A/N: Vielen Dank für eure vielen Klicks und für eure Kommentare, so macht Schreiben Spaß! Merci diesmal besonders an Loki Slytherin (wow, gleich vier Reviews am Stück –smile-), Plueschhase (oh, so ein nettes Kompliment –rotwerd-), teddy172 (bei so einem Bärenblick hau ich doch gleich doppelt motiviert in die Tasten) und inapichler (habe mich bemüht, es wieder zeitnah hinzubekommen, das neue Chapi).
:-)
Noch ein paar Kommis:
Loki Slytherin: Oh, ja, du schätzt Sev richtig ein. ;-) Zu Minerva: Ich könnte mir vorstellen, dass sie es nicht so locker nehmen würde, wenn Sev und Remus zur Zeit in Hogwarts und Harry ihr Schüler wäre, von wegen Abhängigkeitsverhältnis und so, aber da beide nicht im Schuldienst stehen, Remus ja eh nicht mehr und Sev nach dem Mord an Dumbledore (vorerst) auch nicht … Hm …
Plueschhase: Dieses und das nächste Kapitel zeigen, was mit Harry los ist. Sev interessiert das ja auch brennend. ;-)
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Halt mich
Kapitel 5
Nur Idioten
Er konnte es einfach nicht genießen, so sehr er sich auch anstrengte: Weder den Salat vorweg, noch die Lasagne zum Hauptgang, noch das Dessert. Dabei waren die Kochkünste der Küchenelfen in Grimmauld Platz sogar noch um ein Vielfaches besser als die in Hogwarts. Vor allem, seitdem McGonogall Kreachers Dienstleistungen auf die Reinigung der Räume beschränkt und für das leibliche Wohl der Ordensmitglieder die Hauselfen ihres italienischen Sommersitzes in das Hauptquartier beordert hatte. Nein, an der Qualität der Speisen lag es wahrlich nicht. Und Snape blieb nach dem Aufbruch von Tonks, Shaklebolt und Moody auch von jeglicher weiteren Störung verschont …
Wütend stieß der Zaubertränkemeister seinen Löffel in das noch halbvolle Schälchen Zitronencreme und stand auf. Aus. Schluss. Vorbei. Er musste etwas unternehmen. Potter war fällig.
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Severus Snape schritt den Flur des zweiten Stockwerks ab. Er folgte Stück für Stück dem Pfad, den er aus Harrys Erinnerung mit Lupin kannte, und blieb vor der einzigen Stelle der Wand stehen, die nicht von einem Gemälde verunziert war. Sachte strich er über die raue Fläche und spürte das schwache Kribbeln der Magie unter seinen Fingerkuppen. Vor seinen Augen enthüllte sich das Porträt des jungen Sirius Black– der gerade ein Mittagschläfchen zu halten schien.
Snape tippte mit der Spitze seines Zauberstabs an die Stirn des Schnarchenden, der ihm seit seiner Schulzeit so verhasst war. Black riss die Augen auf und begann sofort, erbost zu zetern:
"He! Was soll das? Welcher Idiot … Ach nein, Schniefelus. Was machst DU Pfeife denn hier? Wow, siehst du alt aus … Und sag mal, ist deine Nase noch größer geworden?"
„Schnauze, Black, oder es hat sich ausporträt", zischte Snape und hielt dem Abbild seines toten Feindes seinen Zauberstab so brutal unter die Nase, dass es den Kopf etwas nach hinten zog.
"Okay, okay, du kannst ja nichts für deinen exorbitanten Zinken", versuchte das Porträt, ihn zu beschwichtigen, „und deine Haare sehen jetzt auch VIEL besser aus, ehrlich, ab und an waschen steht dir …"
„Ich will zu Potter", unterbrach ihn der Zaubertränkemeister.
„James ist nicht hier."
„Ich meine den anderen."
„Ach, den Kleinen mit den grünen Augen? Tststs, du Perversling. Ist er nicht ein wenig zu jung …?"
„Ich sagte: Schnauze, Black!"
