Kapitel Achtundvierzig
„Miss Granger, ist alles in Ordnung mit Ihnen?", die Stimme von Professor McGonagall sickerte in ihr Bewusstsein und Hermine sah auf.
„Entschuldigen Sie, Professor, was haben Sie gesagt?" Ihre Lehrerin musterte sie mit strengem Blick und wandte sich an Ron, der, zur großen Überraschung von Hermine, die scheinbar richtige Antwort gab. Sie seufzte.
In letzter Zeit geschah es immer öfter, dass sie abtauchte, in den Erinnerungen an Draco verschwand. Dabei durften ihre schulischen Leistungen dadurch nicht beeinflusst werden, ihre Zukunft stand auf dem Spiel. Wütend auf sich selber beugte sie sich wieder über das Pergament, tunkte die Feder ins Tintenfass und kritzelte beinahe wie eine Besessene Buchstaben darauf. Ron tippte sie leicht an, doch sie reagierte nicht. Sobald die Stunde vorbei war, schnappte sie sich ihre Tasche und beeilte sich hinaus auf die Ländereien zu kommen. Die Luft war warm, das Grass frisch und es sah eine wenig nach einem grünen Teppich aus, der sie dazu einlud, sich hinzulegen, die Augen zu schließen und einfach zu schlafen.
Hermine ließ sich unter einer Tanne nieder, ihre Tasche legte sie sich unter den Kopf als Kissen und richtete schließlich ihren Blick hinauf in das Geäst des Baumes.
Das dunkle Grün und der leichte Wind schienen etwas beruhigendes an sich zu haben, denn Hermine entspannte sich, ihre Hände breiteten sich aus, ihre Finger spielten mit einzelnen Grashalmen, ihr Blick suchte die wenigen Stellen, an denen Sonnenlicht und blauer Himmel zwischen den Ästen hervorlugten.
„Wo bist du, warum kommst du nicht zurück, einfach nur zurück?", flüsterte ihr Geist, doch es blieb in ihr verschlossen, die Sehnsucht nach Draco, der irgendwo war, tot oder lebendig.
Vielleicht sollte ich ihn wirklich vergessen, vielleicht sollte ich mich auf das hier und jetzt konzentrieren, die Schule, Harry, Ron, Ginny. Aber ich kann es nicht oder doch?
„Hermine?", Ginny stand über ihr und lächelte sie an.
„Hallo", murmelte Hermine etwas verlegen und setzte sich auf.
„Eigentlich wollte Ron kommen, aber ich habe gesagt, dass ich heute dran bin, schließlich war er die letzten Tage die meiste Zeit über an deiner Seite. Auch wenn du es nicht hören willst, aber er liebt dich immer noch."
„Kann sein", wich Hermine aus, doch Ginny ließ sich neben ihr nieder und sah sie an.
„Du hängst immer noch an Draco, ich weiß. Aber ich bitte dich nun, als beste Freundin und als Schwester. Tu Ron nicht weh. Er scheint sich Hoffnungen zu machen. Ihr beiden seit euch in den letzten Tagen aber auch näher gekommen, so sah es für mich und Harry zumindest aus. Ron mag dich, mit allem was er hat", schloss sie und Hermine blickte an ihr vorbei in Richtung See.
„Was soll ich denn deiner Meinung nach machen? Er hat mir wirklich geholfen in den Tagen."
„Denk einfach darüber nach und achte demnächst darauf, dass du es nicht zu eng werden lässt und dass er sich einfach nicht weiter Hoffnungen macht."
„Aber es ist so schwer", sagte Hermine leise und lächelte ihre Freundin traurig an. „Auf der einen Seite liebe ich Draco immer noch, aber auf der anderen, ich weiß es nicht. Ich denke nicht, dass ich etwas mit Ron anfangen möchte, er ist mein bester Freund, so etwas wie ein Bruder, für mich würde es ... es wäre nicht richtig für mich." Ginny erhob sich und meinte dann:
„Wie gesagt, tu mir den Gefallen und denk darüber nach, was ich gesagt habe. Vielleicht redest du einfach mit Ron über die ganze Sache, er würde es verstehen. Ach und noch etwas. Jemand in meinem Schlafsaal hat mir gesagt, dass ein neuer Schulsprecher gewählt wird, sollte dein Liebster in vier Wochen nicht auftauchen.
„Weißt du, wen?"
„Nun, es scheint sehr nach Seamus auszusehen. Es würde zwar heißen, dass die beiden Ämter durch Gryffindors besetzt würden, doch niemand aus Slytherin oder den anderen Häusern ist scharf auf dieses Amt. Zabini vielleicht, aber viele meinen, dass er sich weigern würde." Hermine runzelte die Stirn.
„Hat das etwas mit mir zu tun?" Ginny lachte auf.
„Wieso sollte es? Ich würde mich auch nicht um dieses Amt reißen, es bedeutet Arbeit." Sie grinste und drehte sich dann um, ließ Hermine alleine unter der Tanne zurück. Seamus. Er durfte kein Schulsprecher werden, sie wusste nicht, wie sie sich ihn vom Hals halten sollte, sollte er je dieses Amt erhalten...
