Summer freute sich schon darauf, ihre Freundin wieder zu sehen. Doch sie war auch nervös, schließlich war es zwei Jahre her, seit sie das letzte Mal mit ihr gesprochen hatte. Summer machte es traurig, dass es so gekommen war, aber beide hatten andere Freunde gefunden und die Entfernung war einfach Gift für eine Freundschaft.
Marissa würde die beiden vom Flughafen abholen.
„Wie lang dauert das denn?" fragte Summer ungeduldig.
„Ja, die müssen erstmal dein ganzes Gepäck ausladen. Und das kann dauern."
„Cohen! Werde nicht frech!" drohte sie ihm.
Doch kurze Zeit später hatten sie ihre Koffer und liefen mit dem Gepäckwagen nach draußen. Dort suchte Summer die Menge nach Marissa ab.
Plötzlich hörte sie ihren Namen, jemand rannte auf sie zu und nahm sie in den Arm.
„Coop", sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
Seth stand daneben und beobachtete die Szene.
Nach einer Weile ließen die beiden voneinander ab und jede wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
Seth räusperte sich.
„Oh, dich hab ich ja ganz vergessen. Hallo Seth." Marissa umarmte auch ihn.
„Hallo Marissa."
„Hattet ihr einen guten Flug?"
„Ja, es war okay."
„Bevor ihr jetzt richtig anfangt loszureden, würde ich lieber weg vom Flughafen", warf Seth dazwischen.
„Ist okay, großer Meister", erwiderte Summer grinsend und küsste ihn.
„Okay, dann lasst uns gehen. Ich fahr euch zu euerm Hotel."
Marissa wartete unten in der Lobby, während die beiden ihr Gepäck auf ihr Zimmer brachten.
Seth hatte sich kein bisschen verändert; er war noch immer so lustig. Die beiden machten auf Marissa den Eindruck, als wären sie glücklich.
Kurze Zeit später kamen sie wieder zu Marissa.
„Und wie sieht euer tagesplan aus?"
„Heute hat Seth noch keinen Termin. Also können wir gemeinsam was unternehmen; falls du Zeit und Lust hast", antwortete Summer.
„Natürlich hab ich Zeit! Dann gehen wir mal los."
Draußen rief Marissa ein Taxi und sie fuhren los. Seth war noch nie in New York gewesen, deshalb wollte sie ihm ein paar Sachen zeigen.
Die drei lachten viel; Seth wollte unbedingt mit der Freiheitsstatue fotografiert werden. Gerade als Summer das Foto machen wollte, klingelte sein Handy. Es war Sandy, der wissen wollte, ob die beiden gut angekommen waren. Außerdem richtete er einen Gruß an Marissa aus.
Gegen Mittag fuhren sie in ein Diner, um etwas zu essen. Marissa genoss es sehr, mit ihren Freunden zusammen zu sein. Es wurde ihr erst jetzt bewusst, wie sehr sie sie vermisst hatte. Sie erzählten von Newport und von der Uni. Für Marissa war das eine ganz andere Welt. Eine Welt, an die sie sich oft nur noch vage erinnerte und auch nicht zu sehr erinnern wollte.
Da klingelte Marissas Handy.
„Hallo Marissa!"
„Tony! Hy!"
„Sind die beiden schon angekommen?"
„Ja, wir sind schon eine Weile unterwegs." Marissa erzählte ihm, wo sie alles gewesen waren.
„Okay, ich hab nicht lange Zeit. Das mit heute Abend geht klar?"
„Ja, um halb acht bei mir. Charly und Dean kommen auch, und zu Steven hab ich es auch gesagt."
„Gut, dann viel Spaß noch und bis heute Abend."
Summer schaute sie neugierig an. „War das Tony?"
„Ja, das war er." Marissa lächelte. „Heute Abend wirst du ihn kennen lernen."
„Siehst du, sogar Marissa weiß, wie neugierig du bist", zog Seth seine Freundin auf.
Marissa hatte gedacht, dass sie den Abend in gemütlicher Runde bei ihr verbringen könnten.
Steven und Tony waren gemeinsam gekommen und waren die ersten.