In diesem Moment schwang das Bild zurück und Harry stand vor ihm. Der Gryffindor hatte ein hoffnungsvolles Lächeln auf dem Gesicht, doch als er Snape sah, wurde es durch einen tiefgrimmigen Ausdruck ersetzt, der den Zaubertränkemeister sehr stark an das erinnerte, was er selbst seinen Schülern in Hogwarts tagein, tagaus entgegenschleuderte, wenn sie ihn zu sehr nervten.
„Lassen Sie mich raten, Potter: Sie dachten, es sei Lupin? Da muss ich Sie enttäuschen. Wie bereits gesagt – aber bei Ihrer eingeschränkten Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, scheint Redundanz mal wieder mehr als angebracht zu sein: Ihr geliebter Werwolf will zur Zeit nichts mit Ihnen zu tun haben. Kapiert?"
„Was wollen Sie, Snape? Ich legen keinen Wert auf Ihre Gesellschaft."
"Seien Sie versichert Potter, ich auf Ihre auch nicht. Unglücklicherweise hetzen Sie mir mit Ihrer Wehleidigkeitstour die Vereinigung Potter-besorgter Phönix-Auroren auf den Hals, und darauf lege ich noch viel weniger Wert als auf Ihre Anwesenheit. Also, raus mit der Sprache: Haben Sie heute schon etwas gegessen?"
Harrys grimmiges Starren verwandelte sich in Verblüffung und weiter in etwas, was wie Eingeständnis und peinliche Berührung aussah. Snape verdrehte die Augen.
"Oh man, Potter, arbeiten Sie gefälligst daran, dass man nicht immer alles schon an ihrem Gesichtsausdruck ablesen kann, sonst können Sie sich dem Dunklen Lord auch gleich ergeben."
Der Slytherin schnippte mit den Fingern und ein Hauself mit einem Tablett voller Speisen und einer Kanne Kürbissaft erschien. Snape nahm dem Elfen das Tablett ab und schob den protestierenden Harry vor sich her zurück in die Geheimkammer.
„Keine Chance, Potter", zischte er, „ich bleibe hier, bis Sie aufgegessen haben."
Hinter ihnen schwang das Porträt zu und der Zaubertränkemeister sah sich um. Der Raum explodierte fast in den Farben Rot und Gold und die Tapete war über und über mit Gryffindor-Löwen verziert. Snape verzog das Gesicht und steuerte auf die Couchgarnitur in der Mitte des Raumes zu.
"Ich nehme an, diese Geschmacksverirrung ist Blacks Jugendzimmer", stellte er mehr fest als dass er fragte.
Er sah Harrys Nicken nicht, denn sein Blick wurde von den zahlreichen Büchern eingefangen, die sich auf Couch, Tisch und Boden verstreut stapelten oder aufgeschlagen neben vollgekritzelten Notizzetteln lagen. Snapes Augen huschten über die Buchdeckel auf dem Tisch: „Das große Buch der Werwölfe" (Snape verdrehte die Augen), „Entdecke deine Animagusform", „Okklumentik für Dummies" (Snape schnaubte), „Die Schlange in Geschichte und Mythos", „Salazar Slytherin – Genius und Vorbild" (Snapes linke Augenbraue schoss in die Höhe) …
Harry beugte sich an ihm vorbei über den Tisch und schob das Chaos beiseite, so dass Snape das Tablett absetzen konnte. Dann räumte er eine Seite der Couch frei.
"Haben Sie bei dieser Schlampigkeit überhaupt noch den Überblick, Potter?", fragte Snape und griff nach den beiden antik aussehenden Büchern, die auf dem Sessel gegenüber der Couch lagen.
Er wollte sich auf die nun freie Sitzfläche gleiten lassen, doch beim Lesen der Buchtitel erstarrte er. „Eintritt ins Totenreich" und „Schwarze Magie & vergessene Flüche".
"Wo haben Sie die her?", fragte er in einem scharfen Tonfall. „Die stehen auf dem Index verbotener Bücher. Ist Ihnen klar, dass Sie dafür in Askaban landen können?"
Harry setzte sich lachend auf die Couch.
"Ach kommen Sie, Snape, das Ministerium wird doch nicht seinen Superhelden aus dem Verkehr ziehen, nur weil er sich bei Borgin & Burkes ein paar verbotene Wälzer gekauft hat."
