Kapitel 9: Freitag

Es war wohl der letzte Freitag, den wir alle zusammen verbringen würden. Sollte man den Ärzten glauben, dann würde Sav an dem Montag nach diesem Wochenende sterben. Wir führten eine Diskussion mit dem Heiler und er sagte uns, dass Sav nun absolute Ruhe brauchte, um den Tod hinauszuzögern. Da passt es ja gut, dass sie noch mal mit uns feiern will und alles andere tut, als den Tod hinauszuzögern. Ich will gar nicht erst an Montag denken, mir wird ganz schlecht, wenn ich nur den Namen höre.

Themawechsel!

Wie sollten wir mit Sav aus dem Krankenhaus ausbrechen? Wir hatten einige Hürden zu meistern: Station, die auch nachts überwacht ist, Besuchszeiten und extra Wachpersonal, nicht zu vergessen die absolute Ruhe. Es schien unmöglich, doch ich wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Unmöglich ist doch erst die Stufe, auf der unser Team den Einsatz beginnt.

Als wir am Donnerstag zusammen saßen, erzählte uns Sav von ihrem Fluchtplan und darauf hätte echt jeder Idiot kommen müssen! Wir denken wohl zu kompliziert. (A/N: Sagen meine Lehrer immer.) Tja, es war die einzige Lösung und eine ist doch besser als keine. Jedenfalls denke ich so.

Savannah hatte die Idee, nachts ganz dringend aufs Klo zu müssen, na ja so richtig dringend vorgetäuscht. Für den Arzt, der stündlich einmal in der Tür steht und rein schaut, würde sie einige Klamotten zu einem Körper formen, die Decke darüber ziehen und könnte durch das Badezimmerfenster verduften. Sav würde das schon schaffen und könnte dann mit uns Party machen. Der Rückweg gestaltete sich genauso, bloß umgekehrt. Savs Zimmer lag zwar oben, aber wozu hat man denn einen Freund, der ein perfekter Sucher ist und für den der Besen nicht nur ein Fluggerät ist, sondern fast sein Lebensinhalt?

Na ja egal, James würde unter dem Tarnumhang zum Zimmer fliegen, alles zu einer verabredeten Zeit, Sav würde unter den Tarenumhang und auf den Besen steigen und beide würden dann nicht gesehen werden und könnten zu unser restlichen Bande ins Zimmer kommen…

Als der Tag endlich kam, da waren wohl alle Mitglieder unserer Gruppe nervös: Ich ging auf und ab, das mache ich immer, wenn ich unruhig bin, James summte hastig vor sich hin, Sirius zappelte die ganze Zeit auf einem Stuhl und Cameron und Remus saßen nur da und starrten die ganze Zeit auf unsere Uhren. Um 22 Uhr würde es so weit sein und wir dürften Savannah beim Ausbruch helfen. Bis 20 Uhr hielten wir es noch aus, doch danach konnten wir Mädchen uns ja auch schon mal fertig machen. Wir waren den vorigen Tag in die Innenstadt von London gefahren und haben die verrücktesten Sachen für die letzte Feier zusammen gekauft. Savannah haben wir auch was gekauft, schließlich hätte sie im St. Mungo nicht nach Discoklamotten fragen können. Käme doch irgendwie blöd, oder?

Wie dem auch sei, um 20.45 Uhr waren Cameron und ich fertig. Cameron sah echt bezaubernd aus. Sie hatte ihr kurzes Haar mit Gel in Wellen geschwungen und es an die Seite des Kopfes gelegt, ich glaub das ist der 50-er Jahre-Look. Dazu trug sie einen knielangen, dunkelblauen Rock, ein hellblaues Neckholder-Top und -dreimal dürft ihr raten- dunkelblaue Stiefel passend zum Rock. Als sie aus dem Badezimmer trat, staunten unsere Jungs nicht schlecht.

Ich fühlte mich auch gar nicht mal so schlecht diesen Abend. Ich trug ein glitzerndes, schwarzes, trägerloses Top und eine weiße Hose. Passend dazu band ich mir einen silbern glitzernden Schal um den Hals. Ich zog schwarze Highheels an und steckte meine Haare nach oben. James verkniff sich zu pfeifen, als ich aus dem Badezimmer trat, denn irgendwann früher hatte ich es ihm verboten.

