Ihr Lieben,
ganz überraschend ist da ein neues Kapitel fertig geworden :o) Es geht ein bisschen stürmisch zu diesmal, und wir wollen doch mal sehen, ob unsere Emilia das Zeug zur Action-Heldin hat.
Reviews: Ähm. Ich gestehe, ich hab ein ziemliches Kuddelmuddel angerichtet mit meinen Emails. Ich habe eine ganze Weile nicht mehr durchgeblickt, was durch die neuerliche Einnahme eines gehirn-zermatschenden Antibiotikums nicht besser wurde. Es kann sein, dass ich die eine oder andere Review nicht beantwortet habe. Shame on me. Tut mir leid, ich gelobe Besserung.
Ausblick: Dies ist, ohne Euch erschrecken zu wollen, das vorletzte Kapitel von Oktobermond. Es wird noch ein langes letztes geben, und danach: nein, nicht nichts. Aber was dann, frage ich Euch, nachdem ich jetzt schon allmählich in die Planungsphase für das Leben nach Oktobermond einsteige: was kürzeres? Was längeres? Etwas aus der Marauderzeit? Oder neue „geheime Tagebücher", vielleicht diesmal einen „Heiratsneurotiker"? Immerhin endet der „Weihnachtsneurotiker" viel versprechend, und mir wär nach was Heiterem. Oder etwas ganz anderes? Fühlt Euch bitte befragt, und äußert Eure Wünsche, falls vorhanden.
Slytherene: Danke für den Satz :o))). Leute, lest Slytherene.
Soundtrack: im Teil eins: der Soundtrack zu „Pirates of the Caribbean". Im Teil zwei: die neue von Robbie Williams: „Advertising Space". Wunderschöne Nummer. Ja was solls: Ich bin ein Robbie-Fangirl. Gefühltes Alter: zwölf, gelegentlich.
Disclaimer: Siehe immer noch Kapitel eins.
So. Eine Runde Kinopopcorn für alle, und los geht's.
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ELFTES KAPITEL, IN DEM DACHRINNEN EINE IM DOPPELTEN WORTSINN TRAGENDE ROLLE SPIELEN
„Merlin!" keuchte ich, als wir endlich die letzte Stufe erreicht hatten und hinaus auf den Bogengang traten. Nebel und dicke Regenwolken hingen tief über dem Schulgelände. Ein kalter Wind sprang uns an.
„Etwas an Ihnen ist schwerer, als es aussieht" sagte ich, wand meine Schulter unter Severus' Gewicht hervor und rieb sie, ein Unternehmen, das ihn ins Schwanken, mir aber keine Erleichterung brachte.
Severus verzog das Gesicht. „In diesem Fall schlage ich vor, Sie lassen mich zurück, ehe ich Sie mit ins Verderben ziehe" sagte er.
„Wie schade" sagte ich. „Es trifft immer die Guten."
„Deine Tür ist offen" sagte Remus.
„Wieso?" sagte ich verwirrt.
„Ich weiß nicht" sagte er. „Es ist deine Tür."
„Aber ich hab' sie heute morgen zu gemacht" sagte ich. „Als du mich abgeholt hast. Und seither war ich nicht mehr in der Wohnung."
Es stimmte. Meine Tür neben der Treppe stand einen Spalt breit offen, und Männerstimmen drangen zu uns. Schritte bewegten sich über den Dielenboden.
„Nichts" sagte eine Stimme. „Aufsätze."
„Haben Sie in der Schublade nachgesehen?" fragte eine zweite.
Und dann tat ich etwas spektakulär Dummes.
Severus packte mich noch an der Schulter, aber mir wurde viel zu spät klar, dass er nicht etwa sich aufrecht, sondern mich zurück halten wollte. Ich schüttelte seine Hand ab und stieß die Tür auf.
„Kann ich helfen?" fragte ich.
Sie waren zu dritt, in Mänteln und Stiefeln, keinen von ihnen kannte ich, sie trampelten in meiner süßen kleinen Wohnung herum und hatten die Hände voller Dinge, die mir gehörten.
„Was, zum Teufel, tun Sie da?" fragte ich.
Hinter mir hörte ich Severus entnervt aufstöhnen.
„Emilia" sagte Remus mit einer Stimme, die mir Gefahr vermeldet hätte, wäre ich nicht so entrüstet gewesen, mein über alles geliebtes Büchlein in den Händen eines fremden blonden Mannes zu sehen. Aufgeschlagen.
„Sind Sie Miss Emilia Liguster?" fragte er.
„Mrs. Liguster" korrigierte ich ihn empört. „Sie können ruhig die Erwachsenen-Form auf mich anwenden. Ich bin dreiunddreißig."
„Können wir uns zunächst auf Ihre Identität einigen?" fragte der Mann, der immer noch mein Büchlein hielt wie eine Geisel. „Sind Sie Emilia Liguster, egal welche Anrede?"
„Ja" sagte ich. „Was wollen Sie, verdammt?"
Er zog eine goldene, mit dunklem Leder gefasste Plakette aus der Tasche, wie ich sie schon bei Tonks gesehen hatte, und hielt sie mir hin.
„Gabriel Leclerc" sagte er. „Auror im Dienst des Magieministeriums, Abteilung zur Regulierung und Kontrolle magischer Geschöpfe. Ich bin befugt, Sie ins Ministerium zu verbringen."
„Emilia" sagte Severus hinter mir dringend.
„Gegen den Werwolf mit der Registriernummer WW-020757-120963-RJL, für den Sie bürgen, läuft eine Fahndung" teilte der Auror mir mit. „Er ist auffällig geworden, und das heißt, dass Sie sich vor dem Tribunal zu verantworten haben."
Ich machte Fehler Nummer zwei. Ich warf einen Blick über die Schulter. Ein zweiter Auror setzte sich sofort in Bewegung.
„Sie wissen nicht zufällig, wo er sich aufhält?" fragte der Auror, der immer noch mein Büchlein hatte.
„Nein" sagte ich blass. „Keine Ahnung."
„Soll ich Ihnen das glauben?" sagte der Auror und wedelte mit meinem Büchlein. „Sie scheinen eine recht enge, um nicht zu sagen, intime Beziehung zu pflegen."
„Äh" sagte ich. Der zweite Auror war an der Tür. Ich wich zurück, bis ich gegen Severus prallte, der direkt hinter mir war.
„Hoppla" sagte der, er klang benommener als eben noch. Er wich mir aus, machte einen Schritt nach vorne und fing sich im Türrahmen.
„Halle" murmelte er kaum hörbar. Ich sah mich wild um. Von meinem Wolf war keine Spur.
„Machen Sie Platz" bellte der Auror Severus an.
„Ich bitte um Verzeihung" hörte ich Severus mit schwacher Stimme. „Könnte ich wohl einen Stuhl haben? Ich fühle mich nicht gut."
Ich rannte. Hinter mir hörte ich Geschrei. Ein grün schillernder Hex rauschte an meinem Kopf vorbei und verpuffte an einer Säule, ich spürte, wie die arkane Energie meine Haare elektrisierte. Ich warf einen hektischen Blick über die Schulter. Severus hing im Türrahmen, seine langen Arme und Beine sonderbar verknotet, und rang offenbar um sein Gleichgewicht, bevor einer der Auroren ihn um die Mitte fasste und unsanft in den Raum zog, was irgendwie viel mühsamer aussah, als bei einem mageren, geschwächten Tränkemeister zu erwarten war. Ich wusste nicht, warum von allen möglichen Fluchtwegen er mich ausgerechnet in die Halle schickte, den ganzen Bogengang entlang, ohne jede Deckung, anstelle hinunter in offenes Gelände und vielleicht in den Wald, den ich mittlerweile recht gut kannte -
- und dann wurde meine Frage beantwortet, denn jemand trat – aus der Wand? – und zog mich unsanft – in die Wand! Ein mahlendes Geräusch erklang, wie Stein auf Stein, dann war es stockdunkel. Und sehr eng. Jemand legte mir eine Hand über den Mund. Ich erkannte die schlecht verheilte, klumpige alte Narbe, die sich über seine Handfläche zog, ich erkannte den schmalen, leichten Körper an meinem und die Art, wie er „Schschsch" machte, aber ich musste trotzdem ein quietschiges „Mmmmmm" gegen seine Handfläche schicken und kurz, aber erfolglos um mich schlagen, ehe die Panik mich los ließ.
„Sei leise" flüsterte er. „Sei um Himmels Willen leise! Komm mit."
„Licht" quietschte ich.
„Nein" sagte er und zog mich mit sich. „Kein Licht. Gar keinen Zauber, oder wir gehen raus und stellen uns gleich."
Es war ein verteufelt enger Spalt, in den er mich da hinein zog.
„Merlin" flüsterte ich, ich meinte schon zu spüren, wie die Decke, die irgendwo in der Schwärze über mir war, auf mich herunter kam. „Ich glaube, ich bleibe stecken!"
„Quatsch" kam seine Stimme aus der Schwärze direkt vor mir. „Ich kenne diese Abkürzung. Gar kein Problem."
„Dir ist klar, dass ich vielleicht in einer anderen Gewichtsklasse antrete als du?" fauchte ich.
„Psst" machte er. „So. Vorsicht, Stufe."
„Was? Wo? Ich… ah. Okay."
Meine Füße hatten die Stufe gefunden. Remus legte meine Hand an die kühle, raue Wand.
„Immer außen entlang" flüsterte er. „Wendeltreppe. Vierunddreißig Stufen, bitte mitzählen."
Nach meinem Empfinden war es ein furchtbar enges Ding, das sich da tief in den Eingeweiden des Schlosses nach oben schraubte. Ich hatte eine Hand an der Wand, die andere am Wolf, als wir in völliger Dunkelheit nach oben stiegen.