„Muss ich von ihm ein Autogramm verlangen?" fragte Steven.
„Quatschkopf! Ein Star ist er ja auch noch nicht", erwiderte Marissa. Sie war etwas aufgeregt. Heute würden ihre alten Freunde auf ihre neuen treffen. Keiner kannte sich und nur Charly und Dean wussten von ihrem Leben in Newport. Tony hatte sie nie wirklich danach gefragt und Marissa war es recht.
Es klingelte an der Tür; Charly und Dean betraten die Wohnung.
„Hy Schätzchen." Dean gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Marissa stellte Steven Dean vor; die beiden kannten sich noch nicht. Charly hängte sich gleich an Steven ran, während Dean mit Marissa in die Küche ging.
„Du bist aufgeregt", stellte er fest.
„Ja, es ist irgendwie komisch. Summer und Seth gehören für mich nach Newport und es ist merkwürdig sie hier zu sehen."
Dean wollte noch was darauf sagen, aber da klingelte es wieder an der Tür. Dieses Mal kamen Summer und Seth.
Marissa umarmte die beiden und stellte die anderen vor.
„Und das ist Tony", sagte sie und zog ihn zu sich her.
Die drei begrüßten sich. Tony verwickelte Seth gleich in ein Gespräch.
Während dem Essen gab es viel Gelächter. Seth und Steven erzählten Witze.
Da haben sich zwei gefunden, dachte Marissa und schaute die beiden an.
„Wollt ihr noch etwas Wein?" fragte sie nach einem Blick auf die leere Flasche.
„Ja, gerne", antwortete Charly.
Summer und Marissa trugen das Geschirr in die Küche.
„Er scheint nett zu sein", meinte Summer.
„Ja, das ist er."
„Dann ist ja gut. Denn ich möchte, dass du glücklich bist." Sie schaute ihre Freundin eindringend an. Marissa blickte auf den Boden.
Da kam Steven in die Küche. „Hast du den Wein vergessen?"
„Ach ja, warte." Sie holte eine Flasche aus dem Kühlschrank.
„Wie gefällts euch in New York?" fragte er Summer.
„Es ist eben ganz anders hier. Für Frauen das Paradies!"
„Ja, das kann ich bestätigen", er lachte, „ mit einer Frau alleine kann man sich bei Tag nicht in der Nähe der 5th Avenue aufhalten. Das ist tödlich!"
„Hey! Jetzt tu nicht so! Du wolltest doch mit mir shoppen gehen!" Marissa kniff ihn in den Arm.
„Okay, ich geh schon." Er schnappte sich die Flasche und ging wieder zu den anderen.
„Wohnt Tonys Bruder auch in New York?" fragte Summer.
„Nein, er lebt in Florida. Er ist gerade für eine Woche hier."
Die beiden gingen auch zu den anderen.
Später standen mehr leere Weinflaschen auf dem Tisch und die Stimmung war auch gelöster. Steven erzählte eine lustige Geschichte von Tony, als er noch klein war. Marissa sah sich in der Runde um. Charly saß neben Steven, ziemlich nah. Dann kam Tony und Dean. Sie saß neben Summer und Seth.
Es wurde still; Marissa hatte geträumt. Jemand hatte sie etwas gefragt.
„Gibt es von dir auch so lustige Geschichten?" fragte Tony noch mal.
„Was für Geschichten?"
„Na, als du klein warst."
„Nicht dass ich wüsste", meinte Marissa.
„Es muss doch was Lustiges geben, was du uns erzählen kannst. Irgendwas muss doch auch in Newport passiert sein!"
In Newport. War dort wirklich was Lustiges passiert? Sie erinnerte sich vage. Zu viele schlimme Dinge waren dort geschehen.
Doch Seth rettete sie aus dieser Situation.
„Ja, wir hatten mal einen „Pseudo-Nicht-Flohmarkt". Dort konnte man Sachen zu einem guten Zweck ersteigern. Unter anderem war bei den Sachen, das Glasei von Tom Cruise „Risky Business" dabei."
