Kapitel Dreiundfünfzig

Draco lag auf dem Bauch, Hermine auf dem Rücken, über ihnen ein dunkelgrünes, leichtes Tuch. Das Gras war weich, viel weicher als sonst wo in England, so dachte Hermine. Sie war glücklich.

Als Draco sich leicht auf die Seite drehte, zog er die Luft zwischen den Zähnen ein, sein Gesicht war eine undurchdringbare Maske.

„Was ist?", fragte Hermine ihn nun schon zum zweiten Mal, denn als sie leicht über den Rücken hatte streichen wollen, hatte er ihre Handgelenke umfasst und sie auf den Boden gedrückt.

„Nichts, ein Grashalm", seufzte er, doch Hermine zog eine Augenbraue hoch, stand auf und wickelte sich das Tuch um den Körper. Draco brummte, doch es machte ihm nichts aus, schließlich hatte er seine Boxershorts an.

„Leg dich auf den Bauch."

„Komm wieder runter", entgegnete er, streckte ihr einen Hand entgegen, aber Hermine verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihn herausfordernd an.

„Muss ich dich dazu zwingen?"

„Oh bitte, meinst du wirklich, du kannst mich dazu zwingen, dass ich mich auf den Bauch lege?"

„Tu es für mich", verlangte Hermine, doch Draco schüttelte den Kopf. „Wenn du dich nicht sofort auf den Bauch legst, lass ich dich hier liegen, nachdem ich dir die ganz Körperklammer auf den Hals gehetzt habe und hole alle Mädchen der Schule, damit sie dich begaffen können."

„Tust du nicht." Er grinste.

„Legst du es darauf an?", fragte Hermine, bückte sich nach ihrer Tasche, wurde jedoch, gerade als sie den Zauberstab ziehen wollte, von seinem gesamten Gewicht zu Boden gedrückt.

„Böse, böse, böse, so etwas macht eine feine Dame nicht." Draco wollte sie küssen, doch Hermine drehte den Kopf zur Seite.

„Kussverbot, solange bis du mir deinen Rücken im wirklichen Zustand zeigst."

„Ich gebe nicht nach und schon gar nicht dir, Granger", knurrte er, Hermine verengte die Augen zu Schlitzen, fingerte ihren Zauberstab doch noch aus der Tasche, murmelte ein paar unverständliche Worte, was zur Folge hatte, dass Draco aufkeuchte, vor Schmerzen, wie sie bestürzt feststellte.

Anscheinend hatte er aufgegeben, denn er ließ sich willenlos auf den Bauch rollen, sodass Hermine seinen Rücken betrachten konnte. Sie sog die Luft zischend zwischen den Zähnen ein. Striemen zogen sich über seinen Rücken, blutige Striemen, die noch nicht richtig verheilt waren. Irgendetwas schien ihm die Haut zerrissen zu haben. Sanft berührte sie einen besonders üblen Schnitt und er keuchte erneut auf.

„Oh mein Gott", flüsterte sie bestürzt, Tränen waren ihr in die Augen getreten. Sein Rücken sah einfach nur furchtbar aus, in etwa so, als wäre ein Bestie auf ihn losgegangen.

„Wer hat dir das angetan?", fragte sie mit belegter Stimme und als er sich umdrehen wollte, hielt sie ihn sanft, aber bestimmt davon ab.

„Niemand."

„Wer?"

„Niemand, Hermine, es ist in Ordnung", versuchte er ihr zu versichern, er erzielte allerdings genau das Gegenteil, denn Hermines Hände krampften sich in ihrem Schoß zusammen.

„Hör auf mich zu verarschen, verdammt, wer hat dir das angetan, welches Schwein hat dich so zugerichtet?" Draco seufzte auf und murmelte dann, beinahe unhörbar:

„Mein Vater. Ich hab gedacht, ich hätte dich gesehen, wie du in einer dunklen Ecke gestanden hast, in dem Raum, den ich gelernt habe zu hassen. Er hat Gnade für mich erbeten, es ist egal wofür. Der Dunkle Lord hat sie verwehrt und kaum habe ich den Raum verlassen, ist er mir nach gekommen, hat seinen Gürtel genommen, er hat ihn schon öfters benutzt, wenn er betrunken war...", er verstummte und Hermine folgte dem Impuls und drückte ihm einen sanften Kuss zwischen die Schulterblätter.