„Wohin gehen wir?" fragte ich bei zwölf.
„Dumbledore" sagte er. „Fünfzehn, sechzehn."
Bei fünfundzwanzig war ich sicher, höher gestiegen und mich öfter um mich selbst gedreht zu haben, als die Gesetzte des Raumes es zuließen. Bei einunddreißig hatte ich mich mental von meinem Augenlicht verabschiedet, so blind fühlte ich mich in der undurchdringlichen Dunkelheit. Dann prallte ich gegen Remus, als er vor mir stehen blieb.
„Vierunddreißig" sagte er leise. „Warte… wo ist denn…. Ah."
Knack. Ein Lichtspalt erschien aus dem Nichts und brannte sich gnadenlos in meine Augen. Ich blinzelte.
„Komm" sagte er und verbreiterte den Spalt, der uns in eine Nische hinter eine dicke, prunkvolle Ritterrüstung führte. „Wir müssen bei ihm sein, bevor die es sind."
Ich quetschte mich an der Rüstung vorbei in den Gang, während Remus hinter mir den Spalt wieder verschloss. Wir waren im zweiten Stock, schräg gegenüber des Transfigurations-Klassenzimmers. Die Gänge lagen sonntäglich verlassen. Remus nahm meine Hand und zog mich voran, am Klassenzimmer vorbei zu einem schmalen Treppenaufgang und unter die Treppe in einen dunklen, staubigen Winkel. Ein schmaler, dunkler Torbogen gähnte dort wie der Eingang zur Unterwelt.
„Ich geh vor" sagte er und tat es. Ich zögerte nur eine winzige Sekunde, und sofort zog er an meiner Hand, und ich stolperte vorwärts.
Und wieder war es eng und pechschwarz. Der Boden schien gemauert, er war uneben wie Kopfsteinpflaster und führte steil nach oben. Gelegentlich war eine Stufe eingebaut, dann sagte Remus „Vorsicht" und ich hob gehorsam meine Füße, ich fühlte mich wie ferngesteuert. Die dicken Mauern waren so eng um mich, dass ich meine Schultern nach vorne ziehen musste, um nicht stecken zu bleiben. Ich schwor mir, mich nur noch von Salat zu ernähren und jeden Tag joggen zu gehen, sollte dieses Schloss mich je unzerquetscht wieder ans Tageslicht lassen.
Dann sagte Remus: „Vorsicht, Stufe abwärts", und ich kletterte vorsichtig und umständlich selbige hinunter.
„Und stehen bleiben" sagte er, seine gedämpfte Stimme hallte plötzlich wie in einem Schacht.
„Wo sind wir?" fragte ich. Ein kleiner, kühler Luftzug strich über mein Gesicht.
„Kamin" sagte er.
„Was?" sagte ich entsetzt.
„Still gelegter" sagte er und lehnte sich gegen mich, so dass sein Gewicht mich von dem Abgrund abschirmte, den ich plötzlich irgendwo vor meinen Füßen vermutete.
„Oh, Merlin" keuchte ich. „Merlin, Merlin."
„Pass auf" sagte er an meinem Ohr. „Es gibt Steigeisen in der Wand. Ich zeige sie dir. Wir müssen nur ein Stockwerk nach oben. Es führt ein kleiner Gang direkt neben dem Kletterpfad nach draußen."
„Nein" sagte ich atemlos. „Ich mach' das nicht bei Dunkelheit."
„Es ist leider nicht Sirius' Jacke" sagte er. „Sonst wäre ein Feuerzeug drin. Ich kann dir leider nichts anbieten."
„Hhhhh" sagte ich.
„Willst du hier auf mich warten?"
„Bist du übergeschnappt?"
„Okay. Dann komm."
„Aber" sagte ich. „Warum können wir nicht ein winziges bisschen Licht machen…?"
„Weil sie einen Zauber haben, der die arkane Signatur von gesuchten Personen aufspüren kann" sagte er mit einer Spur Ungeduld. „Weiß ich von Sirius. Wir könnten auch gleich rote Funken zum Kamin raus schicken."
Ich seufzte.
„Jetzt komm" sagte er. „Bitte. Ich kenne den Weg. Es ist machbar, wirklich."
„Merlin" jammerte ich.
„Dreh dich mal mit dem Rücken zu mir" sagte er. „So. Okay. Und jetzt mit dem Fuß nach links, bis du meinen spürst. Aua. Ja, das war er."
„Hhhhh" sagte ich wieder. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich fragte mich, zu welchem Zeitpunkt mein Leben diese skurrile Wendung genommen hatte: War es erst, als ich zum ersten Mal in Nummer Zwölf aus dem Kamin gestiegen war, oder schon früher, als ich beschlossen hatte, mich als Tränke-Lehrerin an einer Schule zu bewerben, von der ich nichts kannte als den Namen?
„Hier" sagte er, nahm meine Hand und legte sie um etwas Kaltes, Rauhes. „Und jetzt geht der linke Fuß auf die Suche. Es gibt eines etwa in Ausstiegshöhe. Hast du's?"
„Ja" sagte ich nach einem kurzen Augenblick des hektischen Fischens.
„Gut" sagte er. „Rechte Hand und rechter Fuß hinterher. Komm schon, wir haben's eilig."
Ich ließ mich schieben, bis ich schließlich wie eine Wäscheklammer über einem schwarzen Abgrund mir nicht bekannter Tiefe hing.
„Wenn" sagte ich quietschig, „wennwenn… ich jetzt hier abstürze… wie tief geht's da denn runter?"
„Paar Stockwerke" sagte er.
„Iiiiiek" sagte ich.
„Wenn du abstürzt, nützt dir ein Licht auch nichts mehr" sagte er.
„Wie tröstlich" sagte ich.
„Und bitte klettern" sagte er. „Das ist keine Rolltreppe, weißt du."
„Blödmann" sagte ich schwach, setzte mich aber tatsächlich in Bewegung.
„Gut machst du das" sagte er direkt hinter mir. „Warte nur. Aus dir machen wir noch eine echte Abenteurerin."
„Untersteh dich" fauchte ich. „Es gibt einen Grund, warum ich Fahrradfahren als Extremsportart betrachte. Es hat was mit einer ziemlich unterentwickelten Grobmotorik zu tun."
„Ich finde an deiner Motorik gar nichts auszusetzen" sagte er. „Im Gegenteil. Deine Motorik ist außerordentlich… hm… überzeugend."
„Das ist wahrscheinlich das merkwürdigste Kompliment, das ich je bekommen habe. Aber danke."
„Wie viele Komplimente hast du schon bekommen, während du in völliger Dunkelheit einen still gelegten Kamin hinauf geklettert bist, auf der Flucht vor dem Arm des Gesetzes?"
„Merlin. Wie tief bin ich gesunken."
„Ganz im Gegenteil. Schau mal. Bisschen Licht vor dir. Wir haben's geschafft."
„Schon? Ich werde gerade warm. Ich hätte Kaminkehrer werden sollen."
Wir kamen hinter einem Porträt heraus, das einen strengen Mann mit Krinoline und gezwirbeltem Schnurrbart zeigte. Er schüttelte missbilligend den gemalten Kopf, als wir ihn wieder zurück gegen die Wand schwenkten, um das Loch zu verdecken, aus dem wir gestiegen waren.
„Ihr Äußeres, Mister und Madam" schnarrte er. „Nicht statthaft."
„Wenigstens hat keiner von uns eine explodierte Ratte unter der Nase" sagte ich über die Schulter, während Remus mich schon voran zog.
Es gab keine weiteren Abkürzungen, Merlin sei Dank. Wir rannten die Haupttreppe hinauf und mäßigten unser Tempo gerade noch rechtzeitig, um nicht ein Grüppchen kleiner Revenclaws über den Haufen zu rennen. Es waren Erstklässler, und sie kamen offenbar nicht gut mit der Situation zurecht, ihre Tränkelehrerin im Laufschritt und in derangierter Gesamterscheinung anzutreffen.
„Ähm" sagte Ernest Miller, zuverlässiger Kessel-Sprengmeister und Tunichtgut. „Hallo, Professor."
„Was macht ihr hier oben?" schnauzte ich das Schülergrüppchen an, ich wollte nicht unfreundlich sein, aber ich befand mich wirklich in Eile.
„Hm" sagte Ernest. „Bibliothek? Wir sind – auf dem Weg in die Bibliothek."
„Ja" sagte ich. „Klar. Und ich auf dem Weg zur Queen. Hört mal zu, jetzt. Ihr habt hier oben nichts zu suchen. Geht runter in die Große Halle, und sucht euch einen Vertrauensschüler, der euch zur Bibliothek bringt. Flott jetzt."
Ernest nickte eingeschüchtert und stolperte rückwärts, und während ich mir noch vornahm, im nächsten Unterricht besonders nett zu ihm zu sein, zog Remus mich schon weiter. Wir bogen um die Ecke in einen glücklicherweise menschenleeren Flur und machten vor den beiden steinernen Gargoylen Halt, die scheinbar ein Stück leere Wand bewachten.
„Zuckerwatte" sagte ich atemlos, und die beiden Gargoylen sprangen zur Seite. Die Wand zwischen ihnen drehte sich, und ein schmaler, gewundener Treppenaufgang wurde sichtbar.
Ich war immer ein wenig nervös, wenn ich hier hinauf stieg, was glücklicherweise nicht allzu oft passierte. Ich hatte noch nie diese Art gehabt, mich im Beisein meiner Vorgesetzten unbefangen zu bewegen, und die großväterliche Güte des Schulleiters änderte wenig daran. Wann immer ich ihm unter seine halbmondförmigen Brillengläser trat, fühlte ich mich bis ins
Innerste durchschaut.
