Warnungen und Disclaimer: siehe vorheriges Kapitel


„Deinetwegen. Ich tue es deinetwegen."

Heero glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Was erlaubte sich dieser Maxwell? Irritiert versuchte er seine Hand loszureißen. „Also Bitte," schnaubte er.

Der linke Mundwinkel des Polizisten wurde leicht hochgezogen. Dann bemerkte Heero wie seine Hand fester denn je festgehalten wurde und das Maxwell sie dicht an sein Gesicht führte. Sanft aber bestimmt streifte sein Daumen über Heeros Hand. „Nein, nein, nein," erklang die sanfte Stimme des Polizisten. „Glaub mir, ich tue es deinetwegen."

Heero hielt die Luft an. Er wusste nicht was er denken sollte. Er hätte mit allem gerechnet aber nicht damit. Vollkommen erstaunt schaute er wieder auf seine Hand, die von dem langhaarigen Mann liebkost wurde. Dann hob er seinen Blick etwas an und schaute für einen sehr langen Moment in die strahlenden Augen seines Gegenübers, die voller Wärme zu sein schienen. Amethyst. Vollkommen unerwartet realisierte er welche ungewöhnliche Augenfarbe der Polizist hatte.

Heero war total verwirrt. Dieser Augenkontakt mit Maxwell schien irgendwas zu bedeuten, aber Heero war sich nicht sicher was. „Wirklich?" fragte er mit belegter Stimme.

Das Liebkosen seiner Hand ging weiter. Heero war für eine Sekunde als würde die Welt stillstehen. Und er dachte schon das Maxwell seine Hand küssen wollte. Heero fühlte sich wie ein Reh, das voller Furcht vor den Autoscheinwerfern einfach auf der Straße stehen blieb. Dies war kein Gefühl das er mochte. Aber er hatte auch kein Bedürfnis dem hier zu entfliehen. Was hatte Maxwell nur mit ihm gemacht?

Doch dann öffnete der Polizist wieder seinen Mund und sagte mir der gleichen, sanften Stimme wie vorher. „Ja, deinetwegen. Ich meine, wie kommt ein stellvertretender Staatsanwalt der die Abteilung leitet die gegen die Korruption in der Polizei kämpft dazu, sich für einen Auftragsmord der Mafia zu interessieren?"

Heero fühlte sich als wenn ein Eimer eiskaltes Wasser über ihm ausgekippt worden wäre. Verdammt er war auf den Charme dieses Westentaschencasanovas hereingefallen! Trotz aller Warnungen, trotz dessen das er es besser hätte wissen müssen! Hatte sich für eine Sekunde den Luxus erlaubt Maxwells schönen Worten zu glauben, das Ziel seiner Mission aus den Augen zu verlieren.

Mit einer schnellen Bewegung befreite er seine Hand und lehnte sich in seinen Sitz zurück. Er wusste das sein Gesicht wieder die normale ausdruckslose Maske war. Er würde sich hier keine weitere Blöße geben. Nicht mit mir, Maxwell. „Wise Guys. Sie wollten sicher 'einen Auftragsmord der Wise Guys' sagen, Lieutenant," gab er mit zynischem Tonfall zurück und hob mokierend seine Augenbraue.

Das breite Grinsen war wieder in das Gesicht des Polizisten zurückgekehrt und seine Augen funkelten boshaft. Er griff sich das volle Weinglas und nahm einen großen Schluck. „Ja, was auch immer. Aber die Staatsanwaltschaft..."

Heero unterbrach ihn mitten im Satz. „Wir haben laut Gesetz das Recht eigene Ermittlungen anzustellen, Lieutenant. Und das muss nicht notwendigerweise mit der Polizei besprochen werden," Heero bemühte sich einen möglichst oberlehrerhaften Tonfall einzuschlagen. Maxwell sollte es schließlich besser wissen.

„Meinst du, das Korruption bei der Polizei etwas mit dieser Sache zu tun hat?"

