Liebe und Angst
Kapitel 6: Luthers Plan
„Wer bist du?", fragte Barbas den Mann, der ihm seine ‚Hilfe' angeboten hatte während er ihn genau betrachtete. Er war groß, in schwarz gekleidet und hatte dunkle, lange Haare. Seine Augen waren hellgrau, beinahe weiß, und er hatte lange Krallen an seinen Händen.
Der Mann grinste und antwortete: „Es spielt keine Rolle wer ich bin. Alles was zählt ist, dass wir die Mächtigen Drei, ihren Ältesten und die Kinder der ältesten Hexe vernichten werden."
Barbas sah ihn amüsiert und ungläubig an. „Findest du nicht, dass du dir zu viel zumutest? Niemand hat es je geschafft sie alle zu töten."
„Ich hätte es beinahe", sagte der Mann ungeduldig. Er wollte einfach nur diese verdammte Familie auslöschen, bevor sein Meister bemerkte, was er tat. Falls das passieren würde, wäre er tot bevor er einen einzigen Blick auf die Mächtigen Drei werfen konnte.
„Was meinst du, du hättest es beinahe?", fragte Barbas verwirrt.
Der Mann stöhnte auf und fauchte ihn an: „Ich bin aus der Zukunft und da hab ich die Mächtigen Drei schon längst umgebracht. Ich kann es wieder tun. Ich brauche nur deine Hilfe wegen den Kindern."
„So, du bist also aus der Zukunft. Interessant", sagte Barbas und ging zu den Mann hinüber. Er wollte dessen Ängste lesen, doch der Mann hob seine Hand, um ihn zu stoppen.
„Denk nicht mal dran", warnte er. „Und jetzt lass uns endlich an die Arbeit gehen."
Piper und Leo saßen noch immer neben Chris, der plötzlich anfing vor sich hin zu murmeln. Neugierig und auch etwas besorgt lehnten sie sich näher an ihn heran, um zu verstehen was er sagte. „Mom… nein, geh nicht…"
Piper versuchte daraufhin nicht wieder zu weinen. Obwohl sie wusste, dass sie keine Schuld an ihrem eigenen Tod trug, fühlte sie sich schrecklich als ihr klar wurde, wie viel Schmerz sie ihrem Sohn damit zugefügt hatte. „Vielleicht sollten wir ihn aufwecken", schlug sie schließlich vor und nach einem kurzen Moment nickte Leo zustimmend.
Piper streckte ihre Hand aus und streichelte sanft die Wange ihres Sohnes, während sie versuchte ihn aufzuwecken.
TRAUM / RÜCKBLENDE
„Mom, ich bin zu Hause!", rief Chris nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er warf seine Schultasche auf den Boden und ging in die Küche, um seine Mutter zu suchen, aber sie war nicht da. Er seufzte und wollte schon in sein Zimmer gehen, als ihm auffiel, dass die Wohnzimmertür geschlossen war. Er runzelte verwirrt die Stirn. Normalerweise war die Tür nie zu.
Chris ging hinüber zur Tür und öffnete sie, in der Erwartung einen Dämon zu sehen oder etwas in der Art. In den letzten Monaten hatte es viele Angriffe gegeben, sogar mehr als üblich. Aber anstatt eines Dämons sah er sich nun seiner Familie gegenüber, die laut: „Alles Gute zum Geburtstag!", schrie.
Chris war wirklich überrascht. Er hatte geglaubt, dass jeder seinen Geburtstag vergessen hatte, denn niemand hatte heute etwas erwähnt – nicht einmal seine Mom. Er war etwas enttäuscht und traurig darüber gewesen, doch es war ihm klar geworden, dass sie mit den ganzen Angriffen in den letzten Monaten einfach keine Zeit hatten daran zu denken. Aber er hatte sich geirrt. Seine Mutter kam nun zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Alles Gute, mein Baby", sagte sie liebevoll.
Chris lächelte sie glücklich an. Sie hatten es doch nicht vergessen. Nun ja, sein Vater war nicht da, aber um die Wahrheit zu sagen machte das Chris nicht so viel aus. Sein Vater war nie zu einem seiner Geburtstage erschienen, außer einem und er war nicht überrascht, dass Leo dieses Mal auch nicht hier war. Aber es war nicht so wichtig. Seine Mom, seine Tanten und sein Bruder waren hier. Das war alles, was er brauchte. „Danke", sagte er und umarte seine Mutter.
Nach ein paar Sekunden ließ sie ihn los und lächelte. „Wir wollten eigentlich auch ein paar deiner Freunde einladen, aber mit den ganzen Dämonen…"
„Ist schon okay", unterbrach Chris sie schnell. „So lang du da bist, macht's mir nichts aus", fügte er hinzu und Piper lächelte noch mehr.
„Oh, du bist so ein Muttersöhnchen", zog ihn Wyatt auf.
„Hör auf deinen Bruder auszulachen, es ist sein Geburtstag", sagte Paige und schlug ihren Neffen spielerisch auf den Arm.
„Ja ja, von mir aus", sagte Wyatt und setzte sich auf die Couch.
