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3. Auf dem Gang
Kennt ihr das auch? Diese geradezu unheimliche Folgerichtigkeit unangenehmer Ereignisse, die immer dann eintritt, wenn ein Tag absolut beschissen begonnen hat? Meine Mum – und glaubt mir, die Frau hatte für jede Gelegenheit den passenden Spruch parat – sagte immer, dass es absolut illusorisch sei, von einem Tag, der bereits verkorkst gestartet war, Besserung zu erwarten. Sie hat es zwar etwas drastischer ausgedrückt, meine Mutter war keine Frau, die jemals ein Blatt vor den Mund nahm, aber Hogwarts ist schließlich eine Schule, also halte ich mich in der Beziehung lieber etwas zurück. Na gut – jedenfalls meistens, wenn ich nicht gerade übermäßig gereizt bin...
Wo war ich? Ach ja, bei meinem verkorksten Tagesbeginn. Also lasst mich mal zusammenfassen; nach einer halb durchwachten Nacht voller wirrer erotischer Träume, die sich – und das wurmt mich wirklich ungemein – ausschließlich um Remus TraumAllerFrauenZwischenAchtUndAchtzig Lupin drehten, muss ich ausgerechnet das Objekt meiner – traurig aber wahr – geradezu unanständig ausgeprägten, fleischlichen Begierde im Adamskostüm zu Gesicht bekommen! Und nein, ich bin nicht pervers! Jede Frau mit einem einigermaßen normalen, gesunden Hormonhaushalt hätte in diesem Moment den Wunsch verspürt, ihn einfach anzuspringen, nicht wahr?
Und – wie ihr euch vielleicht erinnert – sind meine Hormone, zumindest was diesen verdammten Mistkerl Lupin betrifft, alles andere als nur normal. Ich glaube, ich habe letztens den Begriff „gemeingefährlich" benutzt.
Wie dem auch sei, ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass der Letzte dem ich heute Morgen leibhaftig begegnen will, Remus Lupin ist. Dicht gefolgt von Severus Snape und Argus Filch, was mir wohl keiner verübeln wird, der jemals mit einem von Beiden zu tun hatte, aber er hat ganz sicher die Spitzenposition auf meiner Liste.
Aber wie das Leben so spielt; Murphy, dieser verdammte Bastard, hat mich heute eindeutig auf dem Kieker.
Wie, ihr kennt Murphy nicht? Das ist ein Scherz, oder? Murphy ist einer der größten irischen Zauberer aller Zeiten – er hat nämlich den „WasSchiefGehenKannDasGehtAuchSchief"-Fluch entwickelt. Und das mit bemerkenswertem Erfolg. Auf Grund dieses Fluchs fällt mein Butterbrot immer mit der bestrichenen Seite nach unten, meine Feinstrumpfhosen ziehen immer gerade dann Laufmaschen, wenn ich einen wichtigen Termin habe und ... Ich laufe ausgerechnet Remus J. Lupin in die Arme, wenn ich die ganze Nacht von ihm geträumt und ihn zu allem Überfluss auch noch kurz zuvor nackt gesehen habe. Das ist eben das Gefährliche an diesen abstinenten Iren; sie fangen an zu denken. Und dann versuchen sie, die Weltherrschaft zu übernehmen...
Okay, was ich eigentlich erzählen wollte, bevor meine Hormone und dieses Arschloch Murphy sich zusammengetan haben, um mein Gehirn irreparabel zu schädigen, was glaubt ihr wohl, wer mir auf dem Weg zur Großen Halle entgegengeschlendert kommt? Ein Tipp – Verona Feldbusch, diese Muggelikone, die sämtliche Blondinenwitze ad absurdum führt, ist es jedenfalls nicht. Und da ich nun einmal blond bin... Okay, lassen wir das. Zurück zum Thema.
