Yay, um es mal mit Sirius' Worten zu sagen. Hier nun also Kapitel fünf, kaum zu glauben nach einer Serie von Stromausfällen („geplante Abschaltung" nennen die das, wenn einem einfach mirnix-dirnix der Strom weg bleibt) und anderen kleinen Katastrophen.
An alle Reviewer, die keine Emailadresse hinterlassen: Danke, ihr Lieben. Ich freu' mich über jede kleine Nachricht.
Disclaimer: Alles bis auf den Plot und Emilia ist wie üblich Eigentum von JKR.
Anmerkung: Die Hintergründe zu „Befreit Sirius" findet der geneigte Leser in „Fade to Black", wo er auch den Beweis erhält, dass das mit dem Motorrad tatsächlich Remus' Idee war.
Und wie man einen Werwolf glücklich macht: Nach Emilias Rezept am besten so: Räucherspeck, Kochschinken, Zwiebeln und getrocknete Tomaten fein würfeln. Pilze in dünne Scheiben schneiden. Knoblauch sehr fein hacken. Einen Bund italienische Kräuter fein hacken (Thymian, Rosmarin und Salbei). Speckwürfel mit einem guten Olivenöl in der Pfanne auslassen, dann die übrigen Würfel dazu, glasig braten, Pilze dazu, braten, bis die Pilze Flüssigkeit abgeben. Mit Sahne aufgießen, Knoblauch dazu, sparsam salzen, gut pfeffern, bei mittlerer Hitze etwas einkochen lassen. Zum Schluss die Kräuter dazu und noch einmal kurz aufkochen lassen. Dazu am besten Penne.
Soundtrack: Daniel Powter, „Bad day", dieses nette kleine Liedchen, weil Emilia diesmal wirklich einen schlechten Tag hat. Zum Ende hin: U2, „With or without you".
So. Eine Runde irischen Whiskey für alle, und los geht's.
oOo
FÜNFTES KAPITEL: DIE SCHÖNE LADY UND DER BOGGART
„Kürzer" sagte Sirius.
„Ich weiß nicht" sagte Tonks.
„Aber ich weiß" sagte Sirius. „Kürzer! Und fransig, irgendwie."
„Ansprüche hast du aber keine? Ich hab dir gesagt, ich kann das eigentlich gar nicht."
„Und ich hab dir gesagt, ich habe vollstes Vertrauen in dich."
Es war der Tag, an dem wir Abschied nahmen von Sirius' fast hüftlanger, seidig schimmernder, ebenholzschwarzer Schneewittchenmähne, und er selbst schien der, dem es am wenigsten leid tat. Ich beneidete Tonks nicht, die mit der Schere vor ihm stand und damit unschlüssig in der Luft klapperte. Ich versuchte, den leblosen, stumpfen Teppich aus abgeschnittenen Haaren zu ignorieren, der den Küchenboden rund um Sirius' Stuhl bedeckte, und begann, meinen Einkaufskorb auszuräumen.
„Emilia" sagte Sirius hinter meinem Rücken. „Tu uns doch mal deine Meinung kund, bitte."
„Ich finde, es ist schade drum" sagte ich über die Schulter.
„Allerdings" sagte Tonks seufzend.
„Nicht weinen, Mädels" sagte Sirius, und ich hörte ihn grinsen. „Es ist unverzichtbarer Bestandteil der großen Aktion Befreit Sirius. Eines Tages, wenn meine Unschuld bewiesen ist und man mich auf der Straße wieder erkennen darf, besorge ich mir einen Haarwuchs-Zauber, und dann dürft ihr mir wieder Zöpfchen flechten."
„Befreit Sirius" murmelte ich. „Klingt, als wäre Greenpeace daran beteiligt."
„Scherzt ihr nur" sagte Sirius, während Tonks prustete. „Emilia, jetzt sag schon. Fransig würde mir stehen, oder?"
Ich riss mich von meinem Korb los und drehte mich um. Sirius saß rittlings auf einem der alten Küchenstühle und kippelte damit herum, er hatte seine langen Beine in Jeans gesteckt und gönnte uns den Anblick seines nackten Oberkörpers. Die Reste seiner legendären Mähne hingen auf halber Höhe zwischen Kinn und Schlüsselbein. Ich kriegte ein Grinsen nicht in den Griff.
„Severus wird sich wundern, wenn er erfährt, dass sein Haarschnitt Schule macht" sagte ich.
Sirius jaulte auf, als hätte Padfoot sich die Pfote in der Tür eingeklemmt, entriss Tonks die Schere und versenkte sie tief in der ersten Handvoll Haar, die er erwischte. Sehr vergnügt wandte ich mich wieder meinem Einkauf zu, während die beiden hinter meinem Rücken einen nicht ganz ungefährlichen Ringkampf um die Schere vollführten. Ein gewisses Risiko war durchaus vertretbar, wenn sie nur endlich aufhörten, umeinander herum zu schleichen.
Ich hatte Sahne gekauft, Schinken und Räucherspeck, Zwiebeln, Knoblauch, Pilze, Pasta, in Öl eingelegte Tomaten und ein Bündel italienische Kräuter. Greenpeace hin oder her, bei mir lief die Aktion Füttert den Werwolf, und ich war entschlossen, den gesamten Segen der italienischen Küche über Nummer Zwölf auszubreiten. Ich suchte mein Werkzeug zusammen, schliff das Küchenmesser und verwendete dann doch lieber einen Zauber, um den Schinken und den Räucherspeck zu würfeln, während ich die Pilze säuberte. Der Verband an meiner linken Hand war dank Pomfreys Heilzaubern binnen einiger Tage zu einem dicken Pflaster zusammen geschmolzen, aber ich war durchaus noch gehandicapt und wollte kein unnötiges Risiko eingehen.
Tonks und Sirius hinter mir hatten es geschafft, ihre Rangelei ohne Blutvergießen zu beenden, und ich hörte die Schere klappern. Ich erhitzte Olivenöl, bis der Duft die Küche füllte, und schickte mein eifriges Messer von dem Speck hinüber zu den Zwiebeln.
„Schon was von Remus gehört?" fragte ich über die Schulter.
„Emilia, Schätzchen" sagte Sirius verletzt. „Wofür hältst du uns. Hätten wir dir das nicht umgehend mitgeteilt?"
„Also nein" sagte ich.
„Er sagte, er wäre so gegen fünf zurück" sagte Tonks. „Es ist gerade viertel vor. Kein Grund zur Panik."
„Ich panicke nicht" betonte ich. „Es war ja nur eine Frage."
„Wie süß" sagte Sirius mit einem theatralischen Grinsen. „So verliebt."
„Das auch" sagte ich, „aber vor allem kann man Pasta so schlecht warm halten."
„Wie geht es mit den Fransen voran?" fragte Sirius.
„Ich weiß nicht" sagte Tonks kritisch. „Was mach ich mit den Ohren?"
„Dran lassen, bitte" sagte Sirius.
„Ist es okay, wenn die Haare da so drüber hängen – hier – etwa so…?"
„HmmmmMMMM."
„Sirius!"
„Ich liebe das. Mach weiter."
„Du machst mich verrückt."
„Ich weiß."
Ich grinste in meine Pfanne hinein und rührte die Speckwürfel, damit sie gleichmäßig bräunten. Tonks hustete und räusperte sich bemüht.
„Ich schneide vielleicht hier noch etwas ab" sagte sie, und ihre Stimme klang quietschig. „Im Nacken."
„Oh ja. Nacken ist auch toll. Hmmm. Ein bisschen weiter oben."
„Klappe, Kumpel, oder du kannst dich von deinen Ohren verabschieden."
Die Zwiebelwürfel folgten dem Speck in die Pfanne, und eine Duftwolke stieg auf. Ich rührte und überlegte, ob ich auf Remus' Pünktlichkeit vertrauen und Nudelwasser aufsetzen, oder lieber noch ein bisschen warten sollte.
„Nicht so viel, hinten" sagte Sirius. „Lass es ein bisschen über den Kragen hängen, so wie bei Moony, ich finde, das sieht cool aus."
„Da ist kein Kragen" machte Tonks ihn aufmerksam, „und Remus hat nichts, das ich als einen Haarschnitt bezeichnen würde."
„Ich wette, es war einer, als er vor zwei Jahren in Hogwarts anfing."
„Haltet den Ball flach, ja" sagte ich. „Kümmert euch um euren eigenen Haarschnitt."
Ich tat meine restlichen Zutaten in die Pfanne und drehte die Flamme höher, um die Flüssigkeit aus den Pilzen zu kriegen. Es zischte und brutzelte. Ich rührte und guckte in meine Pfanne, während hinter mir Tonks' Schere klapperte. Es war friedlich, und beinahe bekam ich meine Nervosität in den Griff. Ich war nicht der Typ für Prüfungssituationen, und ein Vorstellungsgespräch von Remus brachte mich an die Grenzen meiner Belastbarkeit. Ich wusste, Sirius erging es kaum besser, nur dass er sich nicht mit meditativen Beschäftigungen wie Kochen ablenkte, sondern seinen angespannten Aktionismus über das ganze Haus verbreitete. Ich hörte, wie er auf seinem Stuhl kippelte.
„Sitz still, ja" sagte Tonks. „Sonst schneid ich dir Fransen, wo du keine haben willst."
„Ich sitze still" sagte Sirius. „So still es geht. Immerhin, ich finde es ist ein gutes Zeichen, dass er noch nicht zurück ist. Sie haben ihn immerhin nicht vorzeitig heim geschickt."
Ich goss meine Pfanne mit Sahne auf und reduzierte die Hitze, dann legte ich den Deckel drüber und setzte mich auf die Eckbank. Ich brauchte dringend einen Kaffee.
„Kaffee?" sagte Sirius und kratzte winselnd am Tisch, kaum dass ich die Tasse vor mir hatte. „Kaffee? Bitte bitte?"
„So" sagte Tonks. „Da hast du's. Jetzt hast du einen Zacken drin."
„Einer von Emilias Kaffees ist es wert, einen Zacken zu haben" sagte Sirius und nahm dankbar die Tasse entgegen.
„Was ist das für ein Zauber?" fragte Tonks interessiert und deutete auf die zweite Kaffeekapsel, die ich aus meiner Robe fummelte. Ich war ja lernfähig und nahm immer eine extra mit, wenn ich nach Nummer Zwölf kam.
„Selbst entwickelt" sagte ich mit schiefem Grinsen. „Als hätte ich gewusst, dass ich mal ins Land der Teetrinker auswandern würde."
„Beeindruckend" sagte Tonks.
„Der einzige Zauber, den ich je selbst entwickelt habe" versuchet ich einen falschen Eindruck zu verhindern. „Und frage nicht, wie viele Kessel ich dabei eingeschmolzen habe."
„Das ist es, was die Forschung voran bringt" sagte Sirius weise. „Das nackte Bedürfnis, eine Sucht zu befriedigen."
Ich zauberte mir meine Kaffeetasse und wärmte mir die Handflächen. Der Tisch war bedeckt von Zeitungen, nicht nur der heutige Prophet, sondern auch Times und Sun, wie ich erstaunt bemerkte.
„Seit wann liest du Muggel-Zeitungen?" fragte ich.
„Ich lese sie nicht" sagte Sirius. „Nur den Teil mit den Kfz-Anzeigen."
„Willst du dir ein Auto kaufen?" fragte ich amüsiert.
„Ein Motorrad" sagte Sirius strahlend. „Eine der tragenden Säulen der Aktion Befreit Sirius. Neben der Veränderung meines Äußeren."
„Du spinnst" sagte ich voller Überzeugung.
„Hast du eigentlich schon meine Brille gesehen?" fragte Sirius, fasste hinter sich und fischte eine Schachtel unter der aufgeschlagenen Sun heraus.
„Himmel!" sagte Tonks. „Du wirst aussehen wie ein mottenzerfressener Teppich, wenn du nicht gleich still sitzt!"
„Guck mal" sagte Sirius und setzte sich eine Brille mit ovalen Gläsern und goldener Fassung auf die Nase. „Cool, oder?"
„Seit wann brauchst du eine Brille" sagte ich.
