An alle: ich bin immer noch für einen hilfreichen Tipp dankbar, wo ich einen Beta Reader finde, habe mich jetzt mal im Internet umgeschaut, aber ich blicke da nicht ganz durch… klein Muffin verloren in den Tiefen des WWW. Help!

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3.Kapitel

- Freiheiten -

Als es langsam Abend wurde saß Alessia auf den Stufen, die zu dem großen Wall hinaufführten und beobachtete wie es langsam dunkler und dunkler wurde. Obwohl keine Sonne durch die dicken Wolken drang, erkannte man trotzdem, dass es langsam Abend wurde. Schatten krochen durch das Land und es wurde immer schwerer die Gesichter der Menschen zu erkennen. Die Menschen sprachen leiser. Sie schienen sich vor etwas zu fürchten, sahen immer wieder misstrauisch zu dem Wall hinauf.

Alessia hatte eines anderen voraus; sie war nie mit viel Leuten um sich herum aufgewachsen und die meiste Zeit ihres Lebens allein gewesen.

Es störte sie nicht allein zu sein und sie hatte seit ihrer Geburt gelernt sich selbst durchzukämpfen, doch in diesem Moment fühlte sie etwas vollkommen neues. Einsamkeit war ihr fremd gewesen, doch jetzt drang es wie ein Dolch in ihr Herz und bohrte sich immer weiter und weiter. Sie wusste keinen Rat, nicht einmal woher dieses plötzliche Gefühl entstammte. Sie konnte jederzeit Darvin anrufen und wieder zurück kehren, doch allein bei diesem Gedanken schien es schlimmer und schlimmer zu werden. Es war beinahe, als wäre der Beginn dieser Gefühle London im Jahre 2055, nur hatte sie es dort nie bemerkt. Vielleicht verdrängt oder keiner Beachtung geschenkt.

Als es ganz dunkel war und die Menschen Fackeln anzündeten begriff sie den Ursprungsort dieses neuen Gefühles.

Auf der Mauer versammelten sich, ihrer Kleidung zufolge, Ritter unter ihnen auch dieser Arthur, neben einer hübschen, jungen Frau. Alessia war weder naiv noch unschuldig. Sie kannte die Blicke der Männer und deren Körperhaltung, wenn sie eine Frau begehrten und dieser Arthur begehrte die junge Frau neben ihm vom ganzen Herzen.

Alessia fühlte zum ersten mal was es heißt, ehrlich neidisch zu sein. Sie senkte den Blick und starrte auf die Stufen hinab. Hatte diese andere Zeit sie so dermaßen verändert, dass Dinge, die vor kurzen für sie nie in Frage gekommen waren plötzlich denkbar waren? Das war doch unmöglich! Sie saß in einem vollkommen fremden Körper, der ihr weder gehorchte noch wem sie vertraute.

Die Stimmen wurden lauter und lauter und als Alessia den Kopf wieder hob erkannte sie einen weiteren Mann an der Mauer stehen. Sein Auftreten war machtvoll. Er hatte einen steinernen Blick, es erschien beinahe, als würde er nie lachen können. Auch er trug eine Rüstung, doch erschien sie anders zu sein, als die der anderen Ritter. Er war wohl weit mächtiger, allein wie ihn die Männer ansahen ließ das erkennen. Doch da war noch ein anderer Blick. Der Blick der jungen Frau.

Alessia stutzte, da sie geglaubt hatte, dass ihr Herz dem Ritter neben ihr gehörte, doch dem schien nicht so zu sein. In ihrer kleinen Welt war plötzlich alles nichtig und klein, außer die Erscheinung des Mannes vor ihr. Alessia kannte das Gefühl, doch sie wusste nicht woher. Es war, als steckte es tief in ihr, irgendwo verborgen.

Alessia erhob sich, aus einen unbekannten Grund, und lief die letzten Stufen zu dem Wall hinauf.

„Arthur!", rief plötzlich der Mann, den Alessia für den eigentlichen Arthur gehalten hatte. Sie blieb erstarrt stehen… sie hatte sich geirrt. Es war nicht Arthur gewesen, es war ein einfacher Ritter. Ein Ritter Arthurs. Der Ritter stürmte dem richtigen Arthur hinterher und ließ die junge Frau und weitere Ritter zurück, als ihr Blick den von Alessia traf, senkte sie den Kopf und wandte sich dem freien Land zu.