Ja, ganz recht, Remus Lupin in höchsteigener Person kommt mir entgegen, ein paar sorgfältig zusammengerollte Pergamente unter dem Arm und dieses sexy schiefe Lächeln im Gesicht, für das er dringend einen Waffenschein beantragen sollte. Und wenn ich nicht auf dem Absatz kehrtmachen und davonlaufen will – und das kommt nun überhaupt nicht infrage, was immer man mir nachsagen kann, feige bin ich jedenfalls nicht – wird er gleich vor mir stehen.
Uuups. Schon passiert. Da steht er schon, und selbstverständlich wieder viel zu nah. Misstrauisch runzle ich die Stirn. Hat er mich etwa abgepasst?
„Alex. Wie geht es dir?" Oh dieses Timbre ...
„Wunderbar." Ich kämpfe verzweifelt darum, den Bücherstapel, den ich im Arm trage nicht zu verlieren, weil sein bloßer Anblick mir mal wieder die Knochen aufweicht. „Könnte gar nicht besser sein."
Er blickt mich an, aufmerksame, sturmgraue Augen auf der Suche nach einem Zeichen von Schwäche ... Ich habe seit mindestens zwanzig Jahren keine Sonnenbrille mehr getragen, wozu auch, wenn ein einfacher Lichtdämpfungszauber den gleichen Effekt hat, aber heute könnte ich tatsächlich eine gebrauchen. Vorzugsweise eines von diesen verspiegelten Dingern, die die Augen nicht nur verbergen, sondern den Gegenüber auch noch richtig schön einschüchtern ... Obwohl ich nicht glaube, dass es in Lupins Fall wirken würde. Den könnte wahrscheinlich nicht mal Großtante Emily einschüchtern und die Frau kommt eindeutig direkt nach Satan persönlich.
Ich muss wohl – Merlin sei es gedankt – um einiges tougher aussehen, als ich gedacht hätte, denn nach einem Moment zuckt er die Achseln. Bei dieser Bewegung wird mir mal wieder bewusst, wie breit seine Schultern sind, und das erinnert mich wiederum an andere Körperteile... Ich spüre wie meine Wangen zu glühen beginnen, natürlich vor Wut, was habt ihr denn gedacht? Ach verdammt, warum ist er nicht alt, fett und hässlich. Stattdessen sieht er gut aus, groß, stark und außerordentlich attraktiv. Entschieden zu gut für meinen Seelenfrieden.
„Bitte entschuldige, wenn ich dich heute Morgen in Verlegenheit gebracht haben sollte", sagt er, und natürlich setz er wieder diese Stimme ein, die mir durch und durch geht, dieser hinterhältige Kerl. „Ich war noch im Halbschlaf und habe nicht an das Fenster gedacht." Das kannst du deiner Oma erzählen, Kumpel!
Ich zucke nonchalant die Achseln – jedenfalls versuche ich es, auch wenn ich die Wirkung vollkommen ruiniere, indem ich beinahe die Bücher fallen lasse. Und wieder knallrot anlaufe. „Du hast mich nicht in Verlegenheit gebracht." Du hast mich nur rattenscharf gemacht Ich will weitergehen – nur weg von diesen aufmerksamen, grauen Augen – doch er steht so dicht vor mir, dass ich mich nicht rühren kann. Nicht aus Platzgründen, denn ich könnte ja noch immer nach hinten ausweichen – obwohl mir das natürlich zuwider wäre – sondern weil seine körperliche Nähe bei mir schlicht zu akutem Muskelversagen führt. Ob er wohl auf Frauen steht, die sich in hilflose Gummipüppchen verwandeln?
Er mustert mich besorgt und angesichts meiner abstrusen Gedankengänge tut er das wahrscheinlich völlig zu Recht. „Bist du wirklich okay? Du hast mich noch immer nicht beleidigt und wir unterhalten uns jetzt schon fast eine Minute lang."
Ooooh dieser Mistkerl! „Ich bin heute milde gestimmt", antworte ich knapp. „Ich spare mir meine Energie lieber für Wichtigeres auf." Gut gegeben, Alex. Vielleicht bist du ja doch noch zu retten...
