6. Unerwünschte Begenungen
"Malfoy!"
"Ganz recht." sagte er grinsend. Ich war direkt in die Arme von Malfoy und noch einigen anderen Slytherins gelaufen. Was machten die denn hier! Ich hatte jetzt echt keine Lust auf so etwas.
"Wir müssen dich noch für deinen kleinen Spruch von heute morgen bestrafen." sagte er drohend.
"Oh, jetzt hab ich aber Angst. Was wollt ihr machen? Vier Jungen gegen ein Mädchen? Wie fair." sagte ich sarkastisch, das war eine ziemlich lästige Angewohnheit von mir.
"Werd nicht frech." zischte Malfoy.
"Wer? Ich? Aber niemals. Ich sag dir jetzt, was du machst. Du nimmst deine zwei Gorillas und das vor Fett triefende Etwas da hinter dir und gehst mir aus dem Weg, sonst..." Ja, was eigentlich? Ich war ganz alleine und ich konnte mich auch nicht besonders gut verteidigen. Was sollte ich bitte tun! Noch eine schlechte Angewohnheit von mir, ich sagte immer, was ich dachte, ohne vorher darüber nachzudenken, was ich da eigentlich von mir gab. Das hatte jetzt Konsequenzen. Im schlimmsten Fall verhexen sie dich so, dass du ins St. Mungo eingeliefert werden musst Halb so wild. Einfach immer positiv denken, Charlie. Aber was bitte gibt es an dieser Aussicht Positives! ... Komm schon, das kannst du doch so gut. ... Ach, halt die Klappe! Ich muss dringend in die Therapie. Diese Selbstgespräche müssen aufhören.
"Sonst was?" fragte Malfoy spöttisch und riss mich somit aus meinen wirren Gedanken, aber dieses mal war ich dankbar darüber.
Ich dachte panisch nach und suchte einen Ausweg, aber ich fand keinen. Denken. Denken. Streng dich an, Gehirn! Dass du auch immer im falschen Moment ausschalten musst. Typisch. Das Einzige, was mir einfiel war, die Slytherins mit einem kurzen Fluch abzulenken, die Beine in die Hand zu nehmen und so schnell wie möglich abzuhauen. Und genau das tat ich dann auch.
"Lacanum Inflamare!" rief ich und zündete somit den Umhang von Malfoy an, welcher sich auch sofort panisch im Kreis drehte und versuchte das Feuer zu löschen. Währenddessen lief ich so schnell wie möglich in die entgegen gesetzte Richtung, in die ich eigentlich hätte gehen sollen. Man, sind die doof. triumphierte ich innerlich.
Ich lief solange, bis die Geräusche und Stimmen der Slytherins verstummt waren und sah mich dann um. Und wo bin ich jetzt gelandet? Na toll.
Ich irrte etwa eine halbe Stunde in den verschiedensten Gängen umher, bis ich es aufgab und mich gegen eine Wand lehnte, um auszuruhen. Aber natürlich war mir das nicht gestattet. Stattdessen gab die Wand hinter mir nach und ich fiel auf den Allerwertesten.
"Wo bin ich denn nun schon wieder gelandet?" fragte ich mich leise selbst. Ich war in einem dunklen, schmalen Gang gelandet, in dem es ziemlich stickig war. Da ist mir der andere Gang deutlich lieber. Ich versuchte die Wand hinter mir wieder einzudrücken, aber dieses mal rührte sie sich kein Stück. Du bist vom Pech verfolgt, Charlie. Ich seuftze. Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als diesen Gang entlang zu gehen, also hielt ich meinen Zauberstab hoch und sagte: "Lumos."
"Ich wette 10 Galleonen darauf, dass ich in einem Geheimgang gelandet bin. Fragt sich nur, wo dieser hinführt..." Ich seufzte auf. Was für ein Tag. So wünscht sich doch jeder seinen ersten Schultag auf einer neuen Schule. Das war wieder sarkastisch gemeint, ich sag ja, alles schlechte Angewohnheiten.