„Ron", fragte Hermine leise, als sie ihn in der Bibliothek fand, alleine in einer der hinteren Ecken, den Kopf über die Seiten eines Buches gebeugt. Er sah auf, lächelte und deutete auf einen Stuhl neben ihm. Hermine ließ sie darauf nieder und betrachtet Ron von der Seite, während er den letzten Satz schrieb.
„So, jetzt bin ich ganz für dich da", sagte er lächelnd und blickte sie offen an.
„Ron, ich muss mit dir reden", fing Hermine an, Ron blickte sie an und runzelte die Stirn. „Ich ... ich weiß nicht, ob ich es mir vielleicht nur einbilde, aber ... manchmal habe ich das Gefühl, als wären da mehr Gefühle für mich als nur --", sie verstummte, als er ihr einen Finger auf die Lippen legte.
Hermine starrte ihn an, konnte nicht verhindern, dass ihr Herz hart gegen ihren Brustkorb pochte. Er sah ihr in die Augen, Hermine blinzelte öfter als nötig, versuchte, dass seine Augen ihren Blick nicht einfingen, es durfte einfach nicht passieren. Vorsichtig nahm er den Finger weg, sein Gesicht kam näher, immer näher und Hermine schaffte es einfach nicht, ihr Gesicht einen Zentimeter von seinem wegzubewegen. Ganz leicht und sanft berührten sich ihre Lippen, doch Ron nutzte die Situation nicht aus, sondern sah sie nur noch einmal kurz an und richtete sich dann wieder auf.
„Du hast Recht, Hermine. Auch wenn es sich im Augenblick vielleicht etwas schwach anhört, aber ich liebe dich und dagegen kann ich nichts tun. Ich werde dich aber nicht drängen, ich werde es respektieren, wenn du dich für ihn entschieden hast, genauso wenig werde ich irgendwelche Situationen ausnutzen, wie solch eine von gerade eben. Es gehört sich erstens nicht und zweitens will ich dich nicht verlieren. Ich habe mich schon lange zurückhalten können, also kann ich es auch weiterhin."
„Ron, es tut mir --", er schüttelte den Kopf.
„Du musst dich nicht entschuldigen, ich sagte doch, dass ich deine Entscheidung respektiere, verstehen vielleicht nicht, aber ich respektiere sie. Mach dir um mich mal keine Sorgen, ich schaffe das schon."
„Trotzdem, es tut mir Leid Ron, ich hätte nicht, ich bin auch Schuld daran...du hattest in den letzten Tagen so viele Möglichkeiten, in denen du dir Hoffnungen machen konntest."
„Ich habe es zwar getan, aber ich habe mir auch immer eingeredet, dass es nicht sein kann, dass du dich nicht so schnell von ihm lösen kannst, weil ich weiß, wie sehr du an ihm gehangen hast und du liebst ihn noch immer, ich sehe es dir an." Hermine konnte nicht anders, sie lächelte ihn dankbar an.
„Es ist gut so einen Freund wie dich zu haben, jemand, der versteht und Sachen toleriert." Ron erwiderte ihr Lächeln und spielte mit der Feder.
„Du hast weiche Lippen, dass muss man sagen, zu Schade, dass das Frettchen es eher gewusst hat, als ich." Hermine sah für einen Augenblick zur Seite und blickte Ron dann wieder an.
„Er war anders."
„Schwer zu glauben, aber wenn du es sagst", er lächelte und fuhr dann fort: „Ich will nur, dass du eins weißt, Hermine: Sollte er dir wehtun, in irgendeiner Weise und du daran seelisch oder körperlich kaputt gehst, bringe ich ihn um und daran kannst du mich nicht hindern, daran kann mich keiner hindern."
Die Ernsthaftigkeit in seinen Augen ließ Hermine einen leichten Schauer über den Rücken laufen, doch sie nickte. „Und ich denke auch, dass du inzwischen wissen solltest, dass du nicht viel vor mir verbergen kannst, nach sieben Jahren kennt man einen doch sehr gut oder nicht?", wollte Ron wissen und er zwinkerte ihr zu. Wieder nickte Hermine.
„Ich will nicht, dass du dir meinetwegen Sorgen machst, mir geht es gut." Ron zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Ja natürlich, aber woran liegt es wohl, dass ich es nicht so ganz ernst nehmen kann?"
„Tja, das musst du wohl alleine raus finden, ich gehe nämlich jetzt hoch, dusche heiß und lege mich aufs Sofa." Ron grinste unverschämt.
„Eine verlockende Aussicht, wie lautet noch einmal das Passwort?" Sein Grinsen wurde noch breiter, als Hermine entrüstet knurrte:
„Das geht dich einen feuchten Dreck an, Ronald Weasley. Pass auf, dass ich dir nicht den Kopf wasche", setzte Hermine noch hinzu, lächelte dann und entschwand aus der Bibliothek.
A/N Ich weiß, es ist kurz, eigentlich verdammt kurz, aber ich wollte euch nicht warten lassen und alles was rein sollte ist drin ;) Dank an malibulina, hdagdl, danke schön :) , AlyshaNemesis, Akazia89, TryPepper, OliviaMalfoy, julschn, Ilahya, Bbabygirl90, philosophy, hoffe du lebst noch :), ClaireBlack, kizz und Jenny90...HEAGDL und wie immer, hoffe ihr hattet Spaß und reviewt wieder so fleißig ... R&R