Interessanter Weise kamen wir diesmal gar nicht so weit. Wir hatten etwa die halbe Wendeltreppe hinter uns gebracht, als wir von oben hörten, wie sich eine Tür öffnete.
„Unter keinen Umständen" hörten wir die klare Stimme des Schulleiters. „Es ist empörend genug, dass Ihre Kollegen ohne meine Einwilligung Professor Ligusters Räumlichkeiten durchwühlen. Ich werde unter keinen Umständen eine Durchsuchung des Schlosses gestatten. Ich habe einen geregelten Schulalltag aufrecht zu halten, wissen Sie."
Wir froren auf der Treppe ein.
„Sie haben nicht die Autorität, uns etwas zu erlauben oder zu verbieten" erwiderte eine ärgerliche Stimme. „Wir handeln im Auftrag des Ministers."
„Und sobald Sie mir seine Wünsche, von ihm persönlich unterschrieben, vorlegen, werde ich Sie im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützen" erwiderte Dumbledore. „So lange Sie mir allerdings nichts bieten als Ihre Dienstmarke, sehe ich mich nicht veranlasst, irgendwelche Schritte zu unternehmen."
„Wir haben keine Zeit für einen Durchsuchungsbefehl" schnappte die andere Stimme. „Sie haben die Nachricht meines Kollegen, die soeben einging, selbst gelesen. Der Werwolf wurde gesichtet, auf dem Schulgelände, zusammen mit seiner Bürgin! Er ist womöglich mitten unter Ihren Schülern, und Sie verlangen schriftliche Anweisungen?"
„Ich bin sicher, der Minister wird die Brisanz der Lage erkennen und entsprechend entschlossen handeln" sagte Dumbledore.
„Aber der Werwolf!" sagte eine weitere Stimme.
„Ich weiß nichts von einem Werwolf" sagte Dumbledore heiter. „Ich kenne keinen Werwolf."
„Sie hatten ihn sogar für ein Jahr als Lehrkraft beschäftigt! Verteidigung gegen die Dunklen Künste!"
„Nein" sagte Dumbledore. „Tatsächlich? Was Sie nicht sagen. Gilderoy Lockheart. Ein Werwolf. Wer hätte das gedacht. Seien Sie doch so gut, mein Junge, und schließen Sie die Tür. Sie geht manchmal ganz von selbst auf, und dann zieht es so unangenehm."
Wir mussten uns nicht absprechen. Wir wichen zurück, die Treppe hinunter, möglichst leise. Schritte erklangen über uns, dann stieß jemand die Tür ins Schloss.
„Mist" flüsterte ich. „Mist, Mist, Mist. Was machen wir jetzt?"
„Vom Schulgelände runter" flüsterte er. „Nach Nummer Zwölf."
„Kamin in der großen Halle?"
Wir waren am Fuß der Wendeltreppe angekommen. Remus berührte die Wand, und sie schwang auf.
„Nein" sagte er und warf einen Blick nach draußen. „Wenn ich die wäre, ich würde die Feuer kontrollieren. Versuchen wir lieber, hinüber zur Weide zu kommen."
„Weide? Was für eine Weide?"
„Es gibt nur eine" sagte er und zog mich nach draußen auf den Gang.
„Ja" sagte ich. „Und die heißt nicht umsonst Wütende Weide. Was willst du da?"
„Es gibt einen geheimen Weg von dort nach Hogsmeade" sagte er. „Von dort können wir dann apparieren."
„Aha" sagte ich. „Aha, aha. Hauptsache, du hörst nicht auf, mich zu überraschen. Müssen wir durch den Kamin zurück?"
„Nein" sagte er. „Das wär' ja die völlig falsche Richtung."
„Ach so. Dir ist klar, dass ich den Orientierungssinn eines Maulwurfes habe, oder?"
„Spätestens jetzt, ja" sagte er und brachte sogar noch ein flüchtiges Grinsen zu Stande. „Aber keine Sorge. Niemand kennt das Schloss so gut wie ich. Sirius natürlich ausgenommen."
Er führte mich den Gang entlang, zurück zur Haupttreppe. Ich sah mich um. Die Ravenclaws waren verschwunden.
„Die nächste Abkürzung ist ein Stockwerk tiefer" sagte Remus. „Gegenüber des Kartenzimmers. Beeilen wir uns."
Die letzte Aufforderung fand ich hinreichend überflüssig, aber ich wollte mich nicht in sophistisches Gezanke versteigen, also schluckte ich sie.
Zumal wir sowieso, nun ja, ein bisschen spät dran waren.
Wir hatten kaum den zweiten Treppenabsatz geschafft, als uns von unten Stiefel entgegen kamen. Ich warf einen hektischen Blick über die Brüstung und sah schwere, dunkle Mäntel um den Treppenabsatz wehen. Remus zog mich am Arm; er hatte es auch gesehen.
„Zurück in den Kamin" zischte er. Wir machten auf dem Absatz kehrt und rannten die Treppe wieder hinauf. Wir bogen in den Gang ein und hatten noch nicht die halbe Strecke bis zum Bildnis des Mannes mit dem Schnurrbart zurückgelegt, als die beiden Gargoylen zur Seite sprangen und den Aufgang zu Dumbledores Büro frei gaben.
Wir bemühten unsere Absätze ein weiteres Mal und machten auf ihnen kehrt. Remus packte meine Hand, sein Gesicht war blass, seine Augen gingen hektisch hin und her. Dann:
„Da sind sie!" schrie einer der Auroren von der Treppe. „Stehen bleiben!"
Plötzlich hatte Remus seinen Stab in der Hand.
„Colloportus!" schrie er die Gargoylen an, die daraufhin bereitwillig in ihre alte Position zurück sprangen. Etwas rumpelte hinter der Wand, als sei jemand dagegen gelaufen. Einer der Auroren von der Treppe zielte und schickte einen Hex in unsere Richtung.
„Protego!" schrie ich und riss meinen Stab hoch. Der Hex verpuffte an meinem blau leuchtenden Schutzfeld, ließ es aber gleichzeitig platzen wie eine Seifenblase.
„Diuturnus!" schrie Remus gleichzeitig und schickte einen Hex in die Gegenrichtung. Der Auror ließ seinen Stab sinken und drehte sich zu seinem Kollegen um. Seine Bewegungen liefen wie in Zeitlupe. Sein Kollege sah ihn an, auf seinem Gesicht machte sich sehr allmählich ein Ausdruck völliger Überraschung breit, und er öffnete ganz langsam den Mund. Remus zerrte mich voran, ehe ich erfahren konnte, was der Auror auf dem Herzen hatte.
Und dann rannten wir wieder. An Dumbledores Büro vorbei, den Gang entlang bis zur nächsten Biegung, wo wir dann hinter uns das steinerne Schaben vernahmen, das die Gargoylen erzeugten, wenn sie ihre Position veränderten. Wir warfen uns um die Biegung und rannten bis zur nächsten Abzweigung, wo Remus stoppte und sich hektisch umsah.
„Hier" sagte er und zog mich in einen schmalen Seitengang. „Wir müssen ins Freie!"
Ein Hex schlug direkt hinter meinen Füßen ein, und hinter mir brüllte wieder jemand „Stehen bleiben!", deshalb fragte ich nicht, als er mich durch eine Tür schob und sie hinter sich versiegelte.
„Ein Abstellraum" sagte ich. „Das führt nicht gerade ins Freie, weißt du."
„Doch" sagte er. „Wir nehmen Besen und… oh."
„Keine Besen" sagte ich und deutete mit dem Finger. „Kaputte Möbel, ausrangierte Lehrmittel. Ich weiß nicht, kriegst du einen Kartenständer zum Fliegen?"
„Nein" sagte er mit einem Anflug von Ratlosigkeit. „Verdammt. Zu meiner Zeit war das eine Besenkammer."
Er quetschte sich an mir vorbei, während von draußen die Auroren gegen die Tür stürmten.
„Merlin" flüsterte ich. „Vielleicht… vielleicht stellen wir uns einfach?"
„Bestimmt nicht" sagte er. „Die haben schon eine silberne Kugel für mich poliert."
„Oh" sagte ich tonlos.
Er riss das winzige, blinde Fenster auf und schaute hinaus.
„Aufs Dach" sagte er. „Schnell."
„Ich höre wohl nicht richtig" sagte ich. „Wir sind im fünften Stock!"
„Komm!" sagte er. „Plan B. Wir können übers Dach rüber zum Eulenturm."
„Hhhhh" sagte ich und sah schreckensstarr zu, wie er sich aufs Fensterbrett zog und ein Bein nach draußen streckte. Wind sprang ihn an und trieb ihm die Haare ins Gesicht.
„Komm, verdammt!" bellte er mich an.
Ich dachte an die silberne Kugel und setzte mich in Bewegung. Remus fädelte sein zweites Bein durchs Fenster und rutschte vom Fensterbrett. Ich warf einen Blick nach draußen. Hinter mir krachte die Tür in den Angeln. Remus streckte die Hand nach mir aus und packte mich am Arm. Er stand einbeinig auf einer eisernen Kralle, die man offenbar zu Schornsteinfegerzwecken auf dem Dach angebracht hatte, der Wind zerrte an ihm und schlug ihm Regenschauer um die Ohren. Hinter ihm fiel das nasse Schieferdach steil mehrere Meter in die Regenrinne ab, und darunter gähnte ein nebliger Abgrund. Ich beugte mich raus und sah rechts neben mir, vielleicht zehn Meter entfernt, den regenverschleierten Eulenturm mit seinem geschwungenen Außenaufgang aufragen.