„Es muss behandelt werden, Draco", sagte sie, ließ zu, dass er sich auf die Seite rollte und sie ansah.

„Nein, ich will nicht, dass es irgendjemand anderes sieht."

„Aber es kann sich--", er legte ihr einen Finger auf die Lippen.

„Es ist egal, es ist bald vorbei", flüsterte er, die letzten Worte eher an sich selber gerichtet.

„Was ist vorbei?", hakte Hermine nach, doch Draco schüttelte den Kopf und gab ihr einen sanften Kuss.


Draco stand auf und zog sie an einer Hand mit sich nach oben.

„Wie willst du heute Abend auf dem Abschlussball tanzen, wenn du doch keinen Sachen hier hast?", fragte Hermine ihn, während sie ihre Tasche zusammen packte und sie sich über die Schulter schwang.

„Ich komme nicht mit auf den Abschlussball", murmelte er.

„Was soll das heißen, du kommst nicht mit?"

„Ich komme nicht mit, Hermine, ich muss gehen." Hermine trat nah zu ihm heran, hob eine Hand und legte sie auf seine Wange.

„Du bleibst bei mir, du gehst nicht einfach wieder, bitte, jetzt, wo du doch wieder da bist", sagte sie leise und blickte zu ihm auf.

„Es geht nicht, Hermine", erwiderte er und sah zur Seite.

„Aber ich will, dass du mitkommst, ich will, dass wir zusammen tanzen, wie auf dem Silvesterball."

„Nein", war seine schlichte Entschuldigung und sie ließ ihre Hand langsam sinken.

„Ist das wieder ein Abschied?", fragte sie und bemühte sich die bodenlose Enttäuschung aus ihrer Stimme heraus zu halten. Draco blickte sie nicht an, vergrub die Hände in seinen Hosentaschen.

„Ich weiß es nicht", sagte er undeutlich, doch dann schüttelte er den Kopf, lächelte sie an und legte ihr einen Arm um die Hüften. „Vergiss das, was ich gerade eben gesagt habe, komm, ich liefere dich noch bei deinen Freunden ab."


Zögernd stand Hermine vor dem Spiegel, in der einen Hand hielt sie einen Zettel, auf dem stand, sie solle gegen elf Uhr hinaus auf die Ländereien kommen. Kein Absender, nur die gestochen scharfe Schrift, die auch Draco benutzt hatte, als er ihr die Briefe schrieb. Jemand klopfte an der Tür, sie murmelte ‚Herein' und Ginny betrat den Raum.

Sie hatten sich zuvor getroffen, damit sie sich zusammen auf den Ball vorbereiten konnten, denn Ginny, als Harrys Freundin durfte natürlich nicht fehlen. Hermine blickte sie durch den Spiegel an, sie trug ein dunkelrotes, langes Kleid, welches von einem Band um ihren Hals gehalten wurde.

„Dreh dich rum", forderte sie sie auf und Ginny drehte sich einmal im Kreis. Der Rücken war tief ausgeschnitten und eine weiße Perle schimmerte an einem Band, welches ihren Rücken hinunter fiel. Hermine lächelte und reckte den Daumen in die Höhe. Sie selbst trug ein schwarzes Kleid, welches beinahe bis auf den Boden reicht. Es hatte keine Träger, sodass die Kette mit dem Rubin, die sie sich vor langer Zeit einmal in der Winkelgasse gekauft hatte, gut zur Geltung kam. Ihre Haare waren, ganz im Gegensatz zu Ginnys hochgesteckt, fast so wie auch auf dem Silvesterball.

„Du siehst auch wunderschön aus, Hermine, ich kann gar nicht verstehen, dass Draco sich dieses Bild entgehen lässt", murmelte Ginny lächelnd und Hermine nickte.

„Aber er, es kann nur er sein, hat mir einen Zettel geschrieben, ich soll um elf Uhr auf die Ländereien kommen", sagte Hermine und in ihre Augen schlich sich ein freudiges Glitzern.

„Ron wird ganz schön eifersüchtig sein."

„Aber sieh es mal so, er hat endlich geschafft mich auszuführen." Ginny grinste.