Heero zischte kurz. Wie kam dieser impertinente Kerl dazu ihn auszufragen.? Sie waren hier damit er Informationen bekam und nicht umgekehrt. „Kein Kommentar, Lieutenant," sagte er eisig.

Doch Maxwell schien nicht zu wissen wann es besser war aufzuhören. „Hast du überhaupt irgendwelche Beweise für diese Theorie?" hakte er nach.

Die Falte war wieder auf Heeros Stirn zurückgekehrt. „Noch einmal, kein Kommentar Lieutenant." Heero war jetzt wirklich wütend. Und er drehte sich zur Seite um nicht mehr die amethystfarbenen Augen dieses Polizisten sehen zu müssen.

Es entstand eine gespannte Stille. Weder Heero noch sein Gegenüber schien gewillt zu sein das Gespräch von neuem zu suchen. Aber da schon alles gesagt war, wäre das sowieso vergebene Liebesmüh. Wenn dieser Kerl etwas ähnliches mit Wufei abgezogen hatte, dann verstand Heero nur zu gut, warum sein Kollege derart schlecht auf den Polizisten zu sprechen war. David hätte so etwas impertinentes auch durchziehen können. Und Heero hätte es verdammt noch mal besser wissen sollen.

Aber bevor die Stille zur Belastung wurde, trat ein ziemlich dicker Mann in der typischen Bekleidung des Küchenpersonals an den Tisch. Er hatte ein strahlendes Lächeln auf seinem pausbäckigen Gesicht. Mit einer schnellen Bewegung schlug er sich ein kartiertes Handtuch über die Schulter und sprach Maxwell direkt an. „Hey Duo, wie geht's denn?"

Aber er wartete erst gar nicht auf die Antwort von Maxwell sondern wandte sich sofort weiter an Heero. „Schmeckt Ihnen das Gumbo? Duos Urgroßtante Emily hat mir beigebracht wie man es macht," der Koch schaute vollkommen erwartungsfroh auf Heero.

Heero führte seine Hand auf seinen Magen und antwortete wie sehr es ihm geschmeckt hatte. Auch wenn es ungewöhnlich scharf gewesen war.

Maxwell schien in dieser Sekunde auch aus seiner Schmollecke wieder hervorzukriechen und sagte zu dem Koch. „Aber Großtante Emily hat mehr Sassafras in ihre Mischung getan, Paul. Das wirst du wohl nie lernen."

Der Koch schlug spielerisch mit dem Handtuch nach dem Polizisten. „Ach Duo, pass bloß auf. Wenn du so weiter machst, dann bekommst du keinen Nachtisch," dann wandte er wieder seine volle Aufmerksamkeit Heero zu. „Was möchten Sie? Wir haben Cayun Crash Crash und Dubash Kugeln."

Heero wusste mit den beiden Bezeichnungen überhaupt nichts anzufangen. Und er glaubte das er seinem Magen für einen Abend genug New Orleans Spezialitäten zugemutet hatte. Außerdem wollte er das Zusammensein mit Maxwell so kurz wie möglich halten. Deshalb hob er abwehrend seine Hände und schüttelte leicht mit dem Kopf. „Nein, für mich nichts, danke. Ich muss morgen sehr früh aufstehen."

Maxwell schien den Hinweis das sich ihr gemeinsamer Abend dem Ende entgegen neigte verstanden zu haben. Denn auch er schüttelte den Kopf. Dann drehte er sich ganz zum Koch um und sagte. „Ich denke du solltest uns dann die Rechnung bringen lassen, Paul."

Heero konnte aus den Augenwinkeln sehen das Duo dabei wie wild zwinkerte. Heeros Stirnfalte wurde tiefer.

Der Koch lachte laut auf. „Was denn für eine Rechnung?" fragte er erstaunt.

Maxwell schien den Weltrekord in Augenzwinkern brechen zu wollen als er mit fast genervten Tonfall sagte. „Ich. Meine. Ich. Will. Die. Rechnung. Paul."

