7.Kapitel
- Metkrüge und Nachtgeflüster -
„Galahad, du bist der größte Schwachkopf, der mir je unter die Augen getreten ist", fluchte Lancelot und erhob sich schnell, um Alessia hinterher zu laufen. Galahad sah ihm verwundert hinter her, noch im selben Moment hatte Gawain ausgeholt und seinem Kumpanen einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst.
„Was denn?", fragte Galahad wütend und griff seinen Metkrug, um sein Gesicht in einem kräftigen Schluck zu verstecken. Der Rest der Ritter schwieg betreten, während Lancelots Schritte im Hintergrund verhallten.
Alessia Wangen wurden kalt, als die Tränen in der Luft zu trocknen begannen. Sie schniefte leise und umklammerte mit ihren Händen den Holzpfosten in dem Stall, wo sie ihr Abenteuer begonnen hatte.
Wie hatte Galahad sie nur so bloßstellen können? Vor all den Rittern! Endlich hatte sie es geschafft Menschen zu beeindrucken. In ihren Augen als jemand Starkes angesehen zu werden, doch es erschien ihr, als wäre es überall dasselbe. Überall waren die Menschen gleich.
Sie lehnte sich mit dem Rücken an den Holzpfoten und starrte an die Decke. Warum tat es so verdammt weh? Das Schlimmste daran war, dass sie sich wie ein Trottel vorkam. Sie hätte nie im Leben geglaubt, dass man es ihr ansehen würde, wie sehr sie doch an Lancelot hing. Wie sehr sie seine Art, sein Lächeln und seine Bewegungen, ja selbst das Düstere an ihm faszinierte. Wenn Lancelot dies nicht bemerkt hatte, würde er es nun mit Sicherheit wissen. Warum hatte sie auch weglaufen müssen? Sie hätte doch einen lustigen Spruch bringen können, was alle zum Lachen gebracht hätte, so dass jeder es als einen Witz verstanden hätte, doch dieses Weglaufen hatte alles nur noch schlimmer gemacht.
Sie sackte an dem Pfosten entlang, sodass sie schließlich am Boden saß und auf ihre Hände starrte.
„Der Brei sah lecker aus", hörte sie eine Stimme aus dem hinteren Teil des Stalles sagen. Sie fühlte, wie ihr Herz schneller schlug.
„Dann esse ihn doch. Ich werde dich sicherlich nicht aufhalten", antwortete sie trotzig.
„Oh, ich denke, wenn du deine Waffe auf mich richten würdest, hättest du gute Chancen, dass ich alles mache", schmunzelte Lancelot und ließ sich neben ihr nieder. Er sah sie einen Moment von der Seite an, sie hatte den Blick versenkt, doch er erkannte trotzdem, dass sie geweint hatte. Er hätte sie am liebsten in die Arme genommen, doch wenn das was Galahad gesagt hatte wirklich der Wahrheit entsprach, würde sie ihn nicht lassen, vor lauter Scham.
Er senkte den Blick ebenso und verschränkte die Hände vor der Brust.
„Weißt du, Alessia. Ich kenne dich nicht lange, du mich ebenso und doch habe ich das Gefühl dich mein Leben lang zu kennen. Ich sehe dich an und weiß, ob du mich anlügst oder nicht. Ob es dir gut geht oder nicht und ich hoffe du siehst das ebenso", er sah sie an und sie wagte einen kurzen Blick in seine braunen Augen, die mitfühlend in die ihren hineinschauten.
„Ich hatte eine Schwester in Sarmatien. Mittelweile glaube ich, dass dort niemand mehr lebt, doch ich habe sie nie vergessen und als du hier aufgetaucht bist hatte ich für einen kurzen Moment das Gefühl sie wiedergefunden zu haben", sagte er leise. Alessia fühlte wie es ihr das Herz zeriss. Er war mehr als nur geschickt, das spürte sie. Er hatte ihr gerade auf die charmanteste Art klar gemacht, dass er sie nicht lieben konnte und sie sollte unendlich enttäuscht sein, doch dass er, einer der mächtigen Ritter Arthurs, sie wie eine Schwester betrachtete, machte sie doch für einen Moment stolz. Der Schmerz der Erkenntnis würde wiederkommen, das war sicher. Spätestens dann, wenn sie seine Blicke sehen würde, wie sie diese Guinevere betrachten würden. Sie war womöglich der wahre Grund dafür, dass er sie nicht lieben konnte. Sein Herz gehörte einer anderen.