„Ja, das hat er geschafft und er hat sich sogar extra für dieses Jahr einen neuen Festumhang in schwarz gekauft. Wahrscheinlich hatte er es alles eiskalt geplant."

„Wahrscheinlich", erwiderte Hermine kichernd, nahm ihre beste Freundin am Arm und zusammen verließen sie den Gemeinschaftsraum.


Ron und Harry warteten unten an der Treppe, unterhielten sich und Harry, der die beiden als Erster sah, stieß Ron in die Seite und er verstummte.

„Ihr seht wunderbar aus, meine Damen", sagten die beiden und sowohl Ron als Harry begrüßten sie mit einem Handkuss.

„Wollen wir?", fragte Hermine, nachdem sich ein Schweigen ausgebreitet hatte, was ihrer Meinung nach ein wenig peinlich wirkte. Ron räusperte sich.

„Aber natürlich", murmelte er und gemeinsam betraten sie die Große Halle, die in einem dämmrigen Licht dalag und bereits von schnatternden Siebtklässlern bevölkert wurde.

Jemand schlug mit einem Taktstock gegen ein Notenpult und Stille legte sich über die Halle, doch sie wurde schon bald von Professor Dumbledores Stimme unterbrochen:

„Ich bitte die beiden Schulsprecher zusammen mit ihren Tanzpartnern den Ball zu eröffnen, keine Bange, wir werden Ihnen alle recht bald folgen", setzte er noch hinzu und lachte leise. Hermine warf Ron einen Blick zu, nahm seine Hand und ging mit ihm auf die Tanzfläche. Seine Hände schienen ein wenig zu zittern und das Lächeln, was eigentlich zur Aufmunterung dienen sollte, verschlimmerte die Situation scheinbar noch. Ohne zu zögern nahm Hermine seine Hand und legte sie auf ihre Hüfte, platzierte ihre andere Hand wiederum auf seiner Schulter und fing an zu Tanzen. Nach und nach wurden Rons Schritte sicherer, spätestens als sich die Tanzfläche füllte und er nicht mehr der Mittelpunkt des Geschehens war.

„Du machst das gut Ron", murmelte Hermine und blickte lächelnd zu ihm auf. Er schaute mit einem sanften Ausdruck in den Augen auf sie hinab.

„Wo ist dein Liebster?", fragte er leise, doch Hermine schüttelte den Kopf.

„Wir scheinen uns auf den Ländereien zu treffen, heute um elf."

„Hat er dir das geschrieben?"

„Ja, es kann nur er sein, es ist seine Schrift gewesen." Ron nickte und entließ sie in eine Drehung, nur um sie danach wieder zu sich zu ziehen. Hermine vergrub für einen Augenblick ihr Gesicht in seinem Hemd, sog seinen Geruch ein, der so anders als der von Draco war.


Mit roten Wangen trank Hermine den letzten Schluck aus ihrem Butterbier. Sie hatte sowohl mit Harry, als auch mit Seamus getanzt, der ihr in den letzten Wochen ein Freund geworden war, zwar kein guter, aber sie hatte ihn akzeptiert. Es war fünf vor elf, Zeit sich aufzumachen.

„Ich muss los, ihr drei", sagte sie lächelnd und leicht nervös, denn ein Gefühl hatte sich eingeschlichen, welches normalerweise nichts gutes verhieß.

„Pass auf dich auf, normalerweise ist es nicht üblich sich mit jemandem auf den dunklen Ländereien zu treffen."

„Ich habe keine Angst im dunklen, Harry", erwiderte Hermine und sah Harry freundlich an, Ginny, die ihren Kopf auf seiner Schulter gebettet hatte, gähnte. „Pass auf, dass dir deine Freundin nicht einschläft", fügte sie noch hinzu, ehe sie sich umdrehte und die Große Halle verließ.

Kaum hatte sie das Schloss verlassen, kam Ron ihr hinterhergelaufen.

„Hermine, warte einen Augenblick." Sie drehte sich um und wartete. „Ich habe ein ungutes Gefühl bei der Sache, lass mich mitgehen, nur solange bis wir uns auch wirklich sicher sind, dass es Malfoy ist, bitte."

„Nein, Ron, wirklich nicht. Ich ... ich will nicht, dass du mitkommst." Er runzelte die Stirn und zuckte dann mit den Schultern.