„Ich brauche keine" strahlte er. „Aber ich sehe ganz anders aus, wenn ich eine trage. So intellektuell, findest du nicht."
„Na ja" sagte ich. „Du siehst aus wie Sirius mit einer Brille. Ist da Fensterglas drin, oder wie?"
„Sie ist von My Magical Eye. Durch und durch magisch. Unkaputtbar, und sie passt sich ganz von selbst dem Sehfehler des Trägers an. Toll, nicht? Sag bloß, das auf deiner Nase ist eine Muggelbrille."
„Durch und durch Muggel" sagte ich schulterzuckend. Ich faltete die Zeitungen zusammen und stapelte sie, um schon mal Platz für das Essen zu schaffen. In der untersten Schicht der Dinge, die den Tisch bedeckten, fand ich, sorgfältig in eine Lage Daily Prophet eingeschlagen, das Lebenslauf-Formular vom Ministerium, zusammen mit einem Brief, der offenbar neu war, zumindest kannte ich ihn nicht. Ich warf einen Blick auf das Datum. Er musste heute mit einer Eule gekommen sein. Ein dickes Bündel Pergament hing dran, gefüllt mit Paragraphen.
„Die Sicherheitsbestimmungen für die Hütte" sagte Sirius und winkte ab. „Kannst du vergessen. Kein Mensch ist in der Lage, die zu erfüllen. Ein Käfig aus Stahl, und jede Stange ummantelt mit einer sieben Millimeter dicken Schicht aus reinem Silber. Kannst du dir vorstellen, was das kostet?
„Nein" sagte ich blank.
„Etwa sechzenhtausend Galleonen" sagte Sirius. „Moonys überschlägige Rechnung. Einschließlich einiger zusätzlicher Sicherungszauber, die so selten sind, dass kaum einer sie sprechen kann. Man müsste einen Experten beschäftigen, der das einrichtet. Die wollen gar nicht, dass man diese Bestimmungen umsetzt. Die wollen, dass man sich in ihre komische Sicherungsanstalt einsperren lässt."
„Oh" sagte ich und spürte einen harten Klumpen in meinem Inneren.
„Keine Panik" sagte Sirius. „Wir haben Dumbledore kontaktiert. Die Anstalt kommt überhaupt nicht in Frage. Dumbledore wird das für uns richten."
„Hoffen wir es" murmelte ich.
„Ansonsten hat Moony noch etwa zwei Wochen, um eine Sichtung bei Wie-war-noch-der-Name, radikaler Muggeljäger-Magier im Irak, zu organisieren" sagte Sirius grinsend. „Ich kann ihm da ein paar Tipps geben. Ich bin Experte im Untertauchen."
„So" sagte Tonks und ließ die Schere sinken. „Fertig. Mehr schneide ich nicht ab."
„Spiegel, bitte" sagte Sirius. Ich fand, es sah ziemlich merkwürdig aus, was er da auf dem Kopf hatte. Tonks hatte sich offenbar bemüht, Sirius' Wunsch nach Fransen zu erfüllen und war irgendwo bei zipfeligen Zacken heraus gekommen, die ihm in die Stirn und über die Wangen fielen.
„Hm" sagte er und betrachtete sich im Spiegel. Er schüttelte den Kopf und strich sich einen Seitenscheitel. „Fühlt sich seltsam an" sagte er. „So leicht."
„Das ist das Vakuum in deinem Kopf" sagte Tonks grinsend. „Es war da schon immer, es ist dir nur wegen der vielen Haare bisher nicht aufgefallen."
„Wenn du einen zum Denken haben willst, hättest du dir Moony schnappen müssen, so lange er noch frei war" sagte Sirius. „Ich habe andere Qualitäten."
„Wer behauptet, dass ich mir überhaupt einen schnappen will" sagte Tonks.
„Wer behauptet, dass wir nichts tun als denken" sagte ich.
„Krieg ich noch eine Kopfmassage?" sagte Sirius.
„Sollte ich etwas zu dieser Diskussion betragen, oder mache ich dadurch nur alles schlimmer?" fragte Remus. Er sprach nicht sehr laut, aber wir fuhren alle herum. Er stand in der Tür, seinen schäbigen Mantel um sich gezogen und einen dicken Schal um den Hals gewickelt, dessen rot-goldene Farbe nicht mehr als eine verblichene Erinnerung war, trotzdem sah er aus, als würde er frieren, sein Gesicht war müde und grau. Er hatte etwas an sich, das uns davon abhielt, ihn mit Fragen zu bestürmen, er sah nicht belastbar aus und irgendwie zerbrechlich. Selbst Sirius schien das zu spüren, er beschränkte sich auf ein breites Grinsen und ein „Hi, Moony, na, was geht ab?"
Remus lächelte, aber man sah, wie hart er daran arbeitete.
„Du meinst, außer deinen Haaren?" sagte er. „Du meine Güte, das nenne ich einen Kahlschlag."
„Gefällt's dir?" sagte Sirius und drehte seinen Kopf nach allen Seiten.
„Ich weiß nicht" sagte Remus. „Wahre Schönheit kommt von innen, sagt man, oder?"
„Man sagt auch, ein schöner Mensch lässt sich durch nichts entstellen" sagte Sirius.
„Ich habe getan, was ich konnte" sagte Tonks. „Ich bin Aurorin, keine Friseuse."
„Ich finde, es sieht toll aus" sagte Sirius, zog Tonks am Arm zu sich hinunter und verpasste ihr einen schallenden Kuss auf die Wange. „Und wenn du jetzt noch eine Kopfmassage dran hängst, bin ich für immer dein."
„Äh" sagte Tonks, „Urgs", und ihre Haarfarbe wechselte von hellblau zu feuerrot.
Ich wagte mich inzwischen an meinen Werwolf heran, der begonnen hatte, die Futterstelle zu umkreisen.
„Riecht gut" sagte er. „Was ist das?"
„Es nennt sich Emilia macht den Werwolf glücklich" sagte ich. „Es ist Sahne drin, und Schinken, und Kräuter, und viele andere gute Sachen."
„Emilia macht den Werwolf glücklich, ganz ohne zu kochen" sagte er und hatte immer noch diesen Umhang aus Müdigkeit um die Schultern. Ich sah ihn an, und da war sein warmer brauner Blick hinter der schmerzlichen Tristesse, und ich traute mich in seine Arme, während Sirius hinter uns theatralisch schluchzte und sich eine imaginäre Träne weg wischte.
„Also wieder nichts" sagte ich und spürte, wie er an meiner Wange das Gesicht verzog, vielleicht hatte es auch ein Lächeln werden sollen.
„Nein" sagte er.
„Und die Begründung diesmal?"
„Nicht ausreichend qualifiziert."
„Das ist doch lächerlich! Hast du ihnen gesagt, dass du Verteidigung unterrichtet hast?"
„Ich gehe davon aus, dass dieser Personal-Mensch es in meinem Lebenslauf gelesen hat."
„Weißt du" sagte Sirius, „ich glaube langsam, du bist einfach nicht in der Lage, deine Vorzüge ins rechte Licht zu rücken."
„Das ist auch nicht ganz einfach bei einem Nachteil, der alles in den Schatten stellt" sagte Remus müde.
Ich fand, Sirius hatte Recht, aber ich wollte lieber einen besseren Zeitpunkt abwarten, um ihm ein kleines Bewerbungstraining anzubieten.
„Tee?" sagte ich.
„Ja, gerne. Ich kann das aber auch selbst tun."
„Setz dich."
„Aber du musst wirklich nicht…"
„Setz dich" sagte ich und drückte ihn auf die Eckbank. Er blieb sitzen, wickelte den Schal ab und nestelte sich aus seinem feuchten Mantel und begann dann, den Prophet von hinten durchzublättern, während ich Teekessel und Nudelwasser aufsetzte.
„Und?" sagte er zu Sirius. „Schon was dabei?"
„Was glaubst du, wie schnell das geht?" sagte Sirius. „Ein richtiges Motorrad zu finden ist wie die Frau fürs Leben zu finden."
„Mit dem Unterschied, dass du ein Motorrad hinterm Haus parken kannst, wenn es dir auf die Nerven geht" sagte ich.
„Mir ist noch nie" sagte Sirius, „noch nie ein Motorrad auf die Nerven gegangen."
„Das wird sich ändern, sobald du mal mit einem aus fünfhundert Fuß Höhe abstürzt" sagte Remus, der das Kreuzworträtsel gefunden hatte.
„Dieses wird nicht fliegen" sagte Sirius. „Nicht, so lange das Ministerium verschärft nach fliegenden Motorrädern sucht. Es wird ein ganz unmagisches Muggel-Motorrad sein. Die kleinen Spezialeffekte kann ich später immer noch anbringen."
Remus streckte die Hand aus, und Sirius nahm die goldene Brille ab und reichte sie ihm hinüber. Remus setzte sie auf, rückte sie zurecht und beugte sich über das Kreuzworträtsel.
„Steht dir übrigens, meine Brille" sagte Sirius. „Endlich eine Daseinsberechtigung für diesen großzügig bemessenen Vorsprung da in deinem Gesicht."
„Meine Nase ist zierlich, verglichen mit deiner Klappe" sagte Remus ungerührt.
„Was machst du eigentlich, wenn du in eine ganz unmagische Muggel-Verkehrskontrolle kommst?" fragte ich Sirius. Ich wusste, sie konnten mit ihrem launigen Hin und Her ganze Nachmittage verbringen, wenn man sie nicht vor der eigenen Schlagfertigkeit bewahrte.
„Dann zeige ich meine perfekt imitierten Muggel-Papiere" sagte Sirius grinsend. „Hat Mundungus mir besorgt."
„Du meinst gefälscht" sagte Tonks mit sehr kritischem Gesicht.
„Imitiert, gefälscht, wie auch immer" sagte Sirius mit einer großzügigen Handbewegung. „Kommt doch aufs Gleiche raus. Wie findet ihr übrigens Perseus?"
„Im nördlichen Himmel, zwischen Auriga und Andromeda" sagte Remus, ohne aufzusehen. „Irgendwas um fünfzig Grad nördliche Grenze. Genaue Deklination müsste ich nachschlagen."
„Danke, Mister Moony-hat-eine-Bibliothek-gefressen" sagte Sirius. „Ich meine, so als Name. Perseus Cane."
„Kane, wie Citizen Kane?" fragte ich.
„Aus Mister Padfoots Mund wohl eher eine Cane Mutiny" sagte Remus.
„Ich hasse euch alle beide" sagte Sirius. „Ich hätte es besser wissen müssen, als euch nach eurer Meinung fragen."
„Perseus klingt nach einem klassischen Black-Namen" sagte Tonks hilfsbereit. „Und Cane sagt mir nichts."
„Cane, wie in Canis, der Hund" sagte Sirius und verdrehte die Augen. „Ist das denn so schwer, du meine Güte. Es ist mein Künstlername."
„Seit wann bist du ein Künstler" sagte Remus, und ich rührte grinsend meine Nudeln um.
„Es ist der Name in deinen gefälschten Papieren" sagte Tonks. „Stimmt's?"
„Kluges Mädchen" grinste Sirius. „Und? Wie findest du ihn?"
„Na ja" sagte sie. „Die Blacks haben ja allgemein einen Hang zu merkwürdigen Namen."
„Er ist ziemlich durchschaubar" sagte Remus. „Wenn es um einen Decknamen geht, hätte ich etwas Allgemeineres gewählt. Unauffälliger. Jackson, oder Johnsson, von mir aus."
„Durchschaubar" sagte Sirius und brach auf seinem Stuhl zusammen. „Durchschaubar! Und ich habe mir tagelang den Kopf zerbrochen." Remus lächelte fein und füllte sein Kreuzworträtsel aus. Ich goss den Tee auf und fischte eine Nudel aus dem Kochwasser, um zu probieren. Sie war fast fertig, nur noch ein bisschen zu al dente. Ich holte schon mal das Sieb aus dem Schrank.
„Kopfmassage?" sagte Sirius zu Tonks und überzog sie mit einem feuchten Hundeblick. „Bitte bitte? Eine winzige, ganz kurze? Bitte, liebe, süße Tonks."