Es erschlug sie wie eine Keule, als sie auf das land sah und ihr Gesicht zu glühen begann. Es war eine Armee von lauter kleinen Lichtern, die glühten wie Sterne am Himmel. Es waren Lichter getragen von Männern, die dort unten standen. Wer waren sie? Alessia packte erneut die Angst. Was, wenn dies diese Sachsen waren? Dann war sie hier mitten in einen Brandherd geraten, aus welchem sie vielleicht nicht mehr lebendig herauskommen würde! Verflucht!

Sie musste unbedingt mit Darvin sprechen, ihm erzählen, dass sie hier in großer Gefahr war, wenn dies wirklich die Armee der Sachsen war. Sie stürmte die Stufen wieder hinab, auf den Stall zu, wo sie sich in eine Ecke stellte und das Telefon eiligst aus ihrer Tasche kramte. Alessia zitterte so sehr, dass ihr das Handy aus der Hand fiel, klirrend landete es auf dem Boden.

„Verdammt!", fluchte sie laut und bückte sich, um es aufzuheben. Es war noch ganz, sie atmete tief durch und versuchte mit ihren zitternden Finger den blauen Knopf zu drücken. Im nächsten Moment hörte sie Schritte in ihrem Nacken und wandte sich erschrocken um.

Es raubte ihr zum wiederholten Male den Atmen, mit welcher Präsenz er den Raum einnahm. Ihr Blick war die zwei male, wo sie ihn nun gesehen hatte immer an ihm hängen geblieben und auch dieses mal war sie unfähig ihren Blick von seinen Augen abzuwenden. Sie umklammerte das Handy in ihrer Hand eisern und begriff erst im nächsten Moment, dass er es niemals zu Gesicht bekommen durfte. Mit einer schnellen Bewegung steckte sie es in ihre Ledertasche zurück.

Es war ein kurzer Blick seinerseits, der sie musterte, als gehöre sie zum Verkauf. Aber es steckte so viel Ausdruck in den Augen, dass es sie sprachlos werden ließ. Eine Traurigkeit, die wohl auch schimmern würde, wenn er lachen würde.

„Geht es Euch gut?", fragte der Ritter und trat einen Schritt näher, sein Mund umspielte ein überhebliches Lächeln.

„Sicher, ich lebe noch, oder?", gab Alessia giftig zurück. Sie hatte das absolut nicht beabsichtigt. Seit sie hier war hatte sie immer erst gesprochen, wenn sie über ihre Worte nachgedacht hatte, doch es war das erste mal, dass sie sprach ohne zu denken und das gerade bei ihm!

„Ja, wahrscheinlich. Ich habe Euch nur fluchen hören, aber es scheint so, als wäre meine Hilfe überflüssig", sagte er und schmunzelte weiter.

„Scheint so", sagte sie leise und sah ihn an. Er nickte nur und war im Begriff wieder zu gehen.

„Warte… wartet einen Moment", rief sie ihm hinterher, er stockte und wandte sich schließlich um.

„Ich habe diese Armee vor den Toren gesehen. Ich… ich bin nicht von hier, deswegen weiß ich nicht…", sie stoppte und schluckte tief. Was war es nur, was sie in seiner Gegenwart wie Trottel dastehen ließ? Hatte sie vergessen? Sie war die Königin in ihrem eigenen Staat, jedem überlegen, der eben dies nicht begriff.

„Das sind Sachsen und sie sind hier, um das Land ihr Eigen nennen zu können. Wenn ich Euch einen Rat geben dürfte, würde ich Euch raten schnell von hier zu verschwinden", erklärte er und dieses mal lächelte er nicht. Sein Gesicht war ernst. Alessia atmete schwer aus und umklammerte ihre Ledertasche fester. Würde Darvin sie überhaupt rechtzeitig zurückholen können? Hatte er nicht etwas von einem Tag gesprochen? Was wäre, wenn die Zeit nicht ausreichen würde, um von hier zu verschwinden?

„Woher kommt Ihr?", fragte der Ritter. Alessia schrak aus ihren Gedanken auf.

„Was?"

„Woher Ihr kommt? Ihr sagtet, Ihr seid nicht von hier", half der Ritter ihr auf die Sprünge und hob zweifelnd die Augenbrauen. Das Mädchen vor ihm schien plötzlich mächtig verstört… verstörter, als sowieso schon.

„Ich … ich komme aus… Deutschland", gab sie zögerlich hervor. Sie hatte doch keinerlei Ahnung von der Geschichte in dieser Zeit. Gab es überhaupt schon ein Deutschland? Aber in der Eile war ihr einfach nichts besseres eingefallen.