„Merlin" sagte ich. Mir war schlecht.
Dann ertönte ein riesiger Knall. Holz splitterte, und die Druckwelle brandete von hinten gegen meine Beine. Remus packte mich und drückte mich nach unten, während er über meinen Kopf hinweg eine Serie grüner Betäubungsblitze aufs Geratewohl in die dicke Staubwolke schickte. Ich schrie und zappelte, und er umfasste mich mit einem Arm und zerrte an mir, bis ich den Boden unter den Füßen verlor und quer über der Fensterbank lag wie ein zum Lüften ausgelegtes Federbett. Ich stemmte mich ab und begann zu arbeiten, ich wollte unter gar keinen Umständen von einem der Auroren einen süßen Gruß mitten aufs Hinterteil verpasst bekommen. Während ich noch versuchte, mich zu befreien, zielte Remus an mir vorbei ins Innere, eine reife Leistung angesichts der Tatsache, dass meine dezente Leibesmitte das enge Dachfenster fast vollständig füllte. Im Inneren krachte es, Rauch drang plötzlich an mir vorbei ins Freie, und schlagartig wurde mir ziemlich warm an den Füßen.
Wer schon mal bäuchlings die große Rutsche in einem Muggel-Schwimmbad hinunter gerutscht ist, kennt das Gefühl, nur ohne Rutsche, und ohne Wasser. Ich stürzte mich praktisch kopfüber das Dach hinunter, und Remus klemmte sich seinen Stab zwischen die Zähne und packte mit beiden Händen zu, um mich vor einem fatalen Absturz zu bewahren.
Ich landete auf dem Dach wie ein angespülter Wal am Strand. Ich blieb liegen und klammerte mich an die eiserne Kralle, während mein Körper gerne der Schwerkraft folgen und sich hinunter zur Dachrinne rollen wollte. Ich wollte nicht und strampelte. Wind sprang mich an und klatschte mir Regen gegen die Brille.
„Schnell" sagte Remus, der seinen Stab ausgespuckt und sogar die Zeit gefunden hatte, noch einen Zauber nach oben zu schicken. „Hände aufs Dach, Füße in die Regenrinne."
„Die ist aber dazu nicht gemacht!" schrie ich panisch.
„Ich weiß" sagte Remus. „Sie ist aber stabiler, als sie aussieht. Komm schon."
Keuchend verfolgte ich, wie er mir vormachte, was er beabsichtigte. Er presste sich dicht gegen die nassen grauen Schieferplatten, um dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, und schob sich vorwärts. Meine Hände waren nass und rutschten allmählich von der Eisenkralle ab. Über mir schlugen Flammen aus dem Fenster. Der Wind drückte schwarzen, stinkenden Qualm zu mir hinunter.
Vorsichtig ließ ich mich in die Regenrinne hinunter. Ich spürte, wie sie sich unter meinem Gewicht verbog, ich meinte fast, die Nieten oder Schrauben oder womit immer sie befestigt war, unter der Überlastung stöhnen zu hören. Ich machte meinen ersten Schritt. Und noch einen. Ich zog den Kopf ein, als Remus über mich hinweg zielte. Ich sah nicht hin, aber ich hörte die Explosion. Ich versuchte, nicht an den Abgrund zu denken, von dem mich nichts als die Kooperationsbereitschaft eines alten Blechstückes trennte. Eines alten, rostigen, das während seiner gesamten Laufbahn als Regenrinne nie mehr zu tragen gehabt hatte als eine verirrte Eule. Ich schaute Remus an und bewegte mich ihm hinterher. Ich war nur erfüllt von dem Wunsch, mein Gehirn möge sich abschalten, um mir weiteres Grauen zu ersparen.
Die Regenrinne hielt uns, und wir gelangten zu der Ecke, wo unser Seitenbau an den wesentlich höheren Mittelbau angefügt war. Meine Finger waren knallrot von der Kälte und den scharfen Kanten des Daches, und zumindest das Gefühl in ihnen hatte sich abgeschaltet. Leider funktionierte mein Gehirn noch zuverlässig genug, um den gähnenden Spalt zwischen uns und dem Eulenturm wahr zu nehmen.
„Wir springen" sagte Remus. „Es ist nicht mehr als ein großer Schritt."
„Was!" schrie ich.
„Soll ich versuchen, dich zu levitieren?" bot er an, er schrie es gegen den Wind, der ihm die Worte vom Mund riss.
„Versuchen!" schrie ich zurück, ich hatte nicht gewusst, dass mein Entsetzen noch steigerungsfähig war, und dann war es nicht mehr der Abgrund, auf den ich mit sprachlosem Finger zeigte, sondern die Gestalt im dunklen Mantel, die sich auf einem Besen aus dem wirbelnden Nebel erhob.
„Wiedersehen, Werwolf" sagte der Auror, der mein Büchlein in seinen Fingern gehabt hatte, und streckte die Hand aus, allerdings zielte er nicht mit seinem Zauberstab. Es war eine große, altmodische Pistole wie aus einem Piratenfilm. Und dann geriet die Zeit durcheinander.
Im Nachhinein konnte ich nicht sagen, was zuerst geschah. Ein Lichtblitz löste sich aus der Mündung der altmodischen Waffe. Ich hörte mich schreien, und irgendwann hörte ich auch den Knall, aber viel später erst, als ich mich schon nach vorne geworfen hatte. Remus tauchte unter mir weg, oder vielleicht stieß ich ihn auch, jedenfalls sah ich, wie er den Halt verlor und übers Dach abstürzte, bevor ein gewaltiger Schlag mich gegen das Dach schleuderte. Über meinem eigenen Schreien hörte ich den Auror fluchen, und dann hörte ich noch eine weitere Stimme, sie rief „Feurio", und der Besen des Aurors fing Feuer und begann qualmend, um sich selbst zu kreiseln. „Furioso" wurde sofort hinterher geschickt, und der Besen begann zu bocken wie ein wildes Pferd. Die Pistole des Aurors verschwand im wirbelnden Nebel, als er sich verzweifelt an den Besenstiel klammerte. Ich schrie nach Remus, was meine Lungen hergaben, aber es kam keine Antwort.
„Mobilicorpus" kam dafür der nächste Befehl, und ich spürte, wie die arkane Energie mich ergriff und vom Dach hob. Mir war seltsam schlecht, und ich spürte einen Druck irgendwo im Oberkörper, den ich nicht zuordnen konnte. Ich wurde nach oben gezogen in Richtung eines Dachfensters, und dann waren da Hände, die mich ins Innere zogen.
„Remus!" schrie ich und strebte zurück aufs Dach. „Remus! Remus!"
„Bleiben Sie liegen" sagte der Tränkemeister eine Spur atemlos und erhob sich. „Er hängt in der Dachrinne." Mit einem langen Schritt stieg er über mich drüber und brachte sich seitlich ans Dachfenster, Stab im Anschlag. Ich lag keuchend auf dem staubigen Boden, starrte auf einen Wald von Tisch- und Stuhlbeinen und fragte mich, was mir da so warm über die Hand lief. Am Rande bekam ich mit, wie Severus einen Hex aus dem Fenster schickte und dann Platz machte, um jemanden durch die schmale Öffnung zu lassen.
„Servus, Severus" sagte eine mir sehr vertraute Stimme, fast hysterisch beschwingt. „Selten so glücklich gewesen, dich zu sehen."
Ich richtete mich ein wenig auf. Übelkeit schwappte über mich wie dicker, schwarzer Schlamm. Ich schaute auf meine linke Schulter, die ich als Zentrum des seltsamen Druckgefühls ausmachen konnte. Mein Sweatshirt hatte ein Loch, und alles war irgendwie rot.
„Remus" murmelte ich. „Ich glaube, ich werde ohnmächtig."
Und dann tat ich genau das.
oooOOOooo
Ich war auf einem Dach. Vor mir balancierte ich eine Kuchenplatte, auf der ein prächtiger, mit Schokolade überzogener Gugelhupf thronte. Er war für Severus, so viel wusste ich, er hatte irgend etwas nettes getan, das einen selbst gebackenen Kuchen verdiente, allerdings war mir nicht klar, warum ich von meiner Wohnung in den Keller den Umweg über das Dach nehmen musste. Vorsichtig schob ich mich auf dem Dachfirst entlang, der sich endlos und scharf wie ein Messerrücken vor mir erstreckte. Die seltsamen schwarzen Vögel, die sich mir auf Besen näherten, sah ich ein wenig spät. Sie umkreisten mich, und mit einem beklemmenden Anflug von Grauen wurde mir klar, dass sie mich vom Dach holen wollten. Dann flog einer eine Art von Sturmangriff, und sein Schnabel bohrte sich tief in meine Schulter. Heißer Schmerz flutete durch meinen Körper, ich klammerte mich an meinen Kuchen, der plötzlich aus Silber war, ich wusste, unter keinen Umständen durfte ich diesen Kuchen in die Krallen der Vögel geraten lassen. Ein weiterer Vogel flog gegen mich an und vergrub seinen gelben Schnabel in meiner Schulter, während seine dunklen Schwingen mein Gesicht bedeckten und ein flatteriges Gefühl auf meinen Wangen hinterließ, wie von kühlen Lippen, die meine heiße Haut berührten, nicht eigentlich unangenehm, wenn da nicht der stechende Schmerz in der Schulter gewesen wäre.
„Emilia" sagte jemand.
„Nein" sagte ich. „Lass mich. Du darfst diesen Kuchen nicht essen."
„Es ist gut" sagte die Stimme. „Ich will deinen Kuchen nicht."