Heero schnaubte abfällig. Glaubte dieser Maxwell tatsächlich das er auf dieses Schmierentheater hereinfallen würde? Wenn er so was versuchen wollte, dann sollte er vielleicht vorher seine Mitspieler besser instruieren. Denn der Koch hatte es scheinbar immer noch nicht begriffen.

„Duo hat wohl den Verstand verloren," wandte er sich mit verschwörerischem Tonfall an Heero. „Er weiß doch genau das er hier nie etwas zahlen muss. Als ob wir Geld von ihm nehmen würden."

Heeros knurren wurde lauter. Er konnte nicht glauben das Maxwell dies unter seiner Nase durchziehen wollte. „Warum bringen Sie dann nicht mir die Rechnung?" fragte er mit bedrohlichem Unterton.

Maxwell gab den Versuch mit dem Weltrekord auf und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. „Paul, darf ich dir Heero Yuy vorstellen. Er arbeitet für die Staatsanwaltschaft."

Wenn Heero nicht so verdammt sauer gewesen wäre, dann hätte er den Wechsel des Ausdruckes auf dem Gesichts des Kochs, als dieser endlich bemerkte in was für ein Fettnäpfchen er da getreten war, für komisch befinden können. So war er von diesem ganzen Theater nur genervt.

„Ach tatsächlich? Du sagtest du willst die Rechnung Duo? Warum sagst du das nicht gleich, hier liegt sie doch die ganze Zeit," und mit diesen Worten schnappte der Koch eine Rechnung vom Nebentisch und legte sie vor Maxwell.

Heero knurrte wieder.

Der Polizist sah auf die Zahlen und pfiff einmal. Dann holte er seine Geldbörse hervor. Mit zusammengekniffenen Augen schien er deren Inhalt mit den Zahlen auf der Rechnung zu vergleichen. Scheinbar hatten die Leute am Nachbartisch sehr exklusiv gespeist. Heero erlaubte sich einen Moment der Schadenfreude. Das geschah dem Polizisten nur recht.

Maxwell jammerte leise etwas von wegen Straßenraub und klopfte sich alle Taschen ab. Dann holte er aus der Innentasche seines Sakkos einen Briefumschlag.

Heero fielen beinah die Augen aus dem Kopf als er sah wie Maxwell aus diesem Umschlag vier 20-Dollar-Scheine entnahm und sie Paul reichte. Und wenn ihn seine Augen nicht täuschten, dann waren noch mehr Scheine in dem Umschlag.

Heero schnaubte, er war kurz davor Maxwell den Hals umzudrehen. Konnte dieser tatsächlich die Frechheit besitzen und ihr Essen mit Schwarzgeld bezahlen? Das war... das war unfassbar!

Heero schob wütend den Stuhl nach hinten und hastete in Richtung Ausgang. Wenn er dieses Schmierentheater noch ein paar Sekunden länger ertragen müsste, dann würde er... dann würde er... dann würde er diesen Maxwell als Punching Ball verwenden. Jawohl. Wie konnte dieser Polizist es nur wagen ihn so sehr zu reizen?

Fast blind vor Wut bemerkte er nicht das sich die Angestellte die sie vorhin bedient hatte in den Weg stellte. „Ist etwas nicht in Ordnung?" fragte sie mit einem freundlichen Ton.

Heero war gerade nicht in der Stimmung freundlich zu sein. Er knurrte nur kurz. Dann erinnerte er sich aber daran das er ja seine Jacke wieder brauchte und fragte sie danach.

Sie sah völlig erstaunt drein. „Aber wieso wollen Sie schon gehen? Der Abend hat doch erst angefangen."

In dem Moment hatte ihn auch schon Maxwell eingeholt. „Hey, was hast du denn?" wagte er allen ernstes zu fragen.

„Ich will hier weg!" dann drehte er sich wieder zu der Angestellten um. „Können Sie mir ein Taxi rufen?" ausgerechnet heute hatte er natürlich sein Handy im Büro liegen lassen.