"Sie waren in der Nokturngasse? Sind Sie wahnsinnig geworden? Und überhaupt: Was heißt hier ‚ein paar Wälzer' – was haben Sie noch?"
Harry deutete unter den Couchtisch und Snape kniete sich hin und zerrte einen Stapel nach dem anderen hervor. Sämtliche Werke waren der schwarzen Magie und ihrer Anwendung gewidmet, und von einigen hatte Snape bislang nur gehört, sie jedoch noch nie selbst in den Händen gehalten. Kalte Furcht stieg im Zaubertränkemeister hoch. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie verführerisch diese Bücher waren, wie anziehend sie die dunklen Künste bewarben. Was, wenn …
"Keine Angst, ich will Voldemort nicht als neuer Dunkler Lord ablösen", grinste Harry und stach mit seiner Gabel in die Lasagne. „Aber ich muss zugeben, dass das alles sehr faszinierend ist. Ich …"
„FASZINIEREND?", unterbrach in Snape, „Sie sollten solche Bücher nicht einmal anfassen, geschweige denn in Massen horten und ihnen auch noch ungeniert huldigen! Albus hätte das nie und nimmer gutgeheißen, und ich bin sicher, Minerva und der Rest des Ordens wäre auch nicht erfreut über Ihre neu entdeckte Leidenschaft. Weiß Lupin hiervon? Und was ist mit Ihrem Gryffindor-Fanclub?"
Harrys Augen blitzten belustigt.
"Für wie naiv halten Sie mich eigentlich, Snape? Meinen Sie, ich renne mit diesen Dingen offen durch ein Gebäude, das vor Auroren nur so wimmelt? Oder meinen Sie, ich bringe meine Freunde auch nur in die Nähe solcher Bücher? Nur Remus weiß von meinen Studien, und er ist auch der Einzige, der außer mir freien Zutritt zu diesem Raum hat."
Snape schob die Bücher zurück unter den Tisch, setzte sich in den Sessel und musterte Harry nachdenklich.
"Haben Sie sich hierüber mit Lupin gestritten?"
Harrys Augen verdunkelten sich. Er wich Snapes Blick aus und legte die Gabel mit dem Lasagnebissen, der schon fast seinen Mund erreicht hatte, wieder zurück auf den Teller. Der-Junge-der-lebte stand auf und ging zum Fenster. Seine Stimme war so leise, dass sie kaum durch den Raum drang.
„Bitte gehen Sie jetzt, ich verspreche Ihnen auch, dass ich aufesse und dass Tonks Sie zukünftig wegen mir nicht mehr belästigen wird."
Snape stand zögerlich auf. Die emotionale Instabilität, in der sich der Junge befand, beunruhigte ihn mehr, als er zugeben mochte. In solch einem Zustand in Kontakt mit diesen Büchern zu sein, war gefährlich. Nicht, dass Potter jemals stabil gewesen wäre, dazu war ihm einfach zu früh zu viel passiert. Doch trotz allem schienen seine Freunde, Hagrid, Albus und in letzter Zeit Lupin ein Anker gewesen zu sein – das war mehr als Snape selbst je gehabt hatte. Snapes Gedanken schweiften zurück in die Zeit, als er in Harrys Alter gewesen war. Wenn Albus ihm damals nicht eine zweite Chance gegeben hätte … Albus. Mit seinem Tod war auch für Potter ein wesentlicher Halt weg gebrochen. Wenn Lupin jetzt auf Abstand ging …
Ohne es bewusst wahrzunehmen, war Snape ebenfalls ans Fenster getreten. Er betrachtete das verschlossene Gesicht des Gryffindors von der Seite.
"Pot … Harry, hören Sie. Ihre Freunde schauen heute Nachmittag vorbei. Sie sollten mit ihnen reden …"
Harrys Lippen pressten sich aufeinander. Snape hob seine Hand, doch er ließ sie sinken, bevor er Harrys Schulter berührte. Ein paar Minuten lang standen die beiden Männer schweigend nebeneinander und schauten aus dem Fenster.
