Kapitel Fünfundvierzig

Sie schlug die Augen auf, blinzelte und fragte sich, warum sie so ein komisches Gefühl in der Magengegend verspürte. Die Erinnerungen an den gestrigen Abend kamen zurück und Hermine sprang mit einem Satz aus dem Bett. Er musste einfach noch da sein, sie musste es sich alles nur eingebildet haben. Hermine schlüpfte aus ihrem Bett, zog sich schnell noch ein Sweatshirt über und rannte zu seinem Zimmer, hielt vor der Tür an und klopfte höflichkeitshalber an. Es kam keine Antwort, Hermine klopfte erneut.

„Draco? Draco komm schon, ich habe es gestern alles nicht so gemeint, bitte, mach die Tür auf", rief sie, ein Tick Verzweiflung hatte sich in ihre Stimme geschlichen. Sie rüttelte an der Türklinke und stellte überrascht fest, dass sie offen war.

Hermine trat ein. Das Bett war unberührt, der Schreibtisch leer. Das Regal, in dem sich vorher ein paar von seinen Sachen befunden hatten, ebenfalls. Und das Schlimmste war, sein Koffer war verschwunden.

„Draco?", fragte sie leise in den Raum, der nun, da alles weg war, vollkommen unbewohnt aussah. Das einzige, was noch anwesend von ihm war, war der leichte Geruch von ihm. Hermine machte auf der Stelle kehrt, rannte runter in den Gemeinschaftsraum, rief seinen Namen, öffnete hastig die Tür zum Waschraum und warf einen Blick in seinen Ecke. Sie war leer. Angst machte sich in ihr breit, es konnte doch nicht sein, dass er weg war oder? Wo sollte er hin? Runter in den Gemeinschaftsraum?

Beruhig dich Hermine, er ist sicherlich runter in den Gemeinschaftsraum gezogen und kommt wieder, sobald er sich beruhigt hat. Er sitzt sicher schon unten am Tisch und isst, ganz normal...

Hermine rannte wieder hinauf in ihr Zimmer, schnappte sich ihre Sachen und machte sich fertig, verließ den Gemeinschaftsraum und kam japsend unten in der Eingangshalle an, wo Harry und Ron auf sie zu warten schienen.

„Morgen Mine", begrüßten die beiden sie, doch Hermine schüttelte nur den Kopf, straffte die Schultern und betrat die Große Halle. Sofort fanden ihre Augen den Slytherintisch, sahen an ihm auf und ab und stellten schließlich fest, dass kein junger Mann mit blonden Haaren und sturmgrauen Augen an ihm Platz genommen hatte.

„Hermine, alle in Ordnung?", fragte Ron und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie zitterte.

„Alles bestens ja, ich ... ich habe nur keinen Hunger", entgegnete sie und machte auf dem Absatz kehrt, ließ Harry und Ron zurück. Parkinson kam ihr auf dem Weg nach draußen entgegen und sie hörte, wie sie leise flüsterte:

„Er scheint wirklich gegangen zu sein, es ist ein wenig zu früh, findest du nicht? Und Crabbe und Goyle hat er auch mitgenommen. Diese Stümper. Ist was, Schlammblut?", fragte sie Hermine gehässig, als sie merkte, dass Hermine sie angestarrte hatte.

Neben Parkinson ging ein großer, schwarzhaariger Junge und Hermine wusste, dass es Blaise war, ein Freund von Draco, wenn man es denn so nennen konnte. Kurz war sie versucht, ihn zu Fragen, er hatte immer schon einen netten Eindruck für einen Slytherin gemacht, doch sie entschloss sich schließlich, es nicht zu tun. Wahrscheinlich hatte Draco ihm nichts von ihr erzählt, nichts von ihrer Beziehung. Parkinson zog Blaise Zabini weiter in die Große Halle hinein und Hermines Füße fanden den Weg nach draußen auf die Ländereien, zu der Bank am See, wo sie mit Draco gesessen hatte, am Silvesterball.

Sie blickte hinaus auf die Wasserfläche, die von leichten Wellen gekräuselt wurde. Hermine wollte immer noch nicht glauben, dass er wirklich weg war. Er hätte ihr sicherlich etwas gesagt, er wäre nicht so einfach verschwunden, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Der Streit von gestern, ob es etwas damit zu tun hatte?

