Liebe und Angst
Kapitel 3: Verzweiflung
Piper saß auf einem Stuhl in ihrem Zimmer und starrte aus dem Fenster. Es waren fast fünf Stunden vergangen, seitdem Chris verschwunden war. Sie konnte nicht verstehen was passiert war. Sie hatte gedacht, dass Chris ihr endlich glaubte, dass sie ihn liebte. Wieso dachte er plötzlich, dass sie ihn hasste? Was war passiert, dass er so etwas dachte? Okay, eine Menge war in den letzten Monaten geschehen, dass ihn dazu bringen konnte so zu denken, aber zwei Tage zuvor hatten sie sich ausgesprochen und am Tag zuvor hatten sie so einen schönen Tagen zusammen verbracht – als Familie.
„Hey, bist du okay?", fragte Paige plötzlich von der Tür aus. Phoebe stand neben ihr, auch besorgt wegen ihrer älteren Schwester.
Piper drehte sich zu ihnen um und fauchte sie an: „Mein Sohn ist weg und wir wissen nicht wo er ist! Denkst du wirklich, dass ich okay bin?"
Phoebe ging schnell hinüber zu ihm und sagte beruhigend: „Piper, er ist vielleicht nur in der Unterwelt. Du weißt wie besessen er davon ist, den Dämon zu finden, der hinter Wyatt her ist."
„Nein, Phoebe, er ist nicht in der Unterwelt", sagte Piper frustriert. „Er ist nur grad sehr verletzt und ich kann ihm nicht einmal helfen!"
„Ist Leo schon zurück?", fragte Paige vorsichtig, da sie Piper nicht noch mehr aufregen wollte.
„Nein, noch nicht", seufzte Piper. Leo war sofort zur Golden Gate Bridge gebeamt, um ihren Sohn zu finden nachdem Piper ihm erzählt hatte, was passiert ist, aber Chris war nicht dort gewesen. Also hatte er gesagt, dass er woanders nach ihm suchen würde. Aber wo sollte er suchen? Die Wahrheit war, sie wussten rein gar nichts über Chris, oder zumindest nicht sehr viel. Und schon gar nicht Dinge wie wohin er gern ging, wenn er allein sein wollte oder etwas in der Art.
„Mach dir keine Sorgen, Leo wird ihn finden", versuchte Phoebe sie zu trösten.
„Ich hoffe es", flüsterte Piper niedergeschlagen.
Leo stand auf der Golden Gate Bridge und versuchte zum wohl hundertsten Mal seinen Sohn aufzuspüren, aber es funktionierte nicht. „Chris!", rief er schließlich. „Bitte, wenn du mich hören kannst, dann komm her! Deine Mutter macht sich große Sorgen um dich!"
Leo wartete ein paar Sekunden, aber nichts geschah. Er seufzte laut. Was war nur los mit Chris? Piper hatte ihm von seinem Ausbruch erzählt und er konnte es einfach nicht glauben. Wenn er nicht gerade so besorgt um seinen Sohn wäre, dann wäre er sehr, sehr sauer auf ihn. Piper war total aufgelöst gewesen über sein Benehmen und Leo konnte es einfach nicht verstehen, wieso er sich so benommen hatte. Mit einem letzten Versuch Chris aufzuspüren, der wie alle Vorangegangen fehlschlug, beamte er zurück nach Hause.
„Leo!", rief Piper hoffnungsvoll aus, als sie sah, wie ihr Mann hereinbeamte. „Hast du…" Sie unterbrach sich, als sie Leos niedergeschlagenen Gesichtsausdruck sah.
„Ich kann ihn einfach nicht aufspüren", gab Leo zu. Er sah Phoebe und Paige an und fragte: „Konntet ihr ihn mit dem Kristall finden?"
Sie schüttelten die Köpfe. „Nein, wir haben es versucht, aber es klappt nicht. Wir haben sogar versucht ihn herbeizurufen, aber – nichts" seufzte Phoebe und setzte sich auf Pipers Bett.
„Leo, was geht hier vor?", fragte Piper, jetzt eindeutig verängstigt. „Wieso denkt er plötzlich, dass ich ihn hasse?"
„Ich weiß es nicht", sagte Leo und kniete sich vor sie auf den Boden. Er nahm ihre Hände in seine eigenen und drückte sie leicht. „Aber ich schwöre dir, dass wir ihn finden werden. Und dann werden wir mal ein ernstes Wort mit ihm reden müssen, denn er muss echt damit aufhören mich abzublocken."
„Und wie werden wir ihn finden?", fragte Paige, während sie ein Foto von Pipers Nachtschrank nahm. Es war das Foto von Pipers zukünftiger Familie.
„Du möchtest mich heute wirklich ärgern, was?", fragte Piper gereizt.
Paige seufzte auf und setzte sich neben Phoebe. „Ich bin nur realistisch. Ich meine, er blockt jeden Weg mit dem wir ihn finden können, also was sollen wir tun?"
Während alle über eine Lösung nachdachten, nahm Phoebe Paige das Foto aus der Hand und sie bekam eine Vision.
Vision
Chris saß auf dem Boden in einer dunklen, verlassenen Gasse und hatte seinen Rücken an einer Mauer angelehnt. Er weinte und Phoebe konnte fühlen, dass er sehr verletzt war. Plötzlich erschien ein großer Mann ganz in schwarz gekleidet ein paar Meter entfernt von ihm. Chris sah nicht auf und der Mann beschwor eine Armbrust herauf. Er richtete sie auf Chris und schoss einen Pfeil ab…
Ende der Vision
„Oh mein Gott", keuchte Phoebe mit Horror in der Stimme.
