Die Tage verliefen ruhig, die Lehrer dachten gar nicht daran, sich zurückzunehmen und gaben den Schülern Hausaufgaben auf, Stoffwiederholungen und und und. Ron murrte bereits am ersten Wochenende, dass er nicht mehr mitkam. Hermine sagte dazu nichts, sondern ließ sich immer öfters alleine an den Tisch in ihrem Gemeinschaftsraum sinken, umgeben von Büchern, die ihr bei den Hausaufgaben helfen sollten. Draco brachte Parkinson immer wieder mit, Hermine ignorierte beide.
Die Gefühle für ihn legten sich allmählich, ihr Herz fing zwar an, schneller zu klopfen, wenn er in ihrer Nähe war, doch mit Disziplin hatte sie es geschafft, ihre Gefühle hinunter zu kämpfen, mit Erfolg wie man sah. Parkinson wurde nur ein genervter Blick zu geworfen, wenn sie irgendwelche dummen Sprüche von sich gab oder sie wurde höflich darauf hingewiesen, dass ihr Niveau zu nicht mehr reichte, als zu dem, was sie tat.
Die erste Woche verging im Flug und ehe Hermine sich versah, hatten sie schon wieder Wochenende. Das warme Licht der Sonne fiel in ihr Zimmer hinein, durch einen Spalt in den Vorhängen und weckte sie. Sie blinzelte und stellte die Füße auf den kalten Boden, zog sie aber schnell wieder zurück. Es war eisekalt. Man konnte sich sowieso schon wundern, warum es immer noch so schönes Wetter war und es nicht regnete ohne Unterlass. Hermine machte sich auf in den Waschraum, duschte und ging dann hinunter zum Frühstück. Kaum hatte sie Platz genommen, kamen auch schon Ron und Harry und ließen sich neben sie auf die Bank fallen. Ron sah etwas zerzaust aus, doch sie fragte nicht nach, was er wieder gemacht hatte, eigentlich interessierte sie es im Moment auch nicht, da die Posteulen in die große Halle gerauscht kamen und ein großer Kauz vor ihr auf dem Tisch landete. Er streckte ihr sein Bein entgegen, blickte sie aus seinen bernsteinfarbenen Augen aufmerksam an. Mit gerunzelter Stirn nahm sie den Brief, der mit blauem Wachs versiegelt war vom Bein der Eule, achtete nicht mehr auf sie, sondern starrte auf die Schrift. Es schien keine Handschrift zu sein, jedenfalls konnte sie sich nicht vorstellen, dass jemand so wunderschön schreiben konnte, so akkurat. Ohne einen krummen Buchstaben. So schön konnte selbst sie nicht schreiben. Ron, der sich gerade den Mund mit Toast voll schob, warf einen neugierigen Blick auf den Brief in ihren Händen.
„Pfom wehm is der?", fragte er mit vollem Mund, schluckte schnell runter und murmelte ein: „Tut mir Leid, Mine!", bevor es sich in einem Hustenanfall verlor.
„Geschieht dir Recht, Ron", sagte Hermine, lächelte jedoch. Auch Harry schaute verwundert auf den Brief in den Händen seiner besten Freundin.
„Hast du eine Ahnung, von wem der ist?", fragte er, genauso wie Ron, allerdings mit leerem Mund. Hermine zuckte mit den Schultern.
„Nein, keine Ahnung. Ich kenne die Schrift nicht."
„Mach ihn lieber nicht auf, erinnere dich nur an die Post, die ich bekommen habe. Mit diesem Schleimzeugs drin. Vielleicht ist er mit Juckpulver angestreut oder so etwas." Hermine lächelte Harry an.
„Danke, ich überleg es mir." Sie aßen weiter, Hermine hatte den Brief in ihre Tasche geschoben, in der sie allerhand Hausaufgaben für den Tag mit sich schleppte.
„Wir haben jetzt Teambesprechung", sagte Harry und sie nickte. „Ich nehme an, wir finden dich in der Bibliothek!"
„Genau da." Ron rollte mit den Augen, als er dachte, dass Hermine es nicht sah, doch sie hatte es gesehen, machte ihn aber nicht darauf aufmerksam. Nachdem die beiden gegangen waren, stand auch Hermine auf und machte sich auf den Weg in die Bibliothek, entschied sich aber dann anders. Warum sollte sie bei diesem schönen Wetter auch in die Bibliothek gehen? Sie würde sich einfach unter die Tanne setzen, am See.