Tonks' Haare nahmen einen tiefen Tomatenton an, sie murmelte etwas und wich sehr bemüht jedem Blick aus, als sie sich hinter Sirius bewegte und ein wenig zögernd begann, an seinen Haaren zu zupfen.
„Fester" murmelte Sirius. „Ohhh ja. Genau so. Und jetzt… links und rechts… mmmh."
Ich schob mich mit einer Tasse Tee an den beiden vorbei, sehr bemüht, möglichst wenig zu stören, und stellte die Tasse auf Remus' Zeitung ab.
„Danke" sagte er und lächelte flüchtig. Ich rutschte neben ihm auf die Bank, ich hatte gerade beschlossen, was immer sich da zwischen Tonks und Sirius anbahnte, nicht durch verfrüht abgegossene Nudeln zu stören. Wenngleich…
„Mmmmh" sagte Sirius. „Fester. Ja. Das ist toll. Genau so. Tonks, du bist so gut."
Ich nahm Remus den Kugelschreiber ab, nicht ohne zu grinsen. Ich vermuggelte ihn, das hatte ich schon mehrfach festgestellt. Als wir uns kennen lernten, hatte er seine Schreibarbeiten noch ausnahmslos mit Feder und Tinte erledigt.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal gezwungen werde, mir vorzustellen, wie Sirius sich beim Sex anhört, kritzelte ich auf den Rand der Zeitung. Remus verzog das Gesicht und nahm den Kugelschreiber.
Ja, er ist großzügig mit dieser Art von Information.
„Ohhh" sagte Sirius. „Ja. Mmmmmmh."
Steht dir, die Brille, kritzelte ich. Sieht sehr intellektuell aus.
Danke, schrieb er. Das hättest du aber auch laut sagen können, oder entgeht mir gerade ein tiefer Sinn?
Nö, kritzelte ich. Keiner. Ich stärke nur die nonverbale Kommunikation in unserer Beziehung.
„Was macht ihr zwei da eigentlich?" fragte Sirius über die Schulter.
„Wir praktizieren nonverbale Kommunikation" sagte Remus, ohne aufzusehen.
„Was ist passiert in den letzten zwölf Jahren?" sagte Sirius. „Ist Sex abgeschafft, oder was?"
„Es ist nicht jedermanns Sache, in einer öffentlichen Küche einen Haufen Oooohs und Mmmms von sich zu geben" machte ich ihn aufmerksam.
„Ach Quatsch" sagte er. „Bleibt doch alles in der Familie."
„Ich weiß nicht, ob ich mit dir je so familiär werden wollte" sagte ich und erhob mich. „Außerdem sind die Nudeln fertig."
Tonks schien dankbar über diese Information, sie sprang an meine Seite und half mir, Teller aus dem Schrank zu räumen. Sirius, der nur allmählich mit der Tatsache fertig wurde, dass seine Kraulstunde beendet war, erhob sich zögernd, streckte seine langen Glieder und zog sich sein Hemd über, das als Knäuel auf der Eckbank gelegen hatte. Ich drückte ihm einen Stapel Teller in die Hand, und er begann aufzudecken. Remus sah erst auf, als er ihm seinen Teller direkt über das Kreuzworträtsel stellte. Ich erwischte einen flüchtigen Blick in sein Gesicht, ich war sicher, seine Gedanken waren bei allem gewesen, aber nicht bei sieben senkrecht, er war blass, die Augen müde und leer.
„Oh" sagte er, hob den Teller an und zog die Zeitung darunter hervor. „Entschuldigung. Soll ich was helfen?"
„Zu spät" sagte Sirius. „Was ist los, Moony?" Es war die Frage, die mir auf der Zunge gelegen war.
„Nichts ist los" sagte er und lächelte brav. „Ich hatte einfach gehofft, sie würden mich wenigstens in Erwägung ziehen."
„Vergiss es" sagte Sirius. „Es war nicht dein Traumjob, oder? Kammerjäger für magische Haushaltsplagen. Ich bitte dich."
„Ebenso wenig wie all die anderen Jobs" sagte Remus kopfschüttelnd. „Das Kellnern, die Aktenablage, Paketdienst, Hausmeister, Gebäudeschutz, ich weiß nicht, was noch alles. Ich glaube, es gibt keinen dämlichen, stumpfsinnigen Job, den ich nicht mal drei Wochen gemacht habe."
„O weh, o weh" sagte Sirius. „Der Moony-Blues."
„Entschuldige, wenn ich nicht im Rahmen deiner Vorstellungen funktioniere."
„So war's nicht gemeint" sagte Sirius, ließ sich neben ihn auf die Bank plumpsen und legte ihm den Arm um die Schulter. „Ich kann nur nicht verstehen, warum es dich jedes Mal wieder so runterzieht. Es waren Idioten, und der Job war sowieso Mist. Mach einen Haken drunter und vergiss es."
„Wahrscheinlich hast du recht" sagte Remus, aber ich kannte ihn gut genug, um zu erkennen, dass er nur nachgab, um eine Diskussion zu vermeiden.
Wir stellten die Töpfe auf den Tisch, teilten aus und begannen zu essen. Die Stimmung war merkwürdig. Das Thema, das vermieden werden sollte, stand wie ein massiver Steinquader zwischen uns. Tonks rettete uns schließlich in Neuigkeiten und kleine Anekdoten aus dem Ministerium, und Sirius sprang darauf an. Es dauerte nicht lange, bis sie begannen, eine möglichst abstruse und spektakuläre Liste von möglichen Sichtungspunkten zu entwerfen, die von der Spitze des Big Ben übers Münchner Oktoberfest bis hin zur alten Mir im Orbit um die Erde reichte, ich staunte, die Fröhlichkeit, die sie verbreiteten, wirkte schon wieder beinahe echt.
Mein Werwolf allerdings ließ die heiteren Unverbindlichkeiten an sich vorbei ziehen. Er schob sein Futter auf dem Teller hin und her, trank gelegentlich einen Schluck Tee und wich ansonsten jedem Blick, auch meinem, geflissentlich aus. Ich seufzte in meine Pasta hinein. Seit unserem Besuch im Ministerium hatte ich eine gewisse Vorstellung von den Schwierigkeiten entwickelt, die einem als Werwolf auf Jobsuche begegneten, aber trotzdem war ich nicht bereit, mich damit abzufinden. Meine bisherigen Vorstöße in diese Richtung waren beim Wolf meines Herzens auf wenig Gegenliebe gestoßen, und ich wusste es besser, als ihm damit zu kommen, wenn er sich im Moony-Blues befand, also verstopfte ich mir den Mund mit Nudeln, nur um sicher zu gehen.
Schließlich waren die Töpfe leer und meine Pasta hatte zumindest Sirius und Tonks glücklich gemacht. Sie lehnten sich in ihren Stühlen zurück mit der Zufriedenheit von Leuten, die gut gegessen hatten. Remus starrte immer noch auf seinen Teller, er fädelte eine unschuldige Penne auf die Zinken seiner Gabel und sah zu, wie sie wieder hinunter rutschte.
„Du wirst nie Gewicht zulegen, wenn du das Essen nur herum schubst" sagte ich und brachte mein Knie vorsichtig gegen seines.
„Ja" sagte er, ohne mich anzusehen. „Ich weiß. Ich kann nur einfach nicht… im Augenblick."
Es lag eine Verzweiflung in seiner Stimme, die mir nahe legte, dass er nicht übers Essen sprach, und Sirius hatte es wohl auch gehört, denn er sprang in die Höhe und nahm seine Lederjacke vom Haken.
„Meine Damen und Moony" sagte er, „diese Runde benötigt dringend ein bisschen Aufhellung. Folgen Sie mir bitte umgehend nach draußen."
„Was hast du vor?" fragte ich, und er grinste.
„Überraschung" sagte er.
„Merlin" sagte Tonks. „Doch nicht einer von deinen Scherzen?"
„Sehe ich aus wie ein Mann, der scherzt?" fragte Sirius.
„Weder noch" sagte Tonks und duckte sich kichernd unter Sirius' angedeuteter Kopfnuss.
„Ich bleib' lieber hier" sagte Remus. „Mir ist nicht mehr nach Ausflügen, heute."
„Kommt überhaupt nicht in Frage" sagte Sirius. „Du begleitest uns selbstverständlich. Du bist so etwas wie die Hauptperson."
„Verschieben wir's, was immer es ist" sagte Remus. „Ich möchte wirklich nur ein Weilchen meine Ruhe haben."
„Nichts da" sagte Sirius. „Auf, Moony. Und wenn du nicht mitkommst, werde ich dir so lange auf die Nerven gehen, bis wir uns streiten, und dann hast du deine Ruhe auch nicht. Also, such's dir aus."
Remus seufzte und kam von seiner Eckbank hoch wie ein alter Mann.
„Brav, Moony" sagte Sirius und drückte ihm Schal und Mantel in den Arm. „Und jetzt, alle in den Hinterhof."
Die Luft war frostig in dem engen, schattigen Hinterhof, als wir ins Freie traten. Der eckige Himmelsausschnitt über unseren Köpfen war von tiefem Blau, die Sonne war bereits daran, unterzugehen. Zwischen den Mülltonnen stand etwas, das wie ein länglicher Klops aussah, an einem Ende etwas höher als am anderen, er war mit einer Plane abgedeckt.
„Nein" sagte Remus neben mir. „Nein."
„Seid ihr bereit?" sagte Sirius und fasste einen Zipfel der Plane. „Ja? Dann darf ich euch den neuesten, coolsten Zuwachs der Familie Black präsentieren."
„Du hast doch nicht wirklich…" sagte Remus. Sirius grinste von einem Ohr zum anderen und zog mit großartiger Bewegung die Plane weg.
„Hm" sagte ich. „Ein Motorrad. Ein, äh… altes Motorrad?"
„Ein Klassiker" trompetete Sirius, seine Augen sprühten vor Begeisterung. „Eine Yamaha SR 500. Erstzulassung 1982. Eigentlich wollte ich ja ein britisches, wie meine alte Norton, aber dann hat mir dieses Schätzchen zugezwinkert und tja, wo die Liebe hinfällt…"
„Aber sagtest du nicht vorhin…?" versuchte ich mich zu erinnern.
„Genau" strahlte er. „Ich sagte, es wäre das gleiche, wie die Frau fürs Leben zu finden. Manchmal geht es ganz schnell."
„Öhm" sagte Tonks. „Meinen Glückwunsch dann, dem jungen Paar. Seit wann hast du sie?"
„Heute morgen. Es war eine Anzeige in der Times, und ich hatte von Anfang an so ein Gefühl. Der Vorbesitzer ist ein Freak, und sie ist in wirklich gutem Zustand. Hat keine achtzigtausend Meilen drauf."
„Sirius" sagte ich. „Ich will die frische Romanze ja nicht stören, aber findest du es wirklich klug, alleine durch London zu tingeln und irgendwelche Geschäfte abzuwickeln? Ich meine, warum hast du nicht jemanden vom Orden mitgenommen? Ich finde das wirklich ziemlich riskant."
„Quatsch" sagte Sirius. „Auf dem Hinweg war ich Padfoot, und auf dem Rückweg hatte ich die schöne Lady schon dabei. Alles ganz harmlos."
„Und wie hätte die dir helfen sollen, wenn dich ein paar Auroren mit einem Petrificus aus dem Sattel holen?"
„Die suchen einen Zauberer, schon vergessen? Im Irak. Nicht einen Londoner Motorradfahrer."
„Na ja" sagte ich und sah hilfesuchend zu Remus, doch mit dem war wohl nicht zu rechnen. Etwas war mit ihm passiert, was ich verpasst hatte. Er hatte die Hand vor den Mund geschlagen, seine Augen waren groß und dunkel, sein Blick war der eines Vaters, der zum ersten Mal sein Kind erblickt, irgendwo zwischen Rührung und Hingerissenheit, allerdings hingen seine Augen nicht an dem Motorrad, sondern an dessen frisch gebackenem Besitzer, der uns gerade die Vorteile eines guten altmodischen Kickstarters erklärte, ich hatte das Gefühl, er sah dort in dem schmutzigen Hinterhof eine völlig andere Person als wir.
