Liebe und Angst
Kapitel 5: Wir werden ihn beschützen
Chris hatte noch nie in seinem Leben so viel Angst gehabt. Er hatte seine Mutter schon einmal verloren und er war nur schwer darüber hinweggekommen. Als er sie das erste Mal gesehen hatte nachdem er von der Zukunft hierher gekommen war, hatte er all seine Selbstbeherrschung gebraucht, um nicht zu ihr zu laufen und sie zu umarmen. Es war so hart für ihn gewesen wieder in ihrer Nähe zu sein, während sie nicht wusste wer er war und ihn ständig mit Misstrauen und Hass angesehen hatte. Aber jetzt spielte das keine Rolle mehr. Es war nicht mehr wichtig, ob sie ihn hasste oder nicht, er wollte sie einfach nicht schon wieder verlieren.
„Mom…", schluchzte er wieder, während er seiner ‚Mutter' die Haare von der Stirn wegstreichelte.
Piper, die endlich verstand, dass Barbas dahinter steckte, kniete sich schnell neben ihren Sohn und schüttelte leicht seine Schulter. „Chris, hör mir zu. Das ist nicht real. Du musst dagegen ankämpfen", sagte sie bestimmt und wartete auf eine Antwort.
Chris sah auf, als er spürte, dass jemand ihn berührte, aber er sah niemanden und wandte sich wieder seiner ‚Mom' zu. „Es tut mir so Leid…"
„CHRIS!", schrie Piper nun mit Panik in ihrer Stimme. Sie drehte sich schnell zu ihren Schwestern und ihrem Mann um. „Helft mir!"
Leo kniete sich sofort neben seine Frau und seinen Sohn. „Du meinst, Barbas ist dafür verantwortlich?", fragte er Piper.
Piper nickte und schüttelte Chris erneut. „Chris, bitte, das ist nicht real!"
Chris hatte wieder das merkwürdige Gefühl, dass ihn jemand rüttelte, aber er konnte wieder niemanden sehen. „Dad?", fragte er mit etwas Hoffnung in der Stimme. Älteste konnten unsichtbar werden, also war sein Vater vielleicht hier, um seine Mutter zu retten. Aber wieso wäre er unsichtbar?
Als Barbas die kleine Hoffnung spürte, sagte er schnell: „Er ist nicht hier. Dein Vater hasst dich. Er wird niemals kommen, wenn du ihn brauchst. Das ist auch der Grund weshalb deine Mutter gestorben ist. Du hattest nach ihm gerufen, damit er sie heilen würde, doch er kam nie, da er dich hasst."
Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht und all die Hoffnung, die Chris vor einer Sekunde noch gehabt hat verschwand wieder und ließ ihn mir der schrecklichen Erkenntnis, dass es wirklich seine Schuld gewesen war, dass seine Mutter gestorben war. Wenn er nicht so ein schlechter Sohn wäre, dann würde sein Vater ihn vielleicht genug mögen, dass er auf seine Rufe antworten würde, wenn er ihn so verzweifelt brauchte. Es war alles seine Schuld…
„Vielleicht sollten wir einen Spruch versuchen, um ihn aus dieser Vision zu reißen", schlug Paige vor, während Piper noch immer ihren Sohn an den Schultern rüttelte.
„Nein, das wird nicht funktionieren", widersprach Phoebe. „Er muss seine Angst von selbst überwinden."
„Chris, bitte, komm schon. Ich weiß, dass du es kannst", sagte Leo und drückte den Arm seines Sohnes.
Chris zuckte etwas zusammen, als er das spürte. Aber er kümmerte sich nicht weiter darum. Der Anblick seiner toten ‚Mutter' war einfach zu viel für ihn… Tote Mutter? Plötzlich spürte Chris eine Menge Hoffnung in sich aufkommen. Sie konnte nicht tot sein. Wenn sie es wäre, wäre er selbst schon längst verschwunden. „DAD! DAD, BITTE! MOM BRAUCHT DICH!", schrie er in Richtung Decke, während er hoffte, dass Leo kommen würde, wenn er wüsste, dass Piper in Gefahr war.
„Ich bin hier, Chris", sagte Leo beruhigend. „Und deiner Mutter geht's gut."
„Ja, sie ist hier und es geht ihr gut", sagte jetzt auch Phoebe.
„DAD!", rief Chris erneut, während er nach irgendeinem Lebenszeichen seiner ‚Mutter' suchte.
„Chris, es ist alles okay", versuchte Piper ihn zu beruhigen und umarmte ihn fest.
