5. Der erste Schultag (Teil 2)
(aus Sirius´ Sicht)
Ich war entsetzt, als ich sah, in was sich Charlie´s Irrwicht verwandelte. Wer war diese Frau und was meinte sie damit? Wer war gestorben? Ich wusste nur eins, ich musste Charlie finden. Sie sah ziemlich entsetzt aus und das war noch milde ausgedrückt. Ich machte mir ehrliche Sorgen um sie und ich sah auch auf den Gesichtern von James, Remus und Evans große Sorge. Es war merkwürdig, ich kannte Charlett gerade mal einen Tag und schon machte ich mir solche Sorgen um sie. Das konnte ich mir nicht erklären.
Nachdem es zur Mittagspause geklingelt hatte, lief ich mit James und Remus in unseren Schlafsaal und holte die Karte des Rumtreibers heraus. Ich hielt meinen Zauberstab auf sie gerichtet und sagte:
"Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin." Langsam bildeten sich Konturen - Flure und Geheimgänge von Hogwarts - auf der Karte und man sah viele, kleine, umherlaufende Gestalten. Ich suchte nach Charlett´s Namen und fand ihn schließlich auf dem Nordturm.. Wie sie wohl da hin gefunden hatte? Aber darüber machte ich mir in dem Moment keine Sorgen und wir liefen los, zum Nordturm. Als wir dort ankamen, hörte ich Stimmen.
"Es ist ja gut." Das war die Stimme von Evans. Und dann war da noch ein Schluchzen. Charlett! Einige Minuten schwieg Evans und als ich gerade hervortreten wollte, sagte Charlie:
"Das war meine Schwester..."
"Du musst mir das nicht erzählen, wenn du nicht möchtest."
"Doch, ich will. Ich kann einfach nicht mehr, Lily. Das war meine Schwester...ich...weißt du, sie ist nicht so, wie sie gerade gewirkt hat. Sie ist so nett und lieb zu mir...manchmal glaube ich, sie ist die einzige, die mich wirklich versteht und deshalb...deshalb habe ich auch solche Angst davor, dass sie mir die Schuld dafür gibt."
"Wofür denn?" fragte Evans.
"Dass...Mum und Dad... tot sind." Ich war geschockt! Charlie´s Eltern sind tot...Dieser Gedanke schwirrte mir die ganze Zeit im Kopf herum und ich hörte James und Remus neben mir, die Luft einziehen. Auch sie waren geschockt.
"Oh Charlie, das tut mir ja so furchtbar Leid...ich..."
"S..sie sind vor einem halben Jahr gestorben...sie wollten mich vom Bahnhof abholen...ich wollte in den Osterferien mal nach Hause kommen...an dem Tag hatte es ziemlich heftig geregnet...und..u.und mein Dad wollte nicht zu spät kommen..." sie lächelte kurz traurig "...er hasste Verspätungen, das war sein kleiner Fimmel..." sie schluchzte erneut auf.
"Charlett..."
"Er..war kurz abgelenkt und sie sind von der Straße abgekommen...ein LKW hat sie gerammt u..und..sie sind ins Krankenhaus geliefert worden...aber niemand konnte ihnen helfen...Niemand! Sie waren einfach nicht mehr da...vom einen Tag auf den anderen. Einfach weg! Die Wochen darauf waren schrecklich...Sarah war immer tapfer und hat ihre Tränen versteckt, damit ich nicht bemerke, wie traurig sie war...i..ich stand unter Schock und wollte es einfach nicht wahr haben...auf die Beerdigung bin ich auch nicht gegangen...ich habe mich geweigert. Es war mir egal, wie sehr mich Sarah auch anbettelte und anflehte...ich habe wochenlang nach der Beerdigung kein einziges Wort gesprochen und habe mich nachts in den Schlaf geweint...erst später habe ich bemerkt, wie sehr ich Sarah damit...verletzt habe. Ich war so selbstsüchtig...irgendwann...ich hatte es einfach satt zu weinen...und habe beschlossen, niemanden zu zeigen, dass ich..."
"Das du traurig bist? Aber Charlie...das ist doch etwas ganz normales...deine Eltern sind gestorben, du darfst deine Gefühle nicht verstecken...sonst wirst du nur noch unglücklicher..."
