Kapitel Siebenundvierzig

„Hermine, würdest du wenigstens mir sagen was los ist?", fragte Ginny sie leise und sanft, als sie ihre beste Freundin an einem Tisch in der Bibliothek fand, das Gesicht in den Händen vergraben und die Augen wässriger als sonst. Hermine runzelte kurz die Stirn, als müsste sie realisieren, wo sie war und warum.

„Er ist weg", hauchte sie dann, ließ es zu, dass sich allein bei dem Gedanken an ihn Tränen in ihren Augen sammelten und ihre Wangen hinunter liefen.

„Draco?"

„Ja ... er ... er ist weg, Dumbledore wollte mit mir reden, er wollte wissen, ob er mir etwas gesagt hat, er wollte ... ach scheiße. Draco ist einfach abgehauen, ohne mir ein Wort zu sagen, ich verstehe das nicht. Warum?", fragte sie leise und blickte Ginny an, als würde sie die Antwort kennen, die den Schmerz in ihrer Brust lindern würde, doch leider konnte sie das nicht.

„Ehrlich, Hermine, wenn er dich einfach so im Stich gelassen--", sie räusperte sich und sagte nichts mehr.

„Ich weiß noch nicht einmal mehr, ob er noch lebt."

„Hör auf, Hermine, natürlich lebt er noch. Vielleicht schreibt er dir ja auch bald einen Brief, entschuldigt sich bei dir und alles ist wieder wie es vorher war."

„Nein", flüsterte sie, „es wird nie wieder so sein, wie es früher war, er wird nicht zurückkommen, irgendwie weiß ich das. Der dunkle Lord wird ihn bei sich behalten und Draco wird jemand anderes sein, nicht mehr der, den ich kennen gelernt habe." Sie richtete ihren Blick aus dem Fenster, sah den Vögeln zu, die auf der Suche nach etwas essbaren am Himmel flogen, sich ihren Weg suchten und so frei aussahen, unbeschwert. Ginny zögerte, da sie genau wusste, dass ihre beste Freundin recht hatte.

„Aber ... aber denkst du nicht, dass wenn er dich wirklich liebt, dass er dir etwas gesagt hätte?"

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich glauben soll", murmelte Hermine mit brüchiger Stimme, während ihre Finger mit dem Ring spielten, den Draco ihr geschenkt hatte. Er musste sie lieben, die letzten Wochen, Monate waren für sie die schönsten in ihrem Leben gewesen, er konnte sie nicht nur benutzt haben, so wie er die anderen Mädchen benutzte. Ginny ließ sich neben ihr auf einem Stuhl nieder und legte ihr einen Arm um die Schulter.

„'Mine, ich weiß, dass du es vielleicht nicht hören willst, gerade nicht jetzt. Du hast ihn geliebt, aber wer weiß was ob er es überhaupt ernst mit dir gemeint hat. Woher willst du das wissen! Der Ring, alles, schön und gut, aber was sind das für Beweise? Mein Rat an dich wäre, ihn zu vergessen. Es gibt genug junge Männer hier auf der Schule, die seinen Platz besser und verständnisvoller einnehmen könnten." Hermine antwortete nicht, sondern richtete ihren Blick wieder hinaus aus dem Fenster, suchten den Himmel nach irgendeinem Zeichen ab, wusste sie aber doch genau, dass sie keines finden würde. Sie wollte Ginny nicht glaube, sie wollte sich sicher sein, dass er sie liebte und es auch weiterhin tun würde.

„Ich muss ihn finden", flüsterte sie leise.

„Nein, musst du nicht. Grundregel Nummer Eins: Laufe nie einem Jungen hinter her, es macht sie nur arrogant und da Malfoy eh--", Hermine fuhr herum und sah ihre beste Freundin an. Ihre graublauen Augen waren sanft, aber in ihnen konnte sie einen Schimmer Erleichterung erkennen. Sie sprang auf und schlug die Hand von Ginny weg.

„Du und Harry, ihr habt ihn nie akzeptiert. Ron war wenigstens so verständnisvoll, dass er gesagt hat, so lange er mich glücklich macht, soll ich von ihm aus bei ihm bleiben, aber ihr, ihr habt die ganze Zeit gegen ihn gewettert, die ganze Zeit wolltet ihr, dass ich mich von ihm trenne." Hermine wusste, dass sie unrecht hatte, doch es war ihr egal. Ginny zuckte mit den Achseln.

