Hermine führte Harry in eines der zu dieser Zeit leeren Klassenzimmer. Sie ließ sich auf einen der Tische nieder, stellte ihre Füße auf den Stuhl, den sie zuvor vom Tisch genommen hatte. Harry zögerte kurz, ging dann auf sie zu und zog ihr den Stuhl unter den Füßen weg, setzte sich darauf und blickte erwartungsvoll zu Hermine auf.
„Warum willst du mit mir reden?"
„Nun ja, ich weiß nicht wie ich anfangen soll", murmelte sie, verlegen um Worte. Wie sollte sie ihn, möglichst unauffällig fragen, wie es um seine Gefühle für Ginny stand?
„Hermine, ist alles in Ordnung mit dir, du bist auch sonst nicht so um Worte verlegen, das macht einem richtig Angst", er versuchte ein Lächeln, doch es misslang ihm kläglich.
„Ist mit dir denn auch alles in Ordnung?", fragte Hermine zurück und hoffte darauf, dass er ihr von alleine erzählen würde, dass sie ihn nicht fragen musste, sondern dass er ausnahmsweise einmal seine Gedanken für sie öffnete, ohne Grummeln. Er erfüllte ihr ihren Wunsch nicht, sondern nickte mit dem Kopf und schaffte es, sie freundlich anzulächeln, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht.
„Nun sag schon, worum geht es?"
„Es ... ich ...", stotterte Hermine, nicht wissend, woran es lag, dass ihr nicht die richtigen Worte einfielen, um ihren besten Freund zu fragen, warum er nicht mehr mit ihrer besten Freundin zusammen war, warum er sich mal wieder als den großen Beschützer aufspielte und nicht auf die Gefühle in seinem Inneren hörte?
Harry runzelte die Stirn und blickte sie an. Hermine zuckte mit den Schultern, lächelte ebenfalls und biss sich auf die Unterlippe. Bei Draco war sie doch auch nie um Worte verlegen, warum dann bei Harry?
„Ich habe dich gesehen", murmelte sie.
„Bitte was?"
„Ich habe sie gesehen, die Blicke, die du ihr zuwirfst."
„Hermine?"
„Du liebst sie immer noch Harry, habe ich Recht?"
„Von wem redest du?"
„Stell dich jetzt bitte nicht dumm", fauchte sie ihn an und verwünschte sich selber für die harschen Worte. Er sah sie an, keine Gefühle spiegelten sich in seinen grünen Augen, nichts. Sie seufzte.
„Tu mir bitte den Gefallen und hör auf dir etwas einzureden, was nicht stimmt."
„Wovon redest du?"
„Harry", knurrte Hermine. Harrys Augen verdüsterten sich, nahmen das dunkle Grün an, was sie schon so manchmal vor einem seiner Wutausbrüche gewarnt hatte.
„Wenn du mir nicht sagst, von wem du redest, dann kann ich dir nicht sagen, ob du recht hast oder nicht."
„Ich bin mir aber sicher, dass du weißt, von wem ich rede", erwiderte Hermine ihm, sie hatte keine Angst vor einem schreiendem Harry. Ron war viel erschreckender, wenn er wütend war und wenn sie sich nach einem Streit wieder einmal ignorierten, hatte Hermine immer das Gefühl gehabt, etwas würde fehlen, ein Teil von ihr. Vielleicht fühlte sie sich deswegen manchmal mehr zu Ron hingezogen, als zu Harry, weil sie sich noch nie wirklich mit Harry gestritten hatte, noch nie so schlimm wie mit Ron.
„Nein", sagte Harry stur und stand auf.
„Gibt es ein anderes Mädchen in deinem Leben außer mir?" Der Ausdruck, der sich nun auf sein Gesicht legte, bestand aus purer Verwirrung, Ungläubigkeit und vielleicht auch Verzweiflung.
„Hermine, ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist, ich weiß nicht, wie Ron darüber denken würde!"
„Worüber?"
„Über die Idee, dass wir beide zu--", Hermines Lachen unterbrach ihn und er schaute sie verdutz an.
„Ich rede nicht davon, dass ich mit dir zusammen sein will, auch wenn ich mich geehrt fühle, aber ... na ja, wie auch immer, ich wollte nur wissen, ob Ginny immer noch für dich existiert, ob du sie immer noch liebst, etwas für sie empfindest!" Auf Harrys Gesicht schlich sich Erleichterung, die jedoch von einem trotzigen Gesichtsausdruck abgelöst wurde.