„Also" sagte Sirius und förderte aus der Hosentasche einen Schlüssel zu Tage. „Mädels, tut mir leid, wenn ich euch enttäuschen muss, aber der erste Ritt gehört Moony. Kommst du?"
„Was?" sagte Remus hinter seiner Hand. „Aber… jetzt? Ich meine… es wird schon dunkel."
„Sie hat Scheinwerfer, weißt du" sagte Sirius sanft. Er schwang sein Bein über den Sattel und klopfte mit der flachen Hand hinter sich.
„Aber" sagte Remus, nahm endlich die Hand vom Mund und gestikulierte schwach in meine Richtung.
„Die Damen werden für ein Stündchen auf uns verzichten können" sagte Sirius. „Nicht wahr? Emilia? Das werdet ihr doch?"
„Äh" sagte ich.
„Prima" sagte Sirius strahlend. „Dann ist ja alles klar. Emilia, gib ihm einen Schubs. Ich glaube, das plötzliche Glück hat ihn überwältigt."
„Die plötzliche Todesangst wohl eher" sagte Remus. „Du weißt, ich hasse diese Dinger."
„Das tust du nicht" sagte Sirius. „Du liebst sie. Du kannst es nur nicht zugeben."
Remus machte ein paar zögernde Schritte in den Hof und sah mich über die Schulter an. Ich nickte. Ich mochte das Haus nicht, und ohne Remus darin mochte ich es noch viel weniger, aber eine Stunde würde ich überbrücken können. Zumindest sah das Lächeln, das er mir über die Schulter gab, nicht mehr gar so angestrengt aus, dann ging er, Hände tief in den Manteltaschen vergraben, zu Sirius' silber-schwarzem Chrom-und-Leder-Schätzchen hinüber und einmal drum herum. Sirius folgte ihm mit den Augen, als hätte Padfoot in Remus' Händen einen Hundekeks gewittert.
„Ich nehme an, es muss noch ein bisschen was dran gemacht werden" sagte Remus.
„Immer" sagte Sirius glücklich. „Was ist ein Motorrad, an dem man nicht herum basteln kann."
„Ich weiß nicht" sagte Remus. „Verkehrssicher?"
„Das ist die schöne Lady hier auch. Sie hat noch TÜV und alles."
Remus beugte sich zu der Plakette. „Bis zum sechsten November" sagte er. „Diesen Jahres. Das ist nicht sehr lang, oder?"
„Ich verspreche dir, wir sind spätestens bis zum fünften wieder zurück" sagte Sirius. „Jetzt komm schon. Ich bin sie schon gefahren, heute Vormittag, schon vergessen? Sie schnurrt wie ein Kätzchen."
„Du hast sie noch nicht umgemeldet, nehme ich an?"
„Wem hab ich was gemeldet?"
„Siehst du. Du darfst sie eigentlich noch gar nicht fahren. Du musst erst auf ein Muggel-Amt gehen, deine imitierten Papiere vorlegen und dich als neuen Besitzer eintragen lassen."
Sirius verschränkte die Arme auf dem Lenker, sein Fuß wippte ungeduldig.
„Mach ich alles" sagte er. „Sobald ich Zeit habe. Im Augenblick hab' ich noch ein Problem mit meinem Freund, der sich nicht entscheiden kann."
„Ich versuche nur, das Risiko abzuschätzen."
„Sitz auf, jetzt."
„Fliegt sie?"
„Sie kann dir das Gefühl geben, aber sie tut es nicht. Versprochen."
„Hm. Und du bist nicht gefahren, seit…?"
„Heute morgen" sagte Sirius heiter.
„Und davor?"
„Keine Sorge. Man verlernt es nicht. Es ist nicht wie… Tanzen."
Sie sahen sich an.
„Na ja, also gut" sagte Remus schließlich und schwang etwas unbeholfen das Bein über den Sattel. Sirius drehte den Schlüssel, und die Maschine sprang knatternd an und füllte den engen Hinterhof mit einer beißenden Wolke aus Abgasen.
„Halt dich fest!" rief Sirius. „Es könnte ein wilder Ritt werden." Remus schüttelte den Kopf und murmelte etwas, das ich über dem Röhren des Motors nicht verstand, dann setzte Sirius die Maschine in Bewegung und schwenkte mit einem eleganten Schlenker durch das Tor hinaus auf die Straße. Ich hörte noch, wie er Gas gab, dann wurde das Motorengeräusch leiser und schließlich von der Stadt geschluckt.
„Gehen wir rein" sagte Tonks. Ihr Haar war glatt und smaragdblau, ihr Gesicht ein wenig blass. Ich folgte ihr den dunklen Gang nach drinnen und die zwei ausgetretenen Steinstufen hinauf in die Küche, in der noch ein tröstlicher Duft von Speck und Zwiebeln hing. Tonks ließ sich auf die Eckbank fallen und legte die Füße in den bunt geblümten Stiefeln hoch.
„Frustriert?" sagte ich und begann, Teller zu stapeln.
„Nö" sagte sie. „Ich weiß gar nicht, wie ich auf die Idee kam, er könnte vielleicht mit mir diese Spritztour machen wollen. Ich bin ein dummes Ding, und er ist ein Mistkerl."
Ich sagte nichts. Ich konnte sie verstehen. Ich war auch nicht die ganze Strecke von Schottland nach London gefloot, um Remus Essen zu machen, das er kaum anrührte, und dann zuzusehen, wie er mit Sirius in die Tiefen der Großstadt verschwand. Ich versuchte, mich nicht zu ärgern. Man kaufte nicht jeden Tag ein Motorrad, und Remus auf andere Gedanken zu bringen war wirklich bitter nötig gewesen, auch wenn ich das lieber selbst erledigt hätte.
„Es ist nur eine Stunde" versuchte ich sie zu trösten. „Und er hat das Motorrad noch länger."
„Es geht nicht um das blöde Motorrad" sagte sie. „Es geht darum, ob man die Nummer Eins ist oder nicht."
„Ja" sagte ich. „Versteh' ich." Ich stapelte die Teller in der Spüle und ließ Wasser darüber laufen. Remus' Teller stellte ich beiseite, ich schob es auf meinen grundsätzlichen Optimismus. Vielleicht käme er früh nach Hause und wäre hungrig, und vielleicht würde es doch noch ein netter Abend.
„Ich weiß nicht, wie du das machst" sagte Tonks kopfschüttelnd.
„Wie ich was mache?" fragte ich, obwohl ich wenig Lust hatte, auf das Thema einzusteigen.
„Wie du damit klar kommst, Nummer Zwei zu sein" sagte Tonks.
„Ich habe nicht das Gefühl, Nummer Zwei zu sein" sagte ich. „Remus-Sirius und Remus-Emilia, das sind zwei völlig verschiedene Spruchrollen. Ich vergleiche mich nicht mit ihm. Es ist eher so… als wäre ich mit jemandem zusammen, der ein Kind aus erster Ehe hat."
Zu meiner Überraschung prustete Tonks. „Das trifft es" sagte sie. „Aber vielleicht sollte ich dann warten, bis das Kind erwachsen ist, bevor ich mich auf etwas einlasse."
„Ich bin nicht sicher, ob damit je zu rechnen ist" sagte ich grinsend. „Ich halte ihn für gewaltig entwicklungsverzögert."
„Musst du das machen, sag mal?"
„Was?"
„Die Küche aufräumen für zwei Jungs, die den ganzen Tag hier herum hängen und nichts zu tun haben."
Ich sah auf meine Hände hinunter. „Hm" sagte ich. „Na ja. Ich hab' vielleicht ein bisschen lang in der Gastronomie gearbeitet. Es ist Gewohnheit."
„Gewöhn dir's ab. Es reicht, dass du gekocht hast."
Ich fand, bei näherer Betrachtung hatte sie Recht. Ich folgte ihrem Beispiel: Ich setzte mich und legte die Füße hoch.
Wir tranken Kaffee und plauderten. Wir streiften das Thema Sirius nur noch am Rande. Sie schien keine Lust zu haben, sich näher darüber auszulassen, und ich kannte sie nicht gut genug, um nachzuhaken. Irgendwann nahm sie die Füße von der Eckbank und stand auf.
„Weißt du was" sagte sie. „Ich hab' keinen Bock mehr, zu warten. Ich geh' nach Hause."
„Was?" sagte ich irritiert. „Jetzt, so plötzlich?"
„Ja" sagte sie. „Ich habe mir kürzlich selbst ein paar Dinge versprochen. Eines war, keine anderen Gesichter mehr aufzusetzen für irgendwelche Kerle, die mein eigenes nicht mögen. Und ein anderes, dass ich aufhöre, auf einen Kerl zu warten, der anderswo seinen Spaß hat. Richte ihm das aus, ja? Das heißt, falls du noch da bist, wenn sie wieder kommen."
„Öh" sagte ich. „Sicher?" Der Gedanke, dass sie mich an diesem grimmigen alten Ort alleine lassen würde, mit seinem feuchten Halbdunkel und einer nicht geklärten Anzahl von Boggarts in den Schränken, ließ mich schaudern, aber ich konnte wohl kaum zugeben, dass ich mich allein zu Hause fürchtete wie ein Kind, also sagte ich nur:
„Okay. Dann… bis die Tage."
„Bye" sagte sie, „und danke für den Kaffee." Sie disapparierte mit einem Knall, und sofort hüllte mich die erstickende Stille des Hauses ein wie feuchte Watte. Ich sah auf die Uhr. Zehn nach sieben. Die Stunde war beinahe voll. Ich atmete auf. Ein Blick in den Prophet, und sie würden rein kommen und ich hätte gar nicht gemerkt, wie die Zeit verging. Ich stand auf und machte Licht, und dann beschwor ich noch zusätzlich mein Stablicht. Ich hätte schwören können, dass auf den Lichtquellen des Hauses ein Dämpfungszauber lag, denn man konnte sie aufdrehen, wie man wollte, es wurde nie richtig hell. Ich rutschte zurück auf die Eckbank, entschlossen, dem unfreundlichen Haus zu trotzen.
Ich blickte in den Prophet. Mehr als einmal. Ich las alles, was mich darin auch nur entfernt interessierte, ich blätterte sogar den Sportteil durch. Ich hob den Kugelschreiber auf, der unter den Tisch gerollt war, und beendete Remus' Kreuzworträtsel. Ich brütete eine Weile, ich war sicher, dass Hunkepunk als Lösung für Sumpfige Fehlleitung irgendwie falsch war, aber wenn ich daran herum besserte, erschien senkrecht ein Zentair, und das war genauso falsch. Ich faltete den Prophet zusammen und sah in die Times. Es war viertel vor acht. Draußen war es dunkel.
Ich blätterte die Times durch, aber meine Geduld schwand. Um kurz vor acht stand ich auf und brachte doch noch die Küche in Ordnung. Ich säuberte die Töpfe, wusch die Teller ab und polierte die Gläser, nur um etwas zu tun zu haben. Um zehn nach acht fand ich mich kauend über den restlichen, kalt gewordenen Nudeln. Ich begann, mir Sorgen zu machen. Es konnte alles passiert sein in der Zwischenzeit, von einer simplen Verkehrskontrolle und Schwierigkeiten wegen Fahren ohne Helm bis hin zu einer Abteilung von Auroren, die sie vom Motorrad holten und mit einer Serie kaltblütiger Zauber bombardierten, oder vielleicht hatten sie auf die Muggel-Art einen Muggel-Verkehrsunfall gebaut und lagen irgendwo blutend im Graben…
Ich schluckte an meiner Nudel. Ich kannte die Vorzeichen. Meine Brust war eng, meine Handflächen feucht. Ich spürte meinen Puls hoch oben in der Kehle. Ich musste schnell entscheiden, was ich tun wollte, bevor mein Gehirn sich ausschaltete.
Das Naheliegende. Das Büchlein. Vielleicht hatte er mir eine Nachricht hinterlassen, verspäten uns, sind bald zurück, und alles war ganz harmlos. Ich tastete die Taschen meiner Robe ab, bevor ich mich erinnerte, dass ich es in meinen Rucksack gesteckt hatte, und den hatte ich vorhin hinauf in Remus' Zimmer gebracht. Ich verfluchte diesen hinderlichen Anfall von Ordnungssinn. Ich verspürte nicht die geringste Lust, alleine durch das dunkle Haus zu tappen.