Die Zeit verging aber auch nicht. Cameron und mir war so langweilig, dass wir einfach etwas Musik anstellten, uns gegenübersetzten und ein paar Runden Pokern spielten. Die Jungs machten sich derweil fertig und kamen nach einer Viertelstunde wieder raus. Typisch Mann, braucht immer so wenig Zeit, um toll auszusehen. Unsere Jungs gingen heute im Partnerlook. Alle trugen schwarze Hosen und ein schwarzes, kurzes Hemd. Na bloß nicht verwechseln heute Abend, Lily!

Als es endlich so weit war, machte James sich auf den Weg zum St. Mungo und kam nach zwanzig Minuten ins Zimmer zurück mit unserer lieben Savannah. Sie schien mir etwas müde.

„Willst du das wirklich durchziehen, Sav?", fragte ich.

„Klar!", meinte sie.

„Wirklich?", fragte Cam.

„Warum denn nicht?", antwortete sie.

„Du wirkst sehr müde", sagte ich ehrlich.

„Na und? Das vergeht! Außerdem bin ich nicht geschminkt!"

„Wenn du meinst", sagte ich.

„Ja, das tue ich und nun bringt euch mal in bessere Laune!", sagte Sav, als sie ins Badezimmer marschierte.

„Wo wohnt ihr Jungs eigentlich?", fragte Sav aus dem Bad heraus.

„James, Sirius und ich teilen uns ein Dreibettzimmer in diesem Hotel", rief Remus durch Camerons und mein Zimmer.

Nach einer halben Stunde war Sav auch fertig. Sie sah auch toll aus. Sie trug ein rotes, mit Querstreifen versehenes Kleid und hohe Schuhe. Sirius kam bei ihrem Anblick wohl ganz schön ins Schwitzen, denn ich sah, wie er sich mit einem Taschentuch über die Stirn wischte.

Cameron und ich standen auf und machten Ansage:

„So, wollen wir denn?", fragte ich.

„Wohin gehen wir eigentlich?", fragten die Jungs.

„Ja, wohin gehen wir?", hakte Sav nach.

Ich lächelte Cameron an, denn die wusste davon, und sagte:„Lasst euch einfach überraschen!"

Dann zogen wir unsere Jacken über, packten Kippen, Geld und so alles ein und verließen das Zimmer. Den Schlüssel gaben wir unten an der Rezeption ab. Dann kamen wir auf die Straße, Sav natürlich so wenig wie möglich. Als wir in eine andere Straße einbogen, konnte sie die Hand vor ihrem Gesicht wegnehmen, denn es war keine Gefahr mehr da, dass ein Arzt sie sehen würde.

Nach einigen Kreuzungen und Seitenstraßen standen wir endlich vor einem Club mit dem Namen ‚Maison', zu dem einige Stufen hinunter führten.

„Maison?", fragte Sav irritiert. „Haus?" (A/N: frz. Maison Haus)

„Na und? Was ist dabei?", fragte ich.

„Nichts. Ist nur komisch, denn wir sind in England und Engländer und Franzosen…", sagte Sav weiter.

„Ja, ja, schon klar. Aber lasst uns doch erst einmal hineingehen", schlug Cammy vor.

„Gute Idee", lobte James.

„Ist auch alles in Ordnung mit dir?", fragte Sirius zu Savannah.

„Natürlich. Und bitte frag mich das nicht mehr, denn heute Abend will ich nur noch Spaß haben!"

Als wir nach den paar Treppenstufen die Tür öffneten, kamen uns schon leichte Beats von Black-Musik entgegen. Hey, meine Lieblingsmusik! Wir gingen sofort zur Garderobe und gaben schnell unsere Sachen ab, um sofort auf die schon ordentlich gefüllte Tanzfläche zu stürmen. Ich nahm meine Mädels an die Hand und zuerst tanzten wir Frauen zusammen, das musste sein. Die Einführungsrunde gehörte immer uns und daran würde sich nie was ändern, später müsste ich dann nur mit Cam tanzen und…ah Lily! Verdräng den Gedanken!