Er grinst. Tatsächlich, er grinst! Ist denn das zu fassen? „So mag ich mein Mädchen. Da geht es mir gleich besser."
Sein Mädchen? Träum weiter, Kumpel! Und ich lege nicht den geringsten Wert darauf, dass er sich besser fühlt, nur um das mal klarzustellen! Er kann seine Flirtkünste woanders perfektionieren – nicht dass sie perfektioniert werden müssten, das ganz gewiss nicht, aber... Moment mal – Flirtkünste? Tatsächlich, der Kerl flirtet mit mir! So eine Unverschämtheit! Und meine verdammte, verräterische Pumpe führt sich prompt auf, wie ein wild gewordener Hyppogreif!
Oh, ich hasse das!
„Küss mich bloß nicht!", warne ich ihn mit erschreckend piepsiger Stimme, weil er plötzlich viel näher gekommen zu sein scheint, obwohl mir keine Bewegung aufgefallen ist, und weil sein Blick jetzt mit jener ganz bestimmten Intensität auf mein Gesicht gerichtet ist, an die ich mich nur zu gut erinnere. Jene Intensität, die Männern immer eigen ist, bevor sie zum Angriff übergehen.
„Das habe ich auch nicht vor", erwidert er mit seinem schiefen Schmunzeln. „Ich habe nämlich Stuhl und Peitsche vergessen." Er tritt einen Schritt zurück, was ihm nach dieser Aussage vermutlich seine Fortpflanzungsfähigkeit erhält, weil ich nämlich kurz davor bin, zuerst Feuer zu spucken und anschließend meinen ganz persönlichen Beitrag zur Geburtenkontrolle im Hause Lupin zu leisten. Und die hätte mit einem Verhütungszauber nicht das Geringste zu tun, wenn ihr versteht, was ich meine. Dieser verdammte, großkotzige Dreckskerl...
Er tritt also diesen winzigen Schritt zurück, dann hält er inne und schaut auf mich herab. „Außerdem habe ich im Moment keine Zeit. Wir müssen beide gleich in unseren Unterricht, und ich kann Gehetze nicht ausstehen. Für dich bräuchte ich mindestens ein paar Stunden!"
Ich weiß genau, dass ich ihn eigentlich verbal niedermähen müsste. Oder dass ich ihn einfach wortlos stehen lassen sollte. Oder ihm eine scheuern oder ihm einen Fluch auf den Hals hetzen müsste. Wirklich. Ich weiß das! Aber stattdessen wiederhole ich nun wie von Sinnen: „Ein paar Stunden?"
„Klar." Und prompt lässt er wieder dieses träge, gefährlich schiefe Lächeln aufleuchten. „Drei Stunden sind das Mindeste, weil ich annehme, dass wir beide nackt enden, wenn ich dich erst küsse!"
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„Oh", murmle ich vor mich hin, während ich den Korridor hinunterhaste. „Oh?" Eine schlagfertigere Erwiderung ist mir nicht eingefallen? Warum habe ich nicht etwas erwidert wie: „Du träumst wohl, Kumpel", oder „Ach du Schreck, sind Weihnachten und Pfingsten zusammengefallen, ohne dass ich es bemerkt hätte?" Alles – absolut alles – wäre besser gewesen als „Oh", Sackzement noch mal. Normalerweise bin ich sogar im Schlaf noch besser. Sorry, Leute, aber darüber werde ich einfach nicht fertig.
Außerdem habe ich dieses bescheuerte „Oh" nicht einmal lässig dahingesagt, so als hätte ich ihn etwas gefragt und eine absolut unbrauchbare Antwort erhalten. Nein, ich muss die Blamage natürlich noch komplett machen! Diese verdammte Silbe ist so hilflos von meinen Lippen gepurzelt, dass das Pendel des Haarzahnmeters kilometerweit ins Negative ausschlagen muss.