„Draco, wo bist du?", flüsterte sie auf das Wasser hinaus, sie hoffte auf eine Antwort, auf ihn, der hinter ihr stand, lächelte und ihr sagte, dass alles in Ordnung war, doch der einzige der kam, war Ron, gerade in dem Augenblick, als eine einzelne Träne ihren Weg ihre Wange hinunter fand.

„Hermine?" Sie antwortete nicht. „Ich wollte nur sehen, dass mit dir ... du weinst ja", stellte Ron fest, ließ sich neben ihr nieder und zwang sie, ihn anzusehen.

„Was ist los?", fragte er eindringlich, doch Hermine schüttelte nur den Kopf. „Hat es etwas mit dem Frettchen zu tun, hat er dir wehgetan?" Hermine starrte ihn an, in ihren Augen sammelten sich Tränen und die Gewissheit, dass er wirklich weg war und ihr nichts davon gesagt hatte.

Aber warum? Was hatte sie getan, dass er sie verließ, einfach so? Hatte es etwas mit dem Auftrag zu tun, den Voldemort ihm erteilt hatte? Wieso wusste sie nicht wo er war?

„Hermine?", fragte Ron noch einmal leise, doch sie schluchzte nur auf. Ron, der sich ein wenig hilflos vorkam, zog sie an sich und streichelte ihr sanft über den Rücken.

„Er ... er ... ist ... weg, einfach so ... er hat mich nichts davon gesagt ...", schluchzte sie gegen Sweatshirt.

„Das Frettchen ist weg?" Hermine nickte langsam. „Woher weißt du das? Vielleicht ist er einfach nur in der Bibliothek oder er ist runter in den Gemeinschaftsraum gezogen."

„Aber Parkinson hat gesagt, dass er weg ist, dass er Crabbe und Goyle mitgenommen hat."

„Was weiß die schon? Nicht mehr weinen, Hermine, er ist sicherlich noch in der Schule. Er kann schließlich nicht von den Länderein apparieren, das hast du mir und Harry doch immer gesagt. Und ich glaube auch nicht, dass er einfach so durch das Tor spazieren kann. Dumbledore hätte doch sicherlich etwas gemerkt." Hermine sah zu ihm auf, versuchte ein Lächeln. „So gefällst du mir schon viel besser und nun komm, ich habe einen Bärenhunger."

Ron stand auf und zog sie an einer Hand mit hoch.

„Danke Ron", murmelte sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Vielleicht hatte er Recht und sie reagierte nur über. Es gab sicherlich eine ganz simple Erklärung dafür.

„Du musst dich nicht bedanken, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ich meiner besten Freundin helfe. Außerdem, ich habe mich in den letzten Wochen wirklich daneben benommen und ich wollte mich dafür auch noch mal entschuldigen. Harry hat Recht, du veränderst dich nicht durch ihn." Ron drehte sich um, als er merkte, dass Hermine stehen geblieben war. Er sah sie fragend an und streckte ihr eine Hand entgegen. Hermine machte zwei Schritte vorwärts und ergriff sie, drückte sie kurz.

„Verlang aber jetzt nicht, dass ich das alles noch mal wiederhole."

„Ich habe jedes Wort verstanden", entgegnete sie und lächelte ihn an. Zusammen betraten sie die Große Halle, allerdings ließ Hermine vorher seine Hand los, denn sollte Draco noch in der Schule sein, was sie hoffte, dann sollte er sie vielleicht nicht sehen, wie sie mit Ron Händchen hielt, auch wenn es nur unter guten Freunden geschah.

Der Tag verging schnell. Zusammen mit Ginny packte sie die Ostergeschenke ein und redete über dies und das. Zwischen Ginny und Harry schien es ein wenig bergab zu gehen, wie Ginny ihrer besten Freundin mitteilte.

„Weißt du, er ist ein wenig unausgelassen, es wird Zeit, dass das Quidditschtraining weitergeht, ansonsten bringt er mich noch um."

„Ach, er lässt es anderswo aus?"

