Erst am nächsten Abend öffnete Ryan seine Augen. Seth blickte ihn grinsend an:" Na, Rocky Balboa. Wie fühlst du dich?"

Ryan wollte den Kopf heben, doch da durchfuhr ein stechender Schmerz seinen Kopf und er fiel wieder zurück.

„Es ging mir schon besser."

Als er sich an den Kopf langte und das Pflaster spürte, erinnerte er sich an letzte Nacht.

„Wo ist Marissa?" fragte er.

„Sie ist wieder heimgegangen, glaube ich."

„Ich muss zu ihr."

„Ähm, ich glaube, dass ist keine gute Idee. Die Chefin hat äußerste Ruhe befohlen. Und ich kann nicht dagegen verstoßen."

„Ich muss zu ihr!" Ryan setzte sich langsam auf. Der Kopf tat ihm weh, aber er versuchte es zu ignorieren. Seth hatte ein sehr ungutes Gefühl.

„Ryan bitte. Bleib hier! Das kannst du mir nicht antun. Ich bin nachher der Schuldige, weil ich dich gehen lassen habe."

„Ich werde Kirsten sagen, dass du nichts dafür kannst."

In Zeitlupe zog sich Ryan an, da jede schnelle Bewegung Schmerzen verursachte.

Seth zuckte nur mit den Schultern. Er würde wieder mal eine Standpauke zu hören bekommen.

Dann fuhr Ryan mit dem Auto zu Marissa, doch die Haushälterin sagte, dass sie nicht da sei.

Also fuhr er zum Strand. Er hatte eine leise Ahnung, wo sie sein könnte. Sie hatte einen Rettungsturm, den sie immer aufsuchte, wenn es ihr nicht gut ging. Auch sie beide hatten dort viele schöne Stunden verbracht. Er parkte das Auto, dann lief er über den menschenleeren Strand. Der Mond schien hell, so dass er gut sehen konnte.

Als er sich dem Turm näherte, sah er sie sitzen. Sie hatte die Knie angezogen und schaute auf das Meer. Er kam die Treppen hoch, erst dann bemerkte sie ihn. Ryan setzte sich neben sie.

„Ich hab mir gedacht, dass ich dich hier finde."

„Warum bist du gekommen?" Marissa schaute ihn traurig an.

„Weil ich bei dir sein wollte."

Sie sah auf und schaute ihm in die Augen. In diese Augen hatte sie sich gleich von Anfang an verliebt, als sie ihn damals in der Einfahrt stehen sah. Sie wollte ihm schon sagen, dass es falsch war, dass er hier sei, doch da rutschte er vor sie hin und nahm sie in den Arm. Er drückte sie ganz fest an sich.

Marissa schluchzte heftig.

„Ich hatte solche Angst um dich."

Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, drückte er sie ein Stückchen weg von sich.

Er konnte nicht ohne sie leben. Sie war alles für ihn. Er blickte sie lange an, ohne etwas zu sagen. Marissas Herz pochte schnell. Es war lange her, seit er sie so in den Arm genommen und so angeschaut hatte.

Er kam näher. Ihre Lippen berührten sich und sie gaben sich einen zarten Kuss. Marissa machte die Augen auf und sah Ryan voller Liebe an. Dann küssten sie sich leidenschaftlich.

Es war schön ihn so nahe zu spüren und sehr vertraut. Sie hatte es so vermisst.

Dann ging er mit dem Kopf etwas zurück und sah sie an. „Ich liebe dich."

„Ich liebe dich auch", sagte Marissa und drückte ihn an sich.

Sie saßen fast die ganze Nacht auf dem Turm. Saßen einfach nur da und hielten sich in den Armen.

Als die Sonne aufging liefen sie ins Poolhaus. Dort war Seth vor dem Fernseher eingeschlafen. Marissa und Ryan legten sich ins Bett und schmiegten sich aneinander.

Sie hatten vielleicht drei Stunden geschlafen, als Kirsten leise an die Tür klopfte und hereinblickte. Schnell winkte sie Sandy her, der auf der Terrasse saß und frühstückte.

Sandy schaute neugierig ins Poolhaus. Seth lag auf dem Boden vor dem Fernseher, ein Kissen an sich gedrückt und im Bett lagen Ryan und Marissa eng zusammen gekuschelt.