Die Frau sah mit großen Augen von Maxwell zu ihm und zurück. „Natürlich Sir, das kann ich. Aber es wird sicher einige Zeit dauern bis eines hierher kommt. Fahren Sie doch lieber mit Duo wieder zurück."

Heero hätte in diesem Moment am liebsten in die nächste Tischplatte gebissen.

„Ja," kam es ganz süffisant von Maxwell. „Ich bring dich natürlich nach Hause, schließlich habe ich dich auch hierher gefahren. Da musst du dir doch keine Umstände mit einem Taxi machen."

„Omae o korosu," entfuhr es Heero. Aber leider – oder zum Glück – schein keiner der Anwesenden Japanisch zu verstehen. Schicksalsergeben und mit einer großen Falte auf der Stirn ließ er es zu das Maxwell ihn wieder am Ellbogen griff und dann aus dem Tipitana herausführte. Er würde jetzt einfach den Weg des geringsten Widerstandes gehen und sich von diesem Polizisten nach Hause chauffieren lassen. Und dann einen dicken Strich unter diesen vollkommen katastrophalen Abend ziehen.

Aber scheinbar sperrte sich irgendwas in Heero dagegen das alles unkommentiert stehen zu lassen. Er wusste nicht woran es lag. Aber die letzten fünf Minuten die Maxwell und er schweigend im Wagen saßen während sie durch die Nacht fuhren, zehrten ziemlich an Heeros Nerven. Es wäre ihm sogar lieber gewesen wenn der Polizist seine Musik spielen würde. Das Schweigen war fast ohrenbetäubend.

Und wieder und wieder spielte sich vor Heeros innerem Auge ab, was heute Abend alles geschehen war. Das konnte er einfach nicht unkommentiert lassen. „Ist das in Ihren Augen wirklich so harmlos?" verlangte er plötzlich zu wissen.

Maxwell warf einen erstaunten Blick zur Seite und zuckte mit den Schultern. „Ja! Ich sehe tatsächlich nicht, was daran nicht harmlos sein sollte. Das ist einfach ein Bonus."

Ein Bonus? Heero verschlug es fast die Sprache. Aber auch nur fast. „Und das Restaurant erwartet dann im Gegenzug einen besonderen Schutz von der Polizei."

Maxwell tappte ungeduldig auf dem Lenkrad und schüttelte mit dem Kopf. „Oh, das ist ja nun ein tolles Geschäft," sagte er mit einer Stimme die vor Sarkasmus geradezu triefte.

„Und das Sie es mit den Zulassungsbestimmungen nicht ganz so genau nehmen," hakte Heero nach. Er hatte in dem Restaurant mehr Leute gesehen, als es laut Brandverordnungen hätte sein dürfen.

„Ach mach mal einen Punkt. Wenn diese verstaubten Vorschriften wirklich alle buchstabengetreu eingehalten würden, dann gäbe es in der gesamten Stadt kein einziges offenes Restaurant mehr."

Für eine Sekunde blieb Heeros Mund einfach offen stehen. Er kam sich fast wie ein Goldfisch vor. „Also verteidigen Sie die organisierte Korruption?" fragte er als er seine Stimme wieder gefunden hatte.

„Ich verteidige gar nichts," schoss Maxwell ungehalten zurück und warf Heero einen finsteren Blick zu. „Aber das hier ist New Orleans, Darling. Die Menschen hier im Süden haben eine eigene Art miteinander umzugehen. Sie zeigen es gern, wenn sie einen mögen."

Heero schnaubte. Allein schon für dieses abwertende 'Darling' hätte er Maxwell mit Freuden beide Arme brechen mögen. Aber er wollte sich in der Diskussion nicht ablenken lassen. „Ach tatsächlich!" grollte er deshalb als Antwort. „Wie funktioniert das denn im einzelnen? Bekommt ihr eure Anzüge gratis? Und jede Woche einen kleinen Umschlag von Chefkoch Paul?"