Für einen kurzen Moment hatte Chris das merkwürdige Gefühl, als würde jemand hinter ihm stehen und er drehte sich schnell um, doch da war niemand. Er entspannte sich etwas und wandte sich wieder seiner Mutter zu, die ihn besorgt ansah. „Was hast du, Chris?", fragte sie.
„Ich weiß nicht", antwortete Chris. „Ich hatte dieses komische Gefühl, dass…"
Er konnte seinen Satz nie beenden, denn plötzlich schrie Phoebe schmerzerfüllt auf und tiefe Wunden erschienen auf ihrer Brust, die sofort anfingen stark zu bluten. Paige, die neben ihr stand, fing sie auf, als sie zu Boden fiel. Bevor Piper oder Chris zu ihnen gehen konnte, schrie Paige auch auf, als sie spürte wie Krallen ihr Fleisch durchschnitten und ihr Herz trafen.
„Neiiin!", schrie Piper und fiel neben ihren Schwestern, die bewegungslos auf dem Boden lagen, auf die Knie.
„Wyatt, heil sie!", rief Chris verzweifelt, als er sah, dass sein Bruder noch immer ganz ruhig auf dem Sofa saß.
„Nein, ich denke, das werde ich nicht tun", erwiderte Wyatt gleichgültig und sah weiterhin kalt zu.
Chris bekam langsam Panik. Er konnte seine Tanten nicht mehr fühlen, das hieß, dass sie dem Tod nahe waren oder sogar schon tot waren. „Verdammt noch mal, Wyatt! Was zum Teufel ist los mit dir!", schrie er ihn wütend an. „Heil sie sofort!"
„Glaubst du etwas, du kannst mir Befehle erteilen?", fragte Wyatt amüsiert.
Chris sah ihn ungläubig an. Ihre Tanten starben und Wyatt weigerte sich nicht nur sie zu heilen, sondern schien sich auch noch prächtig zu amüsieren. Er konnte nicht verstehen was geschah, doch er hatte nicht die Zeit weiter darüber nachzudenken, denn das was im nächsten Moment passierte, ließ sein Blut in seinen Adern gefrieren.
Er hörte seine Mutter schreien und er wusste in diesem Moment, dass ihn dieser Schrei bis an seinen Todestag verfolgen würde. Er unterdrückte den Drang seinen Bruder eine zu verpassen und kniete sich schnell zu seiner Mutter, die mit ihrem Rücken zu ihm lag. Als er sie vorsichtig umdrehte musste er ein Schluchzen und die Tränen, die drohten zu fallen, zurückhalten. Seine Mom hatte auch Wunden über ihren ganzen Oberkörper. Sie waren nicht so tief wie bei seinen Tanten, aber trotzdem lebensbedrohlich.
„Wyatt, bitte heil sie", bettelte er, während er seine Mutter zu sich zog und ihr Blut langsam anfing in seinen Schoß zu fließen.
Wyatt stand nun endlich auf und ging zu ihnen hinüber und Chris war erleichtert, dass er wenigstens ihre Mutter nicht sterben lassen würde. Zumindest dachte er das, bis Wyatt mit seiner Hand eine kleine Bewegung machte und ein Mann mit weiß-grauen Augen und langen, blutigen Krallen neben ihm erschien. Chris konnte einfach nicht fassen was er sah. Er war nicht in der Lage zu akzeptieren was sich gerade abspielte, doch die nächsten Worte seines Bruders machten alles klar.
„Sehr gut gemacht", sagte er zu dem Dämon, der gerade ihre Familie angegriffen hatte. „Geh zurück in dein Quartier und warte dort auf meine Befehle." Der Dämon nickte und schimmerte davon.
„Wyatt…", keuchte Piper schwach. Sie konnte auch nicht glauben was geschah.
Wyatt sah weiterhin total unbetroffen aus. Er ignorierte seine Mutter und wandte sich an Chris. „Es tut mir Leid, dass es so kommen musste. Aber sie hätten die Dinge nie so gesehen wie ich. Es geht alles nur um Macht, Chris. Ich hoffe, du verstehst das, bevor ich gezwungen bin dich auch noch umzubringen." Mit diesen Worten beamte er davon und ließ Chris allein mit seinen toten Tanten und seiner sterbenden Mutter.
ENDE DES TRAUMES / DER RÜCKBLENDE
„Mom!", schrie Chris und setzte sich abrupt im Bett auf.
„Schhh, es ist okay, Chris. Ich bin ja hier", versuchte Piper ihn zu beruhigen.
Chris brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er in dem Bett seiner Mutter war und nicht im Wohnzimmer mit ihr in seinen Armen, während sie langsam verblutete. Er holte tief Luft und sah seine Mutter an. Er wollte sie umarmen, doch er zögerte. Er war sich immer noch nicht sicher, ob sie es mochte, wenn er das tat. Was wenn Barbas Recht gehabt hatte?
Piper sah den ängstlichen Ausdruck auf dem Gesicht ihres Sohnes und umarmte ihn sofort. Chris verspannte sich erst, doch dann ließ er es zu. Plötzlich erfüllte das Geräusch von Beamen den Raum und Wyatt erschien in seinem Schoß. Er nahm Chris' T-Shirt und kicherte glücklich, als sein ‚kleiner' Bruder ihn in seine Arme nahm. Piper und Leo sahen teils amüsiert, teils gerührt zu.
