A/N:
Es ist vollbracht! Ein neues Kapitel! Danke für eure vielen Reviews (ihr seid so gut zu mir, merci!) und für die phänomenalen Klickzahlen, das versüßt mir wirklich das Schreiben.
Special Thanx diesmal an: Loki Slytherin, mirata, teddy172, mondtaenzerin, zizou, little Nightowl, Malina, sweet-chaos-chan, ina pichler & Garfieldsweet

:-)

Noch ein paar Kommis:

Loki Slytherin: Sev soll ihn in den Arm nehmen? Hm … Bin ich auch für. ;-)

mirata: Ich hoffe sehr, dass sich Harry und Remus wieder versöhnen werden. In diesem Kapitel erfährt man schon mal, weshalb dicke Luft ist … Ha, und ob sich das mit Ron wieder einrenkt? DAS weiß ich nicht. Mal sehen. ;-)

teddy172: Sev als Seelenklempner wider Willen. Ja, er macht echt was durch, gell? LOL Für die Bärenaugen gibt es nun ein extra langes Kapitel :-)

mondtaenzerin: Hach, ich werde ganz rot! Freut mich, dass es dir so gut gefällt!

zizou: Leider hat das Update jetzt etwas warten müssen: stressige Woche. Aber ich dachte, dann wenigstens etwas mehr zu lesen …

little Nightowl: Leider ist Snape in dem folgenden Kapitel etwas sprachlos. Ähäm. Er wird etwas überrollt von den Ereignissen ... Aber das wird er danach wieder aufholen, schätze ich. Allein aus Ventilgründen. ;-)

Malina: Die Fensterszene … Oh, das freut mich, dass sie dir gefällt. Die lag mir sehr am Herzen. :-)

sweet-chaos-chan: Mutterkomplex! LOL Jepp, so was in der Art. Aber lass ihn das nicht hören, der hext dich glatt ins Paralleluniversum. –kicher–

ina pichler & Garfieldsweet: Hier kommt die Fortsetzung:-)

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Halt mich

Kapitel 6
Im Scotch vereint

Severus Snape musterte den Jungen-der-lebte. Der Gryffindor war extrem bleich und starrte auf die Tür, in deren Rahmen Sekunden zuvor sein angeblich bester Freund seine Drohung ausgestoßen hatte. Keine Frage: Potter war emotional am Boden. Was, um Merlins Willen, wenn er jetzt auch noch zu flennen anfing? Das war schon vor zwei Tagen im Salon kaum auszuhalten gewesen – und jetzt war noch nicht einmal Superwerwolf-Lupin in der Nähe, um mit seinem hysterischen Welpen trostkuscheln zu können. So, wie der Flohhaufen es immer machte, wenn Potter auf Sensibelchen machte. Überhaupt, als ob die beiden sich nicht eh schon genug betatschten ...

Snape sah, wie Harrys Unterlippe zu zittern begann. Und seine Augen verdächtig schimmerten. Oh Horror, nein, so weit durfte es nicht kommen. Er musste handeln. Und zwar schnell.

Kurzentschlossen zauberte der Slytherin die Flasche Scotch aus seinem Koffer und zwei Gläser herbei. Snape eilte mit eleganten Schritten zu Harry, setzte sich neben ihm aufs Bett, drückte ihm eines der Gläser in die Hand, schenkte ihnen beiden ein und stellte die geöffnete Flasche zu ihren Füßen auf den Boden.

Harry verlagerte sein Starren von der Tür auf Snape, dann weiter auf das Glas in seiner Hand ... und bevor der Zaubertränkemeister irgendetwas sagen oder überhaupt sein eigenes Glas erheben konnte, hatte der-Junge-der-lebte den Alkohol bereits auf Ex hinuntergestürzt und die Flasche wieder vom Boden gefischt.

"Wow, guter Stoff", hustete er, nun wirklich Tränen in den Augen, und schenkte sich großzügig nach.