Vor ihnen auf der Straße war die Ampel auf Rot umgesprungen und Maxwell hielt den Wagen an. Dann drehte er sich zu Heero um und griff ihm vollkommen unerwartet an den Oberkörper. Heero konnte nur völlig perplex die Hände von sich schlagen.

„Sag mal, hast du ein Funkgerät da drin, oder so was?" fragte Maxwell.

Heero wünschte sich fast er hätte eins gehabt. Vielleicht hätte die Unterhaltung bisher ausgereicht um diesen impertinenten Kerl vor Gericht zu bringen. So knurrte er nur ein abweisendes „Hn!"

Als Maxwell dies hörte besaß er doch tatsächlich die Frechheit und lachte laut auf. Die Furche auf Heeros Stirn wurde immer tiefer.

Plötzlich gab Maxwell Gas, obwohl die Ampel immer noch auf Rot stand. Etliche Autos hupten und der Polizist lachte wieder. Dann strich er sich mit seinem Finger über die Kehle. Wirkte fast als wenn er auch noch stolz auf sein unmögliches Verhalten war.

„Ich mein es ernst Lieutenant," presste Heero hervor. „Ich frage mich so langsam, wie weit das alles geht. Ist vielleicht alles käuflich hier? Wieviel kostet es denn damit ein Mord nicht aufgeklärt wird?"

Jetzt warf ihm Maxwell einen wirklich bösen Blick zu. „Das hältst du also von Cops," sagte er mit schneidendem Tonfall. Dann nach ein paar weiteren Sekunden der Stille fügte er hinzu. „Ich glaube du hast hier ein wirkliches Problem."

Heer schnaubte wieder. „Oh, Sie haben mir heute Abend nicht gerade dabei geholfen daran etwas zu ändern," erwiderte er. „Ich habe noch nie in meinem Leben jemanden gesehen der an einem Abend so viele Gesetze gebrochen hat wie Sie."

Maxwell machte eine weit ausholende Geste mit dem Arm. „Ach, vergiss doch mal für ein paar Minuten die Gesetze. Es ist verdammt einfach hier draußen in der Realen Welt. Da gibt es die Guten und die Bösen."

Heero zog erstaunt eine Augenbraue hoch. „Ach, und Sie gehören zu den Guten?" ätzte er zurück.

„Da hast du verdammt Recht. Wir sind die Guten und wir sind die, die euch vor den anderen beschützen, Schätzchen."

Schätzchen. Der Kerl hatte es gewagt ihn Schätzchen zu nennen. Plötzlich verspürte Heero den wirklich unbändigen Drang die Gesetze tatsächlich für einige Minuten zu vergessen. Nur so lang damit er Maxwell töten könnte. Ob er wohl auf Notwehr plädieren konnte?

Das war alles gar nicht gut. Er durfte sich von diesem Kerl nicht derart aus der Reserve locken lassen. Er hatte eine Mission zu erfüllen und niemand – schon gar nicht Maxwell – würde ihn daran hindern.

„Warum lassen Sie mich nicht einfach da vorne an der Ecke raus, Lieutenant," sagte er mit seiner kältesten Befehlsstimme.

Und tatsächlich zum ersten Mal an diesem Abend tat der Polizist sofort was er von ihm verlangte. Mit quietschenden Rädern hielt er an der besagten Ecke an.

Heero verlor keine Zeit, schnallte sich ab und stürmte beinah aus dem Wagen. Eigentlich wollte er nur so schnell wie möglich von diesem Kerl wegkommen. Aber dann konnte er es nicht über sich bringen, Maxwell das letzte Wort zu lassen. Deshalb drehte er sich noch einmal um und stütze sich mit seinen Armen an der Beifahrertür ab. „Und denken Sie nicht, ich wäre naiv, Lieutenant. Ich weiß genau wie das korrupte System funktioniert. Die Dinge können sich ändern."

Maxwells Augenbraue wurde spöttisch hochgezogen. Dann sagte er mit ironischem Tonfall. „Ach ja? Und du willst es ändern?"