Im hinteren Teil des Stalles raschelte das Heu und eine kleine Katze bahnte sich ihren Weg tölpelhaft über einen Heuballen.
„Kannst… kannst du einfach vergessen, was Galahad gesagt hat?", fragte sie vorsichtig. Lancelot schmunzelte und fuhr sich mit der Hand durch seine Locken. Wie gerne wäre Alessia durch sie hindurch gefahren, sie unterdrückte das Verlangen verzweifelt.
„Wenn du willst", erklärte er sich einverstanden, dann grinste er breit und erhob sich „jetzt komm, mein Magen knurrt und deiner sicherlich auch. Mittlerweile dürfte ein neuer Haferbrei gemacht worden sein, außerdem erwarten die anderen uns."
Alessia sah ihn verzweifelt an.
„Ich kann doch jetzt nicht zu ihnen, was werden sie denn denken?"
Lancelot streckte ihr seine Hand entgegen und sie ergriff sie zögerlich, ohne großen Kraftaufwand zog er sie in die Höhe.
„Sie werden nichts denken, ich musste schließlich vergessen was Galahad gesagt hat und die anderen werden das auch noch. Also los… komm."
„Arthur?", hörten die lachenden Männer mitten in der Nacht eine liebliche Stimme durch den Raum rufen. Nicht laut, doch sie erreichte ihr Ziel. Arthur sah auf. Sein Blick war, wie der seiner Gefährten, schon glasig von dem Met.
„Guinevere… die Woadsfrau der Woadse", grölte Bors und hob seinen Krug. Ein Lächeln zeigte sich auf Guineveres Lippen, als sie mit wenigen Schritten in Reichweite des Tisches war. Arthur erhob sich und lief ihr entgegen, neigte seinen Kopf herab, sodass es ihr leichter fiel ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
Lancelot wandte seinen Blick ab und trank einen kräftigen Schluck. Der Alkohol war ihm schon mächtig zu Kopf gestiegen, doch nicht so, dass es nicht immer noch schmerzen würde. Er biss energisch auf seiner Unterlippe herum, während er spürte, dass Gawains Blicke auf ihm ruhten. Er sah nicht auf. Wohl ein jeder wusste was er fühlte. Fast jeder. Arthur nicht und das würde auch so bleiben, denn er war derjenige, der ihm am meisten bedeutete. Für wen er als einzigen beinahe in den Tod gegangen wäre. Aber die Sehnsucht und das Verlangen lähmten ihn jedes mal, wenn sie in der Nähe war.
Es war nicht gerecht, aber wen kümmerte das schon. Er konnte schließlich nicht vor jeder seiner Entscheidungen abwägen was nun fair war und was nicht.
Lancelot dachte an Alessia und an das was Galahad gesagt hatte. Er hatte ihr versprochen es zu vergessen, doch es hing in ihm wie ein übeler Nachgeschmack. Er mochte sie wirklich, hatte sie irgendwo in seinem schwer zu erreichenden Herzen gern, aber doch nicht so. Nicht auf diese Art.
Lancelot hatte das Gefühl, dass ihm ein warmes Bett wieder gut tun würde, dass eine beständige Frau sein Leben endlich wieder einen Sinn geben konnte, nun nachdem er niemanden mehr dienen musste. Nun da er frei war. Frei… Ja, er war frei, aber unschlüssig was er nun tun sollte. Es war, als hätte er 15 Jahre lang in Fesseln gelebt und gestrampelt wie ein Säugling, doch dann hatte man diese Fesseln durchschnitten und er fiel tiefer und tiefer. Wo sollte er halten?
Arthur hatte seine Bestimmung gefunden, konnte endlich verwirklichen was er neu entdeckt hatte und ihm, Lancelot, war die Rolle als des ewigen Begleiters zugeschrieben.
Er liebte ihn wie einen Bruder und Guinevere wie ein Mann eine Frau nur lieben konnte.
„Hörst du mir überhaupt zu?", fragte Gawain und fuchtelte mit seiner Hand vor Lancelots Augen herum.