„Deutschland? Das habe ich noch nie gehört. Wo liegt das?", fragte er weiter und Alessia kam sich vor wie ein Lamm das mächtig in die Ecke gedrängt wurde, bereit geschlachtet zu werden und wenn sie die beiden Schwerter auf dem Rücken des Ritters sah lief es ihr eiskalt den Rücken hinab.

„Das hat Euch nicht zu interessieren", sagte sie leise und wandte sich zum gehen. Sie ertrug es nicht mehr weiter, sich in ihren Lügen einspannen zu lassen. Es war beinahe so, als wüsste er, dass sie log.

Sie hatte die Tür schon erreicht, als sie hörte wie er sein Schwert aus seiner Scheide zog. Das Blut gefror ihr in den Adern, allein bei dem Geräusch. Sofort wandte sie sich von der Tür ab und drückte ihren Rücken gegen das morsche Holz.

Der Ritter hatte eines seiner Schwerter gezückt und es auf den Boden gestellt.

„Ihr sprecht komisch… Ihr habt einen eigenartigen Klang in der Stimme", sagte er und forcierte sie.

„Ich sagte bereits, dass ich nicht von hier bin", gab sie herablassend zurück. Der Ritter trat einen weiteren Schritt auf Alessia zu, die ihre Augen unkontrollierbar ein Stück weiter aufriss, wenn er noch näher trat, konnte er sie mit seinem Schwert aufspießen und dieses Schwert sah nicht gerade stumpf aus. Die Klinge leuchtete im Schein der Fackeln, ebenso wie seine großen braunen Augen.

„Ja, das sagtet Ihr. Was sucht Ihr hier?", fragte er grob.

„Das geht Euch nichts an", sagte sie schnell und spürte wie sich ihr Körper verkrampfte bei der Vorstellung, dass sie nach hinten keinen Platz mehr hatte. Wenn sie auch nur eine falsche Bewegung tun würde würde er sie vermutlich aufspießen.

„Ich habe Grund zur Annahme, dass Ihr hier spioniert. Ich sah Euch vorhin bei unserer Ankunft und auch auf dem Hardianswall, nun finde ich Euch hier in diesem Stall, mit einem eigenartigen Ding, dass ich noch nie zuvor gesehen habe. Ihr wirkt hektisch, My Lady." Seine Stimme klang bedrohlich, als er das Schwert hob und die Spitze sich ihrem Hals gefährlich näherte.

Sie musste lebensmüde gewesen sein, Darvins verrücktem Plan zuzustimmen.

„Ich bin weder hektisch noch spioniere ich. Mein Grund dafür, dass ich hier bin bleibt mein Grund und wenn Euch das nicht passt, dann tötet mich halt, wenn es Euch vergnügen bereitet", sagte sie und hielt seinem Blick stand. Sekunden verstrichen, in welchen ein Kräftemessen zwischen dem Ritter und Alessia stattfand, welches nicht durch Worte noch durch Waffen ausgetragen wurde.

Schließlich sank das Schwert zu Boden.

„Wie ist Euer Name?", fragte er und steckte das Schwert in einer Scheide an seinem Rücken. „Zumindest das seid Ihr mir schuldig", schmunzelte er.

„Ich bin Euch nicht das geringste schuldig", sagte Alessia starrköpfig und spürte wie sich jede Faser in ihrem Körper wieder entspannte. Sie hatte gar nicht gespürt, wie sehr sie sich verkrampft hatte, als dieses Schwert auf sie gerichtet war. Sie blickte ihn einen kurzen Moment an und sah, dass sie ihn wohl sehr belustigte. Verächtlich schnaubte sie.

„Na gut", seufzte er und seine wandte sich auf dem Absatz um. Schnellen Schrittes entfernte er sich weiter und weiter von ihr.

„Alessia", rief sie. Er blieb stehen. „Alessia ist mein Name."

„Alessia? Das ist alles?", fragte er während er sich wieder umdrehte.

„Ja, das ist alles. Ich habe keine weiteren Namen, nichts sonst", sagte sie und fürchtete, dass sie es so leise gesagt hatte, dass er es nicht verstanden haben könnte. Im nächsten Moment schon hoffte sie es, doch er hatte es verstanden und blickte sie an.

„Mein Name ist Lancelot und es ist mir eine Ehre Euch kennen zu lernen, Alessia", lächelte er. Plötzlich bemerkte sie diese weiße Papierrolle in seinem Gürtel stecken. Sie runzelte die Stirn.

