4. Der erste Schultag (Teil 1)
Es war alles schwarz, aber trotzdem drehte sich alles.
"Pass auf, wie du fährst! Du fährst viel zu schnell" hörte ich eine Stimme. Ich zuckte zusammen, als ich sie hörte. Es war die Stimme meiner Mutter. Langsam wurde die Umgebung deutlich. Ich saß auf dem Rücksitz unseres Wagens.
"Ich fahre 110 km/h! Das ist nicht zu schnell. Ich weiß, wie man Auto fährt." Das war die Stimme meines Vaters. Er klang verärgert. Meine Eltern stritten sich oft über solch banales Zeug, aber dann tat es ihnen wieder Leid und sie lagen sich in den Armen.
"Aber es regnet und es ist rutschig." fuhr meine Mutter ihn an. Ich wollte eingreifen und meine Mutter unterstützen. Sagen, dass mein Vater langsamer fahren sollte, aber ich wusste, dass sie mich nicht hören würden.
"Hör auf, mich immer zu kritisieren. Wir sind viel zu spät dran, ich will nicht, dass Charlie auf uns warten muss." sagte mein Vater und sah meine Mutter an.
Ich wollte schreien, er solle gefälligst auf die Straße sehen und aufpassen, dass es mir egal wäre, wenn sie zu spät kommen würden, aber es drang kein Laut aus meiner Kehle. Ich hörte eine Hupe.
"AHHH...BEN, PASS AUF!" Auch mein Vater schrie und versuchte, das Auto wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie waren von der Straße abgekommen und es kam ein LkW direkt auf sie zu.
Ich hörte nur noch den Schrei meiner Mutter und das Quietschen der Reifen, dann wurde alles dunkel.
Ich wachte auf und atmete heftig. Es war wieder dieser Traum. Ich wusste nicht, woher er kam, denn bei dem Unfall war ich nicht dabei. Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln und sah auf die Uhr. Es war halb sieben. Die anderen schliefen noch, aber ich wollte nicht mehr schlafen, also stand ich auf, fischte mir meine Klamotten aus meinem Koffer und ging ins Bad.
Nachdem ich mich geduscht und geschminkt hatte, schloss ich die Tür auf. Ich sah Lily, die vor ihrem Schrank stand und etwas suchte.
"Guten Morgen!" sagte Lily fröhlich.
"Morgen." antwortete ich.
"Bist du fertig?" Ich nickte. Sie nahm ihre Sachen und verschwand im Badezimmer. Da ich keine Lust hatte, alleine nach unten zu gehen, wartete ich auf Lily und leerte meinen Koffer in meinem Schrank. Sarah und Olivia schliefen noch. Wie konnte man nur so lange schlafen? Ich verstand es nicht. Endlich kam Lily aus dem Bad. Sie machte ein überraschtes Gesicht, als sie mich sah.
"Hast du auf mich gewartet?" fragte sie.
"Ja, ich glaube, dass ich nie alleine in die große Halle finden würde." sagte ich schwach lächelnd. Lily lachte und wir gingen in die große Halle.
Als wir endlich angekommen waren, war die große Halle bereits voll. Ich hielt automatisch nach den Rumtreibern Ausschau, aber sie waren wohl noch nicht da. Die Slytherins sahen ziemlich wütend aus und dem Moment fiel mir die letzte Nacht wieder ein. Ich verkniff mir gerade noch das Lachen. Wenn ich mir die Gesichter der Slytherins vorstelle, in ihrem rosa Gemeinschaftsraum. Zum Schießen!
Lily und ich setzten uns an den Haustisch der Gryffindors und begannen zu frühstücken.
"Morgen!" hörte ich dann eine nuschelnde Stimme neben mir. Ich drehte mich zur Seite und sah Sirius ins Gesicht. Er sah ziemlich verschlafen aus. Lily verzog das Gesicht, als James sich neben sie setzte.
"Was willst du Potter!" schnauzte sie ihn an. Warum regt sie sich denn so auf? Man sah ihr doch voll an, dass sie James mochte. Während James und Lily sich stritten, wendete ich mich wieder meinem Frühstück zu.
"Ha! Seh dir mal die Gesichter der Slytherins an." sagte Sirius grinsend. Ich sah auf und guckte zu den Slytherins rüber. Sie sahen ebenfalls hier rüber, aber ihre Blicke galten eher den Rumtreibern.
"Was bringt euch dieser Streich eigentlich, wenn niemand weiß, was passiert ist. Ich meine..von den Slytherins wird es bestimmt niemand sagen." sagte ich.
"Keine Angst, du musst es nur den richtigen Leuten erzählen und schon verbreitet sich der Streich wie ein Lauffeuer." sagte Sirius zwinkernd. Ich war verwirrt.