„Was ist passiert? Was hast du gesehen?", fragte Piper aufgeregt, als sie bemerkte, dass ihre Schwester offensichtlich eine Vision gehabt hatte.
„Chris… er wurde von einem Wächter der Dunkelheit angegriffen", antwortete Phoebe, während sie auf den kleinen, braunhaarigen Jungen auf dem Bild sah.
Leo versuchte angestrengt die aufkommende Panik und Angst zu unterdrücken. „Weißt du wo er ist?", fragte er.
Phoebe schüttelte den Kopf. „Ich sah nur, dass er in einer dunklen Gasse war…"
„Eine dunkle Gasse?", unterbrach sie Paige. „Das heißt es wird nicht vor heute Nacht passieren."
„Ähm… ich weiß nicht", sagte Phoebe unsicher. „Aber ich denke du hast Recht."
„Oder es ist bereits geschehen", murmelte Piper verzweifelt. „Er ist verschwunden, als es noch dunkel draußen war. Woher wissen wir, dass es nicht schon passiert ist?"
Sie sahen einander an und konnten nicht anders als Piper Recht zu geben. Leo nahm seine Frau schnell in die Arme, als er sah, dass sie Tränen in den Augen hatte. „Schh… es ist okay, Piper, wir werden ihn finden. Mach dir keine Sorgen…"
„Was zur Hölle ist mit dir los?", schrie Piper jedoch verärgert und löste sich von ihm. „Nichts ist okay und wir haben keine Ahnung wie wir ihn finden sollen! Also entschuldige, wenn ich mir doch Sorgen mache!"
„Piper, beruhige dich", versuchte Phoebe es nun. „Leo anzuschreien wird uns nicht helfen Chris zu finden." Sie wandte sich ihrem Schwager zu und sagte: „Geh nach oben und frag die Ältesten, ob sie etwas tun können und wir schauen noch mal im Buch der Schatten nach."
Leo folgte sofort ihrem Vorschlag und beamte weg, während die Schwestern auf den Dachboden gingen.
Nie in seinem Leben hatte Chris so verzweifelt nach seinem Vater rufen wollen wie in diesem Augenblick. Er war verletzt und er brauchte ihn. Der Pfeil des Wächters der Dunkelheit, der ihn vor ein paar Stunden in die linke Schulter getroffen hatte, vollendete langsam seine Arbeit. Er zitterte heftig, während er versuchte die Blutung mit seiner rechten Hand zu stoppen, aber das half leider nicht viel.
Er musste seinen Dad rufen. Er würde sterben, wenn er es nicht tat. Er öffnete den Mund, um nach ihm zu rufen, doch plötzlich begann diese nervige Stimme in seinem Kopf wieder zu reden: „Denkst du wirklich, dass er kommen wird? Er hasst dich auch. Er wird froh sein, wenn du endlich tot bist."
„Nein…", stöhnte Chris voller Schmerz. „Nein, das ist nicht wahr…"
Barbas seufzte gespielt und sagte: „Du brauchst dich nur zu erinnern." Dann stand er auf und erschuf für Chris eine Vision.
Vision/Rückblende
„Vergiss es Chris. Dieses Mal glaub ich dir nicht mehr. Ich hab dir vertraut, aber alles was du gewollt hast, war meinem Sohn wehzutun, richtig?", sagte Leo.
Chris schüttelte seinen Kopf. „Nein, ich will ihn retten. Du weißt nicht, wie die Zukunft aussehen wird. Wyatt wird ein tyrannischer Herrscher sein und niemand ist vor ihm sicher. Er hat sogar versucht mich umzubringen."
Leo runzelte verwirrt die Stirn, als er die Betonung hörte, die Chris benutzte, als er mich gesagt hatte. „Und wieso wäre das so schlimm?"
Genau wie in alten Zeiten, dachte Chris, als er Leos Kommentar hörte. „Ich hatte beinahe vergessen, dass das für dich ja ein Grund zum Feiern wäre", sagte er verbittert.
„Na ja, nachdem was heute geschehen ist; ja ich denke das wäre es", erwiderte Leo kalt. Er sah nicht den verletzten Ausdruck der auf Chris' Gesicht erschien, da Chris wieder hinunter auf das Wasser starrte. „Und vergiss nicht, wenn ich dich jemals wieder in Wyatts Nähe sehe, werde ich nachholen, was ich in Valhalla versäumt habe." Dann beamte er sich weg.
Ende der Vision/Rückblende
Barbas kniete sich erneut neben Chris und flüsterte: „Siehst du, er hasst dich. Er wollte dich am liebsten umbringen. Das Einzige, das ihn davon abhielt war, dass er ein Ältester ist. Ein Pazifist. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er will, dass du stirbst."
Chris unterdrückte ein Schluchzen. Die Stimme hatte Recht. Leo hatte ihn immer gehasst, sogar in seiner eigenen Zeit wo er gewusst hatte, wer er war. Wieso war er sonst für jeden anderen da gewesen, außer für ihn? Er wird nicht kommen, selbst wenn ich versuche ihn zu rufen, dachte Chris zu Barbas Zufriedenheit. Es war dieser Moment, in dem Chris entschied loszulassen. Er nahm seine Hand von seiner Schulter und versuchte sich so gut wie möglich zu entspannen, während die Dunkelheit ihn langsam umfing…
Fortsetzung folgt…