Heero schnaubte noch einmal. Dieser Maxwell musste einen heimlichen Todeswunsch haben. Es hatte sich noch nie jemand derart mit ihm angelegt. Und er schwor sich, das Maxwell das noch bereuen würde. „Wagen Sie es ja nicht, sich über mich lustig zu machen," sagte er ganz kalt. Dann drehte er sich um.

Doch bevor er sich endgültig von dem Auto und Maxwell wegbewegen konnte, kam von dem Polizisten plötzlich ganz versöhnlich. „Hey, wohnst Du hier?"

Heero stoppte mitten in der Bewegung, und wieder besseren Wissens drehte er sich um und blickte in das lächelnde Gesicht von Maxwell. Dieses Lächeln sollte gesetzlich verboten werden. Obwohl er es wirklich nicht nötig hatte, antwortete er dennoch. „Nein. Ich wohn ein paar Blocks weiter oben. Aber ich will noch schnell da drüben was einkaufen," er deutete auf den kleinen Supermarkt auf der anderen Straßenseite.

Maxwells Augen glitzerten wieder. „Dann wart ich halt auf dich und fahr dich dann nach Hause."

Heero schüttelte so entschlossen wie es ging den Kopf. „Nein, das ist nicht nötig. Die paar Schritte kann ich auch zu Fuß gehen."

„Hey, das ist doch kein Problem für mich. Ich tue es gern."

Heero rollte wieder mit den Augen. Das dieser Typ auch nicht verstand wenn man mal nein gesagt hatte. „Machen Sie sich keine Umstände. Ich. Geh. Allein." sagte er ganz ruhig und dann verabschiedete er sich noch schnell und ging über die Straße bevor Maxwell noch etwas neues einfallen würde.

Heero kaufte doch mehr ein, als er eigentlich geplant hatte. Zwei voll gepackte Tüten trug er, als er sich auf den Weg nach Hause machte. Außer dem Obst und dem Gemüse das er morgen zum kochen brauchen würde, leistete er sich auch noch eine große Tüte Schokolade und ein Becher Häagen Daaz Eis. Aus irgendeinem Grund brauchte er jetzt dringend Nervennahrung. Auch wenn er morgen beim Trainieren diese zusätzlichen Kalorien sicher verfluchen würde. Er brauchte das Süße um seine Gedanken zu beruhigen.

Denn der ganze verpfuschte Abend mit diesem impertinenten Kerl spielte sich in einer Endlosschleife immer wieder vor seinem inneren Auge ab. Und mit jedem Kreislauf wurde Heero wütender über die Sorglosigkeit mit der dieser Polizist mit den Gesetzen umging.

Und es machte ihn zusätzlich fertig warum ihn das so aufregte. Schließlich kannte er diesen Typus von Polizisten. Er hatte genug von der Sorte zur Strecke gebracht. So schwierig es manchmal auch gewesen war. Es sollte ihn nicht im mindesten überraschen was Maxwell tat. Aber es blieb ein fahler Geschmack in Heero zurück. Er war... ja, er war enttäuscht darüber das seine Vorurteile so eindrucksvoll bestätigt wurden. Er musste für sich selbst zugeben das es ihm diesmal lieber gewesen wäre wenn er unrecht gehabt hätte.

Heero schüttelte über sich selbst bei dieser Erkenntnis den Kopf. Versuchte sich selbst zur Räson zu bringen. Und spielte deshalb jetzt bewusst den Abend, die Unterhaltung einfach alles wieder in seinem Kopf durch. Wobei er jedes Mal wenn von Maxwell eine Bemerkung kam, Heero die Augen rollte, den Kopf hin und her wiegte und mit den Zähnen auf seiner Unterlippe kaute. Grummelnd überquerte er die Straße und ging dann auf dem ziemlich schlecht beleuchteten Fußgängerweg in Richtung seiner Wohnung.