Ich packte meinen Stab und bewegte mich zur Tür. Ein Blick hinaus zum Treppenaufgang. Alles war ruhig. Das kalte, helle Stablicht schwärzte die Schatten unter der Treppe. Ich holte tief Luft und verließ den vergleichsweise heimeligen, warmen Schutzraum der Küche. Ich schlich die Treppe hinauf und vorbei am Portrait der liebenswerten Mrs. Black, das hinter seinen Vorhängen schlummerte. Ich machte einen Bogen um den hässlichen Schirmständer, den Tonks regelmäßig umwarf. Sirius hatte mal behauptet, er sei aus einem echten Trollbein hergestellt, und obwohl ich fast davon überzeugt war, dass er mich nur auf den Arm hatte nehmen wollen, so sah das scheußliche Gerät doch im Halbdunkel erschreckend echt aus. Ich zog den Kopf ein und schlich mich entlang der Parade verblichener Hauselfen hinauf in den ersten Stock.
Mentale Notiz. Vielleicht lässt sich das Portrait ja nicht ohne weiteres entfernen, aber mal Sirius fragen, warum wir nicht all die anderen Scheußlichkeiten rausschmeißen.
Ich erreichte den Treppenabsatz und leuchtete vor mich. Ich versuchte, mir einzureden, dass ich mich auf einigermaßen befriedetem Terrain befand. Links war die Bibliothek, dann kamen einige Räume, die leer standen und auf weitere Verwendung warteten, dann Sirius' und Remus' Schlafzimmer und ein enges, fensterloses Bad. Alles entflucht, entzaubert und von ungewollten Mitbewohnern befreit.
Ich leuchtete die Treppe hinauf in den zweiten Stock, in den mich alleine und nachts keine Macht der Welt bringen würde. Niemand wusste, was sich dort herum trieb.
Niemand wusste, was möglicherweise die Treppe hinunter gekrochen war, während ich in der Küche gesessen und den Prophet auswendig gelernt hatte.
Ich stand wie festgefroren und lauschte verzweifelt. Die alten Dielen knackten und knarzten, und etwas wie ein leises Rascheln lag in der Luft, wie Vorhänge, wenn das Fenster offen steht, oder wie steife, alte Roben auf der Treppe…
Pfeifend atmete ich aus. Da? Ein Schatten?
Ich machte einen Satz nach vorne und rannte los, ich machte meine Bestzeit auf zehn Metern, dann erreichte ich Remus' Tür, stürzte hindurch und warf sie hinter mir ins Schloss.
Merlin. Natürlich war da ein Schatten gewesen. Mein eigener, nämlich.
Ich lachte, es klang zu laut und an der Grenze zur Hysterie, aber es half mir, Spannung abzubauen.
Ich zündete das schmiedeeiserne Gaslicht neben der Tür an, das sich mit dunklen Löwenklauen an den Putz klammerte, und einige der Kerzen, die wir über das Zimmer verteilt hatten. Dann zog ich die Vorhänge zurück und warf einen Blick auf die verlassene Straße, durch die bereits der dicke Londoner Nebel zog. Ich lauschte. Kein Motorengeräusch, natürlich nicht.
Mein Rucksack lag drüben auf dem Bett. Ich kramte das Büchlein heraus, es war kühl und still, der Alarmzauber, der ansprang, wenn eine neue Nachricht erschien, schwieg. Ich schlug es trotzdem auf, aber da war nur unser Eintrag vom gestrigen Abend. Ich schluckte, doch bevor mir wieder die Brust eng wurde, wollte ich nachsehen, ob er sein Büchlein überhaupt bei sich hatte, vielleicht lag es ja hier und er konnte mir gar keine Nachricht hinterlassen. Ich wusste, wo er es aufbewahrte, es gab ein kleines Möbel neben dem Fenster, ein so genannter Sekretär mit vielen kleinen Schubladen und einer geschnitzten Klappe, die sich zu einer Schreibfläche umlegen ließ. Ich ging hinüber, drehte den Schlüssel und hob die Klappe an.
Und was ich fand, war ein Boggart.
Ich wusste nicht, warum er sich still verhalten hatte in der dunklen Höhle unter der Klappe und ich nicht durch sein übliches Rütteln und Rumoren gewarnt worden war. Möglicherweise hatte ich ihn geweckt, aber nun hatte ich keine Gelegenheit mehr, mir zu überlegen, wann und wo bevorzugter Weise Boggarts zu Bett gingen, denn dieser hier quoll als tintenschwarze Wolke um mich herum in den Raum und sammelte sich, um sich zu materialisieren.
Ich bekam keine Luft. Stab, sagte mein Gehirn, Stab! Ich brauchte einen Moment, um zu erkennen, was es meinte, und einen weiteren, um festzustellen, dass meine Hand tatsächlich leer war, was nicht weiter verwunderte, denn mein Stab lag, brav seinen Lichtzauber verbreitend, drüben auf dem Bett.
Und zwischen mir und dem Bett war der Boggart.
Ich fragte mich, ob es möglich war, zum Bett zu gelangen, ohne den Boggart anzusehen, aber der Zauber begann schon, zu wirken.
Nur einen Blick. Nur einen kurzen, über die Schulter. Immerhin knurrte und bellte er nicht, vielleicht war es ja gar kein Boggart gewesen, sondern nur eine bedeutungslose schwarze Wolke.
Ich hörte die Dielenbretter hinter mir leise knarren, ich hörte jemanden atmen. Ich warf einen Blick über die Schulter und drehte mich um, völlig überrumpelt.
„Was machst du hier?" sagte ich. „Seit wann bist du zurück? Da war ein Boggart, oder nicht? Wo ist er hin?"
Er lächelte und schlang die Arme um sich, sein Gesicht war bekümmert. Er sah genauso aus wie an diesem denkwürdigen Nachmittag, als er mir zum ersten Mal aus dem Kamin half: die ausgeleierten, abgestoßenen Cordhosen, die schreckliche Kameljacke. Zu seinen Füßen saß Snuffles und sah mit hellen Hundeaugen zu ihm auf, sein Schwanz wedelte matt.
„Du musst das verstehen, Emilia" sagte er. „Es ist nicht, dass ich dich nicht lieben würde. Ich liebe dich, wirklich. Aber ich kann das nicht mehr. Ich kann mich nicht mehr zerteilen."
„Was" sagte ich tonlos.
„Du weißt, was ich meine" sagte er, fuhr sich durchs Haar und sah angelegentlich an mir vorbei. „Ich bin gern mit dir zusammen, aber da ist immer dieses schlechte Gewissen, weil ich ihn vernachlässige, während ich bei dir bin. Und das kann ich nicht länger. Du hast jemanden verdient, der ganz für dich da ist. Ich bin einfach nicht richtig für dich."
„Doch" sagte ich. „Das bist du."
Snuffles jaulte leise, hob den Kopf und steckte die Nase in seine Hand. Er sah zu ihm hinunter und strich über das glänzende schwarze Fell zwischen seinen Ohren.
„Ich musste mich entscheiden" sagte er. „Ich kann nicht mit dir im Bett liegen, wenn er nebenan von Dementoren träumt. Ich kann nicht… romantische Dinge mit dir tun, wenn er gleichzeitig in diesem Haus alleine ist und sich um den Verstand trinkt. Ich muss bei ihm sein. Ganz. Das bin ich ihm schuldig."
„Nein" sagte ich atemlos. „Nein! Du bist ihm nichts schuldig. Er hat ein fürchterliches und tragisches Schicksal, aber das ist doch nicht deine Schuld."
„Ich denke schon" sagte er müde. „Ich habe es durchgerechnet. Es gibt sechsundzwanzig Situationen, in denen ich mich falsch verhalten und dadurch unser Vertrauensverhältnis zerstört habe. Hätte er noch Vertrauen zu mir gehabt, hätte er mir gesagt, dass er den Fidelius-Zauber auf Peter übertragen will, und ich hätte ihn vielleicht abhalten können, und es wäre vielleicht nichts passiert."
„Das ist doch lächerlich" sagte ich, meine Stimme zitterte und quiekte, als die Tränen in mir hoch schossen. „Hör dir doch mal selbst zu! Zwölf Mal vielleicht in einem Satz. Das ist doch keine Basis, um eine Beziehung zu beenden."
„Ich denke schon" sagte er wieder. „Ich muss das tun. Er braucht mich ganz. Er ist meine eigentliche Aufgabe. Und ich liebe ihn."
„Mehr als mich" flüsterte ich.
„Ja" sagte er. „Mehr als dich."
„Das ist so lächerlich" flüsterte ich, während die Tränen mir die Wangen hinunter strömten. Ich schluchzte ein paar Mal laut, um wieder Luft zu bekommen, und durchsuchte meine Robe nach einem Taschentuch, ich fand eines, das zweifelhaft sauber war, neben einem zusammen geknüllten goldenen Schokoladenpapierchen. Ich umklammerte das Papierchen.
„Das ist so lächerlich" sagte ich lauter, denn der Satz rührte an etwas, das in meinem Gehirn schlummerte, tief unter fassungslosem Entsetzen begraben. „Lächerlich" sagte ich laut. Und jetzt mal auf Englisch. Ridiculous. Ridiculous. Ridikkulus.
Ich brauchte meinen verdammten Stab.
Ich atmete tief und stockend und wischte mir mit dem Ärmel übers Gesicht. Ich erwog, einfach quer durch den Raum zu sprinten und mich aufs Bett zu werfen, aber da war dieser große, schwarze Hund, der mich aus wachsamen Augen anstarrte und mich zweifelsfrei am Stück verschlucken konnte, wenn der Hunger ihn packte. Ich beschloss, schnelle Bewegungen vorsichtshalber zu vermeiden. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich mich schließlich langsam, immer an der Wand entlang, vom Fleck bewegte.
„Es ist nicht lächerlich" sagte Boggart-Remus und folgte mir mit seinen traurigen Schokoladenaugen. „Es ist konsequent. Wenn du ehrlich bist, hast du selbst schon gespürt, dass es nichts werden kann mit uns. Ich bin viel zu abgelenkt. Viel zu beansprucht. Ich bin überhaupt nicht fähig, eine Beziehung zu führen."
„Na ja" sagte ich, „eigentlich habe ich das nicht gespürt" und beobachtete, wie Snuffles an ihm hoch sprang und sich streckte, und dann legte Sirius ihm die Hände auf die Schultern und schnurrte dicht an seinem Ohr: „Du meinst, eine andere Beziehung."
„Das meine ich" sagte Remus, legte eine Hand auf seine und lächelte das wunderschöne, warme, verliebte Lächeln, das eigentlich für mich reserviert war.
„Sieh dich doch nur an" sagte Sirius zu mir und warf sein langes Haar über die Schulter zurück. Seine blauen Augen wanderten an mir hinunter und hinauf, reinblütige Arroganz lag in seinem schönen Gesicht. „Was hast du ihm denn schon zu bieten, kurzsichtiges Pummelchen. Bist ein Klops und bleibst ein Klops. Nein, er hat etwas Besseres verdient. Etwas viel Besseres."
„Das ist nicht wahr" sagte ich mühsam. „Niemand nennt mich heute mehr so, weil es nicht mehr stimmt. Du versuchst nur, mich fertig zu machen." Ich machte ein paar Schritte. Meine Füße schlurften unbeholfen über die Dielenbretter. Ich fühlte mich dick und hässlich.
„Aber warum das denn" sagte er mit kaltem Lächeln. „Das habe ich doch gar nicht nötig. Schließlich habe ich, was ich immer wollte. Dich los zu werden, war nur eine Frage der Zeit." Er schlang seine Arme um Remus und küsste ihn auf den Mundwinkel, ich konnte seine feuchte Zunge zwischen den Lippen blitzen sehen, eine Geste, die unschuldig und gleichzeitig obszön war. Remus ließ es lächelnd geschehen.
„Versteh doch" sagte er zu mir. „Es gibt keinen anderen Weg. Wir können doch gute Freunde bleiben, oder nicht?"