„Warum willst du das wissen? Hat sie dich geschickt?"
„Nein. Aber ich sehe die Blicke wirklich, die du ihr zuwirfst, heimlich, wenn du denkst, dass niemand hinschaut. Ich denke, dass du immer noch mit ihr zusammen sein willst, dass du ... dass du sie einfach noch liebst, nur nicht über deinen Schatten springen kannst, weil du denkst, sie sei besser dran und besser geschützt ohne dich." Harry blickte sie stumm an, seine Augen suchten in ihrem Gesicht nach irgendetwas, was nur er zu sehen versuchte. Sie fanden es nicht und wanderten schließlich an ihr vorbei und blickten aus dem Fenster.
„Er wird sie umbringen, wenn er weiß, dass wir zusammen sind."
„Woher weißt du das?", fragte Hermine und ihrer Gedanken schweiften für einen Augenblick zu Draco. Würde er sie wirklich umbringen, wenn Voldemort ihm den Befehl dazu erteilte?
„Ich kenne ihn."
„Das glaube ich nicht, niemand kennt ihn, niemand, nicht einmal seine Todesser."
„Aber ich kenne seine Vergangenheit. Er liebt es, Leute leiden zu sehen. Er hat es geliebt, mich verzweifelt neben Ginny knien zu sehen, damals in der Kammer des Schreckens."
„Dir war sie noch nie gleichgültig, habe ich Recht? Und sie ist dir auch jetzt nicht gleichgültig, auch wenn du dir selber einredest, dass es für sie besser ist, wenn sie nicht mit dir zusammen ist. Aber vielleicht leidet sie darunter, genauso wie du darunter leidest?"
„Das glaube ich nicht. Sie war mit Seamus unterwegs, ich habe ihn gefragt und er hat mir bereitwillig Auskunft gegeben, bereitwilliger als Ron. Das bisschen Freundschaft, was zwischen mir und Seamus war, ist kaputt ... es war verloren, damals, als er mir vorgeworfen hat, dass ich ihn anlüge, dass ich die ganze Welt anlüge."
„Es ändert nichts an der Tatsache, dass du sie noch liebst", sagte Hermine ruhig und rutschte vom Tisch hinunter, ging an Harry vorbei und hielt an der Tür an.
„Denk darüber nach, vielleicht ist es einfach besser für euch, wenn ihr wieder zusammen seit und euer Leben zusammen verbringt."
„Was ist mit dir?", fragte Harry sie plötzlich und warf ihr einen Blick zu, der Hermine erröten ließ. Du wirst zu oft rot, dachte sie, nicht gerade begeistert.
„Was soll mit mir sein?", fragte sie zurück und umklammerte den Türknauf fester.
„Wer ist der heimliche Briefeschreiber?"
„Du weißt doch, dass ich davon ausgehe, dass es Viktor ist."
„Bist du dir sicher?"
„Natürlich, warum sollte es jemand anders sein?" Harry lächelte.
„Wenn du dir so sicher bist, dann will ich natürlich keine Zweifel sähen."
„Harry, sag mir einfach, was du mir sagen willst und rede nicht um den heißen Brei herum."
„Es war nur so ein Gedanken, dass jemand dahinterstecken könnte, den du schon lange kennst und der dich vielleicht ebenfalls erst vor drei Jahren bemerkt hat." Hermine schoss ein Gedanke durch den Kopf und schüttelte den Kopf.
„Nein, wenn es der ist, an den du denkst und an den ich denke, dann glaube ich dir das nicht, solange, bis du mir Beweise vorlegst. Dazu ... das würde er einfach nicht tun ...", sagte Hermine, doch ihre Stimme verlor sich, als sie sich umdrehte, das Klassenzimmer verließ und sich in Richtung Gemeinschaftsraum aufmachte. Harry folgte ihr nicht, sondern blieb auf dem Stuhl sitzen, starrte die Tafel an, als würde dort die Lösung für all seine Probleme stehen.
Draco saß am Tisch, als sie den Gemeinschaftsraum betrat und blickte nur einmal kurz lächelnd auf, was für Hermine immer noch ein ungewohnter Anblick war und beugte sich dann wieder über das Pergament, was vor ihm auf dem Tisch lag.
„Da ist ein Brief für dich, er liegt zwischen deinen Büchern. Ich habe ihn nicht angefasst, er war da, als ich reingekommen bin. Frag mich nicht, wie er dahingekommen ist", murmelte er und Hermine pflückte den Umschlag zwischen ihren Büchern heraus.
