Ritual
1. Teil
2. Kapitel
Die Schule hat mir von Anfang an eigentlich viel Spaß bereitet. Dass man sehr streng war, machte mir nichts aus, ich war nur froh eine Beschäftigung zu haben und nicht meinen düsteren Gedanken über den Grund meines Aufenthalts hier nachzugehen. So habe ich mich sehr in mein Studium vertieft und in dieser Zeit ist wohl auch meine Leidenschaft erwacht. Meine Leidenschaft zum Bladen, denn es war zu dieser Zeit das einzige, was mir wirklichen Halt gab.
Ich wurde alsbald zu einem der besten Blader auf der Schule und genoss die besondere Aufmerksamkeit so mancher Lehrer und Erzieher. Dass ich auch die Anerkennung vieler meiner Mitschüler hatte, erfüllte mich jedoch mit dem meisten Stolz, besonders die vielen Freundschaftsangebote, die mir in dieser Zeit geradezu entgegenströmten. Doch ich war nicht interessiert daran. Ich war es gewohnt ein Einzelgänger zu sein und außerdem wollte ich meinen Ruhm auch nicht mit irgendjemandem teilen. Dennoch fügten sich die Teile so zusammen, dass ich alsbald der Anführer einer kleinen Truppe wurde. Als Freunde konnte ich die drei nicht wirklich bezeichnen, lediglich einer davon kam mir näher als jeder andere zuvor, jedoch niemals nahe genug, als dass er sich mein Freund nennen konnte.
Als ich gerade mein zweites Jahr in der Schule absolvierte und gerade mal mein siebtes Lebensjahr erreicht hatte, kam es, dass der Gründer und Leiter der Schule ebendieser einen kurzen Besuch abstattete, eben um zu sehen, wie es hier so lief. Im Schlepptau hatte er seinen Enkel, einen kleinen Jungen, etwas jünger als ich war er wohl, jedoch fielen mir auf Anhieb seine neugierig funkelnden Augen auf. Der Kontakt zu ihm ward mir jedoch verboten, schließlich war er der einzige Nachkomme unseres Schulgründers und ich nur ein einfacher Schüler. Jedoch wurden wir auf der Schule nach unseren Leistungen und nicht nach unserer Herkunft beurteilt, obwohl ich eigentlich in beidem etwas aufzuweisen hatte. Doch nur ersterem verdankte ich es, dass mir der Schulgründer einen Besuch abstattete. Man hatte ihn wohl auf meine außergewöhnlichen Fähigkeiten aufmerksam gemacht und nun stand er also vor mir, den etwas unsicher um sich blickenden Jungen im Schlepptau und ich wusste gar nicht, wie mir geschah, als mir ebendieser Junge fast in die Arme gedrückt wurde, mit der Aufforderung, dass ich mit ihm das Bladen trainieren und mich um ihn kümmern solle.
Ich war zu verwirrt, um irgendetwas zu sagen, geschweige denn zu erwidern und selbst wenn ich es gekonnt hätte, hätte ich es nicht getan, da man mir ja praktisch schon in die Arme bespielt hatte und das im wahrsten Sinne des Wortes.
So nickte ich nur brav, nahm den anderen an die Hand und führte ihn, nachdem ich dem Schulgründer eine kurze Verbeugung angedeutet hatte, aus dem Raum und in mein Zimmer.
Anzufangen wusste ich im ersten Augenblick mit dem kleinen Kerl nicht viel. Wir waren beide jung, nur Kinder und von Grund auf verschieden, wie ich schon allzu bald feststellte. Sein ganzes Interesse galt einzig und allein dem Bladen, darin waren wir uns nicht einmal so unähnlich, jedoch war er in seiner Art und Weise Letztgenanntes auszuführen doch so gänzlich anders als ich. Die Verbissenheit, mit der er an manche Sachen heranging, konnte ich nicht nachvollziehen. Er war bei allem, was er tat ernst und gänzlich bei der Sache. Hartnäckig und fleißig beim Trainieren war ich zwar auch, jedoch in einer anderen Art als du.
Ich musste schnell einsehen, dass die Aktion des Schulgründers wohl nicht dem Zweck gegolten hatte, dem Knaben etwas beizubringen, doch wohl eher selbes bei mir zu erreichen, denn der Junge war ein ausgesprochenes Talent in diesem Sport. Obwohl es mir zu Beginn reichlich zuwider war, dass er mich mit seinen Fähigkeiten in den Schatten stellte, musste ich doch einsehen, dass ich sehr viel von ihm lernte und das besondere Trainingsprogramm, welches wir genossen, trug ihr Übrigens dazu bei. Wir wurden gut, immer besser, doch irgendwann kam er nicht mehr von einem Einzeltraining zurück. Erst machte ich mir keine großen Gedanken darüber, schließlich wusste ich um seinen Eifer und in ebendiesem konnte es ihm schon mal passieren, dass er die Zeit völlig vergaß. Irgendwann wurde es mir klar, dass er nicht mehr zurückkehren würde. Tage vergingen, Wochen, dann Monate, schlussendlich Jahre und ich lernte mich damit abzufinden, dass er ohne jeglichen Abschied gegangen war oder gehen musste.
araglas15: Danke für deinen Kommi, habe mich sehr gefreut. Und ja, du liegst mit deiner Vermutung goldrichtig .
