So verstrichen fast 60 Jahre, in denen sie beide Arwen nicht mehr gesehen hatten, das näher kommende Dunkel immer spürbarer wurde, und Aragorn doch Bruchtal verließ, und als Ranger durch Mittelerde streifte, um seinem Schicksal zu entgehen. Aber die Sehnsucht nach Arwen folgte ihm dennoch.
Und so kam es, dass ein
Treffen erst wieder möglich war, als Elrond den Rat
zusammenrief, der über die Bedrohung durch Sauron beraten
sollte. Arwen ließ es sich nicht nehmen, zu dieser Zeit in
Bruchtal zu sein, und auch Legolas war herbeigerufen worden. Es war
nicht viel Zeit für eine größere Begrüßung,
bevor das weitere Schicksal aller entschlossen wurde, aber dann war
klar, dass Aragorn und Legolas zusammen dieses Abenteuer bestreiten
würden, aber Arwen sich nicht daran beteiligen durfte.
Aber
Arwen bekam die Gelegenheit, sich ordentlich von Aragorn und Legolas
zu verabschieden. Ersterer Abschied war schwer, aber sie fasste neuen
Mut, als Legolas ihr und Aragorn alles Gute für ihre gemeinsame
Zukunft wünschte. Sie hatte also endlich seinen Segen, was ihr
Herz erfreute, trotzdem fragte sie sich, warum.
„Du hast eine
sehr lange Zeit auf ihn gewartet und liebst ihn sogar noch mehr als
damals", antwortete er lächelnd. „Und du hast überhaupt
auf ihn gewartet. Das allein zeigt mir, dass es dir sehr ernst mit
ihm ist. Und dass du nicht mehr zu retten bist."
Er grinste und
drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Manchmal hatte er gedacht,
dass es ihm das Herz brechen würde, dass sie ihn nicht erwählt
hatte, und er oft lang von ihr getrennt war. Und dass diese neue
Verbindung noch viel schmerzhafter sein würde, aber seitdem er
wusste, dass sie glücklicher als jemals zuvor war, fühlte
er sich auch viel leichter.
Sie gab sich mit dieser Antwort
zufrieden, auch weil diese sie sehr glücklich machte, und sie
auch sehen konnte, dass er ebenfalls glücklich war. Trotz des
Schicksals, das irgendwann auf sie warten würde, und das sie
akzeptiert hatte.
„Ich wünsche dir das Glück, das
ich habe, mellon nin", antwortete sie und umarmte ihn lang und
herzlich. Noch immer hatte er den selben Ausdruck in den Augen, wie
vor so vielen Jahren, und noch immer wusste sie nicht, was er
wirklich für sie fühlte. Und sie hatte das Gefühl,
dass sie dies wohl nie erfahren würde.
„Und ich wünsche
dir, dass du es sehr lange behalten wirst." Legolas verbeugte sich
noch einmal respektvoll, aber mit einem kleinen Grinsen, bevor er
sich umwandte und zu den Anderen ging, die sich nach der
Verabschiedung durch Elrond auf den Weg machen würden. Er ahnte,
dass wieder eine lange Zeit vergehen würde, oder sie sich
vielleicht nie wieder sehen würden, aber solange er Aragorn vor
dem Schlimmsten bewahren konnte, hatte er seine Aufgabe erfüllt.
Dann kam die erste Nacht auf ihrer Reise, und wie erwartet, konnte
er keine Ruhe finden und übernahm daher die erste Wache. Auch
Aragorn blieb trotz seiner offensichtlichen Müdigkeit schlaflos,
und so saßen sie bald nebeneinander und genossen die Stille der
Nacht, die nur von leisem Schnarchen des Zwerges unterbrochen wurde.
„Sie hat ihre Unsterblichkeit für mich aufgegeben",
murmelte Aragorn nach einer Weile, aber vermied es, Legolas direkt
anzusehen. Er fühlte sich so schon schuldig genug, da brauchte
er dies nicht auch noch in den Augen seines Freundes sehen. Seines
besten Freundes, wie er zugeben musste. „Wenn ich sterbe, wird die
Trauer ihr Herz brechen. Und du weißt, was das heißt."
Legolas nickte nur dazu
und vermied es selbst, Aragorn anzusehen. Er wollte ihm nicht alles
sagen, was ihm auf dem Herzen lag, aber er fühlte auch, dass
zumindest etwas davon mehr als nötig war. Aragorn musste sich
voll auf seine bevorstehende Aufgabe konzentrieren können, da
lenkte ihn die Sorge um Arwen nur unnötig ab.
„Elben
können an einem gebrochenen Herzen sterben, das ist wahr",
begann er dann nach einer Weile. „Und dein Tod könnte ihr das
Herz brechen, da hast du Recht. Aber du musst noch etwas Anderes
bedenken. Wir wissen, dass wir uns alle eines Tages in Valinor
wiedersehen werden. Dort gibt es nur Glück. Daher wirst du auch
nach deinem Tod glücklich sein. Und das weiß sie."
Nun drehte er sich doch langsam zu seinem Freund und lächelte
ihn an. Er hatte selbst oft über die Menschen und den Tod
nachgedacht, wobei ihn natürlich der Tod seines Freundes am
meisten beschäftigt hatte. Und er hatte auch inzwischen eine
Antwort gefunden, die sie alle trösten konnte.
„Solange
derjenige glücklich ist, dem man sein Herz geschenkt hat, kann
das Herz selbst durch Entfernung oder das Fehlen der Erwiderung
dieser Gefühle nicht brechen", sagte er ernst und gab damit
mehr preis, als er jemals wollte. „Arwen wird es gut gehen, und sie
wird geduldig darauf warten, bis es Zeit wird, dass ihr euch
wiederseht."
Aragorn sah ihn daraufhin mehr als nur überrascht
an und legte sogar ein wenig den Kopf schief, denn in diesen Worten
war mehr Informationen, als es den Anschein haben mochte. Sicherlich
hatte er ihn damit sehr beruhigt, und er brauchte ihn nur vollkommen
zu glauben, was ihm nur etwas schwer fiel. War es wirklich so, wie
Legolas es sagte, dann erleichterte dies sein Herz sehr.
Aber
andererseits schien es auch so, als hätte Legolas auch über
sich selbst gesprochen, was wiederum hieß, dass er sein Herz
verschenkt hatte und trotzdem glücklich war, auch wenn diese
Liebe vielleicht nicht oder nicht mehr erwidert wurde. Wenn ja, waren
seine Worte wirklich wahr.
"Dann werde ich auch geduldig darauf warten", erwiderte er dann ernst und nach einer Weile. Dabei schlich sich auch ein wissendes Lächeln auf sein Gesicht, das auch ein wenig traurig war. "Schließlich habe ich im Gegensatz zu Anderen die Aussicht, dass dieses Warten eines Tages vorbei ist."
Er drückte kurz die Schulter von Legolas und sah dann zu den Sternen, nachdem dieser als Antwort nur genickt hatte. Als Zeichen, dass sie beide nicht nur ihre Freundschaft verband, sondern auch die Liebe zu einem anderen, wunderbaren Wesen.
Arwen.