In diesem Moment stand Dumbledore auf: "Meine lieben Schüler, ich möchte sie gerne noch einmal darauf hinweisen, dass das Verlassen der Gemeinschaftsräume nachts nicht erlaubt ist und das es eben so wenig erlaubt ist, die Gemeinschaftsräume der anderen Häuser zu betreten. Ich weise Sie darauf hin, da es in der heutigen Nacht einen Vorfall gegeben hat, den es wohl noch nie in der Geschichte gegeben hatte. Ich möchte dies aber nicht weiter ausführen." Er sagte das streng, aber, wenn man genau hinsah, sah man das belustigte Glitzern in seinen Augen. Nachdem sich alle wieder ihrem Frühstück zuwandten, fragte ich Sirius, was er damit gemeint hatte.
"Ach...ich meine damit nur, dass in wenigen Minuten die ganze Schule davon wissen wird." sagte er grinsend. Ich beschloss einfach abzuwarten, was passieren würde. Und tatsächlich, man hörte schon einzelne Schüler auflachen und einige zeigten mit den Fingern auf die Slytherins. In dem Moment stand ein großer Junge, der am Ravenclawtisch saß auf, und rief grinsend: "Hey Malfoy, steht ihr neuerdings auf pink!" Viele, die wussten worum es ging, fingen an zu lachen, während andere ziemlich verwirrt drein sahen. Aber auch ihnen wurde von dem "geniale" Streich, wie ihn schon jetzt einige nannten, berichtet.
"Na? Was hab ich gesagt?" fragte Sirius mich grinsend. Mir blieb der Mund offen stehen. Es hatte tatsächlich nur wenige Minuten gedauert, bis alle von dem Streich wussten.
"Und wem hast du es erzählt?" fragte ich.
"Olivia und Sarah. Wenn du ein Gerücht verbreiten willst, dann bist du bei denen an der richtigen Adresse." Die Slytherins sahen jetzt noch viel wütender aus, als vorhin.
"Ihr Stundenplan, Miss Hayden." Hinter mir stand McGonagall und hielt mir ein Blatt Pergament entgegen.
"Danke." murmelte ich und besah mir den Stundenplan. Als erstes hatten wir eine Doppelstunde Zaubertränke und gleich darauf eine Doppelstunde Verteidigung gegen die dunklen Künste, beide male mit den Slytherins.
Nach dem Frühstück ging ich mit Lily in die Kerker. Ein merkwürdiger Ort zum unterrichten, wenn ihr mich fragt, aber natürlich tat das niemand.
"Wen haben wir in Zaubertränke?" fragte ich Lily.
"Professor Slughorn, er ist der Hauslehrer von Slytherin, aber er ist ganz okay."
"Ah, sieh mal einer an, die Schlammblüter Evans und Hayden." begrüßte uns auch gleich Malfoy. Ich seuftze innerlich auf. Nicht schon wieder. In meiner alten Schule gab es viele von diesen Typen, die sich für etwas besseres hielten, weil sie reinblütig waren.
"Oh, jetzt hab uns aber getroffen." sagte ich sarkastisch. "Eure Sprüche könnt ihr euch sonst wo hinstopfen, denn wenn ihr glaubt, dass ihr uns damit trefft, dann habt ihr euch geschnitten." Ich drehte ihnen den Rücken zu und wandte mich an Lily, dabei verdrehte ich die Augen. Lily unterdrückte ein Grinsen und in dem Moment kam Professor Slughorn und öffnete die Tür zum Klassenzimmer. Ich setzte mich neben Lily und in dem Moment fiel mir auf, dass die Rumtreiber noch gar nicht da waren.
"Heute fangen wir mit einem neuen Trank an. Dem Trank der lebenden Toten. Er ist ein sehr effektiver Schlaftrank, denn jeder, der auch nur einen Schluck von ihm trinkt wird für den Rest seines Lebens schlafen. Daher auch der Name. Nun, wir wollen mal sehen, was sie alle noch vom Brauen verstehen. Die Zubereitung steht an der Tafel. Fangen Sie bitte an."
Alle standen auf und gingen nach vorne zu den Schränken. Ich tat es ihnen gleich, holte alle Zutaten und einen Kessel und setzte mich wieder auf meinen Platz. Ich kannte diesen Trank bereits, denn ich hatte ihn schon zwei- oder dreimal gebraut, als ich in Deutschland ein Praktikum in einem Zaubererkrankenhaus gemacht hatte. Seitdem wollte ich Heilerin werden.
In diesem Moment stürmten die Rumtreiber in das Klassenzimmer, nur Peter fehlte.
"Mr Potter, Mr Black und Mr Lupin, darf ich fragen, warum sie erst jetzt im Unterricht erscheinen?"
"Entschuldigen Sie, Sir. Wir wurden aufgehalten." antwortete Remus, bevor die anderen beiden etwas erwidern konnten. Ich hörte Lily neben mir schnauben.
"Nun gut, 10 Punkte Abzug von Gryffindor. Setzen Sie sich und dann können sie anfangen zu brauen. Die Anweisungen stehen an der Tafel." Die drei suchten freie Plätze und da sonst nur noch Plätze bei den Slytherins frei waren, setzten sie sich neben mich.
Nachdem die Doppelstunden zu Ende war, ging Slughorn durch die Reihen und sah in die Kessel. Bei manchen zog er schnell den Kopf nach hinten und schüttelte den Kopf. Die Wenigsten hatten ein gutes Ergebnis. Die einzigen, die fertig geworden waren, waren Lily, Sirius, James, Remus, ein Slytherin namens Severus Snape und ich.
