Liebe und Angst

Kapitel 2: Wieso?

Chris wachte mitten in der Nacht auf. Er lag wieder auf der Couch im Wohnzimmer. Sein Dad hatte ihm das Bett auf dem Dachboden reparieren wollen, doch es war zu kaputt gewesen, also hatte er wieder auf der Couch geschlafen. Seine Eltern waren darüber ziemlich geknickt gewesen und Chris hatte sich beeilt ihnen zu versichern, dass es ihm wirklich nichts ausmachte auf der Couch zu schlafen. Leo hatte ihm trotzdem versprochen heute noch mal zu versuchen das Bett zu reparieren.

Chris drehte sich um und wollte wieder schlafen, doch dann wunderte er sich was ihn eigentlich aufgeweckt hatte. Nach ein paar Sekunden konnte er Stimmen von der Küche hören und er stand neugierig auf und ging hinüber. Nun konnte er die Stimme von seiner Mutter und seinem Vater erkennen und er wollte schon zu ihnen gehen, doch das was er hörte ließ ihn erstarren.

„Denkst du wirklich, dass es eine gute Idee war ihn hier schlafen zu lassen?", fragte seine Mom.

„Ich weiß es nicht. Ich wünschte wir könnten ihm einfach sagen, dass er verschwinden soll", antwortete sein Dad.

Redeten sie über ihn? Aber das ergab keinen Sinn. Sie hatten es geschafft ihn zu überzeugen, dass sie ihn hier haben wollten und jetzt das? Sie mussten über jemand anderes reden… Aber es war niemand anderes hier. Chris ging einen weiteren Schritt auf die Küche zu, da er wissen wollte was los war, aber er blieb erneut stehen, als seine Mutter wieder sprach.

„Oder das wir ihm sagen könnten, dass wir ihn hassen."

Chris' Herz hörte beinahe auf zu schlagen und der Drang herauszufinden was geschah, war wie weggeblasen. Das einzige was er jetzt noch wollte war zu verschwinden, bevor seine Eltern noch etwas sagen würden, das bestätigen würde, was er sich jetzt dachte. Aber das ist nicht möglich, versuchte er es sich selbst einzureden. Sie lieben mich, das haben sie erst vor zwei Tagen gesagt.

„Es ist nur, er ist unser Sohn. Wie sollten wir ihm sagen, dass wir ihn hassen?", fragte sein Vater nun mit einer gleichgültigen Stimme.

Für einen kleinen Moment dachte Chris, dass sie über Wyatt redeten, doch dann setzte sein Gehirn ein und es wurde ihm klar wie bescheuert dieser Gedanke war. Seine Eltern würden nie ihren wunderbaren Erstgeborenen hassen. Aber das würde bedeuten… Nein, es konnte nicht das bedeuteten, was er dachte. Das war unmöglich! Sie hatten gesagt, dass sie ihn lieben, dass sie sich um ihn sorgen… War alles nur eine Lüge gewesen?

„Ich weiß, was du meinst, Leo." Pipers Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Ich würde auch gern zu Chris gehen und ihm ins Gesicht sagen, dass ich ihn hasse, aber…"

Chris hörte den Rest gar nicht mehr. Ich würde auch gern zu Chris gehen und ihm ins Gesicht sagen, dass ich ihn hasse. Wieso? Wieso sagte sie so etwas? Sie sollte so etwas nicht sagen. Sie war seine Mutter, die einzige Person, die er immer vertraut hatte und zu der er sich wenden hat können. Die Person die er mehr liebte als sein eigenes Leben. Dieselbe Person, die ihm gerade mal vor zwei Tagen überzeugt hatte, dass sie genauso für ihn fühlt. Wieso sagte sie solche Sachen? Wieso hasste sie ihn?

Ohne es zu bemerken ging er ein paar Schritte zurück. Er wollte nicht mehr davon hören. Aber ihre Worte wiederholten sich in seinem Kopf immer wieder. Wieso, dachte er erneut. Das sollte nicht geschehen. Seine Mutter hatte ihn immer geliebt, ihr ganzes Leben lang war sie immer für ihn da gewesen und selbst nach ihrem Tod hatte er manchmal ihre Anwesenheit gespürt, wenn er sie am meisten gebraucht hatte. Er hatte gewusst, dass sein Besuch in der Vergangenheit eine Menge Dinge ändern konnte, aber das sollte nicht geschehen.

„Oh Gott! Ich kann nicht glauben, dass ich in den nächsten Wochen mit ihm schwanger werden sollte! Das ist einfach ekelhaft! Ich will nicht, dass er ein Teil von mir ist, ich will ihn nicht als meinen Sohn!"

