Mit nassen Haaren verließ Hermine den Waschraum, lief nach oben und verstaute ihren Pyjama unter der Bettdecke. Von Draco war nichts zu sehen und ihr machte es nichts aus. Noch nie war ihr aufgefallen, dass er auch privat so arrogant war. Wie auch? Wann hatte sie je so viel privat mit ihm zu tun gehabt? Niemals! Sie murmelte den Zauberspruch, der ihre Haare trocknete, nahm sich ihre Tasche, welche immer ein Buch beherbergte und machte sich auf den Weg nach unten in die große Halle. Ein Blick auf den Tisch der Slytherin zeigte ihr, dass Draco schon hier unten saß, Pansy neben sich, sehr nahe und wenn Hermine sich nicht täuschte, lag eine Hand von ihr auf seinem Oberschenkel. Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, fasste den Tragegurt ihrer Tasche fester und ging, mit einem letzten Blick zurück auf deue beiden, auf ihren Tisch zu, achtete nicht auf ihren Weg und stieß mit Seamus Finnigan zusammen, der sie automatisch wie es schien, um die Hüfte fasste, damit sie nicht hinfiel. Hermine sah lächelnd auf. Er hatte rotblonde Haare, grüne Augen, in denen der Schalk glitzerte. Seine Lippen hatten sich zu einem Grinsen verzogen. Gerade als sie ihm danken wollte, legte ihr jemand die Hand auf die Schulter. Hermine verrenkte sich den Hals, nur um Ron zu sehen, der unfreundliche Blicke auf Seamus abfeuerte.
„Würde es dir etwas ausmachen, die Finger von Hermine zu lassen?", fragte er knurrend. Seamus ließ sie los und hob, immer noch grinsend, abwehrend die Hände hoch.
„Keine Bange, ich habe dein Mädchen nicht angefasst, sie nur vor dem Fallen bewahrt. Einen hübsches Lebewesen hast du dir da ausgesucht."
„Ich bin nicht sein Mädchen", wollte Hermine klarstellen, doch die Jungen fochten einen Kampf mit Blicken aus.
„Ich lasse nicht zu, dass du sie als eine deiner Trophäen sammelst."
„Hatte ich nicht vor, Weasley", raunte Seamus und zwinkerte Hermine zu, die ihm einen fragenden Blick zu warf. Das es plötzlich recht leise in der großen Halle geworden war, beachteten die beiden nicht, doch Hermine drückte sie auf ihre Ohren und sie nahm sie überdeutlich war.
„Lass einfach die Finger von ihr und meiner Schwester. Sie gehen dich nichts an." Ron hatte inzwischen einen Arm um Hermine gelegt und drückte sie an sich. Auf das Sträuben von ihr achtete er nicht.
„Deiner Schwester?"
„Meiner Schwester, tu nicht so unschuldig."
„Ich habe sie nicht angefasst, obwohl sie sehr hübsch ist, wenn ich das gerade mal so behaupten darf." Er grinste erneut.
„Verpiss dich, Finnigan", knurrte Ron wieder, Hermine wand sich aus seinem Arm, doch Ron hielt sie an der Schulter fest.
„Du hast mir nichts zu sagen", zischte Seamus zurück.
„Hört auf, beide", sagte Harrys Stimme hinter Rons Rücken, nahm Ron am Kragen seines Umhangs und zog ihn und Hermine in Richtung Gryffindortisch.
„Warum hat denn Professor Snape nichts unternommen? Oder Professor Sprout?", fragte Hermine entgeistert, ihr Glauben an die Lehrer anscheinend erschüttert.
„Mine, du glaubst doch nicht, dass Snape eingreift, wenn zwei Gryffindors sich beinahe an die Gurgel gehen. Und Professor Sprout scheint es alles nicht als ernst zu betrachten, ansonsten hätte sie sicher eingegriffen. Was war eigentlich los?"
„Ron hat gemeint, dass er sich aufspielen musste."
„Finnigan hatte seine Drecksgriffel auf ihr."
„Mir hat es nichts ausgemacht", entgegnete Hermine erhitzt. Wieso machte Ron so etwas? Wieso führte er sich auf, als seien sie zusammen? Diese Eifersucht ging ihr auf den Keks, sie konnte und wollte sie nicht länger ertragen, egal, was Harry ihr gesagt hatte. So verhielt sich kein Bruder seiner Schwester gegenüber und auch kein bester Freund seiner besten Freundin.
„Er hatte was?"
„Seine Finger an Hermines Hüften, etwas zu nahe an ihrer Kehrseite, wenn du mich fragst."
„Aha", murmelte Harry und warf Hermine einen fragenden Blick zu.
„Das stimmt überhaupt nicht, Ron übertreibt mal wieder. Ich habe jemanden gesehen und der hat mich abgelenkt, also hab ich nicht auf den Weg geachtet und bin über Seamus gestolpert, der mich aufgefangen hat und ehe ich ihm danken konnte, kam Mister Eifersucht anmarschiert und hat ihn dumm von der Seite angeblufft."