„Ja", knurrte Ginny, doch sie konnte nicht umhin, bei dem geschockten Anblick ihrer besten Freundin zu grinsen. „Ist etwas, Hermine?", fragte sie und ihr Grinsen wurde breiter.

„Es ist nur so, dass ich mir Harry gar nicht vorstellen kann, wenn du verstehst, was ich meine."

„Das sollst du auch nicht, schließlich ist er mein Freund und ich habe keine Lust, dass wir uns um ihn zanken müssen. Außerdem, du hast ja auch noch Draco." Hermines Miene verdunkelte sich. Sie hatten ihn nicht mehr gesehen, er war auch beim Mittagessen nicht gewesen.

„Ja, ja, habe ich", sagte sie hastig, als Ginny ihr einen fragenden Blick zuwarf.


Draco?", fragte Hermine in den immer noch leeren Raum hinein und seufzte. Wenn Ron Recht hatte, was sie langsam aber sicher bezweifelte, musste doch etwas schlimmes vorgefallen sein, ansonsten konnte sie sich nicht erklären, wieso er sich nicht sehen ließ. Irgendwann würde er doch etwas essen müssen.

Sie betrat mit ihren Freunden die Große Halle und wieder saß kein Draco am Tisch. Harry sagte nichts, aber er schien zu merken, dass etwas nicht stimmte und als Ron sich auch noch zu seiner besten Freundin hinunterbeugte und ihr leise etwas ins Ohr flüsterte, war es für ihn klar, dass zwischen den beiden etwas vor sich ging, von dem er keine Ahnung hatte.

„Er ist sicherlich noch unten", flüsterte Ron Hermine ins Ohr, richtete sich allerdings schnell wieder auf, als er den Blick seines besten Freundes sah, grinste und ließ sich neben seine Schwester fallen.

„Seit ihr sicher, ihr beiden, dass ihr mir nicht irgendetwas verheimlicht?", fragte Harry, während er sich Müsli auftat.

„Ja, sind wir", sagte Hermine leise, starrte ihr Toast an, als würde es ihr gleich ins Gesicht springen.

„Das Toast beißt nicht", sagte Ginny und blickte ihre Freundin ratlos an. Das Geflatter der Eulen über ihren Köpfen ersparte ihr jegliche Antwort. Ein Uhu landete vor ihr und hielt ihr mit einem Schuhu einen Brief entgegen.

„Von wem ist der?", wollte Harry wissen, doch Hermine riss den Briefumschlag auf und las die wenigen Zeilen:

Sehr geehrte Ms. Granger,

ich würde Sie bitten, mein Büro nach dem Frühstück aufzusuchen, Professor McGonagall und Professor Snape werden ebenfalls anwesend sein. Seien Sie bitte pünktlich.

Das Passwort lautet:

Fischlinge

Professor Dumbledore

„Professor Dumbledore will mich sehen", flüsterte Hermine geschockt und warf einen Blick hoch zum Lehrertisch.

„Was?", kam es von Harry und Ron aus einem Mund und Ginny ließ beinahe ihre Gabel fallen.

„Ja, hier." Hermine reichte den dreien den Brief und sie lasen ihn.

„Snape ist auch da? Was will der denn? Hast du irgendetwas angestellt?" Sie runzelte die Stirn.

„Nein, eigentlich nicht. Du kennst mich doch, Harry, ich breche nie die Regeln, meistens zumindest", fügte sie noch leicht lächelnd hinzu, als Harry ihr einen ungläubigen Blick zu warf.


A/N Wir haben schon 45 Chaps, meine Güte :) Dank an Trory, malibulina, hdagdl, slytheringirl12 (Nina), hdal, TryPepper, thnx, ClaireBlack, Akazia89, Monja, Dieutrixx, thnx und bussal zurück, Olivia Malfoy, thnx und Keule HAGDL und hoffe es hat euch gefallen, mir nämlich nicht so besonders :) Aber, ich habe wieder richtige Lust am Schreiben und ihr tragt dazu viel bei, indem ihr mir so nett reviewt! Also los, ran an die Tastaturen und wieder nette Reviews getippt ;) R&R