Die Worte schneideten wie ein Messer in sein Herz. Chris wusste nicht wieso er sie überhaupt gehört hatte, da er so in seinen Gedanken verloren gewesen war, aber vielleicht war Piper ja so aufgebracht, dass sie die Worte geschrieen hatte. Er wusste es nicht und es interessierte ihn auch nicht. Diese Worte waren es, die er nie von ihr hatte hören wollen, die er gefürchtet hat zu hören zu bekommen, als Piper die Wahrheit über ihn herausgefunden hatte. Aber sie hatte gesagt, dass sie ihn liebt, dass sie ihn in ihrem Leben haben will…

RÜCKBLENDE

„Chris, du bist unser Sohn. Und natürlich wollen wir dich in unserem Leben haben. Es tut mir so leid, wenn du etwas anderes denkst, aber bitte gib uns eine zweite Chance. Ich will dich kennen lernen – richtig kennen lernen und nicht nur diese emotionslose Maske, die du trägst seit du hier bist. Bitte, ich liebe dich so sehr Schätzchen. Bitte komm mit uns nach Hause", bat Piper ihn wieder und streckte ihre Hand aus, damit ihr Sohn sie nehmen konnte.

ENDE DER RÜCKBLENDE

Er hatte ihr geglaubt. Er hatte ihr vertraut. Und jetzt… Wieso musste sie ihn davon überzeugen, dass sie ihn liebte, wenn sie ihn doch hasste? Wieso? Um ihn zu verletzen? Wollte sie ihm wehtun? Falls das ihr Ziel gewesen war, hatte sie es sicher erreicht. Nie ihn seinem Leben hatte er sich so verletzt und betrogen gefühlt. Und das bedeutete viel, wenn man bedachte, dass sein Leben die reinste Hölle gewesen war nach dem Tod seiner Mutter.

Aber er hatte es überstanden. Er hatte durch all den Schmerz und das Leid überlebt. Er hatte überlebt, da er wusste, dass seine Mutter ihn so sehr liebte, dass sie nicht wollte, dass er ihr nach oben folgte. Sie wollte, dass er glücklich war, dass er lebte und all diese Gedanken hatten ihn durchhalten lassen, auch in Zeiten in denen er gedacht hatte, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Aber jetzt…

Chris bemerkt nicht wie ihm stumme Tränen über die Wangen liefen. Er bemerkte nicht einmal, dass jetzt kein einziges Geräusch mehr von der Küche kam. Auch bemerkt er nicht die Frau, die die Stufen herunter kam, bis sie direkt vor ihm stand. „Chris? Schätzchen, was ist los?"

Als er Pipers Stimme hörte, schreckte er aus seinen Gedanken und sah sie an. Da war so viel Angst und Besorgnis in ihrem Blick und am liebsten hätte er sie einfach nur umarmt und vergessen was sie gerade gesagt hatte. Aber das konnte er nicht. Sie hasste ihn… Sie hatte gesagt, dass sie ihn hasst und dass der Gedanke ihren Körper mit ihm zu teilen sie anekelt. Er konnte nicht in ihren Armen sein… nicht jetzt und auch nie wieder. Mit dieser plötzlichen und schmerzvollen Erkenntnis wich er vor ihr zurück und erlaubte, dass noch mehr Tränen aus seinen Augen kamen. Wieso?

„Chris, du machst mir Angst. Was ist los?", fragte Piper, ihre Stimme so sorg- und liebevoll.

Wie konnte sie das nur tun? Wie konnte sie so tun, als hätte sie nicht gerade Leo gesagt, dass sie ihn hasste? Wieso tat sie das? Er konnte es nicht verstehen. „Wieso? Wieso…", stammelte er. Er wollte nicht wirklich eine Antwort, aber die Worte hatten seinen Mund verlassen, bevor er sich stoppen konnte.

„Was wieso?", fragte Piper verwirrt und ging einen Schritt auf ihn zu.