Etwas in mir brach auf, und eine Hitze schoss in mir hoch, die meine Tränen trocknete und mir meine Stimme zurück gab.
„Davon träumst du" fauchte ich. „Du und Martin, das Arschloch, ihr könnt einen Club aufmachen! Ich hasse diesen bescheuerten Satz! Er gehört verboten! Niemand soll ihn jemals wieder zu mir sagen!" Ich warf mich aufs Bett und riss meinen Stab an mich.
„Aber bitte!" schrie ich. „Ihr sollt kriegen, was ihr verdient! Habt viel Spaß miteinander! Ridicculus!"
Es gab einen Knall. Remus und Sirius waren verschwunden. An ihrer Stelle lagen Snuffles und der Wolf in einem überdimensionalen Hundekörbchen, das mit einem rosa Spitzendeckchen ausgeschlagen war. Zwischen ihnen wuselte ein ganzer Wurf von kleinen, schwarzen Wolfswelpen herum, sie hingen ihnen im Pelz, knabberten an ihren Ohren, winselten und kratzten, und ich sah genau, wie einer an der rosa Spitze sein Beinchen hob. Ich grinste, und als ich zu überlegen begann, wer von ihnen denn nun Mutter und wer Vater war, oder ob sie sich damit abwechselten, musste ich lachen. Es knallte erneut, und der Boggart löste sich in eine kleine schwarze Rauchwolke auf, die an der Zimmerdecke verpuffte.
„Oh, Merlin" murmelte ich und ließ mich nach hinten fallen. Meine Knie waren weich. „Das war knapp. Verdammt! Das war knapp." Ich rollte auf den Bauch und vergrub mein Gesicht im Kissen. Es war das erste Mal, dass mir ein Boggart nicht als riesiger, wütender Kampfhund erschienen war, und ich wollte definitiv nicht darüber nachdenken.
Ich hob den Kopf und spähte hinüber zu dem Schränkchen, das den Boggart beherbergt hatte. Die Klappe stand offen. Nichts rührte sich dort. Ich stellte mich auf meine wackeligen Beine und tappte hinüber. Ich fand Pergament und Schreibzeug, ein Paar Manschettenknöpfe, ein schmales Bändchen mit Brechts Liebesgedichten (wann hatte er eigentlich angefangen, deutsche Literatur zu lesen?) und die mit einem altmodischen Rosenmuster emaillierte Blechschachtel, die Schokolade für besondere Anlässe enthielt. Remus' Büchlein fand ich nicht. Ich öffnete die Schachtel und bediente mich mit einem Stück dicker, dunkler Schokolade, deren pudrige Oberfläche einen dunklen Schatten auf meinen Fingern hinterließ.
Während ich das Stück langsam zwischen Gaumen und Zunge zerrieb, versuchte ich zu entscheiden, ob die Abwesenheit des Büchleins nun eine gute oder eine Besorgnis erregende Wendung darstellte. Ich war sicher, wenn es nicht hier lag, hatte er es dabei, aber warum schickte er mir dann keine Nachricht? Vielleicht war alles nett und harmlos, und er sah keinen Grund darin, sich zu melden. Oder es war eine Katastrophe passiert, und er konnte sich nicht melden.
Ich holte mein Büchlein aus der Tasche und beugte mich über den Sekretär.
Hallo, Remus schrieb ich und wartete.
Ich wartete.
Ich nahm mir ein zweites Stück Schokolade.
Und wartete.
Dann, endlich:
Emilia meine Süße. Hallo. Seine Schrift sah ein wenig angestoßen aus, schwungvoller als sonst und weniger abgezirkelt.
Wo seid ihr? schrieb ich.
Ich weiß nicht, kam die Antwort. Frag den Fahrer.
Kingston upon Thames entstand darunter in Sirius' kühner, raumgreifender Schrift. Eine wahrhaft königliche Gegend.
Und in Remus' Schrift: Na ja.
Dann wieder Sirius: Mr. Moony möchte doch wohl nicht zum Ausdruck bringen, dass ihm das Ziel unserer Landpartie nicht gefällt.
Und Remus: Mr. Padfoot ergeht sich in dem ungeschickten Versuch der Verschleierung der Tatsache, dass dies hier keineswegs das Ziel, sondern lediglich das Ende unserer kleinen Landpartie ist.
Und Sirius: Diese Sätze. Diese langen Sätze. Liebst du ihn nicht auch allein schon wegen dieser Sätze?
Es gelang mir, einen eigenen Satz dazwischen zu schieben.
Ich hätte gern ein bisschen mehr Information, egal wie lang oder kurz.
Im Kurzen: Wir hängen hier fest. Remus' Schrift.
Die Lady hat diese wunderschöne und verschwiegene ländliche Gegend als Ziel ihrer Jungfernfahrt ausgesucht. Sirius' Schrift.
Remus' Schrift: Genau. Sie sagte etwas wie knirsch-oogloogloogloogl-knirsch-RATTER-bang, und dann sagte sie gar nichts mehr.
Ich schaffte einen weiteren Satz.
Ihr hattet eine Panne!
Remus' Schrift: Ich denke, das ist die korrekte Bezeichnung. Ich bin allerdings nicht der Fachmann.
Sirius' Schrift: Der Fachmann sagt, es ist nur eine Kleinigkeit.
Remus' Schrift: Die sich allerdings ohne Werkzeug auf einer dunklen Straße mitten in Muggelhausen nicht beheben lässt.
Sirius: Nicht wenn Mr. Moony unablässig schlechte Laune verbreitet.
Remus: Mr. Moony hatte wirklich sehr kalte Pfoten, nach einer halben Stunde in dieser Straße.
Sirius: Mr. Moony sollte mal etwas mehr Hingabe zeigen für dieses Projekt, das ja ursprünglich seine Idee war.
Remus: Mr. Moonys Hingabe steht überhaupt nicht zur Debatte. Aber lass uns doch mal Mr. Padfoots Kompetenz bezüglich Motorrädern zur Sprache bringen.
Sirius: Emilia? Noch da?
Ja, schrieb ich. Nett, dass du fragst.
Du könntest vorbei kommen, um uns abzuholen, schrieb Sirius.
Auszulösen ist das Wort, schrieb Remus darunter. Bring Muggel-Geld mit.
Wofür? schrieb ich. Warum appariert ihr nicht nach Hause?
Aus einer Vielzahl von Gründen, von denen der uferlose Konsum von irischem Whiskey nur einer ist, schrieb Remus. Den wir nicht bezahlen können, weil Mr. Padfoot erst kürzlich fest gestellt hat, dass das in seiner Hose nicht seine Brieftasche, sondern ein zermatschtes Päckchen Zigaretten ist.
Moment, schrieb ich. Ihr hattet eine Panne, und statt euch drum zu kümmern, sitzt ihr in einem Muggel-Pub und betrinkt euch?
Remus: Wärmen uns auf.
Sirius: Uns war wirklich sehr kalt.
Remus: Genau.
Sirius: Besonders Mr. Moony hier war ganz extrem durchgefroren.
Remus: Also ich muss doch sehr bitten.
Sirius: Das mit der Meta-Dings, Trinkfestigkeit von Werwölfen ist ein Märchen, übrigens.
Remus: Metabolismus.
Sirius: Märchen, trotzdem.
Remus: Komm bitte vorbei und rette uns.
Ich seufzte.
Ich habe gerade einen Boggart platt gemacht, schrieb ich. Alleine, übrigens. Mir ist nicht nach Apparieren.
Remus: Meinen Glückwunsch. Großartig. Wo war er?
An deiner Schokolade, schrieb ich grinsend.
Ich bin schockiert, kam zurück. Was machst du an meiner Schokolade?
Ich brach mir ein Stück ab, ließ es im Mund kurz anschmelzen, verteilte ein wenig davon auf meinen Lippen und küsste die freie Stelle unter dem letzten Satz.
Mr. Moony verabschiedet sich soeben in eine kurze Ohnmacht, schrieb Sirius. Komm bitte trotzdem.
Ich kann nicht an einen Ort apparieren, den ich nicht kenne, schrieb ich. Ich bin leider nicht so gut. Kann ich flooen?
In einen Muggel-Pub? Wohl kaum. Aber du kennst dich doch mit der Muggel-Fortbewegung aus.
Davon träume ich. Am späten Abend alleine in der U-Bahn.
Was ist mit Tonks?
Zu Hause. Ihr war die Warterei zu blöd. Schönen Gruß.
Oh. Ich glaube, Mr. Padfoot verabschiedet sich ebenfalls in eine kleine Ohnmacht.
Schreib mir vorher noch die Adresse dieses blöden Pubs auf.
Es ist ein sehr netter Pub. Warte mal. Ich geh fragen.
Dann erschien Remus' Schrift.
King's Ride Ecke Norlington Road, schrieb er. Nächste U-Bahn Station Richmond. Es heißt Harper's.
Das ging aber schnell, schrieb ich.
Sie drucken es auf ihre Servietten.
Zu betrunken, um zu apparieren, aber immer noch clever, was?
Entschuldige bitte. Die Dinge sind mir etwas aus der Hand geraten.
Ich seufzte. Schon gut, schrieb ich. Ich mach mich dann auf den Weg.
Adresse, erschien in Sirius' kühner Sauklaue.
Hab ich schon, schrieb ich. Lies oben.
Oh. Gut. Bring Geld mit!
Ich WEISS. Bis dann. Ich klappte das Büchlein zu und stopfte es in die Tasche meiner Robe. Ich war so genervt, dass ich sogar vergaß, mich zu fürchten, als ich hinunter in die Küche ging, um meinen London-Stadtplan zu holen und alles Muggel-Geld zusammen zu kratzen, was ich finden konnte. Ich überlegte kurz, ob ich bei Tonks oder den Weasleys vorbei flooen sollte, um mir Verstärkung zu holen, aber mir war nicht nach Gesellschaft, und im Übrigen hatte ich einen Boggart besiegt. Ein paar Betrunkene in der U-Bahn konnten mir wohl kaum etwas anhaben. Ich lieh mir noch Sirius' warme Überrobe, die in der Küche am Haken hing, die Fortbewegung per Floo hatte zur Folge, dass ich meist nicht für Außentemperaturen gekleidet war, dann löschte ich das Licht und verließ das Haus, eine düstere, boggartbesiegende Kriegerin, die auszog, um ihren Prinzen aus den Fängen des Großstadtdschungels zu befreien.
oOo
Die Kriegerin war so ziemlich aufgebraucht, als ich den Pub endlich gefunden hatte. Er war gut besucht, es war laut und rauchig und halb dunkel, und Irischer Folk legte lustiges Hintergrundgefiedel unter den lärmenden Gesprächsteppich. Ich kämpfte mich suchend durch die enge Kneipe. Ich war müde. Es war kurz vor zehn, ich hatte einen langen Tag hinter mir und einen eben solchen vor mir, ich hatte im Bett liegen wollen um diese Zeit, mit Schlafen oder Besserem beschäftigt.
Zumindest meinem Prinzen ging es prima. Er saß mit seinem Chauffeur an einem kleinen Tisch zwischen Garderobe und Küche, die Füße von sich gestreckt, seine Haare waren zerzaust und seine Wangen gerötet, und der Alkohol hatte ihm einen Glanz in die Augen gelegt, der sonst dort viel zu selten zu finden war. Der Chauffeur hatte die Tischplatte zur zusätzlichen Stabilisierung heran gezogen, er lag halb drüber und hatte den offenbar schweren Kopf auf der Hand abgestützt.
„Die drei Musketiere" sagte mein Prinz soeben, er arbeitete ein wenig an dem Wort.
„Was?" sagte Sirius und prustete.
„Das waren die ersten Worte, die ich zu dir gesagt hab'. Das wolltest du wissen, oder?"
„Aber warum?" sagte Sirius. „So was sagt man doch nicht."
„Man sagt es, wenn man gefragt wird, was man da liest. Was liest'n da? Das waren deine ersten Worte."
„Tatsächlich?"
„Tatsächlich. So geschehen Anno Einundsiebzig in einem der hinteren Abteile des Hogwarts Express."
„Und dann?"