Chris konnte sofort ihre Anwesenheit spüren. Er sah hinunter auf seine ‚Mutter' und bemerkte, dass sie nicht atmete. Sie war wirklich tot. Eine große Welle der Erleichterung kam über ihn. Er wusste nicht was genau passierte, aber er wusste, dass die Frau in seinem Armen nicht seine Mom war, oder er selbst wäre schon längst verschwunden. Er schloss seine Augen und konzentrierte sich auf das Gefühl der Umarmung seiner echten Mutter. Als er sie wieder öffnete konnte er seine Tanten sehen, die mit besorgten Gesichtern dastanden, während seine Eltern neben ihm knieten und ihm sagten, dass alles okay sei.
„Mom!", rief Chris wieder aus und seine Familie wurde immer verzweifelter, da sie dachten, dass er wieder mit der Piper aus seiner Vision sprach. Doch dann schloss er seine Arme um die echte Piper und legte seinen Kopf in ihren Nacken. „Mom, es tut mir so Leid… ich wollte dich nicht anschreien…"
„Es ist okay, Chris", beruhigte ihn Piper schnell, erleichtert dass er es geschafft hatte seine Angst zu überwinden.
„Nein, ist es nicht… ich hätte dich fast umgebracht", schluchzte Chris, noch immer verängstigt durch die Vision.
„Du bist so dramatisch", sagte Paige, die versuchte die Stimmung etwas zu heben.
Piper ließ ihren Sohn los, um ihm in die Augen zu schauen. „Du hast nichts Falsches getan, Baby. Das war alles Barbas' Schuld. Du warst aufgebracht und ich kann es wirklich verstehen, dass du ausgeflippt bist. Es ist okay."
„Aber…"
„Kein aber", unterbrach ihn Piper und umarmte ihn wieder. „Ich bin nur froh, dass es dir wieder gut geht. Erschreck mich nie wieder so."
„Ja, du hast uns einem ziemlichen Schreck eingejagt", sagte Leo, während er seinem Sohn liebevoll durchs Haar strich.
Plötzlich zuckte Chris zusammen und sah seinen Vater mit einer Mischung aus Angst und Schock an. „Dad… es tut mir Leid, dass ich meine Kräfte gegen dich eingesetzt hab. Ich wollte nicht…"
„Es ist okay", unterbrach ihn Leo und lächelte ihn beruhigend an.
„Nein! Das alles ist nicht okay!", rief Chris verwirrt. „Wie könnt ihr das sagen? Ich hab dich angegriffen und Mom angeschrieen…"
„Das war alles nur wegen Barbas", sagte Leo und brachte Chris dazu innezuhalten.
„Barbas?"
Piper nickte. „Ja, ich denke er war auch derjenige, der dir eingeredet hat, dass wir dich hassen."
Als Chris sie daraufhin ansah konnte er die Liebe und die Besorgnis in ihren Augen sehen und auf einmal fühlte er sich total bescheuert, dass er geglaubt hatte, dass sie ihn hasst. Die kalten Worte die er ihr ins Gesicht geschrieen hatte kamen zurück zu ihm und er senkte seinen Kopf in Schuld. Er hatte ihr sozusagen gesagt, dass sie eine schlechte Mutter war und das war eindeutig nicht der Fall. Er musste das wieder gutmachen. Er sah wieder auf und sagte: „Es tut mir ehrlich Leid was ich da vorhin gesagt hab…"
„Chris…", versuchte Piper ihn erneut zu unterbrechen.
„Nein, warte. Lass mich etwas sagen, okay?", bat Chris eingehend. „Ich meinte diese Sachen nicht so wie es geklungen hat. Ich wollte dir niemals sagen, dass du – dass du tot bist in meiner Zukunft, denn ich habe gehofft, dass ich das auch ändern kann. Und ich hab dir nie die Schuld an irgendetwas in meinem Leben gegeben. Es war nur so schwer für mich dich zu verlieren und…"
Piper umarmte ihn schnell, als Chris wieder leise schluchzte. „Es ist okay, Baby. Ich gebe dir auch keine Schuld an dem was du vorhin alles gemacht hast. Du hättest es mir schon früher sagen sollen. Ich kann mir nicht vorstellen wie schwer das letzte halbe Jahr für dich sein hat müssen." Auch sie begann etwas zu weinen, als sie sich an all die gemeinen und grausamen Dinge erinnerte, die sie ihrem Sohn angetan hatte.