Gerade als sie die Türe wieder schlossen wachte Marissa auf. Sie fühlte Ryans Wärme und am liebsten wäre sie ewig so liegen geblieben. Doch sie musste nach Hause; dort würden sie sich schon Sorgen machen. Deshalb schlüpfte sie zaghaft aus der Umarmung.

Als sie draußen ihre Schuhe wieder anziehen wollte, sah sie, dass Sandy und Kirsten auf der Terrasse saßen.

„Guten Morgen" Marissa ging langsam auf die beiden zu.

„Guten Morgen!" wurde sie begrüßt.

„Wie geht es dir?" fragte Kirsten, stand auf und nahm Marissa in den Arm.

„Es geht. Ich fühl mich etwas müde."

Kirsten nickte.

„Ich muss jetzt gehen, sonst ruft meine Mutter noch die Polizei", sagte Marissa und grinste. Sie verabschiedete sich und lief zu Fuß nach Hause.

Ryan erschrak, als er aufwachte. Wo war Marissa? Sofort durchströmte ihn ein ungutes Gefühl.

Er blickte sich um; Seth lag immer noch schlafend auf dem Boden.

Ryan ging raus und wollte rüber ins Haus, da begrüßten ihn schon Sandy und Kirsten. Die beiden sagten ihm, dass Marissa nach Hause gegangen sei.

„Hast du Hunger?"

Als Ryan den Frühstückstisch sah, merkte er, dass er wirklich Hunger hatte.

Kurz darauf kam dann auch Seth. Er sah ziemlich verknittert aus.

„Oh man, mir tut alles weh! Wieso hast du mich nicht geweckt, als du heimgekommen bist? Mein Bett wäre um einiges bequemer gewesen!"

„Du hast so schön geschnarcht; wir konnten dich einfach nicht aufwecken", antwortete Ryan.

„Wie geht es deinem Kopf?" fragte Seth und schnappte sich ein Bagel.

„Naja, es ist zum Aushalten."

Nach dem Frühstück wollten die Jungs zum Strand fahren. Doch dann klingelte Ryans Handy.

„Oh nein!" sagte er, als er sah, wer ihn anrief.

„Wer ist es?"

„Lindsay." Ryan blickte etwas panisch auf sein Handy.

„Geh doch ran." Seth wusste nicht, dass Marissa die Nacht im Poolhaus verbracht hatte.

„Was soll ich ihr sagen? Sie hat es gestern gar nicht mitgekriegt. Und außerdem ist noch etwas passiert."

Seth wurde neugierig:" Was ist denn passiert? Hast du Marissa gefunden?"

Das Klingeln hörte auf.

„Ja, sie war am Rettungsturm."

„Und?"

„Wir haben uns geküsst…" Ryan schaute verlegen weg.

„Wow! Das ist doch toll, oder nicht?" Er sah Ryan an. „Wohl nicht."

„Ich weiß nicht, Seth Das ist alles etwas kompliziert. Ich liebe Marissa, habe sie immer geliebt. Seit ich sie das erste Mal an der Einfahrt gesehen habe. Aber Lindsay ist mir auch wichtig. Ich möchte sie nicht verletzen."

„Aber eine von beiden wirst du verletzen."

Ryan nickte. Was sollte er nur tun?

Plötzlich klopfte Sandy am Poolhaus. „Ryan, Telefon. Es ist Lindsay."

Er überreichte ihm das Telefon. Ryan gab Seth ein Zeichen, dass dieser ihn allein lassen sollte. Aber Seth grinste nur und machte es sich auf einem Sessel bequem.

„Hy Lindsay."

„Hy. Und was hast du heute vor?"

„Ich wollte gerade mit Seth an den Strand fahren."

„Vielleicht könnte ich ja mitkommen?"

„Ja, das könntest du. Ich muss sowieso mit dir etwas bereden."

„Etwas bereden? Und was gibt es Wichtiges?"

„Ich sag es dir dann später. Treffen wir uns einfach in einer halben Stunde am Pier."

„Okay. Dann bis nachher. Bye!"

„Bye." Ryan legte langsam den Hörer auf den Tisch.