Als Hermine die Augen aufschlug, war es noch dunkel. Es war zwar Wochenende, doch sie stand auf und ging hinunter in den Waschraum, duschte, zog sich an und verließ den Gemeinschaftsraum. Die Ereignisse der Nacht schwirrten in ihrem Kopf herum und ließen keine anderen Gedanken mehr zu. Draco hatte einen Menschen getötet und sie hatte ihn mit einem Fluch belegt. Es war eine gerechte Strafe gewesen...
Aber er fühlte sich schuldig, schien sich selber zu hassen, auch wenn er es nicht zeigen wollte. Draco hatte sich in dieser Nacht mehr geöffnet, als sie es sich vorstellen konnte. Manchmal zweifelte Hermine sogar daran, ob es wirklich geschehen war.
Um das Schloss fegte ein heftiger Wind und es regnete in Strömen, was sie feststellte, als sie einen Blick aus dem Fenster warf. Hermine war eine der Ersten, die in der großen Halle Platz nahmen. Von Ron und Harry war nichts zu sehen, die beiden lagen wahrscheinlich noch ruhig und friedlich schlafend in ihren Betten. Der Lehrertisch war ebenfalls bis auf Professor Flitwick unbesetzt. Hermine nahm sich ein Toast und beschmierte es sich mit Marmelade, biss hinein und nahm gedankenversunken einen Schluck von dem Früchtetee, den sie sich in ihren Becher gegossen hatte. Anscheinend hatte jemand bei den Hauselfen angeregt, dass sie Tee kochten, denn überall konnte man, mit dampfender Flüssigkeit gefüllte Becher sehen. Die Posteulen würden später kommen, Hermine rechnete fest mit einem erneuten Brief von ihrem heimlichen Beobachter. Er hatte sicherlich alles von gestern Nacht mitbekommen und musste jetzt sein Kommentar dazu abgegeben. Sie rümpfte die Nase. Das Gefühl beobachtete zu werden, ließ zwar auf sich warten, doch sie behielt es immer im Hinterkopf, dass da jemand war, der jeden ihrer Schritte verfolgte.
Nachdem sie ihren Becher Tee ausgetrunken hatte und das Toast mehr oder weniger mit Zwang sich einverleibt hatte, stand sie auf und stieg, die voller werdenden Treppen hinauf. Innerlich hoffte sie darauf, weder Ron noch Harry oder Ginny zu treffen. Ron würde ihren Gesichtsausdruck vermutlich richtig deuten und sie ausfragen, was passiert war. Aber es sollte niemand etwas davon erfahren, niemand und dieses Mal auch wirklich niemand.
Sie murmelte das Passwort und betrat den kleinen, leicht beleuchteten Gang und schließlich den Gemeinschaftsraum. Kaum hatte sie einen Fuß hineingesetzt, stand Draco, der in einem der Sessel, den er so gedreht hatte, dass er den ganzen Raum überblicken konnte, auf und ging auf sie zu. Hermine schaute ihn an und wollte sich mit einem gemurmelten ‚Ich habe leider keine Zeit!' aus dem Staub machen, doch ehe sie sich an ihm vorbeischmuggeln konnte, hatte er sie am Arm gepackt und vor sich gestellt.
„Was hast du mit mir gemacht?", fragte er, während er immer noch ihren Arm festhielt.
„Darf ich dich darauf aufmerksam machen, dass du ein Schlammblut, wie du mich immer so nett bezeichnest, am Arm gepackt hältst und dazu noch sehr fest!."
„Hör auf so einen Scheiß zu reden", murmelte er, ließ ihren Arm los und Hermine fragte sich, was er genau mit Scheiß gemeint hatte.
„Was hast du mit mir gemacht?", wollte er erneut wissen und Hermine seufzte.
„Kannst du dir das nicht denken?"
„Doch schon, du hast mir irgendeinen Fluch auf den Hals gehetzt und das nennt man also Hilfe, ja!" Vielleicht versuchte er seine Stimme nicht bissig klingen zu lassen, doch er schaffte es nicht.
„Tu nicht so, als ob du es nicht wüsstest, Malfoy", antwortete sie ihm daher ebenso schnippisch und war verwundert über den Satz, den er als nächstes sagte:
„Ich heiße Draco, Hermine." Sie zog einen Augenbraue hoch und betrachtete, die ihr entgegen gestreckte Hand skeptisch.