Plötzlich war hinter ihm ein Aufschrei und schnelle Schritte zu hören. Dann schrie eine Frau. „Halt! Meine Handtasche! Der Kerl hat meine Handtasche gestohlen!"

Heero hörte wie die schnellen Schritte in seine Richtung kamen und ohne groß darüber nachzudenken haute er mit voller Wucht die beiden Tüten zur Seite, als der Dieb an ihm vorbei rennen wollte. Mit meinem dumpfen Schlag landeten sie in der Magengegend des Diebes und stoppten ihn mitten in der Bewegung. Heeros Einkäufe flogen in alle Richtungen.

Schnell kickte Heero noch einmal nach. Er wollte den Dieb ausschalten bis er die Polizei holen konnte. Doch plötzlich traf ihn von hinten ein heftiger Stoß und ließ ihn zu Boden gehen. Scheinbar arbeitete der Abschaum nicht allein. Schnell drehte sich Heero um. Über ihm stand ein ca. 2 Meter großer Koloss und sah ziemlich wütend aus.

Heero zog seine Beine an und vollführte einen der Hebelwürfe die er beim Kampfsport gelernt hatte. Er würde sich sicher nicht von diesem Riesen besiegen lassen. In hohem Bogen warf er ihn zu Boden. So schnell wie möglich stand Heero auf, die Fäuste zum Kampf erhoben.

Der Riese lag benommen auf dem Boden. Doch bevor Heero ihm einen weiteren Tritt verpassen konnte, hörte er hinter sich das eindeutige Klicken eines Klappmessers. Scheinbar hatte sich der andere Dieb inzwischen erholt. Gegen zwei Gegner zu kämpfen war gar nicht so einfach.

Heero griff schon nach hinten um den Messerangreifer mit einem Schulterwurf auf den Boden zu schicken, als plötzlich ein Motor aufdröhnte und Sekunden später ein schwarzes Cabrio auf den Bürgersteig fuhr. Dabei erwischte es den Messerangreifer in den Kniekehlen und dieser flog mit einem lauten, dumpfen Geräusch auf die Motorhaube des Wagens.

Heero war wegen dem plötzlichen Auftauchens des Wagens so abgelenkt das er nicht bemerkte das der Riese sich auch wieder aufgerappelt hatte. Dieser schien in seiner Wut auf Heero losgehen zu wollen. Doch bevor er ihn erreichte, sprang Maxwell praktisch aus seinem Fahrersitz hervor und verpasste dem Riesen mit vollem Schwung einen Kinnhacken. Dieser fiel sofort zu Boden, schien KO zu sein.

Heero stand etwas verwirrt da und versuchte zu begreifen wo Maxwell denn plötzlich herkam.

Der Polizist hatte inzwischen seine Pistole gezogen und hielt sie dem Dieb der auf seiner Motorhaube lag an den Kopf. „Mach keinen Quatsch," warnte er mit ernster Stimme. „Runter mit dir, mit dem Gesicht aufs Pflaster. Los!" befahl er.

Heero wollte schon auf Maxwell zugehen, als dieser ihm kurz zurief. „Bleib außer Reichweite, bis ich die zwei ruhig gestellt hab."

Das passte Heero zwar gar nicht, aber Maxwell wusste sicher was er tat. Heero warf einen Blick auf seine verstreuten Einkäufe und seufzte tief. Er würde die Wartezeit nützen und alles was noch zu retten war zusammensuchen.

Maxwell begann damit die zwei am Boden liegenden Kerle zu abzutasten. Heero konnte sehen das er schon zwei weitere Messer und eine Pistole aus deren Taschen entfernt hatte. „Aha, Aha!" rief der Polizist aus.

Heero erschauerte kurz. Wenn er sich die Anzahl der Waffen ansah, dann war die Sache ja doch noch relativ glimpflich ausgegangen. Zum Glück hatten sie nicht einfach die Pistole gezogen.