„Potter!", zischte Snape und riss ihm die Flasche aus der Hand, „SO trinkt man keinen Whiskey, Sie Idiot! Das ist kein Butterbier, sondern ein verdammt hochprozentiger und noch dazu edler Tropfen!"

"Okay", sagte Harry – und stürzte auch sein zweites Glas in einem Zug hinunter.

Ihm schossen noch mehr Tränen in die Augen und der Hustenanfall wurde schlimmer. Snape stöhnte auf, stellte die Flasche und sein eigenes Glas außerhalb von Harrys Reichweite auf den Boden und klopfte dem nun bedenklich Röchelnden auf den Rücken, bis sich dessen Atem beruhigte hatte.

"Danke", murmelte Harry und ließ sich mit geschlossenen Augen auf die Matratze sinken.

Die Wangen des jungen Mannes waren vom Husten und vom Whiskey gerötet, die Lippen leicht geöffnet. Snape ließ seinen Blick über Harrys Gesicht und Hals gleiten. Dann wanderten seine Augen über den mit einem engen, schwarzen T-Shirt bekleideten Oberkörper und verweilten weiter unten auf der hervorblitzenden Haut zwischen T-Shirt und Jeans …

„Wenn Ron wüsste, dass der erste Mann, den ich geküsst habe, ein Weasley war", lachte Harry bitter auf und öffnete die Augen. "Oh Merlin, das ist ja fast so irre wie die Tatsache, dass Malfoy Recht hatte, was die Wahl meiner Freunde anbelangt. Ich glaub, ich brauch noch 'nen Drink."

Harry schnellte hoch und beugte sich über Snapes Schoß hinweg hinunter zur Flasche. Der Zaubertränkemeister erschauderte, als sich der Gryffindor beim Nachschenken mit seinem linken Arm bedenklich weit oben auf seinem, Snapes, Oberschenkel abstützte. Zum ersten Mal nahm der Slytherin bewusst Harrys Geruch war: eine Mischung aus dem Duft von Apfelshampoo, würzigem und gleichzeitig angenehm dezentem Aftershave und etwas, das ganz und gar Harry war … Unwillkürlich lehnte sich Snape weiter vor, so dass sich sein Oberkörper und Harrys Schulter berührten, als dieser sich mit seinem eigenen und Snapes Glas in der Hand wieder aufrichtete. Nun waren ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt und sie konnten gegenseitig den Atem des anderen auf ihren Lippen spüren. Fast schwarze Augen starrten endlos erscheinende Sekunden in grüne. Harry reichte ihm ein Glas und sagte:

"Ich finde, wir stoßen jetzt an."

"Darauf, dass Sie sich mit meinem Scotch zuschütten, oder darauf, dass Sie immer noch meinen Oberschenkel begrapschen?"

"Oh", sagte Harry und schaute auf seine Hand auf Snapes Schoß.

"In Übersetzung heißt das: Finger weg, Potter! Und zwar flott!"

Harry errötete, zog hastig seine Hand weg und stierte auf sein Glas.

Snape unterdrückte ein Seufzen. Wie sollte das bloß weitergehen? Er konnte Potter in diesem Zustand wohl kaum alleine lassen, so viel war klar. LEIDER. Aber wie bitte sollte er diesen Abend überstehen?

Snapes Blick wanderte ziellos umher und sprang von Harrys gefülltem Glas zu seinem eigenen. Nun, da hatte Moody, dieser idiotische Ex-Auror, ausnahmsweise mal eine annähernd akzeptable Eingebung gehabt: ‚Zur Belohnung für deinen übersprungenen Schatten.' Wohl eher die schmerzlindernde Voraussetzung dafür.

Der Zaubertränkemeister stieß mit seinem Glas gegen das seines verhassten Schülers.

"Cheers!"

Der Gryffindor sah ihn mit großen Augen an und Snape verzog höhnisch die Mundwinkel.

"Was ist? SIE wollten doch mit mir anstoßen!"

"Cheers, Professor."

Die beiden Männer nippten schweigend an ihrem Whiskey. Nach etwa zehn Minuten war die Anspannung zwischen ihnen unerträglich geworden. Schließlich fing Harry an, unruhig hin und her zu zappeln.