Seth erzählte die Geschichte, als Trey das Ei gestohlen hatte und er und Ryan es wieder besorgen mussten. Marissa und Summer hatten versucht das Ganze hinaus zu zögern, indem sie spontan Sandy als Assistentinnen zur Seite standen.
„Na, da waren ja ein paar Superhelden unterwegs", sagte Tony lachend, als Seth von der Aktion erzählte, wie Ryan und er die Typen ausgetrickst hatten.
„Nicht unbedingt Superhelden. Aber es war wirklich cool!"
„Aber dieser andere muss ja schon ein Superheld gewesen sein, wenn er es mit zwei Gangstern aufnehmen würde. War wohl einer von den „Fantastic Four"." Als Tony den Satz ausgesprochen hatte, bewegte sich Marissa ruckartig und schmiss ihr Glas vom Tisch.
„Oh nein!" sagte sie, stand auf und wollte die Scherben aufheben.
„Au!" Sie zog den Finger zurück und sah, dass sie sich an einer Scherbe geschnitten hatte. Tränen schossen ihr in die Augen, als sie den Finger in den Mund steckte.
„Warte Coop, ich mach das", reagierte Summer schnell.
Marissa lief ins Bad, um sich ein Pflaster auf die Wunde zu machen.
Steven hatte ihren Gesichtsausdruck gesehen und wusste, dass irgendwas nicht stimmte. Tony unterhielt sich weiter mit Charly; beide waren schon ziemlich angetrunken.
Dean wollte aufstehen, um nach Marissa zu sehen, aber Seth war schneller. Deshalb half er Summer die Scherben zusammen zu kehren.
Seth fand Marissa im Schlafzimmer. Sie saß auf ihrem Bett.
Als sie hörte, dass jemand rein kam, wischte sie sich schnell die Tränen weg. Doch Seth hatte es schon gesehen, dass sie geweint hatte. Er setzte sich neben sie.
Eine Weile sagten beide nichts.
„Alles okay?" fragte er mit sanfter Stimme.
Marissa zuckte nur mit den Schultern.
„Hey, du hast das Bild noch?" Seth ging an ihre Kommode. Dort stand das Bild mit dem Selbstauslöser, auf dem sie alle vier auf Seths Bett lagen.
„Ja."
Seth drehte sich zu ihr herum. Marissa schaute ihn traurig an.
„Denkst du manchmal an Newport?"
Sie zögerte mit ihrer Antwort:" Ja. Ich vermisse es. Ich vermisse euch." Marissa blickte kurz auf das Bild.
Seth setzte sich wieder neben sie auf das Bett.
„Warum kommst du dann nicht mal wieder nach Newport?"
„Ich kann nicht", antwortete sie leise.
„Doch du kannst! Dann kommst du eben, wenn er nicht da ist."
„Es ist nicht nur wegen ihm. Schon allein die ganzen Erinnerungen."
„Und die hast du hier nicht?"
„Doch, aber hier kann ich davon laufen. Ich habe einen Freund; ich brauch nicht zurück nach Newport. Damit habe ich abgeschlossen; und mit ihm." Sie zog die Nase hoch und holte aus ihrem Nachttischchen ein Taschentuch heraus. Seth konnte einen Blick auf den Inhalt der Schublade ergattern. Und er konnte sehen, dass sie wohl doch nicht ganz abgeschlossen hatte.
„Komm, gehen wir wieder rüber", meinte Marissa und stand auf.
Die beiden setzten sich an den Tisch und hörten der Unterhaltung zu.
Steven beobachtete sie. Er wollte nach Marissa schauen, deswegen hatte er mitbekommen, was Seth und sie gesprochen hatten. Doch er verstand nichts davon.
Was war in Newport passiert und wer war dieser geheimnisvolle „er"?
Nicht nur Steven beobachtete jemand, sondern Summer ließ auch ihn nicht aus den Augen. Sie hatte gemerkt, dass Steven mehr für Marissa empfand. Schon in der Küche hatte sie es ihm angesehen; so wie er sie angeschaut hatte. Und vorhin war er gleich aufgesprungen, während Tony sitzen geblieben war und wenig Regung gezeigt hatte.