Eine leichte Brise wehte und milderte die Wärme etwas. Hermine breitete eine Rolle Pergament auf ihren Knien aus, stellte das Tintenfass mit dunkelgrüner Tinte neben sich auf die Bank. Kleine Wellen kräuselten die Wasseroberfläche. Sie erblickte eine große, schlanke Gestalt am gegenüberliegenden Ufer des Sees, konnte aber nicht genau sagen, wer es war, da die Sonne sie zwang zu blinzeln. Der Umhang flatterte ein wenig im Wind, kaum, aber doch sichtbar. Hermine zuckte mit den Schultern, kramte erneut in ihrer Tasche und zog das Buch heraus, welches sie gesucht hatte. Der Aufsatz für Professor Snape. Zwei Rollen Pergament, nichts unmögliches. Seufzend blätterte sie die Seite auf, auf der etwas über die Verwendung von Sachrumpflanzen stehen sollte, wobei Hermine wusste, dass es Pflanzen waren, die man in die meisten giftigen Tränke mischte. Sie war nicht direkt tödlich, sondern wirkte langsam und unbemerkt. Sie schrieb sorgfältig auf, was ihr in den Sinn kam und formte es dann zu einem ordentlichen Aufsatz um. Die zwei Pergamentrollen schaffte sie. Während Hermine die Bücher zurück in ihrer Tasche tat, fiel ihr der Brief in die Hände. Es reizte sie, ihn sie zu öffnen. Die Warnung von Harry kam ihr wieder in den Sinn, doch sie schüttelte den Kopf. In diesem Brief war nichts Böses, glaubte und hoffte sie zumindest. Vorsichtig brach sie den Wachs auf und entfaltete das Pergament.
Mae Aloniae,
wie schwer es mir fällt, dir diesen Brief zu schreiben ... wie lange habe ich mit mir gekämpft, ein Gewissenskonflikt, den ich so schnell nicht wieder vergessen werde, du hast mir ganze drei Nächte Schlaf geraubt.
Aber ich musste ihn dir schreiben, da ich mir mit meinem Gewissen einig bin, dass es so nicht weitergehen kann. Ich kann und will nicht aufhören an dich zu denken, ich habe keine Lust mehr, dir aus dem Weg zu gehen. Aber ich kann es nicht ändern, weil ich nicht weiß, wie du darüber denkst. Es ist ungeheuerlich schwer, nicht zu wissen, wie der andere über einen denkt, ob er ihn womöglich hasst oder gar liebt! Wer kann so etwas schon in den Augen lesen? Vor drei Jahren haben wir uns das erste Mal registriert, richtig gesehen. So geht es mir zumindest...
Versuch nicht herauszufinden, woher dieser Brief stammt, du wirst es nicht schaffen, da ich viel zu schlau für dich bin...
Hermine hielt den Brief in ihren Händen und ein Lächeln hatte sich unbemerkt auf ihrem Gesicht ausgebreitet. Sie las ihn noch einmal, nicht sicher, ob er wirklich für sie bestimmt war. Vor drei Jahren also? Wer konnte es sein. Ihr erster Gedanke war Malfoy, doch der würde sich nie an den Tisch setzen und jemanden so einen Brief schreiben, dafür war er sich viel zu fein. Es passte einfach nicht zu seiner Person, kein Malfoy würde einem Schlammblut einen Brief schreiben, nicht mit solch einer Anrede, die sie keiner Sprache zuordnen konnte. Vor drei Jahren, was war vor drei Jahren? Das Trimagische Turnier...
Es konnte doch nicht sein oder doch? Ein Name schlich sich in ihrer Gedanken, Viktor, Viktor Krum. Sie hatte seit anderthalb Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm, hatte auf ihren letzten Brief keine Antwort erhalten. Sollte er sich vielleicht doch dafür entschieden haben, wieder mit ihr in Kontakt zu treten? Aber warum?
Eine Windböe kam auf und riss ihr den Brief beinahe aus der Hand. Niemand durfte davon etwas erfahren, nicht solange sie nicht wusste, wer der Schreiber war. Doch im Augenblick kam ihr kein anderer als möglicher Schreiber in den Sinn, als Viktor Krum, der gutaussehende Quidditchspieler, Teilnehmer des Trimagischen Turniers und ihr Tanzpartner beim Weihnachtsball...
A/N was haltet ihr von der anrede Mae Aloniae? aloniae, eigentlich alonia, ist mir so eingefallen, mae stammt aus dem lateinischen...wie auch immer, herzlichen dank an jannilein...R&R