„Harry und ich haben eben kommen sehen, dass er dir nur Unglück bringt und jetzt hast du es. Sieh dich an, deine Augen sind geschwollen, du hast in letzter Zeit beinahe das halbe Klo unter Wasser gesetzt. Meinst du, ich hätte es nicht gemerkt? Die stillen Schluchzer? Aber Ronald meinte ja, ich solle dich in Ruhe lassen und dir Zeit geben, was für ein Schwachsinn. Jetzt hast du sogar schon solche Gedanken, dass du ihm hinterherlaufen willst ohne darüber nachzudenken, dass er eventuell sogar gehen wollte und nicht musste. Das er Hogwarts freiwillig zurückgelassen hat!"

„Hör auf, tu mir den Gefallen und hör auf. Du und Harry, ihr beiden habt es einfach nicht akzeptiert und gib es doch zu, du bist insgeheim glücklich, dass er weg ist, dass du ihn nicht mehr sehen musst und dir nicht mehr vorstellen musst, dass er mich in seinen Armen gehalten hat."

„Hermine, ich verstehe, dass du traurig und auch wütend bist, aber lass es gefälligst nicht an mir aus. Niemand kann etwas dafür, dass dein noch so toller Held sich verzogen hat", sagte Ginny ruhig und gelassen, in ihren Augen spiegelten sich keine Gefühle wider und Hermine war es in jenem Augenblick vollkommen egal, ob sie sie verletzt hatte oder nicht.

Erst als Ginny sich umdrehte und die Bibliothek verließ, wurde ihr klar, dass sie ihrer besten Freundin Sachen an den Kopf geworfen hatte, die in keiner Weise stimmten. Seufzend ließ sie sich wieder auf ihren Stuhl nieder, starrte das Pergament vor ihr an und ließ es zu, dass eine Tränen auf das schon beschriebene Blatt fiel und die, mit dunkelgrüner Tinte geschriebenen Wörter in Flecke verschwimmen ließ. Scheinbar ungewollt griff Hermines Hand nach der Feder, tunkte sie ins Tintenfass und hielt sie über ein, noch leeres Pergament.

My heart is dead

The world's dieing

Everything is black …

Hermine stockte. Was schrieb sie denn da? Die Worte waren einfach gekommen, einfach so und sie hatte nichts dagegen tun können. Wütend nahm sie das Pergament und zerriss es in kleine Fetzen. Hätte Draco sie jetzt gesehen, wahrscheinlich hätte er sie gefragt was los sei, gelächelt, sie in den Arm genommen und geküsst. Sie vermisste ihn, der dumpfe Schmerz in ihrer Brust ließ sich nicht ignorieren.

„Hermine?", jemand trat an den Tisch, sie wusste, dass es jemand war, den sie nicht kannte, dessen Stimme sie nicht kannte. Vorsichtig schielte sie zur Seite und erkannte mit großer Überraschung, dass es Blaise war, Blaise Zabini. Sie wandte sich ihm zu, nicht ohne sich vorher über die Augen zu wischen.

„Ja?", fragte sie zurück und blickte ihn an. Seine schwarzen Haare waren ungefähr schulterlang, doch er hatte sie sich scheinbar zurecht geföhnt oder irgendeinen Zauber über ihnen gesprochen, sodass sie in einer modischen Frisur lagen. Die Augen waren dunkelbraun, die Nase schmal, die Lippen hatten etwas aristokratisches an sich, im Augenblick lächelten sie. Seine schwarz-grüne Uniform stand ihm unverschämt gut und Hermine fragte sich, wieso sie ihn noch nicht mit einem Mädchen gesehen hatte.

„Dir geht es nicht gut oder?"

„Wie kommst du darauf?"

„Nun, deine Augen sind geschwollen und rot, du sahst auch schon einmal besser aus", entgegnete er, strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.

„Herzlichen Dank, so etwas höre ich immer gerne", murmelte sie in Richtung Pergament, dass sie nun schnell unter den anderen verschwinden ließ. Auch wenn er schon wusste, dass sie geweint hatte, er musste es nicht auch noch bewiesen bekommen.

„Ich meine nur, dass du dir anscheinend Sorgen machst."

„Über wen?"

„Über Draco."

„Über Draco?", Hermine blickte ihn an und fragte sich, ob sie gerade richtig verstanden hatte. Natürlich machte sie sich Sorgen, immerhin war sie seine Freundin oder vielmehr seine Exfreundin. Aber hieß diese Feststellung, dass er von ihnen wusste?