„Wie du meinst, aber ich will, dass du sofort zu mir kommst, sobald dir etwas unheimlich ist, verstanden?", fragte Ron noch und Hermine nickte, winkte und verschwand in die Dunkelheit.


Sie schlenderte über das Gras, am See vorbei. Der Mond war voll und sein Licht tauchte alles in ein silbriges Licht, für manche hatte es vielleicht etwas gespenstiges an sich, doch nicht für Hermine. Sie liebte diese Farbe. Aus irgendeinem Grund dachte sie an Professor Lupin, den Werwolf. Was er jetzt wohl machte? Ob er seinen Trank getrunken hatte und irgendwo zusammengerollt lag? Oder war er womöglich auf Jagd nach Todessern.

„Hermine", sagte jemand hinter ihr und sie fuhr herum. Es war Draco. Er stand da, regungslos, seine Augen waren geweitet, in ihnen lag Schock.

„Hallo Draco", erwiderte sie, wollte auf ihn zu gehen, ihn in die Arme nehmen, doch er wich zurück.

„Was machst du hier?"

„Du hast mir doch den Zettel geschrieben", fing sie an, doch er schüttelte unmerklich den Kopf, schien ihr mit seinen Händen irgendetwas deuten wollen, doch Hermine verstand nicht. Sollte sie gehen oder was wollte er ihr sagen?

„Draco, ich verstehe nicht", setzte sie erneut an, bevor sie verstummte, als sieben Personen, eingehüllt in schwarze Mäntel hinter Draco in einem Halbkreis apparierten. Seit wann konnte man auf die Ländereien von Hogwarts apparieren? Hermine drehte sich langsam um, zuckte zusammen. Hinter ihr standen noch einmal sieben Männer in schwarzen Umhängen.

Eingekesselt von vierzehn Todessern fühlte Hermine sich nicht wohl in ihrer Haut.

„Seht, seht, dass Schlammblut mit dem Verräter." Ein Mann trat vor, die Lücke im Ring wurde übergangslos geschlossen. Er riss sich die Maske vom Gesicht und zum Vorschein kam Lucius Malfoy.

„Was machen Sie hier?", fragte Hermine, straffte die Schultern und blickte ihn herausfordernd an. Malfoy Senior näherte sich ihr, bis er nah vor ihr stand, hob die Hand und strich an der Kette vorbei, hielt an dem Rubintropfen an und lächelte.

„Was hältst du davon Draco, wenn ich sie hier und jetzt vor dir nehmen würde?" Wütend schlug Hermine seine Hand weg und wich zwei Schritte zurück.

„Sie sind abartig", fauchte sie, doch er lachte nur.

„Gib mir eine Antwort, Sohn", wandte er sich zischend an Draco, der dastand und mit seinen Augen einen Fluchtweg suchte, einen Fluchtweg für Hermine. Er wusste, dass er diesen Kreis nicht mehr verlassen würde...

Hermine verfluchte ihre eigene Dummheit. Wieso hatte sie ausgerechnet heute den Zauberstab oben gelassen, warum nur?

„Du würdest dich nicht trauen, Vater, weil du genau weißt, dass der Dunkle Lord etwas vollkommen anderes von dir verlangt."

„Außerdem würden Sie nicht Ihre makellose weiße Weste beschmutzen?", fragte Hermine mit angeekelter Stimme und funkelte ihn wütend an. Malfoy Senior sagte nichts, sondern zielte mit dem Zauberstab auf Hermines Brust und murmelte:

„Crucio!" Die Erinnerungen an das erste Mal, als sie mit diesem Fluch zusammenstieß brandeten in ihr auf, die Glassplitter waren wieder da, bohrten sich in ihr Herz. Sie fiel, ihre Augen verdrehten sich, ihre Glieder zuckten unkontrolliert. So plötzlich wie der Schmerz gekommen war, hörte er auf und als Hermine sich langsam und unkontrolliert zitternd aufsetzte, sah sie, wie Draco seinen Vater zu Boden drückte, nun aber von zwei der Todessen hart an den Schultern gepackt wurde und von ihnen zu Boden gestoßen wurde.

„Lasst eure dreckigen Finger von ihm", schrie sie, als Draco aufblickte und sie feststellte, dass Blut aus seiner Nase lief.