Aus den Augenwinkeln sah Snape hilflos zu, wie sich Harrys Körper immer weiter anspannte. Der Slytherin fluchte innerlich. Warum eigentlich musste ausgerechnet ER sich um Potter kümmern? Warum nicht Tonks, Molly oder Poppy? Alle drei Weiber waren doch bis zur St. Mungo-Reife vernarrt in die Göre. Oder Minerva – war es nicht ihre verdammte Pflicht als Albus' Nachfolgerin und langjährige Gryffindor-Hauslehrerin, einen siebten Sinn für Potters Wehwehchen entwickelt zu haben und sich seiner bei Bedarf in Gluckenmanier anzunehmen? Aber nein, Madame hing lieber in Hogwarts herum. Ha, und dann erst dieser verantwortungslose Werwolf! Wie konnte dieser Schwachkopf es wagen, bei seinem angeblich ach-so-geliebten Welpen noch mehr Probleme zu verursachen anstatt sie zu lösen? Kaum gab es Schwierigkeiten, rannte ich-habe-kein-Rückrat-Lupin natürlich davon. Typisch! Und wie immer blieb die Drecksarbeit an ihm, Snape, hängen. Es wurde wirklich Zeit, das Miss-Oberschlau-Granger und ihr zukünftiger Weasley-Gatte eintrafen und ihn erlösten, bevor er …
Mit Entsetzen sah Snape, wie sich seine Hand nun doch auf die Schulter des Jüngeren legte. Er spürte, wie Harry unter seiner Berührung erzitterte, und ließ ihn sofort wieder los.
„Wenn Sie mich brauchen, ich bin im Labor", murmelte der Zaubertränkemeister.
Ohne eine Reaktion abzuwarten, wandte er sich um und ging zum Porträt. Als er an der Couch vorbeikam, glitt sein Blick über die Bücher, die Harry vorhin auf der Couch zur Seite geräumt hatte und die offenbar seine aktuelle Lektüre waren. Snapes Augen wurden groß. Alle waren von Salazar Slytherin verfasst – in Parselmund. Wo hatte diese kleine gerissene Ratte denn die schon wieder ergattert? Und was genau hatte Potter vor?
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Gegen drei Uhr nachmittags hörte Snape durch die nur angelehnte Labortür die vergnügten Stimmen von Ron und Hermine im oberen Treppenhaus. Er versuchte, die Erleichterung zu ignorieren, die die Ankunft der beiden Potter-Freunde in ihm auslösten.
Gegen fünf kamen Schritte die Kellertreppe hinunter. Es war Tonks.
"JA, ICH HABE MICH UM IHN GEKÜMMERT", knurrte Snape sie an, bevor sie etwas sagen konnte, und sortierte weiter Phiolen in die Schränke.
"Ich weiß und ich wollte mich dafür bedanken, Severus. Ich ..."
Snape drehte sich zu ihr um und unterbrach sie mit einer unwirschen Handbewegung.
"Es ist nicht meine Aufgabe, dem Gör die Windeln zu wechseln. Sucht euch in Zukunft jemanden anderes oder macht es gefälligst selbst."
Tonks Gesicht verfinsterte sich.
„Einmal Ekelpaket, immer Ekelpaket, was, Severus?", fauchte sie. „Minerva hat vorhin angedeutet, dass du nicht ganz unschuldig an Harrys momentanem Zustand bist, also ist es sehr wohl deine Aufgabe, dich um ihn zu kümmern."
Snape verzog höhnisch den Mund.
„Ja, so einfach ist die Welt für euch Auroren und Zauberer des Lichts, nicht wahr? Natürlich ist der böse, böse Todesser schuld, wenn das arme, sensible Potterchen wehleidet."
„Wer sonst außer dir sollte Schuld sein?"
„Lass mich überlegen … wie hieß er doch gleich … ach ja, ich glaube, sein Name ist … LUPIN."
Tonks starrte ihn erstaunt an und der Zaubertränkemeister fuhr fort:
„Er und Potter haben sich gestritten. Und was macht unser allseits beliebter Werwolf? Haut einfach ab, ohne dem Jungen auch nur zu sagen, wohin. Wie immer hat er seinen Schwanz eingekniffen, wenn es ernst wird. Dieses Verhalten von ihm sollte dir doch eigentlich bekannt vorkommen, Tonks. Oder warst du ihm einfach nur nicht männlich genug? Gefärbte Haarsträhnen und ein gepiercter Bauchnabel ersetzen halt nicht das, was dein verehrter Onkel Sirius ihm zu bieten hatte …"
Tonks wurde bleich.