"Sehr gut, 5 Punkte für jeden von Ihnen. Dieser Trank ist wirklich sehr komplex. Glückwunsch. Als Hausaufgabe schreiben sie bitte alle einen Aufsatz über die Wirkungen und Gefahren dieses Zaubertrankes." In diesem Moment klingelte es dann und alle packten ihre Sachen zusammen und verließen das Klassenzimmer. Lily war schon vorgegangen, da sie möglichst schnell von den Rumtreibern loskommen wollte.
"Du bist gar nicht so schlecht in Zaubertränke." sagte James.
"Danke, aber man kann von mir wohl erwarten, dass ich es kann, wenn ich schon Heilerin werden will."
"Du willst Heilerin werden? Warum?"
"Weil ich mir nicht vorstellen kann einen langweiligen Bürojob anzunehmen und ich kann mir erst recht nicht vorstellen Aurorin zu werden und jeden Tag kämpfen zu müssen. Da helfe ich lieber anderen Menschen." Es gab noch einen anderen Grund. Als meine Eltern den Unfall hatten, waren sie im Krankenhaus, aber keiner der Ärzte konnte ihnen helfen. An diesem Tag hatte ich mir geschworen, dass ich Heilerin werden würde. Niemand sollte das erleben, was ich erlebt hatte, das wollte ich verhindern.
"Hey Charlie!" Ich sah eine Hand vor meinen Augen winken. Es war Sirius.
"Hmm? Oh entschuldige, ich habe nach gedacht." sagte ich und lächelte ihn an.
Er sah mich etwas besorgt an, aber ich winkte nur ab. Niemand sollte davon etwas merken.
Wir waren vor dem Klassenzimmer für Verteidigung gegen die dunklen Künste angekommen und traten ein. Der Lehrer war noch nicht da, also hielt ich nach Lily Ausschau. Sie saß in der zweiten Reihe. Ich ging zu ihr und setzte mich neben sie. Sie lächelte mir zu und als James, Sirius und Remus sich hinter uns setzten, blickte sie besonders James und Sirius böse an. Bevor sie aber etwas sagen konnte, kam der Lehrer herein. Er hieß Professor Higgins und war etwa mitte 40.
"Guten Morgen, alle zusammen. Ich hoffe Sie hatten schöne Ferien. Heute fangen wir mit einer praktischen Wiederholung der letzten Jahre an. Machen wir eine Reise zurück in Ihr drittes Schuljahr. Die Irrwichte. Wer kann mir etwas über Irrwichte erzählen? Ja. Miss Evans?"
"Irrwichte sind meistens an dunklen Orten zu finden, wie z.B. in einem Schrank oder einem Dachboden. Sie sind Gestaltwandler und niemand weiß, wie sie in Wirklichkeit aussehen, denn sie nehmen die Form an, vor denen sich ihr Opfer am meisten fürchtet."
"Sehr gut, Miss Evans. 5 Punkte für Gryffindor. Wollen wir doch einmal shen, ob Sie noch wissen, wie man sie bekämpft. Kommen Sie nach vorne." Mit einem Wink seines Zauberstabes rückten Tische und Stühle zur Seite und machten den Platz frei. Toll. Ich hatte echt keine Ahnung, in was sich mein Irrwicht verwandeln würde. Ich stand noch nie einem gegenüber, denn wir hatten in Deutschland keine praktischen Übungen gemacht.
"Stellen sie sich in einer Reihe auf."
Nach und nach gingen alle nach vorne und kämpften gegen den Irrwicht, wobei man das nicht wirklich tat, man musste ihn ganz einfach lächerlich machen. Ich fand heraus, dass Sirius vor einem Floh Angst hatte, James hatte vor dem Tod am meisten Angst und Remus vor dem Mond, warum auch immer. Schließlich kam ich an die Reihe und ich wusste immer noch nicht, in was sich mein Irrwicht verwandeln würde. Einfach durch die Mitte, Charlie! Also trat ich vor und sah zu, wie sich der Irrwicht verwandelte. Ich stockte, als der Irrwicht die Gestalt von meiner Schwester Sarah annahm.
"ES IST ALLES DEINE SCHULD, CHARLETT! WENN DU NICHT GEWESEN WÄRST, DANN WÜRDEN SIE NOCH LEBEN! NUR DEINETWEGEN SIND SIE TOT, ICH WÜNSCHTE, DU WÄRST AN IHRER STELLE GESTORBEN! ICH HASSE DICH!"
Das Blut war aus meinem Gesicht gewichen.
"Sarah..." Ich hatte meinen Zauberstab fallen gelassen und stand wie angewurzelt da. Dann spürte ich, dass jemand mich von hinten packte und mich zurückzog. Der Irrwicht verwandelte sich jetzt wieder in einen Floh, denn Sirius war vor mich getreten. Ich bemerkte die geschockten Blicke der anderen, hob schnell meinen Zauberstab auf und stürmte aus dem Klassenzimmer.
----------------------------------------------
Reviews?