„Du bist keine Deut besser als die Potterliebenden Hurensöhne, die ihm hinterher hecheln. Du hast ein genau so weiches Herz wie deine Mutter und das wird dir den Tod bringen." Sein Vater hob den Zauberstab und eine grausame Vorahnung machte sich in Hermine breit.

„Nein", schrie sie, als Dracos Vater seinen Zauberstab schwenkte und in die tiefe Stille, die sich über die Ländereien gelegt hatte, murmelte:

„Incisura." Draco zuckte zusammen und fasste sich mit einer Hand an die Brust. Ein breiter und tiefer Schnitt zog sich quer über seine weiße Haut, die unter dem zerrissenen, schwarzen Hemd hervorkam, Blut quoll aus der Wunde.

„Er ist Ihr Sohn, Sie Schwein, helfen Sie ihm, er verblutet", schrie Hermine Lucius Malfoy an, rannte auf ihn zu, wollte ihn schlagen, doch er holte aus und gab ihr eine so heftige Ohrfeige, dass sie für einen kurzen Moment das Bewusstsein verlor. Als die Schwärze verschwand, waren die Todesser verschwunden. Hermine stöhnte auf, doch sie achtete nicht weiter auf ihre, nun ebenfalls blutende Nase, sondern robbte auf Draco zu, der auf dem Rücken lag, eine Hand auf die Brust gepresst.

„Es wird alles gut", sagte sie leise, versuchte die Blutungen zu stoppen, sah sich Hilfe suchend in der Nacht um, doch niemand war hier, niemand war auf den Ländereien. Draco hustete.

„Hermine ... ich ... ich--", sie legte ihm einen blutigen Finger auf die Lippen.

„Schsch, ich bleibe bei dir, dir passiert nichts, es wird alles gut", murmelte sie, bettete seinen Kopf auf ihrem Schoß und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Der Glanz seiner grauen Augen schien langsam zu verblassen, ein Teil ihres Geistes hatte sich mit der Tatsache angefunden, dass Draco sein Ende hier auf den Ländereien seiner Schule finden würde, getötet durch die Hand seines Vaters.

Der andere Teil hoffte auf Hilfe, wollte laufen, wollte jemanden holen, doch konnte es nicht, denn die Angst, dass er vielleicht doch sterben würde, ganz alleine, war zu groß. Tränen, die sich in ihren Augen gesammelt hatten, liefen ihr die Wange hinunter und Dracos Hand, die er hatte heben wollen um sie ihr weg zu streichen, war zu schwach um ihre Wange zu erreichen. Hermine umschloss sie mit ihrer und blickte auf ihn hinab. Er hustete erneut.

„Hermine ... ich ... es ... es ... tut ... mir Leid", flüsterte er mit erstickter Stimme, bevor seine Hand, die sich vorher noch Hilfe suchend um ihre geschlossen hatte, ihre Kraft endgültig verlor.

Das Leben war aus seinen Augen gewichen, sie blickten starr zum Himmel.

„Nein", Hermines Schrei schallte über den leeren Rasen, sie packte ihn an den Schultern, schüttelte ihn, doch Draco gab keine Antwort. Er würde ihr nie wieder eine Antwort geben.

„Komm zurück, Draco, ich bitte dich, komm zurück", schluchzte sie. Jemand lief über den Rasen auf sie zu, mit einer Lampe. Der Schein fiel auf Dracos leblosen Körper und Hermine, die sich verzweifelt an ihm festklammerte. Ron kam von hinten, packte sie an den Schultern und zog sie weg.

„Hermine, Hermine beruhige dich, es ist alles in Ordnung, beruhige dich", versuchte Ron sie zu besänftigen, doch Hermine schlug mit ihren Fäusten auf ihn ein, riss sich los und lief, achtete nicht darauf, dass Ron ihr folgte.

Er stoppte ihre übereilte Flucht, indem er sie um die Hüften packte und gegen sich drückte. Erst wollte sie sich wehren, doch als sie einsah, dass er ihr nichts böses wollte, drückte sie ihr Gesicht gegen sein Hemd.

Ron strich ihr beruhigend über den Rücken, wartete, bis ihre Tränen einigermaßen abgeflaut waren, ließ ihr soviel Zeit, wie sie brauchte.