In dem Moment kam eine ältere Frau schnaubend angelaufen. Sie blickte auf die Szenerie, schnappte sich die Handtasche die auf dem Fußgängerweg lag und rief dann Maxwell zu. „Sind Sie Polizist?"

Maxwell begann gerade damit dem einen Kerl einen Handschelle anzulegen. „Ja, Mam'," antwortete er ihr.

Sie seufzte erleichtert auf. „Gott sei dank das Sie da waren. Ich hab gerade meinen Gehaltscheck eingelöst," bei diesen Worten presste sie ihre Handtasche beschützend an ihre Brust.

Maxwell zog das andere Ende der Handschelle durch den Türgriff seines Autos und machte sich daran damit den zweiten Kerl zu fesseln. Heero musste erstaunt seine Augenbraue hochziehen. Ungewöhnlich, aber effizient.

„Warten Sie einen Moment Mam'. Gleich wird der Streifenwagen kommen und Ihre Aussage aufnehmen."

Doch die Frau schnaubte nur entrüstet. „Denken Sie ich bin verrückt? Bin ich nicht. Ich lass mich auf nichts ein. Keine Polizei," und mit diesen Worten stampfte sie von dannen.

Heero blickte ihr sprachlos hinterher. Sie war überfallen worden und verdankte es nur ihm und Maxwells Einsatz das sie nicht ihr ganzes Geld verloren hatte, hatte aber keine Lust mit der Polizei zu kooperieren. Ohne Anklage würden sie die Kerle schnell wieder auf freien Fuß setzten müssen. Er warf ihr einen seiner besten Deathglares hinter her. Eigentlich müssten solche Menschen auch bestraft werden, fand Heero.

Aber gegen die Gleichgültigkeit der Bevölkerung zu kämpfen war wie ein Kampf gegen Windmühlen. Nun, er würde diese Kerle ganz sicher nicht so davon kommen lassen. Sie hatten ihn mit Waffen angegriffen und sie würden dafür bezahlen.

Auch Maxwell schien über die Frau wütend zu sein. Doch dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den zwei Kerlen zu, die inzwischen beide angefangen hatten vor sich hin zu stöhnen. Er hockte sich neben sie und sagte, „OK, OK. Die Streife wird gleich hier sein und euch abholen," dann wurde Maxwells Stimme plötzlich ziemlich leise, so leise das Heero sich sehr anstrengen musste um alles zu verstehen. „Und rührt meinen Wagen nicht an. Wir haben eure Fingerabdrücke überall auf dem Lack. Und dann holen wir euch und schlagen euch so zusammen, das nicht mal mehr eure Mütter euch erkennen würden."

Dann stand Maxwell auf und thronte fast wie ein Racheengel über den zwei Dieben. Er sagte wieder in normaler Lautstärke, „Haben Sie Ihre Rechte voll und ganz verstanden? So wie ich Sie Ihnen gerade erklärt habe?"

„Ja, Sir!" kam es synchron von den zwei Kerlen.

Heero schnaubte. Er konnte es nicht fassen das Maxwell die Gefangenen bedroht hatte anstatt ihnen ihre Rechte vorzulesen. Eigentlich müsste er dem Polizisten dafür einen langen Vortrag halten und dessen Verhalten an seine Vorgesetzten weitermelden. Aber dann entschied sich Heero es einfach zu vergessen. Diese Typen hatten genau das bekommen was sie verdienten. Und damit das auch so blieb würde er gleich auch eine entsprechende Aussage machen. Diese Schweine sollten nicht wegen Polizeibrutalität bei der Verhaftung ihrer gerechten Strafe entgehen können. Es war schon schlimm genug das sich die Frau geweigert hatte sie wegen Diebstahls anzuzeigen.

Heero hatte inzwischen die letzten Sachen zusammen gesammelt und stand auf. Ihn traf wieder das 1000 Watt Grinsen des Polizisten der ihn freundlich anlächelte. Dann zwinkerte dieser und sagte „Gott sei dank das ich so unternehmungslustig bin. Ich hab dir das Leben gerettet."