Ich riss die Augen auf. Remus' Gesicht war dicht vor meinem.
„Remus" sagte ich und brach in Tränen aus.
„Es ist gut" flüsterte er und küsste mich, seine Haare kitzelten meine Wange. „Es ist vorbei. Wir sind in Sicherheit, vorerst. Alles wird gut."
Ein Teil meines Gehirns hätte gerne die Lücke geschlossen, die in meiner Erinnerung klaffte, doch der weitaus größere Teil gab sich völlig damit zufrieden, dass ich auf einer weichen Unterlage gebettet war, nicht rennen oder auf Dächern herum klettern musste, und dass mein Wolf unversehrt war und mich im Arm hielt. Ich steckte die Nase in seine Robe und weinte ein bisschen, ich hatte mir das redlich verdient, außerdem brannte meine Schulter wie der Teufel. Er hielt mich und wiegte mich sanft, und ich schlang den Arm um ihn, den ich schmerzfrei gebrauchen konnte.
„Mein armes Mädchen" flüsterte er. „Es tut mir so leid. Tut es sehr weh?"
„Jaaah" jammerte ich.
„Es tut mir so leid" flüsterte er. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie."
„Aber du kannst doch gar nichts dafür" schluchzte ich.
„Na doch" sagte er. „Wegen mir bist du überhaupt erst in diese Lage geraten."
„Hör auf, dich zu entschuldigen" schluchzte ich. „Ich will Mitleid, keine Entschuldigungen!"
„Entsch…" sagte er. „Mein armes Mädchen. Du warst großartig, und tapfer. Du hast eine Kugel abgefangen, die für mich bestimmt war. Die mich ziemlich sicher getötet hätte, übrigens."
„Oh" sagte ich und stellte für einen Augenblick das Schluchzen ein. Ein Teil meiner Erinnerung kehrte zurück.
„Du hast mir das Leben gerettet" sagte er. „Du hast mich dafür vom Dach geschubst, aber für mich zählt der Gedanke, weißt du."
„Äh" sagte ich.
„Natürlich verdient auch die tapfere Regenrinne an dieser Stelle Erwähnung, die unter Aufbringung all ihrer Materialfestigkeit den Aufschlag eines Siebzig-Kilo-Wolfes gehalten hat. Sollte ich jemals rehabilitiert sein, schlage ich euch beide für den Merlinorden vor."
„Sollte dein Text nicht anders gehen?" sagte ich. „Etwas in der Art von Du hast mir das Leben gerettet, oh Merlin, wie soll ich das jemals wieder gut machen, ich liiiiiebe dich, und du solltest schluchzend meine Knie umklammern."
„Tatsächlich?"
„Nein. Vielleicht doch nicht."
„Ich mach's, wenn du drauf bestehst."
„Nein. Ich hab' zu viele schlechte Filme gesehen, das ist alles."
„Das war auch meine Vermutung."
„Sehr scharfsinnig."
„Ich liiiiiebe dich. Und ich weiß wirklich nicht, wie ich jemals alles gut machen soll, was du für mich tust. Ich weiß nicht mal, wie ich damit umgehen soll. Deshalb rede ich einen Haufen Blödsinn, falls dir das auffällt."
„Es war reiner Eigennutz" sagte ich. „Ich steh' nicht auf alleinerziehend."
„Ach so. Na dann."
„Stell dir vor, du hättest diese Kugel abbekommen und wärest tragisch verstorben, und ich wäre als trauernde, äh, Witwe, zurück geblieben und hätte schlussendlich Sirius heiraten müssen, nur damit das arme halb verwaiste Kind einen Vater hat."
„Fürchterlich" sagte er.
„Ja" sagte ich. „Überall die Hundehaare."
„Du solltest dir Severus als Ersatzvater überlegen. Er ist besser erzogen. Und hat nicht so viele Haare."
„Oh, gütiger Merlin" sagte ich.
„Ja" sagte er. „Entschuldige mich für einen Augenblick. Ich geh' mal eben schluchzend dein Knie umklammern. Alles ist besser als dieser Diskurs."
Er erhob sich auf die Ellenbogen, als wolle er Ernst machen, blieb dann aber und schüttelte den Kopf.
„Und ich dachte immer, es wäre Sirius' Schuld, wenn unsere Gespräche entgleisen" sagte er. „Ich muss das überdenken, gelegentlich."
Ich wälzte mich vorsichtig auf die Seite und kam zum Sitzen. Ich konnte den linken Arm nicht richtig bewegen, er schien irgendwie an meinem Oberkörper befestigt. Der linke Ärmel meines Sweatshirts wies einen großen, dunklen Fleck auf und baumelte leer an meiner Seite.
„Du liebe Zeit" sagte ich mit nicht nur gespieltem Entsetzen. „Mein Arm ist amputiert!"
„Nicht ganz" sagte er. „Ich habe ihn lediglich ruhig gestellt und versucht, diese Blutung zu stillen. Wir werden noch ein bisschen warten müssen, bis Poppy hier herauf kommen kann."
„Hier herauf? Wo sind wir eigentlich?"
„Noch in Hogwarts" sagte er. „Plan C. Wir nahmen an, dass noch weitere Auroren auf dem Schulgelände unterwegs waren. Eine spektakuläre Flucht, auch wenn sie vielleicht deine cineastische Ader befriedigt hätte, kam nicht in Frage, mit deiner Verletzung. Also Plan C: der Dringend Erforderliche Raum. Das beste Stück Schlossmagie von allen."
Ich sah mich um, während mir ein Schwall von Nervosität unangenehm im Hals prickelte. Ich konnte nichts Besonderes entdecken: Der Raum, in dem wir uns befanden, war fensterlos und kuschelig warm. Er enthielt ein breites Bett, auf dem wir uns befanden, eine niedrige Kommode, auf der geöffnet etwas wie ein Arztkoffer lag, Teppiche auf dem Boden und ein knisterndes Feuer im gemauerten Kamin. Die einzige Tür war schmal und aus Holz, genau von der Sorte, die man mit einem billigen Hex wegpusten kann.
„Aber sie werden uns finden" sagte ich. „Sie müssen doch nur ein Weilchen suchen! Du hast den Auror gehört, er besorgt so ein Befehls-Dings vom Minister, und dann durchkämmen die das Schloss!"
„Sie werden uns eben nicht finden" sagte Remus. „Das ist ja das Großartige. Dieser Raum ist immer genau das, was man dringend benötigt. In unserem Fall, unauffindbar. Er ist sogar immer nur dann vorhanden, wenn es dringend nötig ist. Wir haben ein halbes Jahr gebraucht, bis wir heraus hatten, wie er funktioniert, was hauptsächlich daran lag, dass wir ihn zuerst nicht wieder finden konnten."
„Ich nehme an, das ist eine Schulzeit-Geschichte?"
„Ja" sagte er. „James und Sirius haben ihn gefunden. Sie kamen von irgend einem Blödsinn, und Filch war ihnen auf den Fersen, fünfundzwanzig Jahre jünger und flinker als heute. Sirius stand damals unter Bewährung, er wusste, er konnte seine Koffer packen, wenn er sich noch einmal bei etwas erwischen ließ. Ich sagte ihm damals, er könnte auch das Blödsinnmachen für eine Weile lassen, aber dann hatte er unter der Dusche etwas, das ihm als der genialste Einfall von allen erschien – und es endete damit, dass sie durch den fünften Stock jagten, auf der Flucht vor Filch und ein paar Slytherins, und als sie praktisch eingekreist waren, erschien plötzlich eine Tür in der Wand. Es war eine Besenkammer dahinter, in die sie gerade rein passten. Auf diese Weise entgingen sie der Lynchjustiz der Slytherins und ersparten sich hundert Jahre Nachsitzen und einen Schulverweis."
„Warum hat niemand in die Besenkammer hinein geschaut, wenn sie doch praktisch eingekreist waren?"
Remus machte eine vage Geste. „Ich vermute, die Tür ist nicht mehr vorhanden, sobald man auf der anderen Seite ist" sagte er. „Sie erscheint erst wieder, wenn man raus will."
„Und der Raum… erscheint… wenn man ihn braucht – und ist nicht da, wenn man ihn nicht braucht?"
„So etwa. Wie gesagt. Wir hätten Zelte in diesem Flur aufschlagen können, so viel waren wir hier oben, auf der Suche nach dem Raum. Wir wollten ihn nachträglich in der Karte verzeichnen. Wir fanden ihn erst wieder, als wir wieder einmal eine dringende Notlage hatten."
„Was scheinbar bei euch an der Tagesordnung war."
„Die Anzahl der Notlagen verhält sich direkt proportional zur Anzahl der anwesenden Siriusse und Werwölfe. Wobei ich meine Notlagen zumeist wenigstens nicht selbst verschuldet habe."
„Und jetzt? Wie werden wir denn erfahren, ob draußen die Luft rein ist? Ich muss morgen früh im Unterricht sein. Das heißt – falls ich – oh, Merlin." Ich starrte ihn an. „Ich bin" sagte ich. „Also. Ich meine, ich bin – vor der Polizei davon gelaufen. Sie haben mein Zimmer durchsucht. Sie wollten mich bestimmt – fest nehmen, oder wollten sie nur dich fest nehmen? Ach du meine Güte. Ich meine – Hilfe! Bin ich jetzt – so wie Sirius? Auf der Flucht vor dem Gesetz?"
„Sirius ist nicht auf der Flucht vor dem Gesetz" sagte er und sah plötzlich wieder müde aus. „Er ist das Opfer eines böswilligen, nennen wir es Justizirrtums. Im Gegensatz zu dir. Du hast unterschrieben, die volle Verantwortung für meine Handlungen zu übernehmen. Was du niemals hättest tun sollen, übrigens. Was ich niemals hätte zulassen dürfen. Und was mir mehr leid tut als alles andere, auch wenn du das nicht hören willst."
