmer. Firenze wartete dort bereits und faltete einige kleinere weiße Handtücher zusammen.

"Ich habe das Eis. Hoffentlich brauchen wir es nicht", sagte Sirius und eine Stimme hinter ihm sagte: "Hoffen auf was?"

Sirius wirbelte herum und sah einem sehr erschöpft dreinblickenden Mad Eye entgegen.

Firenze wirkte nicht so überrascht, stattdessen antwortete er ruhig: "Er hat Fieber und ich glaube wir sollten uns nicht nur auf die Tränke verlassen."

Mad Eye humpelte zu ihnen und betrachtete das eingefallene und schweißnasse Gesicht von Severus Snape.

"Ich habe so gehofft", murmelte der alte Auror leise.

"Ich auch", grummelte Sirius und schüttete das Eis in eine alte aber saubere Waschschüssel.

Müde ließ sich Alastor auf den Bettrand nieder und fühlte den Puls des Kranken. Firenze nahm die Waschschüssel von Black entgegen und begann in dem langsam entstehenden Schmelzwasser die Tücher einzuweichen. Das normale und das magische Auge hatten sich förmlich an Snape festgefressen und Black vermutete, dass der alte Mann nach den Gründen dieses Fiebers suchte. Nach einer Weile seufzte er und schüttelte den Kopf, das graue Haar löste sich aus dem provisorischen Pferdeschwanz.

"Ich kann nichts erkennen." Mit einem Gähnen strich sich Moody die Haare aus dem Gesicht. "Ich bin einfach noch zu müde."

Firenze wrang ein Tuch aus und legte es sachte auf die Stirn von Snape. Ein Zittern durchlief den geschundenen Körper und ein leises Ächzen entkam den spröden Lippen. Moody stand schwerfällig auf.

Mad Eye grummelte: " Haltet den Raum warm, vielleicht schwitzt er ja das Fieber heraus bevor es richtig hoch kommt."

Mit einem Seufzer sah Sirius auf den kalten dunklen Kamin, wieder Feuer machen ohne Zauberstab. Mit einem leichten Lächeln, fast so als würde er Gedanken lesen, ließ Alastor den nahen Kamin mit einem Schlenker seines Zauberstabes zum Leben erwachen.

Das prasselnde Feuer warf im Halbdunkeln seltsame Lichtspiele in den Raum. Vor dem Fenster wandelte sich der Himmel von Dunkel langsam zu einem helleren Blau. Es dämmerte.

Mit tief eingefallen Augen sah Moody durch das Fenster. "Feuerholz finden Sie im Erdgeschoß, gleich neben der großen Speisekammer. Ich muss wieder ins Ministerium."

"In Ihrem Zustand?" protestierte Black.

Moody lächelte. "Mein Junge, ich war schon in einem Schlimmeren und habe meinen Dienst versehen. Außerdem weiß keiner da drinnen mehr richtig wie man Todesser jagt und wer weiß...", der alte Mann zuckte mit den Schultern, "vielleicht finde ich ja Beweise, dass Snape unschuldig ist?"

"Wann kommen Sie wieder?" frage Sirius besorgt, er brauchte Moody und sein Auge, ganz zu schweigen von dem Zauberstab.

"Ich weiß nicht Junge. Ich weiß nicht", sagte der Auror leise.

"Und was ist wenn es mit ihm schlimmer wird?" Sirius war einer mittleren Panik nah, sein perfekter Plan begann sich aufzulösen.

"Dann", Moody fixierte Black sowohl mit seinem natürlichen wie auch dem magischen Auge, "WAGEN Sie es ja nicht nach Pomfrey zu schicken. Hogwarts wird überwacht! Das würde alles für Sie, für ihn, für Firenze, ja für alle nur viel schlimmer machen. Alles was Sie brauchen finden Sie hier im Haus. Bei Merlin! JUNGE! Hagrid hatte auch keine Pomfrey, die neben ihm stand, auch er hatte nur die Medikamente! Und er hat es geschafft ihn am Leben zu erhalten! Ich werde mich beeilen. Das verspreche ich."

Black war keinesfalls beruhigt, aber was Hagrid geschafft hatte mußte er doch auch schaffen können oder? Ein magischer Haushalt mit Zaubertränken, verflucht Moody hatte Recht, es war doch zu schaffen! Es mußte einfach!

Mad Eye verabschiedete sich nach kurzer Zeit und versprach so schnell wie möglich zurück zu kommen. Sirius begleitete ihn in die große Halle. Mit gemischten Gefühlen sah Black dem humpelnden Auroren hinterher. Bei Merlin war er müde. Black schlurfte die Treppen nach oben und sah wie beide magischen Wesen um das Bett standen und Snape beobachteten. Mit einem Seufzer straffte er die Schultern, keine Zeit zum Müdesein. Firenze sah ihn an und sagte leise: "Er wird warm, mit etwas Glück bekommen wir das Fieber wirklich in den Griff bevor es ganz ausbricht."

Black nickte.

Doch Firenze starrte ihn weiter fest an. "Sie sollten schlafen. Sie sehen müde aus."

Ein schiefes Lächeln huschte über das ausgemergelte Gesicht von Black. "Später Firenze. Dazu habe ich später genug..."

Ein Zittern durchlief den Körper des Todessers und das Einhorn wieherte warnend. Das Zittern wurde stärker und Sirius sprang nach vorne.

"Nachwirkungen", zischte Firenze und wich im ersten Moment erschrocken zurück.

Mit festem Griff hielt Sirius den sich windenden Körper fest. Fieber, gebrochene Knochen und Fluchnachwirkungen. Der Mann in seinen Armen warf den Kopf in den Nacken und öffnete die Lippen zu einem lautlosen Schrei. Firenze trat nach vorne und umfasste das Gesicht mit beiden Händen. Beruhigend sprach er in der uralten Sprache der Zentauren. Es gab ein hässliches Knacken als ein angebrochener Knochen endgültig brach und Sirius glaubte, seine eigenen Gelenke würden gleich heraus springen, so sehr zitterte und bäumte sich der kranke Körper auf. Was hatte Moray in seinem kranken Spiel diesem Mann nur angetan? Welche Flüche zogen so massive Fluchnachwirkungen mit sich? Endlose Minuten zog sich der stumme Kampf, um Knochen, die nicht weiter gebrochen werden durften und Sehnen, die nicht reißen durften, hin. Endlich ein letztes Aufbäumen und ein leiser kläglicher Schrei. Der geschundene Körper sackte in sich zusammen, leblos, wie tot. Sirius war schweißgebadet als er Snape losließ. Mehrere Verbände waren verrutscht und zeigten Wunden auf, die durch die Heftigkeit der Fluchnachwirkungen wieder aufgebrochen waren. Blut lief in dünnen Rinnsalen herunter und färbte die Verbände und das Bettlacken rot.

Sirius wischte sich das schweißnasse Haar aus der Stirn. "Wir brauchen weitere Verbände, Bluterneuerungstränke und neue Salben."

"Bleiben Sie diesmal hier. Ich hole es", sagte Firenze und Sirius bemerkte, dass auch der Zentaure vor Schweiß dampfte.

Das Einhorn schnob angewidert und schüttelte sich.

Irgendwie ließ Sirius Black das Gefühl nicht los, dass der Kampf um Severus Snapes Leben gerade erst begonnen hatte.

Von der Autorin:

Entschuldig das späte Update. Aber das Real Leben holt manchmal einen härter ein als man denkt. Hier also wieder ein neues Kapitel. Viel spaß beim Lesen!

W´erinaya