„Ich bin nicht eifersüchtig", grummelte Ron, doch die Röte auf seinen Wangen war eindeutig.
„Nein, natürlich nicht", erwiderte Hermine mit vor Spott triefender Stimme und ehe Ron noch etwas antworten konnte, fragte Harry:
„Wie lange brauchst du denn mit den Hausaufgaben, Mine. Schließlich wollten wir heute ja etwas zusammen unternehmen."
„Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist, Harry", murmelte Hermine, während sie der Eule, die ihr die neue Ausgabe des Tagespropheten gebracht hatte, ihr Geld in den Beutel steckte.
„Komm schon, Mine. Ron hat es nicht so gemeint und du auch nicht."
„Doch", sagten die beiden wie aus einem Munde und Hermine seufzte.
Hermine saß an dem Tisch in ihrem Gemeinschaftsraum, um sie herum stapelten sich alle Bücher in einem Halbkreis, die sie in ihrem Koffer gehabt hatte und bedeckten beinahe den ganzen Tisch. Sie beugte sich angestrengt über eine Tafel für Alte Runen und murmelte Sätze vor sich hin. Sie hatte Alte Runen behalten, auch wenn es nicht nötig war, für die Ausbildung zu einem Auror. Nun grübelte sie über einer alten Übersetzung von einem Zauberer mit dem Namen Stinkfuß, Hermine wollte nicht wissen, wer ihm diesen Namen gegeben hatte und warum. Jemand kam die Treppe hinunter und blieb zögernd vor dem Tisch stehen. Nach kurzer Zeit schaute Hermine fragend auf und sah Draco, der angesichts des Durcheinanders auf dem Tisch leicht lächelte und ihr fiel auch auf, dass er mit einem freundlichen Lächeln noch anziehender wirkte und noch besser aussah. Sie schluckte.
„Kann ich dir helfen?", fragte sie und ihre Stimme diente ihr nicht ganz einwandfrei.
„Alles in Ordnung?"
„Ja, natürlich, alles bestens", antwortete Hermine und schenkte Draco ihr erstes, aufrichtiges Lächeln.
„Meinst du, du kannst ein paar von diesen Büchern zur Seite räumen, damit ich mich hier hin setzen kann? Meine Hausaufgaben lösen sich leider nicht von selber."
„Nicht?", fragte Hermine grinsend, doch Draco schüttelte nur den Kopf.
Dann eben nicht, dachte sie und beeilte sich die Bücher auf einander zu stapeln. Daraus entstand ein hoher und wackeliger Turm, der beim leichtesten Windstoß umzufallen drohte. Da sie nicht wusste, ob er reden wollte oder überhaupt interessiert daran war, mit ihr ins Gespräch zu kommen, ließ sie es bleiben und richteten ihren Blick auf ihr Pergament. Draco legte eine lange schwarze Feder auf den Tisch, rollte ein Pergament aus und schraubte ein Tintenfass mit dunkelgrüner Tinte auf. Das alles sah sie aus den Augenwinkeln, denn sie beobachteten ihn unauffällig. Schon bald darauf erklang das gleichmäßige Kratzen von Federn auf Pergament.
Hermine griff unbewusst nach einem der Bücher, die noch auf dem Tisch rumlagen, nicht aufgestapelt zu einem lebensmüden Projekt und stieß dabei mit dem Ellebogen an eben jenes. Der Bücherstapel kippte in ihre Richtung und ehe sie den Arm wegziehen konnte, wurde er unter dem gesamten Gewicht der Bücher begraben und eines davon fiel genau mit der Spitze des Buchdeckels auf ihren Arm.
„So ein Mist", sagte sie zwischen
zusammengepressten Zähnen und versuchte die heißen
Schmerzen in ihrem Arm zu ignorieren und die Tränen, die sich
unfreiwillig in ihren Augen sammelte. Sie durfte doch wegen so einer
Kleinigkeit nicht anfangen zu heulen, nicht vor ihm. Draco hatte bei
dem Krach aufgesehen und musterte nun ihren Arm, der unter den
Büchern gefangen war, ihr schmerzverzerrtes Gesicht und die
Tränen, die drohten aus ihren Augenwinkeln zu laufen. Hermine
schniefte zornig, legte die Feder beiseite und begann damit ihren Arm
unter den Büchern hervorzuziehen, wobei einige von ihnen zu
Boden fielen.
Vorsichtig schloss sie die Finger zu
einer Faust und öffnete sie wieder. Es war kein schlimmer
Schmerz, auszuhalten, doch ein leichter Schnitt zog sich über
ihren Arm, anscheinend war der Buchdeckel hart und sehr spitz
gewesen.
„So ein Riesenmist", fauchte sie
wütend und machte sich daran, die Bücher aufzusammeln.