Mum", ein kleiner Junge, vier Jahre alt, lief auf seine Mutter zu, eine junge Frau mit braunen, leicht gelockten Haaren, die in einem Sessel in dem kleinen Garten des Hauses saß und sich sonnte.

Was ist denn, Dray?", fragte sie sanft und blickte ihm lächelnd entgegen. Seine braunen Haare schienen leicht rötlich im Licht der Sonne und seine grauen Augen strotzten vor Lebensfreude. Hermine seufzte. Sie erinnerten sie immer an seinen Vater. Es war nun fvier Jahre her, dass Malfoy Senior seinen Sohn umgebracht hatte. Zwei Wochen nach dem Begräbnis hatte Hermine erfahren, dass sie schwanger war.

Mum, schau mal, was ich gefunden habe", sagte Dray und hielt ihr einen glatten, schwarzen Stein hin. Hermine lächelte.

Der ist wunderschön, mein Kleiner." Der Junge grinste und rannte ins Haus hinein. Kurze Zeit später kam er wieder, seinen Ziehvater an der Hand.

Dad findet den auch schön", trällerte der Kleine, doch seine gute Laune verschwand beinahe sofort, als er sah, dass sich Tränen in den Augen seiner Mutter gesammelt hatten. „Dad, warum weint Mum? Hab ich irgendetwas falsch gemacht?", fragte er bestützt und blickte seine Mutter fragend an, doch sein Ziehvater nahm ihn bei der Schulter und sagte:

Geh und such noch so einen Stein, Dray, du hast nichts gemacht", versicherte er ihm noch und Dray machte sich, mit einem letzten Blick auf seine Mutter in Richtung Ecke auf, wo er den Stein gefunden hatte.

Danke Ron", murmelte Hermine leise und wischte sich über die Augen, blickte Ron schief lächelnd an, der sich neben sie gekniet hatte. Ron hatte ihr geholfen, sich um Dray gekümmert, als sei er sein eigener Sohn und schließlich hatten sie geheiratet, an Drays erstem Geburtstag.

Du hast dich wieder erinnert, hm?"

Ja, ich glaube, ich werde mich nie daran gewöhnen, dass sein eigener Vater ... dass sein eigener Vater ihn umgebracht hat. Und die Aussicht, Dray irgendwann sagen zu müssen, dass du nicht sein Dad bist, es macht mir Angst Ron", gestand sie dem rothaarigen jungen Mann leise, der sie mit seinen blauen Augen gutmütig ansah.

Er wird es verkraften, Mine, glaub mir. Wenn er auch nur halb so ist wie sein Dad, dann wird er damit wohl keine Probleme haben."

Ich glaube eher, dass er Probleme damit haben wird, wenn er so ist wie sein Dad", murmelte Hermine, doch Ron gab ihr einfach nur einen sanften Kuss und wuschelte Dray durch die Haare, als er ankam und seiner Mutter auf den Schoß kletterte, ihr den Stein in die Hand drückte und sagte:

Du darfst nicht mehr weinen, Mum, versprichst du mir das?" Hermine lächelte und sah für einen Augenblick in den Augen jemand anderen. Ja, sie würde nicht mehr weinen, das versprach sie dem Kleinen und seinem Vater...


A/N

So, hier sind wir am Ende und ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, die mich in dieser Zeit begleitet und mich mit ihren Reviews unterstützt haben. Ohne euch wäre ich nie soweit gekommen /kisses verteil/

Mein eigentliches Ziel waren 55 Chaps, aber dann ist mir diese Ende eingefallen und es hätte sich nicht mehr gelohnt, noch ein ganzes Chap mit unnögtigem Geschwafel zu füllen. Auch wenn es kein Happy End ist, ich hoffe trotzdem, dass ihr mir verzeiht, dass es nicht allzu kitschig geworden ist am Ende, dass ihr mir noch ein Abschiedsreview da lasst und dass es euch gefallen hat, diese Story zu lesen und ihr immer Spaß hattet, mir ein Review dazulassen...

Ich zähle hier jetzt nicht die ganzen Leute auf, die es geschafft haben so schnell zu den letzten zwei Chaps ein Review dazu lassen, aber euch danke ich noch einmal ganz besonders :)

Auf, vielleicht, baldiges Wiederlesen

Heagdl

Dociuscan