„Nimm deine Pfoten weg", knurrte dieser und schlug nach Gawains Hand, worauf dieser sie grinsend zurückzog und sich kopfschüttelnd erhob.
„Ich werde jetzt nach deiner Freundin schauen, nachdem sie den dritten Metkrug geleert hat, sah sie nicht mehr ganz so frisch aus. Vermutlich hat sie sich noch verlaufen und den Weg in deine Schlafkammer nicht wiedergefunden", zwinkerte Gawain und schritt aus der Halle.
Lancelot blickte ihm mit einem trüben Blick hinterher. Wo sollte er nur die Nacht verbringen, wenn Alessia in seinem Raum lag? Dort hatte man sie hingebracht, das war sein Wunsch gewesen, allerdings hatte er nicht soweit gedacht.
Gawain lief die wenigen Steintreppen zu Lancelots Schlafkammer in Zweierschritten hinauf und stockte vor der Tür. Die Fackeln an den Wänden knisterten, ansonsten drang kein Geräusch aus der Kammer. Er biss die Zähne aufeinander und hob die Hand, um an die Tür zu klopfen.
Im nächsten Moment ertönten kleine Fußschritte und die Holztür öffnete sich knarrend. Alessia stand vor ihm. Ihr Blick war ebenso glasig und trübe, wie der von Lancelot gewesen, doch Lancelot hatte bei Weitem mehr getrunken, als diese zierliche Gestalt vor ihm und er bezweifelte, dass sie ebensoviel vertrug.
„Gawain?", hauchte sie und lächelte schief. Oh ja, sie war betrunken. Wie hatte sie es nur bis hier hoch geschafft?
„Der liebe Gawain, der mir zeigte wie ich reiten kann", jauchzte Alessia und ergriff seinen Wams und zog ihn in die Kammer hinein. Was tat er hier nur? Er wollte nach ihr sehen, hatte sich Sorgen gemacht und nun?
Alessia vollführte eine Umdrehung um seinen Körper und schloss die Tür hinter sich, lehnte sich dagegen und streckte ihm lüstern ihren Kopf entgegen. Verwirrt taumelte Gawain einige Schritte zurück.
„Alessia… ich wollte nur.."
„Sscchhtt", hauchte sie und drückte ihren Zeigefinger auf ihre gespitzten Lippen. Sie kam in langsamen Schritte auf ihn zu, ihr Blick brannte wie Feuer auf seinem Körper, zerschnitt seinen Wams und bohrte sich in seinen Körper hinein. Allein wegen diesem Blick, der unter ihren gesenkten Lidern zu ihm hinaufsah, konnte er sich eines Seufzens nicht entwehren.
Als sie ihn erreichte und ihre Hände fiebrig über seine breite Brust fahren ließ, schloss er die Augen und versuchte seinen Atem zu normalisieren. Ohne Erfolg. Er wurde schneller und schneller.
Aus ihrem zarten Streicheln wurde schließlich ein Stoß und er landete mit dem Rücken auf dem Bett. Lancelots Bett. Er würde ihn umbringen, das wusste er. Aber sie vernebelte seine Sinne, schon als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, hatte sie ihn mächtig angezogen. Wenn Lancelot sie nicht wollte nahm er sie gerne.
Er richtete sich auf seinem Ellebogen auf und betrachtete sie, während sie in langsamen Bahnen ihre Hüfte kreisen ließ, sein Herz begann heftiger zu pochen, bei der Vorstellung wo sich diese Hüften bald befinden würden. Verflucht sei Lancelot, darauf hatte er gewartet und im Unterbewusstsein hatte der darauf auch spekuliert.
„She's
like the wind through my tree
She rides the night next to me
She
leads me through moonlight ", begann Alessia zu singen und
umklammerte mit ihren Händen seine Oberschenkel. Gawain
schloss die Augen und legte seinen Kopf in den Nacken, seiner Kehle
entfuhr ein heiseres Keuchen. Als er die Augen wieder öffnete,
sah er wie sie wie eine Raubkatze zu ihm hinaufkletterte, ihre Hände
suchten seine langen Haare und ergriffen diese.