Draco stand auf und half ihr. Sie griffen beide nach einem Buch,
Hermine war schneller und Dracos Fingerspitzen strichen leicht über
ihren Handrücken, als er seine Hand zurückzog. Hermine
atmete tief ein, stand auf und setzte sich mit einem gemurmelten
Danke wieder an den Tisch, nahm ihre Feder auf und schrieb weiter,
als sei nichts gewesen.
Die Stelle, wo er sie berührt
hatte, brannte heiß, sie konnte noch genau den Weg fühlen,
wo seine Fingerspitzen sie gestreift hatten. Es war unbewusst
geschehen, doch es hatte einen Schauer ausgelöst, der über
Hermines Rücken gelaufen war. Sie schloss die Augen und blickte
auf. Draco hielt seinen linken Arm umklammert, es sah so aus, als
würde er es nicht bemerken und die Erinnerungen der Nacht
überfluteten Hermine:
„Da", sagte er nun zornig und hielt ihr seinen linken Arm hin.
„Du kannst es nicht sehen, es ist unter einem Zauber verborgen, aber ich kann es spüren, die ganze Zeit und ich kann nichts dagegen machen. Mit diesem Mal hat der dunkle Lord mich vollkommen unter Kontrolle, er hat mein Leben in seinen Händen..."
Er ist ein Todesser, schoss es ihr durch den Kopf, er hat getötet, er hat einen Menschen getötet, du teilst dir deine Räumlichkeiten mit einem Mörder. Angst schlich sich in ihre Augen. Was, wenn Voldemort ihm befehlen würde, sie zu töten, als Rache an Harry? Würde er es tun? Draco sah auf und bemerkte den ängstlichen Blick, den Hermine seinem linken Arm schenkte. Er seufzte.
„Du ... du bist ... du bist ein Todesser ", sagte Hermine leise, ihre Stimme drohte zu kippen.
„Hermine, hör --", sie unterbrach ihn.
„Du hast jemanden umgebracht, du ... du ... scheiße." Sie drückte sie gegen die Lehne ihres Stuhles, als versuchte sie mehr Abstand zwischen sich und Draco zu bringen.
„Hermine, nein, hör auf, lass es sein", in seiner Stimme schwang leichter Zorn mit.
„Was mach ich denn? Bringst du mich jetzt auch um?" Hermine schüttelte den Kopf, versuchte klare Gedanken zu fassen, doch die Angst, die urplötzlich aufgetaucht war, schnürte ihr den Hals zu. Woher sie kam, konnte sie selbst nicht sagen. Er erhob sich und machte einen Schritt auf sie zu. Hermine stand auf und der Stuhl fiel von dem Schwung auf den Boden.
„Bleib stehen wo du bist ... oder ich ... sie merken, wenn mir etwas passiert."
„Hermine", versuchte Draco einzuwenden, doch sie sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an, in denen pure Angst lag.
„Bleib stehen, ich warne dich, noch einen Schritt. Malfoy, ich warne dich, lass mich in Ruhe, ich habe dir nichts getan", er achtete nicht auf ihren Protest, sondern kam stetig näher. Zorn lag in seinen Augen, aber auch Enttäuschung, kein Wort kam aus seinem Mund.
„Verdammt, hau ab ... hau ab, habe ich gesagt", ihre Stimme versagte, als er vor ihr stand, die kalte Wand in ihrem Rücken und es keinen Ausweg mehr gab.
„Halt die Klappe, verdammt noch mal, halt die Klappe", fauchte er und Hermine drückte sich gegen die Wand.
„Was willst du machen? Er hat Angst vor Dumbledore, der dem du dienst, Volde --", er presste ihr seine Hand auf den Mund und Hermine biss reflexartig zu.
„Mensch, was ist denn auf einmal los mit dir? Du hast es doch auch in meinem Zimmer mit mir ausgehalten, du hast dich sonst doch auch nicht so aufgeführt, was ist los, verdammt?". Er packte sie hart an den Schultern, beugte sich zu ihr hinunter und sah ihr in die haselnussbraunen Augen. Es war, wie als würde ein Blitz durch ihren Körper fahren, der Kopf wurde ihr schwer und sie schloss für einen Augenblick die Augen und als sie sie wieder öffnete, war die Angst verschwunden, Traurigkeit legte sich in ihren Blick und sie sah Draco entschuldigend an. Draco ließ ihre Schultern los und verließ den Raum. Hermine stand da und starrte auf die Stelle, an der er gerade eben noch gestanden hatte, rutschte an der Wand hinunter und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen.
Was hatte sie getan?
A/N so, jetzt habt ihr es geschafft, mein kopf wummert noch mehr als vorher, aber ich wollte euch nicht so lange warten lassen ;) danke an Jannilein , Drac0sGirl , cdt , ardsmair Yukikogossen und Riley Malfoy-Black ... freut mich, dass doch noch neue reviewer dazu kommen, leider bleiben andere aus ... mir ist diese idee in dem chap. einfach so in den kopf gesprungen, deswegen hoffe ich, dass es euch trotzdem gefällt ... R&R