"Aber es tut so verdammt weh..." Sie schluchzte erneut auf. Ich hatte solches Mitleid mit ihr. Ich konnte es einfach nicht glauben, Charlie hatte so fröhlich gewirkt.
"Es tut mir Leid, Lily..."
"Was denn?"
"Dass ich dich mit meinen Problemen belaste...du bist die erste, der ich über meine Gefühle erzählt habe..."
"Das muss dir aber nicht Leid tun, ich möchte, dass du weißt, dass du zu mir kommen kannst, wenn du jemanden brauchst."
"Es ist merkwürdig...wir kennen uns gerade mal einen Tag, aber trotzdem vertraue ich dir irgendwie..."
Evans lächelte.
"Geht es wieder?"
"Ja..." Lily stand auf und wollte gerade gehen, als Charlie sagte:
"Ach und Lily?"
"Ja?"
"Danke."
"Gern geschehen." James stieß mich an und machte eine Bewegung, die wohl heißen sollte, dass wir uns verziehen sollten. Wir schlichen uns leise weg und als wir außer Hörweite waren, liefen wir in Richtung der großen Halle.
(aus Charlett´s Sicht)
Ich saß noch einige Minuten auf dem Nordturm, aber ich weinte nicht mehr. Das Gespräch mit Lily hatte mir etwas geholfen. Schließlich entschloss ich mich, da wir heute nachmittag keinen Unterricht mehr hatten, in den Gemeinschaftsraum zu gehen, um die Hausaufgaben zu machen und einen Brief an Sarah zu schreiben.
Auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum merkte ich, wie mich viele anstarrten und hinter vorgehaltener Hand flüsterten. Wie unhöflich, aber da fiel mir wieder ein, wie schnell sich der Streich der Rumtreiber verbreitet hatte und mir war nun klar, dass alle von dem Vorfall in Verteidigung gegen die dunklen Künste wussten und ich seufzte auf. Damit musst du nun mal leben, Charlie.
Als ich mich im Gemeinschaftsraum in einer gemütlichen Ecke niedergelassen hatte, setzten sich die vier Rumtreiber nach einiger Zeit gegenüber von mir an den Tisch. Remus, James und Sirius sahen mich ernst an, während Peter verwirrt von einem zum anderen schaute. Ich räusperte mich.
"Ähh..." Wirklich geistreicher Kommentar, Charlie.
"Wie geht es dir?" fragte mich Remus.
"Gut, warum fragst du?" fragte ich in einem unbekümmerten Ton.
"Ich denke das weißt du." antwortete James.
Natürlich wusste ich, warum er mich das fragte. Sie wollten wissen, was das eigentlich in der Verteidigungsstunde war, aber ich wollte ihnen nicht von dem Tod meiner Eltern erzählen, deshalb beugte ich mich noch tiefer über meinen Aufsatz für Zaubertränke und tat so, als würde ich scharf nachdenken.
"Das war nichts...es ist alles in Ordnung. Denkt einfach nicht weiter darüber nach...ich tu es ja auch nicht." sagte ich.
"Du willst nicht darüber reden, oder?" fragte Remus. Ganz genau, das wollte ich allerdings nicht. Stattdessen sagte ich gar nichts. Er seufzte und sagte dann:
"Wenn du es uns sagen willst, dann kannst du zu uns kommen." Ich blickte hoch und sah die vier an. Sirius hatte noch kein einziges Wort gesagt, er starrte mich nur unverwandt an. Sein Blick durchbohrte mich und ich hatte das Gefühl, dass er genau wusste, was ich dachte. Ich schüttelte den Kopf. Du spinnst, Charlie.
"Ich geh dann mal in meinen Schlafsaal, ich muss noch einen Brief schreiben. Wir sehen uns." sagte ich hastig, stopfte schnell meine Sachen in meine Tasche und lief die Treppen zu den Mädchenschlafsälen hoch.
Oben angekommen ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte einige Minuten an die Zimmerdecke. Tja, das musste irgendwann ja kommen. Was dachte ich denn? Das sie den Vorfall einfach vergessen würden? Ja genau, Charlie. Genau das dachtest du! Ach, halt die Klappe und lass mich in Ruhe! Na toll, jetzt stritt ich mich schon in meinen Gedanken mit mir selbst. Ich holte ein Blatt Pergament und eine Feder aus meiner Tasche und fing an zu schreiben:
Liebe Sarah,
Hogwarts ist bis jetzt schwer in Ordnung...