„Ich sah, wie Ihr dieses Papier bekamt, was bedeutet es?", fragte sie, ohne aufzublicken. Lancelot sah an sich hinab und entdeckte was sie meinte. Er atmete schwer und durchbrach den Abstand, der sich zwischen den beiden befand, in dem er die verlorenen Schritte wieder aufholte. Dann lehnte er sich an einen großen, runden Heuballen in der Mitte und zog das Papierstück aus seinem Gürtel.

„Es macht mich frei", sagte er leise und strich mit seinen Finger das weiße Blatt entlang, wie als wäre es der größte Schatz, den er besaß.

„Frei? Warum wollt Ihr frei sein?"

„Ist das nicht der Wunsch eines jeden?", hob er dagegen und starrte sie verdutzt an.

„Meiner sicherlich nicht", lachte Alessia und schüttelte fassungslos den Kopf, doch als sie erneut in Lancelots Augen blickte sah sie darin etwas vollkommen anders schimmern. Für ihn bedeutete Freiheit nicht das selbe wie für sie. „Ich meine, in meiner Heimat bringt Freiheit nur Ärger mit sich. Ich gehöre einer Schicht an, die man die ‚Freien' nennt, wir sind frei von allem. Von Gesetz, von Hilfe, von Unterstützung von allem. Niemand schert sich um unser Wohl. Es scheint mir manchmal, als …", Alessia stockte und senkte den Blick, weil sie sich mit einem Mal so idiotisch vorkam. Sie kannte diesen Mann nicht und trotzdem hatte sie das Gefühl, dass er der einzige sein könnte, der sie verstehen würde, aber sie hatte Angst. Angst ihm ihre Seele und ihre tiefsten Gefühle darzulegen. Sie gab ihm damit das mächtigste Instrument, das sie so sehr schädigen konnte, dass sie machtlos allem ausgeliefert war.

„Was wolltet Ihr sagen?", fragte er leise. Alessia seufzte schwer.

„Es scheint… als wäre ich kein Mensch, als besäße ich außer einem Namen nichts", flüsterte sie.

Irgendwo in dem Stall schnaubte ein Pferd und scharrte mit dem Huf.

„Das tut mir leid", erwiderte Lancelot.

„Das braucht es nicht, es geht Euch schließlich nichts an", Alessia stieß sich von der Tür ab und lächelte den jungen Ritter an „Eure Freiheit scheint allerdings wesentlich kostbarer zu sein, als die meine."

„Sie ist das einzige was ich besitze und ich habe sie erst seit heute", gestand er schmunzelnd „Ich war Eigentum des heiligen römischen Reiches, hatte ihm 15 Jahre lang zu dienen, bis zu diesem heutigen Tage. Ich bin selbst vollkommen überrascht, dass ich solange überlebt habe, wo ich so viele meiner Kameraden habe sterben sehen." Durch sein Gesicht huschte ein düsterer Schatten.

„Was werdet Ihr nun tun?", fragte Alessia neugierig.

„Ich reise morgen zurück in meine Heimat. Sarmatien, direkt am Schwarzen Meer… ich habe kaum noch Erinnerungen an das Land", gestand er.

„Man erwartet Euch dort sicherlich", lächelte Alessia und ließ sich auf einem Heuballen nieder. Von unten betrachtet wirkte Lancelot noch größer und einnehmender, wie eine Statur, deren Blick dem ihrigen in diesem Moment auswich.

„Ich glaube nicht, dass dort noch irgendjemand aus meiner Familie lebt", sagte er finster, dann sah er zu Alessia hinab und lächelte gequält „ist es nicht eine Ironie des Schicksals, dass ich 15 Jahre lang für ein Volk kämpfte, dass mein eigenes ausrottete?"

Alessia fühlte mit einem Male eine unheimliche Verbundenheit zu dem Mann, den sie erst seit so kurzer Zeit kannte, aber sie wusste, dass sie damit alleine war. Sie hatte auch keine Familie, keine Heimat mehr. War auf der Suche nach dem unbestimmten, dass sie einfach nicht erreichen wollte. War Freiheit für ihn alles? Wenn es für sie doch Gefangenheit in einem anderen Leben bedeutete?

„Es gibt so viele Dinge die keinen Sinn ergeben", stimmte sie ihm leise zu. Lancelot nickte nur und ließ sich neben ihr nieder, spielte an der Papierrolle und zog die Füße an sich heran. Seine Hände schienen, als könnten sie ohne größere Probleme, die kleine Rolle in tausend Stücke zerreißen, ohne, dass es anstrengend sein würde.