„Und was heißt… die volle Verantwortung?" fragte ich, meine Stimme klang dumpf in meinen Ohren, als hätte ich Watte drin.
„Hast du's nicht gelesen?" fragte er.
„Äh" sagte ich. „Nicht so… in allen Einzelheiten." Er sah mich an.
„Mich erschießen sie, und dich stecken sie für ein paar Jahre nach Azkaban" sagte er.
„Oh" sagte ich.
„Sag nicht, du hättest das nicht gewusst" sagte er müde.
„Ich erinnere mich dunkel" sagte ich.
„Nie was unterschreiben, was man nicht vorher gründlich gelesen hat" sagte er und lächelte dünn.
„Remus" sagte ich.
„Ja?" sagte er.
„Ich denke" sagte ich, „ich sollte dich informieren, dass ich kurz vor der Panikattacke meines Lebens stehe. Ich kann das schon spüren. Gleich schlägt sie zu, und ich werde total durchdrehen. Panik beginnt in drei – zwei -"
Eins kam undeutlich mit seinen Lippen auf den meinen. Er hatte sich zur Seite fallen lassen und lag auf meiner gesunden Hälfte. Trotzdem rührte die Bewegung an meiner verletzten Schulter, der Schmerz biss tief, und ich stöhnte und biss meinerseits, bis von Remus ein Schmerzlaut kam, aber seine Lippen blieben auf den meinen, feucht und ein wenig salzig und sehr überzeugend, und sie blieben, bis ich zur Ruhe gekommen war.
„Besser?" fragte er mich, seine Lippen kaum von meinen entfernt.
„Hm" murmelte ich.
„Es wird nicht passieren, hörst du" sagte er leise, aber entschieden. „Niemand wird dir was tun. Wir werden die Sache aufklären und aus der Welt räumen. Du wirst wieder vor deiner Klasse stehen, noch ehe deine Schulter verheilt ist, und du wirst ein tolles Entschuldigungsschreiben von diesen Idioten im Ministerium bekommen, das du rituell verbrennen kannst, wenn dir danach ist."
„Okay" flüsterte ich.
„Wir lassen die ganze Organisation auffliegen" sagte er und richtete sich wieder auf die Ellenbogen. „Wir stellen sicher, dass die nie wieder solche Perversionen veranstalten. Wir bringen Higgins dazu, auszuspucken, was er weiß, und wir müssen dringend erfahren, was Malfoy mit der Sache zu tun hat. Es wird funktionieren. Wir haben schließlich unsere Leute im Ministerium. Kingsley wird etwas für uns bewegen können, und Arthur und Tonks sind zwar in anderen Abteilungen, aber sie kennen auch eine Menge Leute. Wir kommen da wieder raus, versprochen."
„Okay" sagte ich schwach. „Meinst du, sag mal – wir haben einen von ihnen getötet?"
„Von den Auroren? Ich glaube nicht" sagte er und strich mir Haare aus der Stirn. „Mach dir keine Sorgen. Es hat vielleicht den einen oder anderen übel erwischt, aber sie sollten es alle überlebt haben."
„Hm" sagte ich schwach.
„Was mir zu denken gibt, ist die Tatsache, dass die gesamte Aktion so holterdipolter ablief" sagte er. „Üblicherweise handeln Auroren nicht ohne Anweisung einer höheren Stelle. Einen Durchsuchungsbefehl, in diesem Fall, und gültige Haftbefehle. Warum war ihnen so daran gelegen, mich so ganz besonders schnell zu kriegen? Es bestand weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr noch sonst etwas. Ich denke, da ist etwas faul im Ministerium, und das kann nur zu unserem Vorteil sein."
„Falls wir diesen Raum jemals wieder verlassen" sagte ich. „Wie lange können wir uns hier eigentlich verstecken? Produziert er Essen? Und ein Klo, wenn ich eines brauche?"
„Bestimmt" sagte er lächelnd. „Ich bin glücklich zu sehen, dass du wieder bei deinem wunderbaren Pragmatismus angelangt bist."
„Ich bin ein Mädchen" sagte ich. „Mädchen müssen ständig aufs Klo, und ich besonders, wenn ich gestresst bin."
„Keine Sorge" sagte er. „Und wir werden nicht allzu lang hier bleiben. Sie kommen uns abholen, sobald die Luft rein ist. Ich habe dich zusammen mit Severus her gebracht, und ihm gezeigt, wie man den Raum öffnet. Wir müssen auch schnellstmöglich eine Ordensversammlung einberufen. Angesichts des Tempos, in dem dieser Higgins seinen Bericht raus gejagt hat, war unser kleiner Karibik-Trip vielleicht nicht die beste Idee von allen."
„Schlag Severus auch vor" sagte ich. „Für den Merlinorden, meine ich."
„Ja" sagte er. „Das muss ich wohl." Er kam auf die Knie, beugte sich über mich und streifte mein Shirt hoch, um meinen Verband zu untersuchen.
„Na" sagte er, „wenigstens hat es aufgehört zu bluten."
„Steckt die Kugel da noch drin?" fragte ich ängstlich.
„Ja" sagte er. „Keine Sorge. Poppy kriegt das hin."
„Oh, Merlin" sagte ich schwach. „In mir steckt eine Kugel. Das ist ja wie im Western. Und die reiten da immer noch stundenlang damit."
„Ich bin sicher, die Erzeugung eines Pferdes würde die Möglichkeiten dieses Raumes sprengen" sagte er.
„Ich bestehe nicht drauf" sagte ich. „Aber diese Kugel – sie hätte dich umgebracht, nur weil sie aus Silber ist? Was ist das für ein Zauber?"
„Kein Zauber" sagte er. „Eine arithmantische Gesetzmäßigkeit. Silber ist das arkane Simulacrum zum astralen Element Mond und wirkt sich deshalb besonders drastisch auf Lykantrophen aus. Eine oberflächliche Berührung ergibt die typische Silberverbrennung. Längerer Kontakt führt zu einer Silbervergiftung. Ein Werwolf, der eine silberne Kugel im Körper hat, wird über kurz oder lang an der Vergiftung sterben, auch wenn der Treffer an sich gar nicht tödlich war. Deshalb werden sie immer noch verwendet. Mit einer silbernen Kugel gelingt es auch einem schlampigen Schützen, einen Werwolf zur Strecke zu bringen."
„Oh" sagte ich. „Und ich nehme an, es ist besonders schmerzhaft."
„Selbstredend" sagte er.
„Dachte ich mir" sagte ich. „So wie der andere Wolf aussah, als du ihn gegen die Stäbe gedrückt hast."
„Danke, dass du mich an dieses unrühmliche Detail erinnerst" sagte er und stieg über mich hinweg aus dem Bett.
„Was hättest du denn machen sollen" sagte ich und sah ihm nach, wie er hinüber zu einem niedrigen Tisch ging, auf dem eine Karaffe mit Wasser und zwei Gläser standen. „Dich tot beißen lassen?"
„Ich weiß nicht" sagte er und goss sich Wasser ein. „Ich kann nur hoffen, dass ich ihn nicht umgebracht habe. Aber jedenfalls habe ich ihm ungeheure Schmerzen zugefügt."
„Der Wolf war das, nicht du" sagte ich, und er seufzte.
„Nicht ganz" sagte er. „Mal davon abgesehen, dass die Trennung zwischen dem Wolf und mir nicht existiert, was du vielleicht eines Tages einsehen wirst, habe ich mir das durchaus selbst zuzuschreiben. Ich war nicht völlig ausgeschaltet. Ein Teil von mir war durchaus bei Verstand. Es war… merkwürdig. Gespalten. Erinnerte mich an die Anfangszeit des Wolfsbann, als die Rezeptur noch nicht ganz ausgereift war. Ich war durchaus in der Lage, meine Umgebung menschlich wahr zu nehmen. Aber ich hatte gleichzeitig diesen unbezwingbaren Instinkt, der mir sagte, dass der andere mich umbringen wird, wenn ich mir nichts einfallen lasse." Er trank einen Schluck und starrte vor sich in die Luft.
„Ich brauche die Formel" sagte er.
„Was?" sagte ich.
„Die Formel dieser Wolfsbeschwörung" sagte er. „Man muss sie aus dem Gedächtnis dieser Zauberer löschen, aber ich will sie haben. Ich habe jahrelang auf diesem Gebiet geforscht, aber ich bin nie auch nur in die Nähe eines ähnlichen Erfolges gekommen. Natürlich bin ich den umgekehrten Weg gegangen: den Wolf bannen, nicht beschwören. Aber vielleicht haben die da etwas entwickelt, das sich verwenden lässt. Nach dem Dritten Arithmantischen Theorem sind Zauber und ihre Umkehrungen grundsätzlich kommensurabel."
„Ich glaube, ich erleide gerade eine Fremdwortvergiftung" sagte ich. „Meinst du, Poppy kann das auch hinkriegen, oder wird sich mein Kopf für immer in ein Lexikon verwandeln?"
Er kam zu mir und hielt mir das Glas hin.
„Tut mir leid" sagte er. „Arithmantiker-Geschwätz. Zauber tragen grundsätzlich den Kern ihrer Umkehrung in sich, und umgekehrt."
„Aha" sagte ich, nahm ihm das Glas ab und trank.