„Bitte was?"
„Ich heiße Draco."
„Willst du mich irgendwie verarschen?" Draco Malfoy bot ihr das persönliche Du an? Unglaublich und erschreckend zugleich.
„Hatte ich nicht vor, nein."
„Und du bist sicher, dass es dir gut geht?"
„Soweit ich das beurteilen kann, ja." Hermine warf ihm einen fragenden Blick zu und reichte ihm vorsichtig ihre Hand.
„Hermine, aber ich nehme an, dass weißt du inzwischen." Der Händedruck, den sie austauschten war kurz und fest. Anscheinend konnten sie beide nicht damit umgehen, Hermine zumindest nicht. Seine Hand hatte sich so vertraut in ihrer angefühlt, so richtig. Sie starrte ihre Hand an, vergaß die Anwesenheit von Draco vollkommen. Er hatte ihr die Hand geschüttelt, ganz einfach so, er, ein Reinblut schüttelte einem Schlammblut die Hand...unglaublich.
„Ich habe kein Gift an meiner Hand, du musst deine nicht so anstarren."
„Du hast mir die Hand geschüttelt."
„Und da habe ich doch immer gedacht, du bist intelligent."
„Du hast einem Schlammblut die Hand geschüttelt. Hat dir irgendjemand Drogen gegeben?"
„Nein." Wieder zog sie eine Augenbraue hoch, ging an ihm vorbei und ließ sich in den Sessel fallen, von dem er aufgestanden war. Hermine sah ihn an.
„Ich habe den Gegenfluch gesprochen."
„Warum?"
„Weil ich dir versprochen hatte, dir zu helfen."
„Woher wusstest du ... woher konntest du ihn."
„Ich benutze die Bibliothek zu den vorgesehen Zwecken, nicht so, wie manch anderer hier im Raum."
„Geht dich das etwas an?", fragte er sie mit hochgezogener Augenbraue
„Entschuldige bitte", erwiderte sie spöttisch und Draco ließ sich in den anderen Sessel fallen. Hermine zuckte mit den Schultern und starrte ins Feuer.
„Hermine, ich --", der Klang ihres Namens war so ungewohnt aus seinem Mund und doch ließ er ihr einen leichten Schauer über den Rücken laufen. Es war einfach ... niemals in ihrem Leben hätte sie sich vorstellen können, dass er sie einmal bei ihrem richtigen Namen nannte. Hermine zeigte mit keinem Anzeichen, dass sie ihn gehört hatte, sondern schaute weiterhin in die Flammen.
„Ich wollte mich bei dir bedanken. Ich weiß nicht wie lange ich es noch ausgehalten hätte, ohne es jemanden zu erzählen. Die maulenden Myrte versteht einen nicht, sie ist schon tot." Also war sie eigentlich nur die zweite Wahl gewesen?
„Schon?", fragte sie ihn und blickte ihn offen und geradeaus an. Draco erwiderte den Blick und sah dann zur Seite.
„Du weißt nicht wie es ist, wenn man die ganzen Nächte lang von dem Menschen verfolgt wird, den man getötet hat. Es zermürbt einen und es zieht dich in ein seelisches Loch. Meine Familie erwartet Stärke in solchen Sachen von mir, sie käme nie auf die Idee, dass ich vielleicht keinen Spaß am Töten empfinden könnte, dass ich mich vielleicht vor mir selber ekle. Meine Mutter würde mich verstehen, aber ich könnte es ihr nicht erzählen. Vielleicht denkst du jetzt, ich bin feige oder einfach nur zu schwach für meine harte Welt..."
"Wie sollte ich es auch wissen, ich habe keinen Menschen getötet! Warum hast du es mir erzählt? Weil Myrte dich nicht mehr länger versteht", wollte Hermine wissen und leichte Enttäuschung schwang in ihrer Stimme mit, sie hätte es wissen sollen. Hermine erhob sich und blickte auf ihn hinunter.
„Was ist los?", fragte er zurück, anscheinend hatte er keine Ahnung, doch in seinen Augen lag ein leicht verletzter Ausdruck.