Don't cha wish a girlfriend

What's hot like me

Don't cha wish a girlfriend

What's freak like me

Don't cha!

Ja, der erste Tanz ist doch immer der wichtigste. Nach der ersten Runde ging jeder zu seinem Freund und tanzte dann mit dem zusammen. Na ja, ich habe mich ja schon damals genug über James vollkommen geilen Tanzstil ausgelassen. Oha, ich glaube, der hat heimlich geübt, oder wie soll ich mir sonst erklären, dass er es noch besser konnte als das letzte Mal? Obwohl das vom letzten Mal ja eigentlich nicht mehr steigerbar war. Na ja, machte jedenfalls ziemlich viel Spaß, so ausgelassen zu tanzen. Ich konnte mich kaum versehen, da tanzten wir schon gut ne Stunde zusammen. Als ich James ein Handzeichen für Durst gab, gingen wir gemeinsam zur Bar und bestellten uns unser absolutes Lieblingsgetränk: Whisky-Cola. Juhuu! Cameron kam auf uns zu und nahm erstmal einen Schluck aus meinem Glas, schließlich war das ihr Lieblingsgetränk unter den alkoholischen Drinks.

„He Cam, wo ist denn Remus?", fragte ich.

„Na wenn ich hier alleine zu euch komme und er keine andere Frau anmacht, dann ist er auf der Toilette", lachte Cameron und ich musste schmunzeln.

„Zigarette?", fragte Cam.

„Gern", meinte ich und Cam, James und ich steckten uns eine an. Nach fünf Minuten kamen Sirius und Savannah zu uns und rauchten auch eine. Tja, der vom Klo kommende Remus tat es uns gleich und wir saßen alle für eine Weile da und produzierten eine blaue Wolke über uns.

Dann hatte ich wieder Lust zu tanzen und fragte Sirius.

„Hey Siri, willst du mit mir tanzen?", fragte ich.

„Klar, Lil! Ab auf die Tanzfläche!"

„Muss Frau jetzt eifersüchtig werden?", fragte Sav.

„Nein, Mann muss es auch nicht", antwortete ihr James. Spinner!

Ich ging mit Sirius auf die Tanzfläche und wir rockten sprichwörtlich richtig ab! Nach fünfzehn Minuten wurde ich von Cameron abgelöst und tanzte nun ein paar Runden mit Remus. Danach trank ich wieder ein Getränk, na ja, das geht ja, solange ich nicht besoffen werde! Ja, dann gab es mal wieder ein Zigarettchen und dann war mal wieder Damenrunde. Es war so toll, dass wir zu einigen Liedern richtig mitgrölten…

O-oh Girls, they wanna have fun,

O-oh Girls just wanna have fun!

Ja, das war doch unser Lied. Dazu feierten wir immer und die gute Laune war damit gesichert!

„Jetzt singt Lily!", kreischte Sav.

„Nein!", schrie ich.

„Du wirst mir doch nicht diesen letzten Wunsch abschlagen können", meinte Sav.

„Dein letzter Wunsch war, auf diese Party zu gehen", sagte ich.

„Na und?", sagte Sav überheblich, nahm noch einen Schluck Whisky-Cola und ging dann zum DJ. Aaaah! Nur weil ich in einer Band bin, will sie mich ständig hören.

„Und nun bitte ich das Gesangstalent Lily Evans in die Mitte der Tanzfläche, Mikro bring' ich dir gleich und singt uns: ‚What a man' von En Vogue. Ich hoffe, du kennst das", sagte der DJ. Krasse Sahne!

„Ich kenne das Lied in und auswendig", sagte ich, ließ mir das Mikro in die Hand drücken. Der DJ spielte die ersten Beats ein und ich gab mein Bestes für Savannah. Ich versuchte, so gut wie möglich rüber zu kommen. Als ich das Lied beendete, klatschen mir alle Discobesucher zu, was ich natürlich zu schätzen wusste. Nach einer kleinen Pause tanzte ich noch ein bisschen mit James. Gerade in einem der besten Black- Songs, rief Sirius plötzlich um Hilfe. Ich drehte mich um und sah, dass Savannah neben ihm zusammengeklappt war.