„Stell dir vor, ich könnte einen Wolfsbann-Zauber entwickeln" sagte er und setzte sich neben mich aufs Bett. „Lass mich nur mal eine Minute davon träumen. Ich würde einen Zauber sprechen, wenn der Mond kommt, und der Wolf bliebe weg. Ich müsste ihn nie wieder sehen. Ich könnte einen Vollmond-Spaziergang machen, wenn mir danach wäre. Ich könnte eine Arbeit haben, und ein ganz normales Leben. Vielleicht könnte ich wieder unterrichten."
„Und wie gut stehen die Chancen?" fragte ich.
„Schlecht" sagte er. „Beschwören ist immer einfacher als bannen. Du weißt schon. Die Geister, die ich rief, werd' ich nun nicht los, und so weiter. Aber nichts, was ich nicht trotzdem versuchen würde. Es wäre schließlich nur einer von vielen fruchtlosen Versuchen. Wusstest du, dass ich mal in Neuseeland war?"
„Nein" sagte ich erstaunt.
„Ich hatte von einem Schamanen gelesen, der angeblich den lykantrophen Geist bannen kann, oder so ähnlich. Ich schrieb ihm, und seine Antwort klang ganz seriös. Also kratzte ich mein ganzes Geld zusammen, die gesamte Erbschaft von meinen Eltern, ich verkaufte alles, was irgendwie von Wert war, um mir diese Reise zu finanzieren. Nach sechs Wochen Neuseeland war ich dann so klug wie zuvor, nur mittellos."
„Oh weh" sagte ich. „Mein armer Wolf."
Er hob die Schultern und strich sich Haare hinter die Ohren. Sein Blick ging ins Leere.
„Komm schon" sagte ich und zog an seinem Ärmel. „Küss mich, Wolf."
Er sah auf mich hinunter und lächelte ein klein wenig.
„Hast du keine Schmerzen?" fragte er.
„Doch" sagte ich, „aber du sollst mich ja auch nicht auf die Schulter küssen."
Er lehnte sich über mich, vorsichtig, um meine Schulter nicht zu berühren. Seine Lippen waren warm, und er öffnete sie gerade weit genug, um mit der Zungenspitze zart meine Lippen zu berühren. Wir spielten das kleine Spiel eine ganze Weile, und ich blinzelte und betrachtete sein Gesicht, es lag eine versunkene Konzentration darauf, die mich anrührte. Ich schlang meinen gesunden Arm um seinen Hals und zog ihn auf mich, und dann gab die Matratze unter mir ein wenig nach und zwang mich in eine Drehbewegung, und der Schmerz war so hell und heiß, dass mir schlecht wurde. Remus fuhr erschrocken zurück, und ich hängte mich über den Bettrand und gab saure und bittere Reste eines lange vergangenen Frühstücks von mir.
„Poppy" jammerte ich, als ich wieder konnte. „Ich brauche Poppy! Schmerzmittel! Eine Narkose! Eine neue Schulter, irgend etwas…"
„Sie werden kommen, sobald die Luft rein ist" sagte Remus, der aufgestanden war, um mir Wasser und ein sauberes Tuch zu bringen.
„Es tut so weeeeeh" jammerte ich. „Kann dieser Raum kein Schmerzmittel?"
„Warte" sagte Remus, gab mir Glas und Tuch in die Hand und beseitigte mit einer Stabgeste die Pfütze auf dem Boden. Ich blieb liegen und wimmerte, während er den Arztkoffer brachte und den Inhalt durchsah.
„Hier" sagte er schließlich und zeigte mir eine dickwandige, braune Apothekerflasche, die mit kleinen, weißen Pillen gefüllt war. „Ich denke, das ist eines."
„Wenn es ein Abführmittel ist, kriege ich ein Problem" stöhnte ich.
„Unwahrscheinlich" sagte er. „Es steht gegen Schmerzen auf dem Etikett. Aber bist du sicher, dass du es nehmen willst? Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, aber ich meine, mal gelesen zu haben, dass es nicht gut ist für…"
„Klein-Wölfchen" sagte ich und starrte dumpf auf die Flasche. Mir war gerade der gleiche Gedanke gekommen.
„Ja" sagte er. „Ich will dir natürlich keinesfalls Vorschriften machen."
„Okay" sagte ich seufzend. „Versuchen wir's erst mal mit den körpereigenen Endorphinen, oder wie die Dinger heißen. Legst du dich wieder zu mir?"
„Nur zu gerne" sagte er, stellte den Arztkoffer weg und näherte sich mir sehr vorsichtig von der gesunden Seite. Ich wartete, bis er sich neben mir zurecht gerückt hatte, dann legte ich mich in seinen Arm und versteckte den Kopf an seinem Hals.
„Ich bin wahnsinnig glücklich, dass du nicht von diesem Dach gestürzt bist" sagte ich.
„Ja" sagte er. „Dachrinnen scheinen eine heraus ragende Rolle in meinem Leben zu spielen. Es gibt da eine drüben am Gryffindorturm, ohne die ich meinen achtzehnten Geburtstag nicht erlebt hätte, und jetzt diese hier. Ich sollte sie in meinen Memoiren erwähnen."
„Mehr kann man nicht erwarten, so als Dachrinne" sagte ich.
„Ja" sagte er.
„Es tut trotzdem soooo weh" jammerte ich. „Erzähl mir eine Geschichte. Lenk mich ab. Vielleicht was ohne Dachrinnen, ja?"
„Lass mich nachdenken" sagte er. „Die Geschichte von Sirius' großartigstem aller Einfälle, der zur Entdeckung dieses Raumes führte?"
„Okay" sagte ich. Ich sagte es ihm nicht, aber er hätte mir genauso gut aus dem Londoner Telefonbuch vorlesen können. Alles, was ich wollte, war, seine Stimme zu hören und Zimt zu riechen, vermischt mit Salzwasser, während ich mein Gesicht an seinem Hals versteckte.
Er erzählte mir von Sirius' großartigem Einfall, der den Raub sämtlicher Slytherin-Fanartikel, Schals, Mützen, Tröten, bis hin zum letzten Fähnchen, vor dem alles entscheidenden Quidditch-Turnier zum Inhalt hatte, und vom strategischen Einsatz des Diebesgutes zur Schwächung der gegnerischen Moral. Er hängte noch ein paar andere Schulgeschichten dran, und später, während seines eigentlich sehr spannenden Reiseberichts über Neuseeland, musste ich versehentlich eingeschlafen sein, denn plötzlich riss ich die Augen auf und starrte in Poppy Pomfreys strenges, altersloses Gesicht.
„So, so" sagte sie. „Auf Dächern herum klettern und sich silberne Kugeln einfangen? Sonst haben Sie keine Hobbys?"
„Ähm" sagte ich.
„Na, dann lassen Sie mal sehen" sagte sie und begann, meinen Verband abzuwickeln. Ich zwinkerte und versuchte, meine Umgebung scharf zu stellen, was mir mangels Brille nicht gelang, aber ich konnte immerhin fest stellen, dass das Bett irgendwie anders aussah als vorhin noch. Man hatte mich offenbar auf die Krankenstation gebracht, ohne dass ich es bemerkt hatte. Dann entfernte Pomfrey die letzte Lage Verbandsstoff von meinem wunden Fleisch, und ich jaulte unzeremoniell auf.
„Halten Sie still" sagte sie und beugte sich über mich. „Hier. Ein glatter Einschuss. Die Kugel steckt unterhalb des Schultergelenkes, am Knochen. Das muss operiert werden, ist aber keine große Sache."
„Remus" jaulte ich. „Reeeemus!"
„Er ist nicht hier" sagte sie. „Er wollte zunächst bei Ihnen bleiben, aber Dumbledore und Severus konnten ihn überzeugen, doch lieber dem Ordenstreffen beizuwohnen, als betroffene Hauptperson, sozusagen."
„Und was ist mit mir?" begehrte ich auf. „Ich bin auch eine betroffene Hauptperson! Die sind hinter mir her! Das ist wohl nichts?"
„Sie sind vor allem meine Patientin" sagte Pomfrey, „und als solche hier unabkömmlich. Es wurde erwogen, das Treffen auf einen Zeitpunkt zu verschieben, an dem Sie teilnehmen können, aber Severus sprach sich dagegen aus. Er sagte etwas von genug vertrödelter Zeit, und dass sein Bedarf an Dummheiten Ihrerseits für heute gedeckt sei."
Ich seufzte und jaulte erneut, als Pomfrey mit einer kalt getränkten Kompresse an meinem Einschuss herum werkelte.
„Die Operation dauert nicht länger als eine halbe Stunde, und ich kann sie problemlos hier durchführen" sagte sie. „Es wird eine kleine Narbe zurück bleiben, aber wir können Heilungsbeschleuniger anwenden, und dann spüren Sie in zehn Tagen nichts mehr davon. Schwangerschaft liegt keine vor, oder? Ich frage nur wegen der Narkose."
„Ich, äh" sagte ich. „Ich weiß nicht."
Sie sah von meiner Schulter auf und musterte mich mit ihrem scharfen Medihexen-Blick.
„Ich weiß" sagte ich unglücklich. „Wir kennen uns noch nicht mal zwei Monate. Es ist alles viel zu früh, und ich habe gerade wieder angefangen zu unterrichten, und überhaupt passt es ganz schlecht rein. Und vielleicht ist es ja auch… gar nichts."
Ich verschluckte mich beinahe. Ich war nicht bereit, mein kleines Wolfsmädchen als „gar nichts" zu betrachten.
„Sie haben sich vor mir nicht zu rechtfertigen" sagte Pomfrey mit wohltuender Nüchternheit. „Sie sind erwachsen genug, um selber zu wissen, was Sie tun. Ich werde dann aber zunächst die Schwangerschaft feststellen, falls eine vorliegt. Wir müssen dann über die Behandlung Ihrer Verletzung gegebenenfalls neu entscheiden."