Phoebe wurde etwas schwindelig als sie die starken Emotionen von Mutter und Sohn auffing. Auch wenn sie den Trank genommen hatte, der sie gegen die Emotionen abblockte konnte sie sie manchmal fühlen, wenn sie zu stark waren. „Ich geh auf den Dachboden und schau nach, ob ich etwas finden kann mit dem wir Barbas vernichten können", flüsterte sie Paige zu.
„Ich helfe dir", sagte Paige und folgte ihrer Schwester aus dem Raum.
Piper und Leo saßen eine Weile einfach nur mit ihrem Sohn da und niemand sagte ein Wort. Sie hielten ihn einfach nur fest, um ihm zu zeigen wie sehr sie ihn wirklich liebten. Nach ein paar Minuten schlief Chris jedoch ein und Leo legte ihn auf das Bett, damit er sich etwas ausruhen konnte nach allem was er durchgemacht hatte. Sie zogen eine Decke über ihn und setzten sich dann an seine Seite.
Es war fast zehn Minuten später als Piper die Stille brach. „Er ist so tapfer…", wisperte sie ohne zu bemerken, dass sie das laut gesagt hatte.
Leo nickte. „Ja, das ist er. Er unser kleiner Junge."
Piper drehte sich zu ihrem Mann um. „Ich will nicht, dass er so tapfer ist. Ich will nicht, dass er sich so fühlt als müsste er die Last der ganzen Welt allein auf seinen Schultern tragen. Wir sind seine Eltern. Wir sollten ihn beschützen. Und wir können nicht einmal das tun…"
„Piper, er ist nun mal genauso stur wie du", sagte Leo lächelnd. „Und er hat dieselbe Entschlossenheit seine Familie zu beschützen."
„Aber das heißt nicht, dass er so viel opfern muss, um das zu tun", sagte Piper, nicht gewillt Leos Worte als Kompliment zu sehen. „Du hast es selbst gesagt, er ist unser kleiner Junge. Wir sollten ihn beschützen und nicht umgekehrt."
„Wir werden ihn beschützen, ich verspreche es dir. Ich werde nicht zulassen, dass ihm etwas zustößt", sagte Leo entschlossen. „Und wenn ich ihn jeden Tag in die Unterwelt folgen muss, um das zu tun, dann werde ich es tun."
Piper grinste. „Das wird er aber nicht mögen."
„Das ist Pech für ihn, denn ich bin sein Vater und ich werde dieses Mal für ihn da sein, so wie er es verdient", erwiderte Leo, während er seinen Sohn ansah.
„Ich weiß, dass du das tun wirst", seufzte Piper und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
Leo zögerte einen Moment, bevor er sagte: „Ich hab nie aufgehört dich zu lieben."
Piper lächelte und küsste ihn auf die Wange. „Ich liebe dich auch."
„VERDAMMT NOCHMAL!", schrie Barbas wütend, während er in seiner Höhle auf und ab ging. Er hatte wirklich nicht daran geglaubt, dass der Sohn von Piper überleben würde. Jetzt war sein ganzer Plan zerstört und die Mächtigen Drei waren wieder auf der Jagd nach ihm.
„Ich denke, du könntest etwas Hilfe gebrauchen", sagte eine dunkle Stimme plötzlich hinter ihm.
Barbas drehte sich um, bereit den Eindringling anzugreifen, doch als er den Mann sah, zögerte er. Er konnte fühlen, dass der Dämon viel Macht besaß und vielleicht war es keine gute Idee einen Kampf anzufangen – zumindest nicht bis er wusste wieso der Mann hier war. „Und du willst mir deine Hilfe anbieten?", fragte er misstrauisch.
Der Mann schüttelte den Kopf. „Nein, nicht direkt. Ich will, dass du meinen Anweisungen folgst."
Barbas schnaubte verächtlich. „Wieso sollte ich das tun?"
Der Mann grinste böse und ließ einen Energieball in seiner Hand erscheinen. „Vielleicht weil es dich davor bewahren würde, vernichtet zu werden."
Barbas sah den Mann und die Waffe in seiner Hand eine Weile an. Vielleicht sollte er diesen Deal wirklich in Erwägung ziehen. „Und was sind deine Anweisungen?"
„Wir werden die Mächtigen Drei vernichten – diesmal endgültig."
Fortsetzung folgt… (Sorry, dass es so lange gedauert hat mit dem Update. Ich hab in den Ferien weniger Zeit zum Schreiben als ich gedacht hab. Hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Die Geschichte hat übrigens 12 Kapitel also wird noch einiges geschehen…)