„Nicht schon wieder", seufzte sie und ließ sich in einen der Sessel sinken.
Mae Aloniae,
es ist ein wenig Zeit vergangen,
ich hoffe es hat dich nicht gestört. Du meinst also Potter und
deine Freundin wieder zusammen bringen zu können! Es freut
mich, dass du es dir so zu Herzen nimmst, das Problem deiner
Freundin. Ich dachte schon, du hättest ihm irgendetwas anderes
zu sagen ... es hätte mir das Herz gebrochen, wenn dem so
gewesen wäre ... dabei gehörst du doch nur mir ...
Du scheinst dich besser mit Malfoy
zu verstehen ... ich will nicht wissen woran es liegt, vielleicht
findet ihr zwei ja doch noch ein Thema, worüber ihr reden könnt,
auch wenn ich das bezweifle ... es steht alles unter einem schlechten
Stern...
„So ein Arschloch", zischte sie leise, doch anscheinend noch so laut, dass Draco es gehört hatte.
„Von wem ist der Brief?", frage er, ganz normal, keine Kälte in seiner Stimme, ganz normal, genauso wie Harry und Ron. Sie lächelte.
„Ich weiß es nicht, ich bin mir nicht sicher, aber ich ... er schreibt mir ... seit Anfang des Schuljahres. Seine Briefe, nun ja, er weiß alles ... alles was ich mache." Draco runzelte die Stirn, seine Augen musterten sie.
„Warum nennst du ihn Arschloch?"
„Ich denke einfach, dass er kein Recht darauf hat, sich in mein Leben einzumischen, mir zu sagen, dass das unter einem schlechten Stern steht, dass ich nur ihm gehöre. Manchmal macht es mir Angst."
„Wie viel Briefe hat er dir schon geschrieben?"
„Warum interessieren dich diese Briefe so sehr?", fragte sie und ihre Stimme hatte sich kälter als beabsichtig angehört.
„Es geht mich nichts an, ich verstehe schon", murmelte er und als er sich wieder seinem Pergament zu wandte, sagte Hermine leise:
„Es ist schon in Ordnung, ich möchte nur nicht so darüber reden ... es verwirrt mich ein wenig, die ganze Situation, dass ich normal mit dir rede und so, dass du mir zuhörst und mich nicht mehr beschimpfst."
„Ungewohnt ist es schon, du hast Recht ... man muss sich daran gewöhnen. Aber um ehrlich zu sein ... es ... es ist ... nun ja ..." Draco hielt ihrem Blick stand, als sie ihm offen in die Augen sah.
„Ich finde es auch besser ... du weißt nicht, dass es wehgetan hat, immer zu ein egoistisches, besserwisserisches und bücherverliebtes Schlammblut zu sein." Draco sah zur Seite.
„Meine Eltern erwarten viele Dinge von mir, die anderen Leuten wehtut, ich würde mich gerne dafür entschuldigen, aber ich kann es nicht. Es sind zu viele Jahre, die kann man nicht wieder gut machen ... aber du bist nicht egoistisch, besserwisserisch vielleicht ein ganz kleines bisschen und bücherverliebt, nun ja, ich habe noch nie jemanden gesehen, dessen Tasche so voller Bücher ist. Und ein Schlammblut ...", er sah sie an, schüttelte den Kopf und flüsterte dann, beinahe unhörbar:
„Du bist kein Schlammblut, du bist eine ebenso vollwertige Hexe wie jedes andere Reinblut." Hermines Wangen brannten und in ihrem Hals hatte sich erneut ein Kloß gebildet.
Du weinst zu viel ...
Sie schluckte hart, stand auf, ging mit dem Brief in der Hand an ihm vorbei und berührte ihn leicht an der Hand. Er zuckte nicht zurück und sie konnte seinen Blick in ihrem Rücken fühlen, als sie mit einem leise geflüsterten ‚Danke' die Treppe hinaufstieg ...
A/N nun ... es hat mich doch sehr gewundert, dass mir ein paar leute dieses mal nicht reviewt haben, was sehr schade ist ... gefällt es euch nicht mehr, aber tortzdem haben es ganze drei doch noch geschafft, großer dank an Drac0sGirl , cdt und Lizzie818 , genug dialog zwischen draco und hermine ? ich habe nie gedacht, dass du eine schwarzleserin bist ... ;) heagdl ... mögen die 12, die meine story unter favouriten stehen haben , nicht auch mal reviewen ? ich würde mich total freuen ... hoffentlich gefällt es euch :) R&R