„Only
to burn me with the sun
She's taken my heart
But she doesn't
know what she's done", hauchte sie in sein Ohr. Ihre Lippen
streiften sein Ohrläppchen und heiße Schübe voller
Lust drangen durch seinen Körper, ließen ihn zittern und
vibrieren. Das fühlte sich so gut an… so verdammt gut. Er
musste etwas tun, er hielt es nicht mehr aus, einfach nur so
dazuliegen.
Mit einem wilden Laut umklammerte er sie und wirbelte sie herum. Sie lag nun unter ihm, schlang ihre Beine um seine Hüfte und starrte ihn an. Ihre Lippen waren sinnlich geöffnet und er spürte wie ein Feuerwirbel durch seinen Körper ging und sich in seinen Lenden ballte. Nichts konnte ihn jetzt davon abhalten sie hier und jetzt zu nehmen. Selbst Lancelot nicht, er verbannte ihn aus seinen Gedanken und drückte seine Lippen hart auf ihre.
Wie ein Ertrinkender saugte er an ihr, nahm sich das was er jetzt brauchte und küsste sie so ausgiebig, dass er nach kurzer Zeit seinen Kopf zurückriss um nach Luft zu schnappen. Sie bäumte sich auf. Ihre Brust streifte seine und er biss ihr zart in das süße Fleisch ihres Halses.
„Feel
her breath on my face
Her body close to me
Can't look in her
eyes
She's out of my league
Just a fool to believe
I have
anything she needs
She's like the wind ", stöhnte sie in
seine Ohren. Er öffnete die Augen und starrte auf die
flackernde Kerze. Was tat sie? Verhexte sie ihn? Er war ihr in diesem
Moment so verfallen, dass es ihn nicht einmal bekümmern würde.
Langsam erhob er seinen Oberkörper und streifte sein Hemd ab.
Ihre Finger gruben sich in die Haut an seiner Brust und krallten sich
fest. Er legte den Kopf in den Nacken und stöhnte, dann vergrub
er seinen Kopf in ihren Hals, saugte und knabberte. Sie kicherte und
gluckste, weckte für einen kurzen Moment die Erinnerung, dass
sie betrunken war, doch er verscheuchte ihn wie eine lästige
Fliege.
Sie wirbelten durch das Bett, wie Verrückte. Hielten sich wie Ertrinkende, während ihre Kleidung immer und immer mehr verschwand.
Er betrachtete ihre Schönheit, als sie auf seinen Hüften saß, nur noch ein komisches kleines Ding um ihr Becken, dass sie nicht ganz nackt erscheinen ließ. Seine Hände wanderten über ihren Körper, während sie genießerisch die Augen schloss.
Mit einem Mal fiel ihr Körper vorne über und knallte hart auf seine Brust. Gawain stöhnte laut auf und küsste ihre Wange, die sich neben seinem Ohr befunden hatte, doch es tat sich nichts. Er runzelte die Stirn.
„Alessia..?", flüsterte er, doch sie tat nichts mehr. Er horchte auf ihren leisen Atem und ächzte laut auf, rieb sich mit seiner freien Hand über sein Gesicht und versuchte seinen eigenen Atem zu normalisieren. Noch immer kribbelte und brannte seine Haut, verlangte, was sie ihm verwehrt hatte.
Wie als wäre dies der nächste Faustschlag ins Gesicht fegte ein leichter Lufthauch vom Fenster durch das Zimmer und löschte die einzige brennende Kerze. Alessia regte sich und schlang ihre Arme um seinen Körper, drückte sich an ihn und schmiegte ihren Kopf in seine Halsbeuge.
„Lancelot…", hauchte sie schlaftrunken und Gawain atmete schwer aus. Das war doch zum verrückt werden. Er sah nach unten und schaffte es mit seinen Füßen die Bettdecke zu erwischen, langsam zog er sie über ihren Körper und schlang seine Arme um ihren nackten Rücken. Das war wohl auch zu schön, um wahr zu sein, fluchte er und starrte die Decke an, während ihr Atem laut in seinen Ohr klang.
Dann schloss er die Augen und versuchte nicht mehr an den Abend zu denken, doch ihr nackter Körper ließ ihn einfach nicht zur Ruhe kommen, wenn die anderen nun mitbekommen würden, dass sie eingeschlafen war.. das war kaum auszuhalten.