„Nichts, was sollte los sein? Ich bin nur gerade eben mit der maulenden Myrte verglichen worden, indirekt zwar, aber irgendwie schon und man kommt sich doch als zweite Wahl vor, wenn einem derjenige sagt, den man von einer, eigentlich gerechten Strafe befreit hat, dass ein Geist ihn nicht verstehen könnte, da er ja schon tot ist. Nimmt man halt die Granger, die sich ja anscheinend ein wenig Sorgen um sich gemacht hat. Noch dazu ist sie schlau und vielleicht hilft sie einem ja auch", zischte Hermine den verdutzten Draco an und verließ den Raum in Richtung Ausgang, hörte noch das:
„So war das doch nicht gemeint"
und das, sehr deutlich gemurmelte: „Weiber!" Sie lächelte
und war sich mit sich selber einig, dass sie über den Patzer von
gerade eben hinweg sehen konnte, obwohl es sie enttäuscht hatte.
Auch wenn es eventuell noch länger
dauern würde, vielleicht waren sie ja auf dem Weg Freunde zu
werden, wer konnte das schon wissen? Draco und sie mussten sich
einfach an die neue Situation gewöhnen und er musste lernen, wie
man mit einem Mädchen umging, was nicht nur an Sex dachte. Es
war einfach unvorstellbar, doch Hermine fand, dass sie es wenigstens
versuchen mussten, immerhin hatte er ihr das persönlich Du
angeboten, etwas, was sie sich nie hatte vorstellen können, nie
…
Sie saß in der Bibliothek, den Kopf über die Seiten eines Buches gebeugt, als eine Eule sanft gegen das Fenster klopfte. Hermine sah auf und erkannte schon beim ersten Blick, dass es der Brief war, auf den sie den ganzen Tag gewartet hatte. Sie öffnete das Fenster und ließ die Eule ein, deren Federn kreuz und quer standen. Ihr fiel auf, dass er die Eulen immer wechselte. Leicht strich sie ihr über die Federn, was ein leichtes Schuhu auslöste. Sobald sie den Brief von dem Bein genommen hatte, hüpfte die Eule zum Fenster zurück und verschwand in den, schon recht dunklen Nachmittag.
Alonia,
du hast ihm geholfen und scheinbar
bist du mit der jetzigen Situation ganz zufrieden. Er hat dich all
die Jahre lang beschimpft, er hat schreckliche, für ihn
normalscheinende Ausdrücke zu dir gesagt und die hilfst ihm
tatsächlich von diesem Murtouslepcus-Fluch loszukommen! Aber
wahrscheinlich hattest du deine Gründe und ich werde mich davor
hüten, etwas dagegen zu sagen. Schließlich war ich es, der
dir gesagt hat, du sollst auf dein Herz vertrauen und wenn es die
Entscheidung getroffen hat, wird es die Richtige sein. Tun nichts,
was du nicht tun willst. Ich denke, du wirst Probleme mit Potter und
Weasley bekommen, sie werden es nicht verstehen ...
Hermine musste sich zusammenreißen, um den Brief nicht in Flammen aufgehen zu lassen. Was ging es ihn an, wem sie wann half? Er hatte nicht das Recht sich in ihr Leben einzumischen. Wütend stopfte sie den Brief in ihre Tasche und konzentrierte sich wieder auf ihr Buch.
A/N tachchen ... sry, aber ich wollte gestern schon hochladen, kam aber nicht auf die seite und nicht in meinen account rein ... tut mir auch leid, dass ich jetzt so ein kurzes hin und her gemacht habe, mit dem chap., aber die koordination zwischen der seite und meiner emailadresse scheint irgendwie gestört zu sein, deswegen hab ich auch nicht alle reviews bekommen ... dank an Jannilein
( du musst dich nicht selbst informieren ;) , Drac0sGirl , cdt , ardsmair und willa81 (sry, aber wie gesagt, bin nicht drauf gekommen ... hätt es schon gestern gemacht, aber es steigert ja auch die spannung ;) ... hel ... ich hoffe ihr verzeiht mir die sache mit draco ... aber es war von vorne rein mein plan, hoffentlich hindert es euch nicht daran, weiterzulesen ! R&R