Plötzlich fiel Alessia wieder Darvin ein und seinen Auftrag an sie.

„Ihr scheint Arthur sehr gut zu kennen", sagte sie zögerlich und Lancelot blickte sie an.

„Er war mein Hauptmann über all die Jahre. Heute ist er soviel mehr als das. Er tut viele Dinge, die ich nicht gutheiße, aber hinter allem was er tut steht ein ehrlicher Mann, dessen Gewissen immer wieder leitet. Ich bewundere ihn dafür", sagte er und eben diese Bewunderung drang durch seine Stimme hindurch. Alessia sah ihn von der Seite aus an. Er wirkte plötzlich so verletzlich, wie sie ihn noch nicht erlebt hatte und es erschreckte sie, denn sie begriff in diesem Moment, dass sie nicht die einzige war, die ihr Herz offen legte. Er tat es ebenso und so beschloss sie einen Schritt weiterzugehen.

„Die Frau, die neben Euch auf dem Wall stand, war sie Arthurs Frau?" Lancelots Blick verhärtete sich einen Moment, dann schien es als würde er diese Ungewissheit abschütteln.

„Nein, ist sie nicht", sagte er leise und seine Hand ballte sich für einen Moment zu einer Faust.

Alessia erinnerte sich plötzlich an Sam und wie er eines nachts versucht hatte, sie zu küssen. Sie hatte ihn von sich gestoßen und ihm eine geknallt, daraufhin hatte sich sein Gesicht ebenso versteinert. Sie hatte die Enttäuschung und Verletzung in seinen Augen brennen sehen, heißer als Feuer. Er war davon gelaufen und hatte sich wochenlang nicht mehr blicken lassen. War es vielleicht der gleiche Grund? Wurde Lancelots Liebe zu dieser Frau dadurch verhindert, dass sie seinen Freund begehrte und er sie?

„Ist sie denn Eure Frau?", fragte Alessia weiter. Sie war sich durchaus bewusst, dass sie sich auf sehr schmalem Graden bewegte.

„Ich denke, dieses mal ist es an mir, Euch zu sagen, dass dies nicht zu Euren Angelegenheiten gehört, My Lady", sagte er ernst und blickte sie an. Alessia grinste und sah auf den Boden.

„Ich nehme das als ein ‚Ja'", schmunzelte sie.

„Nein", sagte Lancelot energisch. „Sie ist weder meine Frau noch Arthurs, ebenso wie es Euch etwas angeht."

Alessia seufzte und streckte ihre Beine aus. Das Kleid raschelte.

„Das Thema scheint Euch nicht sonderlich zu liegen, wie mir scheint, My Lord", erwiderte sie spielerisch. Lancelot seufzte gespielt und lehnte sich soweit es ihm möglich war zurück.

„Es macht Euch wohl Spaß anderen Menschen auf den Zahn zu fühlen, My Lady", gab er zurück.

„Ich darf Euch daran erinnern, dass Ihr es wart, der mich mit einem Schwert bedrohte, um irgendetwas aus mir herauszubekommen, wenn das nicht auf den Zahn fühlen ist, dann weiß ich ja auch nicht", sagte Alessia entrüstet. Lancelot lachte leise und sein Arm streifte den ihren. Eine wollige Wärme breitete sich in ihrem Körper aus. Was ist das nur? Was tut er mit mir?

„Ich gebe mich geschlagen, Ihr habt Recht. Allerdings ziehe ich es bei weitem vor das Thema zu meiden, wenn Ihr damit einverstanden seid", schmunzelte er und sah sie an. Sie entdeckte keinerlei Anziehungskraft in seinen Augen, keine versteckten Bewunderungen, Anbetungen oder ähnliches. Da war nur er. Und sie. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie ihm wohl schon längst verfallen war, wobei sich seine Zuneigung zu ihr nur durch eine gewisse Seelenverwandtschaft zeigte. Sie war nicht körperlich, sie war nur freundschaftlich. All das konnte Alessia in seinen Augen erkennen und all das traf sie so sehr, dass sie glaubte keine Luft mehr zu bekommen.

Sie wandte ihr Gesicht ab und versuchte ihren Schmerz zu verstecken, doch je länger die Nacht dauerte und je besser sie ihn kennen lernte, umso tiefer wurde der Schmerz und umso heftiger das Verlangen, der möge sie doch so betrachten wie er die Frau auf dem Wall betrachtet hatte. Doch er tat es nicht.