Als Chris seinen Bruder ansah, konnte er nichts sehen, das ihn an den bösen Tyrann erinnerte, der die Ermordung ihrer Familie geordert hatte. Stattdessen sah er ein glückliches, unschuldiges Gesicht und er war entschlossen sicher zu gehen, dass es so bleiben würde. Er würde seinen Bruder retten. Er musste es tun. Er konnte nicht zulassen, dass sich alles wiederholte. Seine Familie würde dieses Mal nicht zerbrechen, das schwor er sich.
IN DER ZUKUNFT
Wyatt Halliwell war sehr wütend. Und es war wirklich nicht gut, wenn er das war. Die zwei Dämonen die vor ihm standen konnten den Beweis fühlen. Wyatt ließ sie für etwas zehn Sekunden brennen bevor er sie mit Energiebällen vernichtete. Dann seufzte er tief, um sich zu beruhigen, doch es gelang ihm einfach nicht. Zu viel war in den letzten Monaten schief gegangen und das war alles nur die Schuld seines verdammten kleinen Bruders.
Wyatt hatte alles versucht, um ihn zurück in die Zukunft zu rufen, aber es war ihm bislang nicht gelungen. Und jetzt verschwanden seine besten Dämonen. Er wusste, dass das Chris' Schuld war. Sein Bruder vernichtete sie in der Vergangenheit, deshalb verschwanden sie hier auch. Gerade hatte er erfahren, dass Luther, einer seiner Elite-Dämonen, verschwunden war. Wütend ging er in Luthers Quartier, das jetzt verlassen war.
„Verdammt, das wirst du büßen, Chris!", fluchte er, doch dann fiel ihm etwas auf. Das Quartier sah noch immer genauso aus wie vor ein paar Stunden, als er sein letztes Treffen mit Luther gehabt hatte. Luthers Sachen waren alle noch hier und das verwirrte Wyatt. Wenn er wirklich in der Vergangenheit vernichtet worden war, dann dürften seine Sachen nicht mehr hier sein. Und seine Familie wäre mit aller Wahrscheinlichkeit auch wieder am Leben, denn Luther war derjenige gewesen, der sie getötet hatte.
Wyatt ging zu dem Steintisch in der Mitte der Höhle und sah sich die Dinge dort an. Ein paar Tropfen Blut waren darauf und ein Stück Papier lag da. Er nahm das Papier in die Hand und drehte es um, doch es stand nichts drauf. Wyatt überlegte kurz, bevor er einen Spruch aufsagte, der ihm Verborgenes offenbaren sollte.
Augenblicklich erschien ein Zauberspruch auf dem Papier und als Wyatt ihn las verstand er sofort was geschehen war, nur er wusste nicht weshalb. Der Spruch war ein Zeitreisezauber, der einem in die Vergangenheit bringen konnte. Aber wieso hätte Luther das tun sollen? Um Chris zurückzuholen? Er bezweifelte es. Luther wusste, dass er ihm nichts beweisen musste, also wieso sollte er eine Zeitreise riskieren? Es hätte nur Sinn, wenn Luther seine eigenen Gründe hätte, in die Vergangenheit zu reisen.
Plötzlich wurde Wyatt richtig wütend. Es war alles zu viel. Er hatte so hart gearbeitet, um diese neue Welt zu erschaffen und jetzt war alles in Gefahr. Die Hexen, die sich ihm noch immer entgegenstellten wurden immer mächtiger, da seine besten Dämonen verschwanden und er konnte es einfach nicht länger erlauben, dass es so weiter ging. Wyatt sah noch mal den Zauberspruch in seinen Händen an und entschied sich es zu wagen. Er würde herausfinden weshalb Luther in die Vergangenheit gereist war und während er das tat würde er auch seinen kleinen Bruder fangen – oder töten.
IN DER GEGENWART
Luther ging in Barbas' Höhle auf und ab und wartete darauf, dass der Dämon der Angst zurückkehrte. Er hatte gesagt, dass er noch etwas zu erledigen hatte bevor sie die Halliwells angreifen konnten, doch Luther hatte nicht viel Zeit. Er wusste, dass Wyatt nicht lange brauchen würde, um herauszufinden was er getan hatte und dann würde er ihm folgen. Seine einzige Chance diese Mission zu erfüllen war, die Baby Version seines Meisters zu töten bevor Wyatt hierher kam.
Nachdem er mit den Halliwells fertig war, würde er zu sich selbst aus dieser Zeit gehen und etwas mit sich plaudern. Er würde sicher gehen, dass er ihn der neuen Zukunft die Quelle und Herrscher der Welt wird. Und Wyatt Halliwell würde tot sein. Ein böses Grinsen stahl sich auf seine Lippen, als Barbas endlich zurückkam. „Bist du bereit?", fragte er und Barbas nickte. „Gut, dann lass uns die Mächtigen Drei vernichten!"
Fortsetzung folgt…
