In den nächsten Wochen verbrachte Seth viel Zeit mit Ryan. Er wollte für seinen Bruder da sein.

An einem Tag nach der Schule hatte Ryan noch Fußballtraining, für das er sich wieder angemeldet hatte. Seth wollte auf ihn warten und nutzte die Zeit, um an seinem Comic weiterzuzeichnen. Er saß in der Cafeteria mit einem Becher Kaffee und grübelte über seinen Zeichnungen.

Da bemerkte er, dass jemand neben ihm stand. Es war Tery.

„Hy, was machst du denn hier?" Seth stand auf und umarmte seine Freundin.

„Ich wollte mit dir etwas unternehmen."

„Ähm, das ist ziemlich schlecht. Ich muss warten bis Ryans Fußballtraining vorbei ist. Und danach haben wir schon was ausgemacht."

„Kannst du das nicht absagen?" Tery schaute ihn mit großen Augen an.

„Sorry, aber ich kann Ryan nicht allein hier lassen. Wie kommt er dann nach Hause?"

Tery wurde sichtlich wütend.

„Kannst du Ryan nicht mal für eine Sekunde alleine lassen? Was ist er denn? Ein kleines Baby? Ich denke, dass er ganz gut auf sich selbst aufpassen kann. Aber so war das in letzter Zeit ja immer. Ryan hier, Ryan dort… Immer war er wichtiger!"

„Nein Tery, da siehst du was falsch. Er ist nicht wichtiger. Nur geht es ihm gerade nicht so gut. Ich bin einfach für ihn da; das macht man für seine Freunde." Seth verstand nicht, was Tery so aufregte.

„Ja, und wie lange wird es ihm schlecht gehen? Ich mach das auf jeden Fall nicht länger mit.

Wirst du jetzt mit mir mitgehen oder hier bleiben?"

„Stellst du mich jetzt vor eine Wahl?"

„Nein Seth, aber ich möchte für dich an erster Stelle stehen. Und das sollst du mir hiermit sagen."

Als er sie traurig anschaute, wusste sie bereits welche Entscheidung getroffen hatte. Tery nickte nur und drehte sich um.

„Tery, es tut mir leid. Aber du zwingst mich hier irgendwelche Entscheidungen zu treffen, die ich nicht treffen will. Ryan ist mein Bruder; er würde dasselbe für mich tun."

Sie verließ die Cafeteria ohne sich einmal umzublicken.

Seth setzte sich auf den Stuhl und nahm seinen Kopf in die Hände. Er wusste, dass eine wirkliche Freundin ihn nie vor solch eine Wahl gestellt hätte. Doch er war traurig. Traurig darüber, dass Tery gegangen war und darüber, dass sie ihm zu so einer Entscheidung gezwungen hatte. Nach einer Weile klappte er sein Zeichenbuch zu und ging in Richtung Sportplatz. Er wollte Ryan noch ein bisschen beim Training zusehen.

Summer schaute traurig die Tür der Cafeteria an. Sie hatte die Szene zwischen Seth und Tery beobachtet. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte ihn getröstet. Hätte ihn in die Arme genommen und ganz fest gedrückt. Aber das war unmöglich; sie hatte Zach. Was würde der dazu sagen?

Diese Tery war ihr schon die ganze Zeit irgendwie ein Dorn im Auge. Und jetzt hatte sie Seth so abserviert. Er war doch nur für seinen besten Freund da. Konnte sie das nicht verstehen?

Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als Zach sie mit einem Kuss begrüßte. Summer zwang sich zu einem Lächeln und Zach erzählte von seinem Tag. Doch sie dachte nur noch an Seth.