„Scheiße!", sagte ich und lief zu ihm hin. Sav lag in seinem Arm auf dem Boden. Der DJ bekam das wohl mit und stellte die Musik aus. Dann bat er die anderen Discogäste, zu verschwinden.

„Verdammt, Sav, wach auf!", heulte Sirius.

„Cam, hol schnell etwas Wasser!", brüllte ich.

Cameron nickte und kam nach fünf Minuten mit einem Eimer Wasser wieder.

„Okay, übergießt sie damit!", sagte ich.

„Was?" Niemals!", sagte Sirius.

„James?", fragte ich.

„Ich mach's."

„Nein!", schrie Sirius.

„Willst du ne bewusstlose Freundin oder lässt du uns mal machen, Sirius?", fragte ich.

James goss das Wasser über Savannahs Kopf und sie öffnete blitzschnell die Augen. Dann fing sie an, schwer zu atmen. Ich versuchte das zu regeln, schließlich war ne Verwandte von mir Ärztin und hat mir das mal vor einiger Zeit gesagt.

Savannahs Atmung besserte sich, doch sie sprach mit einer extrem rauen und schwachen Stimme.

„Sav!", sagte ich.

„Lily", krächzte sie.

„Alles wird gut, Sav", sagte Sirius.

„Es war so verraucht hier", bemühte sich Sav, aber ihr Sprechen war immer noch gequält.

„Wir werden es schaffen, Sav. Du wirst wieder gesund", fing ich an. Oh Gott, ich wusste ganz genau, dass sie in spätestens zwei Tagen sterben würde. Was redete ich da bloß für ein wirres Zeug?

„Nein Lily, mein Weg geht hier zu Ende."

„Sav, nicht sterben!", heulte Cammy.

„Ich möchte euch allen etwas sagen! Bitte nehmt es euch zu Herzen – hust."

„Okay", meinten wir alle.

„Remus, lass dich nie davon abhalten, mehr über das Leben zu lernen. Und lebe jeden Tag, als wäre es dein letzter!"

„Ja, Sav", weinte Remus und hielt kurz ihre Hand.

„James, es ist noch nicht zu spät für eine Anmeldung beim Ausbildungslager für junge Quidditchtalente. Lass dir von niemandem sagen, dass du es nicht draufhast, denn du bist der beste Spieler aller Zeiten!"

„Danke Savannah", schluchzte James und strich ihr über die Wange.

„Cameron, dien Menschenverständnis ist unübertreffbar und du bist klüger als das ganze Slytherinhaus zusammen. Mach was draus! Ich will vom Jenseits aus beobachten, wie du der Welt hilfst!"

„Ich werde es tun, Süße!", jammerte Cam drückte Sav ganz doll.

„Lily, meine liebste Lily. Du hast diese Stimme, um ein Star zu sein. Wenn ich nicht sehe, dass du eine gute Karriere hinter dich bringst, dann werde ich ernsthaft sauer. Merke dir immer, du bist das Talent der Zukunft. Nutze es!"

„Ich werde es versuchen, Liebes", heulte ich und nahm sie wie Cameron in den Arm.

„Zuletzt Sirius. Mein Schatz, ich liebe dich über alles in der Welt und das werde ich nach dem Tode auch tun. Du bist für mich einzigartig und du darfst niemals vergessen, dass es eine ehrenhafte Person der Familie Black wie dich nur einmal gibt, nämlich du selbst! Vertraue mir, niemand kann dir etwas Falsches einreden."

„Oh Sav, das ist so rührend", weinte Sirius und küsste sie wein letztes Mal.

„Ich liebe dich, Sirius", waren ihre letzten Worte, danach starb sie. Wir alle sanken unsere Köpfe und die Zeit der Trauer begann. Sav war nun tot! Eine große Lücke breitete sich in meinem Herzen aus und sie würde sich wohl nie wieder schließen können. Sie ist wirklich in einer Diskothek gestorben. Doch sie sah bezaubernd aus und gab uns allen eine Weisheit fürs Leben. Später irgendwann, werden wir es mehr zu schätzen wissen, denn jetzt war die Trauer um unsere Freundin noch zu groß…