Chris wich sofort wieder zurück. Etwas in ihm reagierte zu Pipers Verwirrtheit. Er verwandelte seinen Schmerz in Ärger, denn so konnte er besser damit umgehen. „Wieso zur Hölle tust du so, als würdest du dich um mich sorgen? DU HASST MICH! Wie konntest du mir das antun? WIESO? Du hast gesagt, dass du mich liebst und jetzt erzählst du deinem verdammten Ehemann, dass du mich HASST! Wolltest du mir wehtun? Hasst du mich SO SEHR, dass du mir erst etwas Hoffnung geben musstest, bevor du sie wieder zerstörst? Ist das die Art wie du dich neuerdings amüsierst? Nun ja, ich hoffe dir hat die Show gefallen, aber ich hab genug davon! Geh und rettete deinen wunderbaren erstgeborenen Sohn, den, den du WIRKLICH liebst, allein! Ich bin weg!" Mit diesen Worten beamte er davon, bevor der Schmerz seinen Ärger wieder überwältigen konnte und er zusammenbrechen würde.

Nachdem Chris weggebeamt war, stand Piper eine Weile einfach nur da, zu geschockt über den verbalen Ausbruch ihres Sohnes, um zu reagieren. Doch dann trafen sie seine Worte wie ein 10.000 Volt Schock. Hatte er gerade gesagt, dass er dachte, dass sie ihn hasst? „LEO!", schrie sie mit Panik, Verwirrung und Angst in ihrer Stimme. „LEO!"

Eine Sekunde später erschien Leo an ihrer Seite. „Was ist denn, Piper?", fragte er verschlafen.

„CHRIS! ER IST WEG!", schrie sie ihn an.

„Was?", fragte Leo jetzt ganz wach und sah hinüber zur Couch, die wirklich leer war. „Wo ist er hingegangen?", setzte er hinzu, jetzt auch etwas besorgt, als er sah wie aufgelöst Piper zu sein schien.

„Ich weiß es nicht, aber er – er sagte…" Piper konnte den Satz nicht beenden und Tränen traten ihr in die Augen. Wieso hatte Chris diese Dinge gesagt? Sie liebte ihn und sie hatte gedacht, dass er das wüsste.

„Was hat er gesagt?", fragte Leo und nahm sie in seine Arme.

Piper unterdrückte den Drang an seiner Schulter zu schluchzen. Sie musste Chris finden, das war alles was jetzt zählte. „Wo ist er, Leo?", fragte sie und entzog sich seinen Armen.

Leo schloss für einen Moment seine Augen und als er sie wieder öffnete war viel Besorgnis und Angst darin. „Ich kann ihn nicht aufspüren", sagte er. „Was ist hier passiert? Wieso ist er verschwunden?"

Piper begann nun etwas zu weinen und stammelte: „Er denkt, dass ich ihn hasse… Ich – ich hab ihn doch so lieb, Leo. Ich will ihn zurück haben", schluchzte sie und Leo sah sie geschockt an. „Wieso denkt er das, Leo? Ich will ihn zurück…"


Barbas grinste zufrieden. Alles lief nach Plan. Chris Halliwells größte Angst war es, dass seine Familie ihn hasste. Na ja, wenigstens eine seiner größten Ängste. Seine Angst seine Mutter zu verlieren war genauso stark wie die Angst davor, dass sein Bruder böse sein würde. Er konnte auch diese Ängste gegen ihn verwenden falls seine erste Furcht nicht reichte, um ihn zu brechen. Aber Barbas dachte nicht, dass das nötig sein würde.

Gerade stand er unsichtbar neben Chris, der leise weinte. Er kniete sich neben den jungen Mann und flüsterte: „Sie hasst dich. Du bist nichts weiter als lästig für sie. Sie will, dass du stirbst. Du solltest nicht geboren werden, sie hat dich nie gewollt."

Chris versuchte angestrengt die Stimme zu ignorieren, die ihm all diese grausamen Sachen erzählte… aber hatte sie nicht Recht? Ich würde auch gern zu Chris gehen und ihm ins Gesicht sagen, dass ich ihn hasse. Sie hatte das gesagt. Er hatte es mit seinen eigenen Ohren gehört. „Nein… nein, nein, nein. Das ist nicht wahr!", schrie er und seine Stimme hallte in der verlassen Gasse wieder.

„Es ist wahr", sprach die Stimme wieder. „Sie hasst dich."

„Nein, nein… tut sie nicht", flüsterte Chris.

„Doch, das tut sie", sagte Barbas und grinste böse, als er bemerkte, dass der Wächter des Lichts anfing ihm zu glauben. Nicht mehr lange und er würde seine Rache bekommen.


Fortsetzung folgt… (A/N: Sorry, dass es länger gedauert hat mit dem neuen Kapitel, aber ich war ein paar Tage weg. Jetzt bin ich aber wieder da und ich werde diesmal schneller updaten. Hoffe das Kapitel hat euch gefallen… Ich weiß, ich bin immer so gemein zu Chris, aber dafür kann ich später trösten ;) )