"R… Remus … ist … schwul?"
Snape zog seine Augenbrauen in die Höhe:
„Ach, das mit ihm und Sirius wusstest du nicht…?"
Wie von Snape kalkuliert, drehte Tonks sich um und rannte aus dem Labor. Lupin, der elende Feigling, würde sich noch umschauen, wenn er zurück ins Hauptquartier kam …
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Widerwillig betrat Snape um sieben Uhr das Esszimmer. Er verfluchte seine Neugier, die ihn davon abhielt, wie geplant allein im Labor zu essen.
Außer dem goldenen Trio gaben auch Tonks, Moody und Shaklebolt ihr unvermeidliches Stelldichein. Alle plauschten vergnügt, nur Tonks und Harry hielten sich zurück. Snape setzte sich neben Moody und damit direkt gegenüber von Harry. Der Gryffindor vermied den Blickkontakt mit seinem Okklumentiklehrer und kaute an einem Sandwich.
„Ach, und das haben wir ja ganz vergessen, Kumpel", haute Ron seinem Freund auf den Rücken, so dass dieser sich fast an seinem Bissen verschluckte, „Fleur und Bill sind gestern von ihrer Hochzeitsreise zurückgekommen."
„Ja, wenn du Lust hast, können wir uns gleich die Bilder anschauen", ergänzte Hermine, „sie lassen dich übrigens auch ganz herzlich grüßen, Harry."
"Hmm", brummte der Angesprochene mit einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte, und kaute weiter.
Ron beugte sich näher an Harry und grinste verschwörerisch:
„Sie haben auch ein Video gedreht und wollen es morgen Abend vorführen. Hast du nicht Lust, uns zu besuchen? Ginny würde sich auch sehr darüber freuen …"
Snape sah, wie sich Harry augenblicklich verspannte, und sagte mit schneidender Stimme:
„Aus diesem Ausflug wird nichts, Mr. Potter hat morgen Abend Training mit mir."
Die drei Gryffindors schauten ihn an. Während in Harrys Blick Erstaunen zu lesen war, sprühten die Augen seiner beiden Freunde wie auf Kommando vor Trotz.
„Aber …", begann Hermine und Ron brauste auf:
„Harry wird ja wohl mal einen freien Abend haben können! Sie können ihn hier doch die ganzen Tage rund um die Uhr trainieren, das sollte doch echt genug sein!"
"Mr. Weasley!", erwiderte Snape und betonte jede Silbe in dem gefährlichen Tonfall, mit dem er seinen Schülern sonst horrorvolle Stunden im Zaubertränke-Klassenzimmer bereitete, „WANN ich meine Trainingsstunden für Mr. Potter ansetze und OB sein Pensum ausreichend ist, obliegt NICHT IHRER Entscheidung."
Augenblicklich fühlte Snape alle Augen am Tisch auf sich gerichtet.
"Ach komm schon, Severus", versuchte Moody ihn zu beschwichtigen, „einen einzigen Abend wird Harry doch verkraften können."
Snape wandte sich ihm mit verengten Augen zu.
"Würdest du das auch so sehen, wenn es um deine Trainingseinheiten ginge, Alastor? Wohl kaum. Mr. Potter hat keine Zeit für alberne Hochzeitsvideos, solange er derartige Defizite in Okklumentik aufweist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er dem Dunklen Lord gegenüber steht, und jede erfolgreiche Trainingseinheit ist ein Fünkchen Hoffnung mehr, dass unsere Seite trotz allem doch noch eine Chance hat zu gewinnen."
Snape sah, dass Ron inzwischen hochrot angelaufen war und wieder zum Reden ansetzte, doch Harry fasste ihn am Arm.
"Er hat Recht, Ron. Ich hab noch sehr viel aufzuholen und ich kann froh sein, dass Professor Snape mich unterrichtet. Ein anderes Mal, okay?"