„Du sagtest: Kenn ich nicht. Nie gehört. Und ich sagte: Wie kann man elf sein und nie Die drei Musketiere gelesen haben? Sie waren die Helden meiner Kindheit. Sagte ich nicht. Sage ich jetzt. Sie waren sozusagen die Vorläufer der Marauder."
„Und dann?"
„Dann stecktest du mir eine Mistbombe in die Kapuze, und wir stellten für eine Weile die zivilisierte Unterhaltung ein."
„Hi" sagte ich.
Sie sahen zu mir auf.
„Emilia" sagte Sirius. „Retterin in höchster Not! Was bin ich glücklich, dich zu sehen."
Remus sagte untypischerweise nichts, er grinste glücklich und streckte die Arme nach mir aus. Ich beugte mich über ihn und küsste ihn flüchtig auf die erhitzte Wange, aber dann ließ er mich nicht mehr weg, zog mich auf seinen Schoß und schlang die Arme um mich.
„Meine" murmelte er an meinem Hals. Es kam etwas überraschend von einem, der in der Öffentlichkeit nur im Schutz einer Zeitung küsste, aber es tat mir gut, es nahm einer hartnäckigen Erinnerung ein wenig den Schrecken.
„Sie sind nicht so knapp mit Stühlen hier" sagte Sirius hinter mir. „Du kannst einen eigenen haben."
„Gar nicht nötig" sagte Remus über meine Schulter. „Sie sitzt bequem."
„Sie ist eigentlich nur gekommen, um euch abzuholen" sagte ich. „Immerhin kenn' ich jetzt den Weg, wir werden also nur etwa eine Stunde brauchen."
Ich hätte wissen müssen, dass mein subtiler Vorwurf im Whiskey untergehen würde.
„Ach komm" sagte Sirius. „Einer geht noch. Ein letzter. Moony?"
„Ich hatte schon drei oder vier letzte" sagte Remus undeutlich. „Ich nehm' auch noch'n fünften."
„Oh, Merlin" sagte ich. „Könnt ihr überhaupt noch stehen?"
„Die haben hier so schöne Stühle" sagte Sirius mit ausholender Geste.
„Mist" sagte ich ratlos. „Mist, Mist, Mist. Ich hätte jemanden mitbringen sollen, der huckepack apparieren kann. Wie bring' ich euch nur nach Hause? Taxi. Wir brauchen ein Taxi." Ich befreite mich aus Remus' Armen und kam in die Höhe.
„Ihr bleibt hier sitzen und rührt euch nicht vom Fleck" wies ich sie an. „Ich erledige den Rest."
„Was ist mit unserem letzten?" fragte Sirius.
„Dein letzter war dein letzter" sagte ich. „Versuch einfach, nicht vom Stuhl zu fallen."
Durch einen Haufen rauchiger, verschwitzter Typen, denen ich niemals hätte so nahe kommen wollen, arbeitete ich mich zur Bar vor, beglich die Rechnung und bestellte ein Taxi. Ich war nicht sicher, ob das Geld noch für die ganze Strecke reichte, die beiden Herren hatten es sich recht gut gehen lassen, aber ich beschloss, guten Mutes zu sein und es darauf ankommen zu lassen.
„Wir gehen" sagte ich, als ich zurück an ihrem Tisch war.
„Wohin?" sagte Remus und blinzelte mich an.
„Nach Hause" sagte ich. „Wohin dachtest du?"
„Oh" sagte er. „Ja. Gute Idee. Ich glaube, ich bin ein bisschen müde."
„Wie schön" sagte ich. „Also, auf mit euch."
„Unter keinen Umständen" sagte Sirius kategorisch.
„Wie bitte?" sagte ich.
„Ich gehe nirgendwohin ohne die Lady" sagte Sirius.
„Du kannst sie aber nicht mitnehmen" sagte ich. „Du musst dich morgen drum kümmern, wenn du wieder nüchtern bist, mein Bester."
„Kommt nicht in Frage" sagte Sirius.
„Wo ist sie?" fragte ich ihn.
„Hinterhof" sagte er düster.
„Also" sagte ich. „Da kann sie doch bleiben, bis morgen. Wo ist das Problem?"
„Sie ist einsam" sagte Sirius.
„Mir bricht das Herz" sagte ich in einem Tonfall, der meinem Kollegen Severus alle Ehre gemacht hätte. „Jetzt komm mit und mach keinen Zirkus."
„Ich zirkusse nicht" sagte Sirius stur.
„Remus" sagte ich auffordernd, obwohl ich mir nicht sicher war, wie viel Hilfe ich von ihm noch erwarten konnte. Keine, wie sich heraus stellte.
„Gibt's nicht" sagte er, der immerhin schon stand und schwankend mit seinem Mantel focht. „Zirkussen. Prädikative Verwendung von Zirkus is' nicht vorgesehen."
„Vielen Dank" fauchte ich, auf mich gestellt, und wandte mich wieder Sirius zu.
„Du kommst gefälligst mit und machst keinen Ärger, sonst hexe ich dich von hier bis nach Hause" sagte ich wenig subtil, aber mir war wichtig, meine Botschaft durch die Flut von Whiskey zu bringen, die sein Gehirn umspülte.
„Oha" sagte ein Kerl hinter mir zu Sirius. „Energische kleine Dame, das. Deine Frau?"
„Meine" sagte Remus, der irgendwie in seinen Mantel gefunden hatte, und schlang mir den Arm um den Hals. Ich schwankte ein wenig unter seinem Gewicht.
„Ich nehm' euch trotzdem beide mit" sagte ich, und der Kerl grinste breit.
Mit Remus im Schlepptau, der leise summte und mich feucht auf den Hals küsste, fand ich schließlich nach draußen in die kalte Nacht. Ich lehnte ihn im Hauseingang gegen die Wand und ging zurück, um Sirius zu holen. Ich fand ihn an der Bar, wo er mit nichts als seinem Charme versuchte, „einen letzten" zu kriegen, ich vermasselte ihm die Tour, indem ich ihn bei den Schultern packte und ihn zur Tür schob, ehe er sein Anliegen durchgebracht hatte. Dann hatte ich endlich beide draußen und war fertig mit meiner Welt. Zumindest stand Remus noch da, wo ich ihn hingestellt hatte, er hatte die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, den Kopf zurück gegen die Hauswand gelehnt und sang leise und mit geschlossenen Augen vor sich hin.
„Uff" sagte ich. „Nie wieder, ich schwör's euch. Beim nächsten Mal könnt ihr zusehen, wie ihr nach Hause kommt."
„Too drunk" sang Remus leise. „Too drunk to cry… and I just wanna die…"
„Danke für den netten Abend" sagte ich zu ihm.
„What a fool I made of me… too drunk to see" sang er.
„Recht hast du" sagte ich. „Sirius? Sirius! Bleib hier, verdammt!"
„Muss nach der Lady sehen" sagte er und zeigte mit ausgestrecktem Finger in eine beliebige Richtung.
„Nichts da" sagte ich. „Das Taxi kommt jede Minute."
„Gleich wieder da" murmelte er. Ich zog meinen Stab aus dem Ärmel.
„Ein Schritt, und ich hexe dich aus deinen Socken, wo du stehst" sagte ich.
„Oy" sagte er. „Huh. Ich… jetzt echt?"
„Jetzt echt" sagte ich wild entschlossen.
„Okay" sagte er, ließ sich auf den Bordstein plumpsen und streckte seine langen Beine auf die Straße.
„Too drunk to die, and I want to cry…"
Niemals zuvor in meinem Leben hatte der Anblick eines Taxis mich so glücklich gemacht.
oOo
Ich brachte sie beide nach Hause, und ich brachte sie beide ins Bett. Ich wusste im nachhinein nicht genau, wie, denn der Taxometer hatte mein letztes Bares eingeholt, als uns noch drei Querstraßen vom Ziel trennten, ein Fußweg von kaum zehn Minuten, für den wir eine halbe Stunde brauchten, aber irgendwie schaffte ich es und lag schließlich, um kurz vor halb zwölf, völlig erschossen neben Remus im Bett.
Was für ein Tag. Was für ein böser, böser Tag.
Remus neben mir schlief wie ein Stein. Ich beschwor mein Stablicht, nahm meinen Wecker vom Nachttisch und stellte ihn auf zehn vor sechs. Dass das schrille Piepen nicht nur mich, sondern auch ihn aus dem Bett fegen würde, empfand ich als ausgleichende Gerechtigkeit.
Als ich aufwachte, geschah es allerdings nicht durch schrilles Piepen, sondern weil jemand mich in die Magengrube boxte. Ich zwinkerte. Es war stockdunkel. Die rote LED-Anzeige meines Weckers zeigte zehn vor vier. Jemand kletterte gerade über mich drüber und schnupperte neben mir am Kissen, es klang nach…
Ich streckte die Hand aus. Snuffles. Er drehte sich einige Male um sich selbst und ließ sich dann zwischen mich und Remus fallen, dessen dunkeln Umriss ich undeutlich gegen die Tapete erkannte. Er rückte den Kopf auf den Pfoten zurecht und schnaufte zufrieden.
„Äh" sagte ich. „Snuffles. Raus aus meinem Bett."
Snuffles winselte leise, und für einen Augenblick sah ich das Weiße in seinen Augen aufblitzen, als er mir sein Hundegesicht zuwandte.
„Pads" hörte ich Remus auf der anderen Seite des schweren Hundekörpers murmeln.
„Schmeiß ihn raus" sagte ich. „Ich will keinen Hund in meinem Bett."
Remus murmelte undeutlich, drehte sich dann zur Seite, versuchte, einen Platz für seinen Arm zu finden und schlang ihn schließlich um Snuffles. Er hatte nicht mal die Augen geöffnet.
„Wisst ihr was" knurrte ich. „Kriegt doch Welpen miteinander."
Snuffles nieste, ich wusste nicht, ob ich das als Kommentar werten sollte, dann fiel sein Kopf zur Seite und er versenkte sich in hingebungsvollen Hundeschlaf.
Ich überlegte, was ich tun sollte. Ich konnte aufs Sofa oder in einen der Gästeräume ausweichen, ich hatte plötzlich ziemlich wenig Platz in dem eigentlich breiten Bett. Ich wollte aber mein Territorium nicht kampflos preisgeben, und noch viel weniger wollte ich mitten in der Nacht auf den kalten, dunklen Fluren herum schleichen. Ich drehte mich zur Seite und schob Snuffles energisch von mir, um mehr Platz zu gewinnen. Er fühlte sich an wie ein nasser Mehlsack, aber er gab meinem Druck nach. Ich suchte Remus' Hand in dem zottigen Hundefell, und er tat mir den Gefallen und griff nach mir, als unsere Finger sich berührten. Ich schloss die Augen und versuchte, nichts zu denken, und ich war wohl erfolgreich, denn als ich die Augen wieder aufmachte, war es viertel vor sechs laut LED, und jemand hatte ein gedimmtes Stablicht auf dem Nachttisch hinterlassen. Neben mir hörte ich tiefes, regelmäßiges Atmen. Ich fummelte mir meine Brille auf die Nase und betrachtete das Stablicht, es war Remus'. Ich streckte mich, gähnte und drehte mich für ein Guten-Morgen-Küsschen zu dem warmen, atmenden Körper neben mir.
Es war nicht Remus. Ich nahm von meiner Küsschen-Idee Abstand.
Ich setzte mich bolzengerade. Er und ich waren die einzigen in diesem Bett. Ich wusste nicht, wann er sich zurück verwandelt hatte. Er trug noch seine Jeans und das schwarze Hemd vom gestrigen Abend, und er roch nach Whiskey und Zigaretten. Sein unglücklich geschnittenes Haar hing ihm in die Stirn. Er schlief völlig entspannt in diesem Bett, das nicht seines war. Donnerwetter.
Ich schwang die Füße aus dem Bett. Ich hatte vor, Remus zu suchen und ihm zu sagen, was ich davon hielt, neben dem falschen Mann aufzuwachen. Den Wecker ließ ich eingeschaltet.