„Hör zu, ob es dich interessiert oder nicht, er hatte seine Gründe dafür, dass er gegangen ist, vielleicht ... vielleicht solltest du ihn einfach für die nächste Zeit vergessen, ich bin mir nicht sicher, ob er je wieder nach Hogwarts zurück kommen wird. Aber eins noch", setzte er hinzu, schwieg für einen kurzen Moment und sagte dann leise: „Du hast ihm gut getan, er war immer mehr relaxt und er hat es sogar hinbekommen, nicht ganz so arrogant zu sein, aber", ein trockenes Lachen, „wir kennen schließlich beide Draco, vielleicht so gut, wie ihn nie jemand anderes kennen wird." Dann drehte er sich um, warf ihr noch einen letzten Blick zu und verschwand aus der Bibliothek. Blaise war schon immer in Ordnung gewesen für einen Slytherin.


„Hermine, da bist du ja", begrüßtet sie Ron, nahm sie in den Arm und für einen Augenblick kuschelte Hermine sich gegen ihn. Ron war in den letzten Tagen eine Stütze für sie gewesen.

Drei Tage waren seit dem Treffen mit Blaise in der Bibliothek vergangen. Sie hatte sich mit Ginny wieder vertragen, auch wenn sie sich nie wirklich gestritten hatten. Hermine hatte sich bei ihr entschuldigt, doch Ginny hatte nur abgewinkt und gemeint, sie sollte einfach nur darüber nachdenken, was sie und Harry meinten. Hermine tat es und kam zu dem Schluss, dass sie Draco immer noch liebte, aber sie schaffte es, die Tränen, die sich zwar immer noch in ihr befanden und darauf begehrten aus ihr hinaus zu brechen, zu unterdrücken. Draco würde sicherlich nicht wollen, dass seine Lady ihre Zeit mit Tränen verbrachte. Blaise hatte sich nicht mehr bei ihr sehen lassen, warum auch?

Wäre es nicht zu auffällig gewesen, hätte er sich mit ihr getroffen. Bestimmt schrieb er mit Draco, doch Hermine wollte ihn nicht fragen, um dann vielleicht festzustellen, dass Draco gar nichts mehr von ihr wissen wollte.

Wieso hatte er ihr nicht einen einzigen Satz hinterlassen, ein ‚Ich liebe dich' hätte ihr vollkommen gereicht. Wo war er? Was machte er? War er in Gefahr? Diese Fragen schrieen nach einer Antwort und Hermine konnte keine finden. Blaise sagte, sie solle ihn vergessen, Ginny sagte dasselbe, alle sagten sie es.

War nicht eben das ein Grund ihn nicht zu vergessen, die Zeit, die sie miteinander hatten nicht zu vergessen? Sicherlich, sie hätte sich einfach eine Eule holen können, ihr einen Brief ans Bein binden können und Draco somit eine Nachricht zu kommen lassen, doch sie wusste, dass sie dann eventuell die Schuld an einem qualvollen Tod trug. Der Dunkle Lord würde keinem seiner Gefolgsleute einen Liebschaft mit einem Schlammblut erlauben. Schon allein der Gedanke war lachhaft.

Sie lächelte versonnen und Ron runzelte für einen kurzen Moment die Stirn, lächelte dann jedoch auch und gemeinsam ließen sie sich am Tisch der Gryffindors nieder.

Hermine mochte Draco zwar nicht mehr in ihrer Nähe haben, doch er war immer noch in ihrem Herzen und es würde, wenn überhaupt sehr lange dauern, bis er daraus verschwand...


A/N I am home again und es tut verdammt gut, ich weiß nicht, wie ich es ohne aushalten konnte ... meine Güte, es tut mir echt verdammt Leid, dass ihr so lange nichts mehr von mir gehört habt /schäm/ ... Dank an Drac0sGirl, ich dich auch ;), Akazia, Olivia Malfoy, Keule, calista, Angel-chan-19, ClaireBlack, Janinchen, TryPepper, AlyshaNemesis, slytheringirl12, philosophy, vielen, vielen Dank ;) und slYtherIn-gIrlY-91 ... HEAGDL ... wie viel chaps ungefähr? zwischen 55 und 60, aber kommt ganz drauf an, wie ich es alles einbauen kann :) so, und jetzt heißt es, nachdem ihr hoffentlich Spaß am Lesen hattet, reviewen und noch mals reviewen ;) R&R