Aber bevor ich den ersten Satz zuende schreiben konnte, schlief ich müde über dem angefangenen Brief ein.
"Hey Charlie!" Ich spürte, wie mich jemand an meiner Schulter wach rüttelte. Es war Lily.
"Lily? Was isn los?" murmelte ich verschlafen. Lily grinste.
"Ich glaube, du bist eingeschlafen." Ich war noch etwas verpeilt und verstand daher nicht ganz den Sinn von dem, was Lily gesagt hatte, aber dann sah ich meinen angefangenen Brief in Form eines einzigen Satzes und schreckte hoch.
"Wie spät ist es?" fragte ich Lily. Diese sah auf ihre Uhr und antwortete:
"Kurz nach sieben, du hast ziemlich lange geschlafen und das Abendessen hast du verpasst."
"Ach, das ist nicht schlimm...ich hab sowieso keinen Hunger. Ich muss noch einmal in die Eulerei, wir sehen uns dann." sagte ich, schnappte mir den Brief und einen Stift (die fand ich viel praktischer als diese dummen Federn) und ging aus dem Schlafsaal.
Im Gemeinschaftsraum grüßte ich kurz James, Sirius und Peter (Remus war nicht da) und trat in den Flur. Aber dann hatte ich keine Ahnung, wo ich eigentlich hingehen sollte. Wo war denn die Eulerei? Na toll, Charlie.
Nach einer halben Stunde suchen, hatte ich jedoch endlich die Eulerei gefunden, setzte ich mich an einen der Tische und fing an, den Brief weiter zu schreiben:
Liebe Sarah,
Hogwarts ist bis jetzt schwer in Ordnung und die Leute hier sind sehr nett. Ich hab mich auch schon mit einigen von ihnen angefreundet. Da wären da James Potter und Sirius Black, ihr Ego ist etwas zu groß geraten, aber sonst sind sie okay...Remus Lupin...der Freund von den beiden, er ist der ruhige Pol der beiden und Lily Evans, ich verstehe mich schon sehr gut mit ihr und ich habe das Gefühl, dass ich sie schon ewig kenne und wir eine Wellenlinie haben.
Im Unterricht komme ich gut mit, aber wir hatten auch erst zwei Stunden, da der Nachmittagsunterricht heute ausgefallen ist...
Hier unterbrach ich mich selbst. Sollte ich Sarah von dem Irrwicht erzählen? Wir wollten keine Geheimnisse voreinander haben, aber ich wollte ihr auch nicht unnötige Sorgen bereiten. Dann entschloss ich mich, ihr nichts davon zu erzählen und schrieb weiter:
Hier gibt es vier Häuser, in die man, je nach seinem Charakter, aufgeteilt werden kann. Slytherin, Hufflepuff, Ravenclaw und Gryffindor. Ich bin im vierten Haus gelandet. Dort kommt man hin, wenn man besonders mutig ist. Und jetzt guck nicht so erstaunt, ich weiß wie dein Gesicht jetzt aussieht. Aber weißt du wie man eingeteilt wird? Durch einen Hut! Stell dir das mal vor, ein alter Stofffetzen entscheidet über ein ganzes Jahr meines Lebens...aber eigentlich bin ich mit dieser Wahl zufrieden, denn hier habe ich ja auch James, Sirius, Remus und Lily kennengelernt. Achja, die drei Jungs haben noch einen Freund...Peter Pettigrew, ich weiß nicht, aber irgendwie kommt er mir unsympatisch vor, er versteckt sich im Schatten seiner Freunde und du weißt ja, was ich von solchen Typen halte. Aber jetzt zu dir: Wie läuft es so in deinem Job? Ich hoffe doch gut. Was machst du so und wo tretest du auf? Du musst mir alles erzählen.
Tschau,
deine Schwetser Charlie
Als ich fertig war, las ich mir noch einmal den Brief durch, entschloss, dass er so gut war und schickte ihn mit einer Eule ab. Danach ging ich aus der Eulerei und stieß gleich mit jemandem zusammen.
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