Draußen war es noch dunkel. Ich nahm das Stablicht mit und tappte auf den Flur. Aus dem kleinen Badezimmer zwei Türen weiter drang Rauschen und Plätschern zu mir, er stand wohl schon unter der Dusche und bemühte sich, seinen Kater abzuspülen. Ich öffnete die Badezimmertür, steckte den Kopf hindurch und wurde von der tropischen Luft, die dahinter waberte, schier erschlagen. Himmel! Das musste ein Kater von der Größe eines Königstigers sein, den er da zu ertränken versuchte. Meine Brille beschlug sofort, und ich nahm sie ab. Der Boden war feucht und die Spiegel dick beschlagen, als ich mich durch die Nebelschwaden hinüber zur Dusche tastete.
„Guten Morgen" sagte ich und bekam keine Antwort. Ich sah seinen verschwommenen Umriss hinter dem Duschvorhang, er bewegte sich kaum, er hatte mich wohl nicht bemerkt. Ich zog den Duschvorhang einen Spalt beiseite, und die Hitze dahinter traf mich schmerzhaft. Ich zuckte zurück, erschreckt. Egal, wie heiß man eine Dusche mochte, dies war jenseits aller gesunden Vorlieben. Ich warf einen vorsichtigen Blick durch den Spalt.
Er stand reglos unter dem Strahl und ließ das heiße Wasser über sich spülen, sein Körper war schmerzhaft gerötet, als versuchte er, sich die Haut bei lebendigem Leib abzubrennen. Er stand mit dem Gesicht zur Wand, die Arme um sich geschlungen, und hatte mich offenbar noch nicht bemerkt.
Ich griff an ihm vorbei und drehte das Wasser ab.
„Was zum T…" sagte ich, dann drehte er sich ein wenig und sah mich über die Schulter an, seine Augen waren gerötet und verschwollen, seine Unterlippe hatte er sich blutig gebissen. Er sah aus wie ein Mann, der kein Leben hat.
„Du meine Güte" sagte ich.
„Guten Morgen" sagte er. „Katerbekämpfung, nichts weiter. Mach dir keine Sorgen."
„Das ist nicht gesund, was du da machst" sagte ich.
„Ich weiß" sagte er.
Ich griff hinter mich und reichte ihm das Handtuch, das er sich bereit gelegt hatte. Er wickelte es um sich und stieg aus der Dusche. Sein Körper glühte, als hätte er Fieber.
„Es tut mir leid" sagte er. „Gestern. Ich habe mich hinreißen lassen."
„Schon in Ordnung" sagte ich. Er nahm sich ein zweites Handtuch und rieb sich seine Haare trocken. Auf seinem linken Unterarm, innen, in der Nähe der Beuge, klebte ein weißes Pflaster, es war vielleicht zwei Finger breit und einen lang.
„Du hast dich tätowieren lassen" sagte ich.
„Ja" sagte er und sah mich nicht an.
„Wann?" sagte ich, obwohl ich es wusste.
„Gestern Nachmittag" sagte er.
„Dann war die Geschichte von dem Vorstellungsgespräch gelogen."
„Nur teilweise. Ich war dort sehr schnell fertig. Sie haben mich nicht mal ins Haus gelassen. Ich hatte noch ein bisschen Zeit… und ich war gerade in der Gegend."
Ich nahm seinen Arm und zog das Pflaster ab. Saubere, schwarze Druckbuchstaben waren in seine blasse Haut gegraben, es hatte sich schon ein dünner Schorf darüber gebildet.
WW-020757-120963-RJL
„Der Name kommt zuletzt" sagte er mit dünnem Lächeln. „Konsequent, nicht."
„Warum hast du das machen lassen" sagte ich tonlos. „Man macht so etwas nicht, nur weil man in der Gegend ist."
„Weil es darauf auch nicht mehr ankommt" sagte er.
„Das finde ich nicht" sagte ich.
„Es ist aber nicht deine Entscheidung" sagte er.
Ich strich mit dem Finger über die Tätowierung. Mir tat alles weh.
„Es hätte sich nicht vermeiden lassen" sagte er leise. „Sie hätten mich geholt, wenn ich nicht gegangen wäre."
„Ich hätte sie mich holen lassen" sagte ich. „Ich hätte geschrieen und mich in der Tür festgekrallt. Ich hätte ihnen alle Hexe auf den Hals geschickt, die ich kenne, so lange bis sie mich erwischt hätten."
„Und dann hätten sie dich petrifiziert, und du wärst mit einer Tätowierung wieder zu dir gekommen" sagte er. „Siehst du? Das Ergebnis wäre das gleiche."
„Es geht nicht immer nur ums Ergebnis" sagte ich.
Er nahm seinen Arm aus meinen Händen und wandte sich ab.
„Warum hast du vorher nichts gesagt?" sagte ich und ärgerte mich, dass die Verzweiflung so hörbar in meiner Stimme war.
„Ich wollte die Konfrontation vermeiden" sagte er. „Ich kannte deine Einstellung. Aber ich hatte es bereits entschieden."
„Ohne mich."
„Ja. Ohne dich."
„Und ohne Sirius?" Die Frage verließ meinen Mund, ehe ich entschieden hatte, ob sie klug war.
„Ja" sagte er. „Auch ohne Sirius."
Eine sinnlose und sehr egoistische Erleichterung machte sich in mir breit.
„Du darfst nicht den Fehler machen, dich zu sehr mit meiner Sache zu identifizieren" sagte er. „Ich habe meine Methoden entwickelt, damit umzugehen. Alleine. Ich hatte auch meine sinnlosen Kämpfe, früher, als ich jünger war. Ich habe irgendwann eingesehen, dass ich mir lediglich selbst schade."
„Sie haben dich klein gekriegt" sagte ich.
„Wenn dir das lieber ist" sagte er müde. „Aber ich will nicht dorthin zurück. Ich will nicht mehr kämpfen. Ich habe genug zu kämpfen mit dem Mond. Ich will nichts als meine Ruhe."
„Es ist mir nicht lieber" sagte ich und wischte mir mit dem Ärmel übers Gesicht, meine Nase kribbelte verdächtig. „Und ich identifiziere mich. Vollständig. Ich liebe dich, du Idiot."
„Ich bin schon zu weit gegangen, als ich dich Bürgin werden ließ" sagte er. „Ich sollte dich komplett raus halten aus der Wolfsgeschichte. Es ist ein Gewicht, das ich dir einfach nicht aufladen will."
„Du hast keine Ahnung, was ich tragen kann" sagte ich.
„Du hast keine Ahnung, was es wiegt" sagte er und sah mich immer noch nicht an. Es machte mich verrückt. Ich baute mich vor ihm auf und nahm sein Gesicht in meine Hände.
„Jetzt mal ernsthaft" sagte ich. „Wie stellst du dir das vor? Dass ich zu jedem Vollmond aus deinem Leben verschwinde, für ein paar Tage?"
„Ja" sagte er. „Vielleicht. Es hört sich zumindest Erfolg versprechend an."
„Sehr Erfolg versprechend" fauchte ich. „Was ist noch mal der Grund, warum du mit dreiundvierzig noch keine nette Frau und ein paar süße Kinder hast, wenn das doch so einfach ist?"
Er konnte meinem Blick nicht ausweichen, also schloss er die Augen und versuchte, sich aus meinem Griff zu befreien. Ich ließ ihn, ich wollte kein Gerangel auf dem glitschigen Boden.
„Sieh's doch ein" sagte ich. „Der einzige, mit dem du etwas wie eine funktionierende Beziehung hast, ist Sirius. Wenngleich ich mir das wirklich nicht näher ausmalen will. Aber der Punkt ist, du hast ihn von Anfang an rein gelassen in deine Wolfsgeschichte. Verstehst du, was ich meine?"
Er setzte sich auf den Badewannenrand und nickte. Seine Finger strichen abwesend über die Tätowierung, und er sah mich schon wieder nicht an. Zumindest hatte ich ihm etwas zum Nachdenken gegeben.
„Wirst du's ihm sagen?" sagte ich und deutete auf die Tätowierung.
„Natürlich" sagte er. „Er wird sie sowieso sehen, spätestens nach dem nächsten Mond, wenn er mich verarztet."
„Er wird explodieren" sagte ich.
„Ich weiß" sagte er.
Ich schwieg und drehte mir den Ärmel meines Nachthemdes um die Hand.
„Hast du dir das auch gut überlegt?" sagte ich nach einer Weile und versuchte ein Lächeln. „Ich meine, so ein Tattoo ist für immer. Was, wenn dir in ein paar Jahren das Motiv nicht mehr gefällt?"
„Ich schätze, dann habe ich Pech gehabt" sagte er. „Es ist magisch. Ich glaube nicht, dass es sich entfernen lässt."
Ich machte einen Schritt nach vorne, als ich die Tür ins Kreuz bekam. Jemand, der Sirius entfernt ähnlich sah, kam herein, drückte mir etwas in die Hand, das meinem Wecker entfernt ähnlich sah, schwankte hinüber zum Klo, ging in die Knie und übergab sich heftig. Ich sah auf meinen Wecker hinunter, das Gehäuse war geschmolzen und aufgebrochen, ein paar Bauteile ragten hinten aus dem Batteriefach, und er roch nach verbranntem Plastik.
„Was war das?" sagte ich, als Sirius keuchend aus den Tiefen der Kloschüssel auftauchte. „Ein Destructivus?"
„Infuriato" murmelte Sirius und zog die Spülung. „Er wollte einfach nicht aufhören zu piepen."
„Super" sagte ich. „Vielen Dank. Zumindest bist du wieder nüchtern genug, um zu zaubern."
„Sag das nicht" murmelte Sirius. „Wir werden ein neues Tischchen neben dem Bett brauchen."
„Wir werden" sagte ich. „Du wirst nicht. Hunde gehören nicht ins Bett, und in meines schon gar nicht."
„Und ich dachte, du wolltest Welpen mit mir haben" sagte Sirius und grinste schwach.
„Du verwechselst da was" sagte ich.
Remus war inzwischen von seinem Wannenrand aufgestanden, ich sah, wie er die Innenseite seines Armes sorgfältig aus Sirius' Blick hielt, als er eine Schachtel Aspirin aus dem Schränkchen über dem Waschbecken kramte und ein paar davon in einem Glas Wasser auflöste.
„Hier" sagte er und reichte das Glas Sirius hinunter. „Guten Morgen, übrigens."
„Das ist deine Meinung" sagte Sirius und nahm das Glas entgegen. Remus sah ihm zu, wie er die trübe Flüssigkeit hinunter stürzte, und nahm ihm das Glas wieder ab.
„Ich leg' mich noch mal hin" sagte Sirius und arbeitete sich in die Höhe. „Ist ja noch mitten in der Nacht."
Remus zuliebe enthielt ich mich einer spitzen Bemerkung über werktätige Menschen und ihre Aufstehgewohnheiten. „Okay" sagte ich. „Ich bin dann weg."
„Ich wecke dich um acht" sagte Remus.
„Tust du nicht" sagte Sirius in der Tür.
„Du kannst dich selbst um die Lady im Hinterhof kümmern" sagte Remus. „Und du tust das am besten, bevor ein anderer sich für ihre Schönheit erwärmt."
Sirius starrte Remus an.
„Mist" sagte er.
„Die Vernunft kehrt zurück, wie ich sehe" sagte Remus. „Was ist übrigens mit meinem Stab? Er lag auf dem Nachttisch, den du zerstört hast."
„Es geht ihm gut" sagte Sirius und rieb sich über die Augen. „Ich hab' ihn benutzt."
„Ach so" sagte Remus. „Na, dann."
Sirius verschwand auf den Flur, und wir blieben in dem überhitzten Badezimmer stehen und sahen uns an.
„Ich nehme an, du musst dich beeilen" sagte er nach einer Weile.
„Ja" sagte ich. „Aber wenn ich die Dusche ausfallen lasse, haben wir noch Zeit für einen Tee."
„Ja" sagte er. „Es tut mir leid."
Ich wusste nicht, ob er das Besäufnis oder die Tätowierung meinte oder etwas gänzlich anderes, aber ich ging zu ihm und schlang die Arme um ihn, seine Haut glühte noch immer.
„Es ist okay" sagte ich leise. „Ein kluger Mann sagte kürzlich mal: Man kann sich immer irgendwie einrichten."