Und das Allerschlimmste ist – wehe einer lacht – unter Umständen hat er sogar Recht.
Nein. Nein, nein, nein, nein, nein. Ich halte nichts von One-Night-Stands. Und eine ernsthafte Beziehung mit Mr. NachDreiDatesTürmeIchKommentarlos kommt für mich überhaupt nicht infrage. Das habe ich schon einmal probiert, wie ich euch ja bereits erzählt habe. Noch einmal tue ich mir das ganz sicher nicht an, schließlich bin ich keine Masochistin, obwohl ... Ach Scheiße!
Verdammt, ich kann ihn noch nicht einmal leiden! Wenigstens nicht besonders. Gibt es eigentlich überhaupt etwas an Remus Lupin, was mir gefällt, mal abgesehen von seinem Körper – daran ist ja nun nicht zu rütteln – und seinem sexy Lächeln? Ich lasse mir die Frage durch den Kopf gehen. Okay, er ist ordentlich, in meinen Augen für einen Mann ein gewaltiger Pluspunkt, das gebe ich ehrlich zu. Es schafft einen Ausgleich zu dem üblichen Macho-Geprotze. Nicht dass er protzen würde, als ob er das nötig hätte, in Anbetracht des Prachtexemplars, das er da in seiner Hose spazieren trägt...
Ich krampfe die Hände um meinen Bücherstapel und versuche, nicht zu hyperventilieren. Meine Brustwarzen spannen, und mir ist klar, dass ich nur kurz nachzufühlen bräuchte, um festzustellen, dass sie wie brave kleine Auroren in Habachtstellung verharren. Wisst ihr wie peinlich so etwas ist?
Also gut. Ich habe es mit einer schweren Attacke von Mannstollheit zu tun. Daran ist nichts zu rütteln, damit muss ich mich abfinden, und das bedeutet, dass ich nun doch noch mal diesen verdammten Verhütungszauber nachschlagen muss. Nicht, dass ich ihm jemals ein Wort davon verraten würde. Der Zauber ist eine reine Vorsichtsmaßnahme und nur für den – wehe ihr lacht, wenn ich jetzt unwahrscheinlichen sage – Fall gedacht, dass meine Hormone – diese elenden Verräter – sämtliche grauen Gehirnzellen völlig außer Kraft setzen. So etwas Dummes ist mir zwar noch nie passiert, aber ich habe ja auch noch nie einen solchen Fluchschaden angesichts eines männlichen Zauberstabes erlebt.
Was zum Troll ist eigentlich los mit mir, überlege ich in heiligem Zorn. Dies ist schließlich nicht das erste männliche Geschlechtsorgan, was ich jemals zu Gesicht bekam. Zugegeben, Remus' Exemplar ist beeindruckend, aber als ausgesprochen neugierige junge Frau habe ich gelegentlich auch mal einen Pornofilm angeschaut und hin und wieder im Playgirl geblättert, ich habe also schon größere gesehen...
Ich stoße die Tür zu meinem Klassenzimmer auf, und zwinge mich gewaltsam, keinen einzigen Gedanken mehr an Remus Lupins Mr. Happy zu verschwenden. Schließlich bin ich eine gestandene Frau und kein im Hormonüberschuss sabbernder Teenager. Und auch ein noch so schamlos geschwenkter Joystick wird mich nicht von den Aufrufsummen ablenken, die heute auf dem Lehrplan stehen. Oder waren es doch die Mathemagischen Summenzauber? Scheiße!
Weißt du was, Murphy, du verdammter, irischer, absolut perverser Drecksack? Du kannst mich mal kreuzweise!
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Kommentar meiner Beta-Leserin BineBlack: Hören Sie auf so rumzuzicken, Professor! Sie kommen ja eh´ nicht drum rum. Und man soll solche Dinge schließlich genießen! Vorfreude ist die schönste Freude …Und das Drei-Stunden-Versprechen klingt doch mehr als verlockend, oder! (Sabber!)