Ich spürte plötzliche Nervosität. Viel davon.
„Es ist noch nicht lang" sagte ich, meine Stimme klang quietschig. „Es war… heute morgen erst. Kann man das denn schon fest stellen?"
„Eine befruchtete Eizelle genügt" sagte Pomfrey. „Ich bin gleich wieder da." Sie erhob sich und eilte davon, ihre gestärkten Roben raschelten. Es war still. Draußen schien es mittlerweile dunkel zu sein, denn der Raum war mit gelbem Lampenlicht erfüllt. Es roch nach Desinfektionsmittel und frisch gewaschenem Bettzeug. Ich vermisste Remus, ich hätte ihn gebraucht, damit er mir sagte, worauf ich hoffen sollte. Ich schob den Gedanken mühsam beiseite und nährte statt dessen einen gepflegten Zorn auf Severus, der mir offensichtlich meinen Wolf von der Seite gerissen hatte. Dann kam Pomfrey zurück, ihren Zauberstab in der Hand.
„Erlauben Sie" sagte sie und streifte mir Sweatshirt und Hemd in die Höhe. Sie legte die Spitze ihres Stabes auf meinen Bauch und zog eine Reihe von verschlungenen Kreisen auf meiner Haut. Mein Herz pochte mir plötzlich unangenehm irgendwo im Hals.
„Detecte graviditas" sagte sie. Für einen Augenblick schien sie zu lauschen, mit versunkenem Blick starrte sie auf meinen Bauch, dann hob sie den Stab und sah mich an.
„Keine Schwangerschaft feststellbar" sagte sie.
„Oh" sagte ich.
„Aus medizinischer Sicht ist das eine gute Nachricht" sagte sie. „Wir können ohne Bedenken eine Narkose anwenden und Ihnen so das zweifelhafte Vergnügen einer örtlichen Betäubung ersparen."
„Okay" sagte ich. „Poppy, ich glaube, ich muss los."
„Was?" sagte sie.
„Ich muss nach Nummer Zwölf" sagte ich und setzte mich auf, den Schmerz in meiner Schulter heldenhaft ignorierend.
„Sie sind wohl nicht ganz bei Trost" sagte sie.
„Ich komme wieder" sagte ich. „Können Sie mir das irgendwie verbinden? Bitte. Ich will nur mal schnell… irgend etwas. Ich weiß nicht. An dem Ordenstreffen teilnehmen, unter anderem."
„Ich kann Ihnen Remus her bringen, sobald das Treffen beendet ist" bot sie an.
„So lange kann ich nicht warten" sagte ich.
Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah mich an.
„Bitte" sagte ich. „Bittebitte. Ich muss, wirklich."
„Na gut" sagte sie. „Ich verbinde Sie und gebe Ihnen ein Schmerzmittel. Dass es kein Vergnügen ist, sich mit einer Kugel in der Schulter durch einen Kamin zu bewegen, werden Sie schon selbst heraus finden."
„Ja" sagte ich. „Danke, Poppy."
Fünf Minuten später rauschte ich in Nummer Zwölf aus dem Kamin. Das Schmerzmittel, das Pomfrey mir auf solide Muggelart injiziert hatte, vernebelte mir den Kopf und ließ den Schmerz in meiner Schulter von mir abrücken, als hätte ich den Hals einer Giraffe. Ziemlich taumelig kam ich auf die Füße und zog mich am Geländer entlang die Treppe hinauf.
Ich hörte die Stimmen der Ordensmitglieder schon auf dem Flur, die Tür zum Versammlungsraum stand halb offen, und man befand sich gerade inmitten einer heißen Diskussion.
„… nicht zielführend" hörte ich Severus' schneidende Stimme. „Und an Malfoy werden wir uns erst wagen, wenn wir die genauen Ausmaße dessen kennen, womit wir es zu tun haben. Alles andere ist viel zu gefährlich. Higgins ist unser erstes Ziel, auch wenn er höchst wahrscheinlich nur eine Marionette ist."
„Ich bin sicher, Umbridge steckt mit drin" kam Remus' Stimme. „Sie weiß von meiner Entführung, oder wusste es schon vorher. Ihr hättet sehen sollen, wie frustriert sie war, als sie hörte, dass ich den Wolfsbann habe. Sie wusste schon in diesem Augenblick, dass es schwer werden würde, mir etwas anzuhängen. Und diese Betonung der angeblichen Freundschaft mit dem Schulleiter. Es ist nur ein Gefühl, aber ich schwöre euch, sie steckt mit drin."
„Keine Sorge" hörte ich Sirius knurren. „Sie steht sowieso schon ganz oben auf meiner Liste."
„Vor allem brauchen wir Mittel und Wege, die Haftbefehle aufzuheben" ertönte Kingsleys tragender Bass. „Emilias und Remus'. Überdies müssen wir prüfen, dass nicht irgendwelche Vollmond-Verfügungen bestehen bleiben. Der Amtsweg sieht zumindest in Emilias Fall eine Anhörung vor, aber wir sollten das Risiko nicht eingehen, dass diese Jury gekauft ist. Wir müssen die Sache vorher aus der Welt räumen."
„Wir brauchen Beweise" sagte Sirius. „Warum zerlegen wir nicht Umbridges Büro? Etwas muss doch zu finden sein."
Ich stieß die Tür auf und hielt mich im Türrahmen. Alle Blicke gingen mir zu.
„Hi" sagte ich und grinste schwach.
„Emilia" sagte Remus und kam auf mich zu gestürzt. „Himmel, was machst du hier? Warum bist du nicht im Krankenflügel? Gibt es ein Problem?"
„Nein" sagte ich. „Ja. Nein. Doch. Vielleicht. Ich weiß nicht."
Er wollte mich gewohnheitsmäßig an den Schultern fassen, wohl auch, weil ich leicht schwankte, bremste sich aber gerade rechtzeitig und nahm mich um die Mitte.
„Was ist los?" fragte er. Ich lehnte den Kopf gegen seine Schulter, und er schob mich nach draußen in den dunklen Flur.
„Was?" fragte er erneut.
„Es gibt kein Wölfchen" sagte ich und schniefte vergeblich.
„Oh" sagte er, und ich hörte so viel Enttäuschung in dem kurzen Laut, dass ich ohne weitere Umschweife in Tränen ausbrach. Er hielt mich fest und wiegte mich sanft und reichte mir ein Taschentuch, als ich eines brauchte, und als ich mich einigermaßen gefasst hatte, lächelte er.
„Macht doch nichts" sagte er. „Dies war sicher nicht unsere einzige Gelegenheit."
„Nein" sagte ich schniefend.
„Wir haben noch eine Menge Zeit" sagte er. „Wir stehen erst ganz am Anfang. Und wenn wir ein Wölfchen haben wollen, werden wir eines haben, über kurz oder lang."
„Okay" sagte ich schwach und putzte mir die Nase.
„Geht es dir gut?" fragte er besorgt.
„Ja" sagte ich tapferer, als ich mich fühlte.
„Bringen wir zuerst ein paar Sachen in Ordnung" sagte er. „Und dann machen wir ein Wölfchen."
„Okay" sagte ich. „Okay. Wir können dann wieder rein gehen."
„Bist du sicher? Willst du nicht zurück in den Krankenflügel?"
„Später" sagte ich. „Erst will ich anfangen, die Sachen in Ordnung zu bringen."
„Gut" sagte er, legte den Arm um mich, und wir gingen zum Ordenstreffen.
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Nachtrag: Glaubt nicht, ich hätte mir die Wölfchen-Entscheidung leicht gemacht. Merlins Bart, ich hab drüber nachgedacht, als ginge es um meine eigene Familienplanung! Ausschlaggebend waren für mich schließlich folgende Argumente:
Erstens, das, was WrongImpression so treffend zusammen gefasst hat: „Bitte nicht diese Oh, ich habe meinen Verhütungszauber vergessen-Geschichte." Sie hat das noch viel ausführlicher geschildert, und mir wurde dadurch klar, dass ich meinem Lieblingspärchen tatsächlich eine bewusste, souveräne und nicht nur durch den „Heat of the Moment"-Faktor bestimmte Entscheidung wünsche. Sie ist 33, er ist 43, sie haben beide Lebenserfahrung und können sich auch willentlich zum Wölfchen entschließen.
Zweitens: kein Wölfchen in Oktobermond heißt nicht automatisch gar kein Wölfchen. Vielleicht muss man auch nicht alle Ideen in eine Geschichte pressen.
Drittens: Sie sind geschätzte fünf Wochen zusammen. Auch bei großer Liebe ist das reichlich früh für ein Baby. Die Erfahrung sagt, dass zu dritt sich doch ganz anders anfühlt als zu zweit, und wir sollten den beiden noch ein bisschen Romantik gönnen, bevor die durchwachten Nächte beginnen.
Viertens: Emilia im Oktober schwanger werden zu lassen, hieße, dass das Baby im August zur Welt kommt (Nein! Ich kann bis neun zählen. Aber es sind 40 Wochen, und das käme genau hin.). Warum ist August schlecht? August ist Ende von OOTP, und wir alle wissen, was da passiert. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass bei mir etwas fürchterlich tragisches, aber nicht tödliches, für KEINEN Beteiligten, passieren wird. Ich bring' es einfach nicht übers Herz. Aber was immer da passiert, will ich es nicht mit einem Baby verquicken. Von daher: besseren Zeitpunkt wählen.
So, ich hoffe, Ihr könnt mit der Gesamtsituation leben und seid nicht zu geknickt:
Es gibt ein Wölfchen, versprochen. Nur nicht heute.