Auf Rons Gesicht breitete sich ungläubiges Staunen aus, doch Hermine nickte zustimmend.
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Als Severus Snape die Reinigung der Kessel abgeschlossen hatte, war es kurz vor neun. Nun wollte er nur noch eins: Sich mit der neuesten Ausgabe des „Zaubertränke Journals" und mindestens einem Glas von Moodys Whiskey im Salon an den Kamin setzen und in Ruhe lesen.
Als er die Treppe hinauf in den ersten Stock ging, um seine Sachen zu holen, hörte er die sich überschlagende Stimme von Ron:
"DU BIST WAS? DU DRECKIGE KLEINE SCHWUCHTEL! WIE KANNST DU DAS GINNY NUR ANTUN? DAS WIRST DU BÜßEN!"
Dann hörte man ein Poltern und Hermines Aufschrei:
„Ron, bitte, stopp, lass ihn!"
Die letzten Treppenstufen flogen nur so unter Snapes Füßen. Er zückte seinen Zauberstab, riss die Tür auf und sah mit Entsetzen auf das Bild, das sich ihm bot: Hermine hatte sich an Rons Arms geklammert und versuchte, ihm seinen Zauberstab zu entwinden und ihn gleichzeitig von Harry zurückzuziehen, der vor ihm auf dem Boden lag und sich krümmte.
"Expelliarmus!", rief Snape.
Rons Zauberstab wurde auf Harrys Bett geschleudert. Doch in der Sekunde, in der Hermine zu Snape schaute, schüttelte Ron seine Freundin ab und stürzte sich mit bloßen Fäusten auf den am Boden Liegenden. Sofort schoss Snape ein „Stupor!" hinterher und Ron fiel seitlich neben Harry zu Boden.
"Miss Granger, was ist hier los?", polterte Snape und eilte zu den Dreien.
Hermine war bleich und starrte auf den bewegungslosen Weasley-Spross.
"Harry hat uns erzählt, dass er glaubt, dass er …"
"Dass ich eventuell mehr auf Männer stehe als auf Frauen", nahm der Gryffindor ihr mit belegter Stimme den Rest der Antwort ab, zog sich am Bettpfosten hoch und setzte sich mit einer vor Schmerz verzogenen Grimasse auf die Bettkante. „Wie's scheint, mach ich zurzeit nur Fehler."
"Ach Harry", seufzte Hermine und setzte sich neben ihn, „es tut mir so Leid, ich hätte nicht gedacht, dass Ron … aber du musst verstehen … Ginny … das ist nicht gerade fair von dir gewesen, Harry."
Harry begann fast unmerklich zu zittern und Snape zog scharf die Luft ein.
"Miss Granger, ich werde Mr. Weasley jetzt aufwecken und Sie beide kehren unverzüglich in den Fuchsbau zurück. Passen Sie auf, dass Ihr Freund sich benimmt, sonst kann Molly ihn gleich an Poppy weiterreichen, habe ich mich klar ausgedrückt?"
Hermine sah ihn erschüttert an und Snape murmelte:
"Enervate!"
Ron blinzelte und fasste sich stöhnend an den Kopf. Hermine steckte Rons Zauberstab ein, stand vom Bett auf und zog ihren Freund auf die Füße.
"Komm, wir gehen", flüsterte sie.
Ron sah wutentbrannt zwischen Harry und Snapes Zauberstab hin und her und ließ sich von Hermine aus dem Zimmer ziehen. Im Türrahmen blieb er noch einmal stehen und fixierte den immer noch zitternden Jungen-der-lebte.
„Wir sind noch nicht fertig miteinander, darauf kannst du dich verlassen."
Lautlos hexte Snape ein „Colloportus!" zur Tür und knallte diese mit einem lauten Knall vor Ron und Hermine zu. Ein leiser Aufschrei war zu hören und Snape grinste bitter. Zumindest eine blutige Nase würde diese Pest von Weasleybrut davontragen. Viel zu wenig, wenn man bedachte, dass er, Snape, nun schon wieder mal vor einem Potter-Scherbenhaufen stand. Überhaupt: War er denn nur von Idioten umgeben?
Fortsetzung folgt!