Nach schier endlosen Minuten, die ich mich durch diesen eckligen, verstaubten und engen Gang gequält hatte, stand ich wieder vor einer Wand. Wenn du jetzt nicht aufgehst, dann schreie ich. sagte ich in Gedanken drohend, auch wenn das der Wand wohl ziemlich egal gewesen wäre, aber ich hatte Glück. (Oh Wunder) Die Wand gab nach und ich fiel wieder einmal nach vorne, konnte mich aber im letzten Moment noch abfangen. Ich blickte hoch, als ein kalter Windzug meinen Rock aufbauschte. Oh nein, bitte nicht! Sag bloß, ich bin draußen gelandet! Und ich war wirklich draußen gelandet und zwar direkt vor dem Verbotenen Wald. Was jetzt? Mir blieb nichts anderes übrig, als zum Vordereingang von Hogwarts zu kommen und von dort aus in den Gryffindorgemeinschaftsraum zu gehen. Mal davon abgesehen, dass ich dafür durch den verbotenen Wald müsste, wäre es ein ziemliches Wunder, wenn ich ungesehen in den Gemeinschaftsraum kommen würde, denn ich war mir ziemlich sicher, dass die Sperrstunde bereits erreicht war, aber ich wollte dann doch nicht in diesen Gang zurück gehen und dort jämmerlich versauern. Dir bleibt nichts anderes übrig. Also machte ich mich auf den Weg und versuchte nicht daran zu denken, was wohl für Biester in diesem Wald rumlaufen würden und das Rascheln, das ich mir (hoffentlich) einbildete, zu ignorieren. Aber dann hörte ich ein Heulen. Das Heulen eines Werwolfes. Ich blieb erstarrt stehen und schluckte. Dann sah ich nach oben. Vollmond! Oh Gott. Ob es wohl Werwölfe in diesem Wald gibt? Natürlich, du Dummkopf! Und nicht nur Werwölfe, hier leben noch ganz andere, fleischfressende Tiere. Sei ruhig. Ich versuchte, das laute Pochen meines Herzens zu ignorieren und zwang mich, ruhig weiter zu gehen und nicht, wie eine Verrückte los zu stürmen, was ich in diesem Moment am liebsten getan hätte. Dieser Wald ist unheimlich. Wenn ich hier jemals wieder lebend rauskomme, dann bringen mich keine zehn Pferde wieder hier rein. Ich drehte mich blitzschnell um, als ich ein Rascheln hinter mir hörte. Aber da war niemand.
"Wer ist da?" fragte ich ängstlich. Denkst du, ein wildes Tier sagt dir jetzt, wie es heißt! Ich ignorierte meine innere Stimme und rief noch einmal:
"Wer ist da?" Aber es kam wieder keine Antwort. Ich drehte mich wieder um und ging langsam weiter, während ich gespannt meine Ohren anstrengte, dann ertönte wieder das Jaulen eines Werwolfes und dieses mal war es lauter und gefährlicher. Ich war nahe daran, vor Angst umzukippen und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Aber dann hörte ich wieder ein Rascheln hinter mir und als ich mich umdrehte sah ich einen großen Schatten. Mir blieb das Herz stehen. Ein Werwolf! Er sprang auf mich zu und ich schrie auf. Im Mondlicht erkannte ich aber, dass es kein Werwolf war, sondern ein Grimm! Ein Grimm! Das Zeichen des Todes. Ich schrie wieder auf und versuchte ihn von mir runter zu bekommen. Der Grimm zerrte mich hinter sich her und ich schrie:
"HILFEE! WARUM HILFT MIR DENN KEINER? LASS MICH LOS!" Ich schrie die ganze Zeit und wehrte mich, dadurch schaffte ich es, mich loszureißen und lief weg, aber ich stolperte über eine Baumwurzel und fiel hin. Aua! Mein Knie war aufgeschlagen und blutete ziemlich stark. Dadurch schaffte ich es nicht, aufzustehen. Ich versuchte einen letzten, jämmerlichen Versuch, aber das brachte auch nichts. Der Grimm kam auf mich zu und ich kniff meine Augen zusammen, in der Hoffnung, dass es kurz und schmerzlos werden würde, aber dann spürte ich etwas warmes auf meinem verletzten Knie und öffnete die Augen. Der Grimm sah mich an und in seinen Augen sah ich kein bösartiges Glitzern von einem Tier, das gleich sein Opfer verschlingen würde, sondern nur ein liebevolles Glitzern. Liebevolles Glitzern! Du bist ja total durchgeknallt, Charlie. Er zog mich wieder hinter sich her, aber dieses mal wehrte ich mich nicht. Irgendwann blieb der Grimm stehen und ich sah mich um. Ich stand vor der Tür zur Eingangshalle, schnappte nach Luft und sah den Grimm an, aber der war schon wieder weg. Ich atmete einmal tief durch, öffnete die Tür und trat ein. Endlich sicher. Jetzt muss ich nur noch ungesehen in den Gemeinschaftsraum kommen. Ganz Easy. Naja, ganz so leicht war es dann doch nicht und ich wurde zu meinem Pech von Professor McGonagall gesehen.
"Miss Hayden. Was machen sie um diese Uhrzeit außerhalb ihres Gemeinschaftsraumes?" fragte sie streng. Ich überlegte fieberhaft, bis mir schließlich eine Ausrede einfiel.
"Ich bin hingefallen und hab mir dabei das Knie aufgeschlagen, ich wollte in den Krankenflügel, aber dann hab ich mich verlaufen." Okay, es war nicht die beste Ausrede, aber es schien so, als würde McGonagall sie mir abkaufen, nachdem sie einen prüfenden Blick auf mein Knie geworfen hatte. Ich bin gut.
"Na schön, Miss Hayden. Ich werde sie in den Krankenflügel begleiten." Na toll. Ich sagte nichts und ging stillschweigend neben mir her, aber es war ziemlich schwer mit ihr mitzuhalten, denn mein Knie tat ziemlich weh. Endlich im Krankenflügel angekommen, heilte die Krankenschwester von Hogwarts, Madam Pomfrey mein Knie und ich ging mit McGonagall zum Gryffindorgemeinschaftsraum. Dort angekommen schleppte ich mich hoch in den Schlafsaal und fiel hundemüde in mein Bett. Mein letzter Gedanke war noch: Was für ein Tag.
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