"Ähm, Professor?", begann der Gryffindor zögerlich und nahm einen weiteren Schluck.

Snape gab nur ein missgelauntes Brummen von sich.

„Könnten wir … ich meine … alle anderen …"

"Potter, hören Sie verdammt noch mal auf zu stottern und stellen Sie das Zappeln ein, das ist ja unerträglich!"

Der Slytherin sah aus den Augenwinkeln, wie Harry sich auf die Unterlippe biss und in sich zusammensank. Halt. Bekam er deswegen gerade ein schlechtes Gewissen? Hatte Moody den Scotch etwa mit irgendeinem Verweichlichungszauber belegt? Snape zog scharf die Luft ein, wandte sich Harry zu und sagte:

"Entschuldigung. Was wollten Sie sagen?"

Der-Junge-der-lebte sah ihn unsicher an.

"Können wir uns nicht duzen, so wie alle anderen Ordensmitglieder auch?"

Snape öffnete den Mund, doch Harry fügte hastig hinzu:

"Ich meine … vielleicht ja auch nur heute Abend, nur zum Whiskey … oder vielleicht … vielleicht auch lieber nicht … nein, vergessen Sie's, das war ein BLÖDER Vorschlag, ein GANZ blöder Vorschlag, Sie und ich, duzen. Ha! Nein, sorry, ich weiß auch gar nicht, was mich gerade dazu verleitet hat, blöde Idee, GANZ blöde Idee, ich …"

„Okay."

Harry hörte abrupt auf zu stammeln.

„Okay?"

Snape stöhnte innerlich auf. Hatte er eben gerade ‚OKAY' gesagt? War er denn von Sinnen? DUZEN? Mit dieser kleinen, nervigen Ratte?

"Bilden Sie sich bloß nichts darauf ein, Potter. NUR für heute Abend."

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Stunden später, es war um Mitternacht herum, wunderte sich Severus Snape, wie es dazu gekommen war, dass er und Harry auf dem Bett mehr nebeneinander lagen als saßen, angelehnt an das Polster des Kopfteils, die Beine auf der Bettdecke ausgestreckt. Der Whiskey war schuld, eindeutig. Verdammter Moody! Nie im Leben hätte er, Snape, den Scotch annehmen dürfen. Und wieso noch gleich hatte er sich zu allem Überfluss auch noch der Alkoholgier dieser kleinen Kröte hier angeschlossen? Gutes Stichwort … Snape sah in sein leeres Glas, blinzelte und versuchte, die verschwommenen Konturen der Flasche am Fußende des Bettes zu fixieren. Der Scotch war inzwischen fast alle. Unfassbar.

Der Zaubertränkemeister rutschte in seinem Schwindel noch weiter in die liegende Position, drehte sich vorsichtig auf die Seite und betrachtete Harrys Profil. Wieso hatte diese pubertäre Pestbeule nur so unverschämt lange Wimpern? Und so geschwungene, volle Lippen? Das musste Lilys Erbe sein. So wie die Augen, diese viel zu grünen Augen. Und die zarte, fast mädchenhafte Haut … Oh Merlin! War er denn übergeschnappt?

Plötzlich begann Harry zu lachen und drehte sich zu ihm auch auf die Seite. Snape musterte ihn misstrauisch.

"Was ist so komisch, Potter?

„Harry."

Snape verdrehte die Augen.

"Was ist so komisch, HARRY?"

"Ich musste gerade an Ron denken. Was für einen Anfall er wohl bekommen würde, wenn er uns hier zusammen sehen könnte: Sein bester, oder nun wohl eher: ehemalig bester Freund und sein schrecklichster Lehrer – im Scotch vereint."

Harry schüttelte den Kopf und schloss die Augen. Über sein Gesicht zog ein Schatten und er begann, auf seiner Unterlippe zu kauen.

"Warum hab ich es ihnen nur erzählt, ich mach alles falsch", flüsterte er, schlug die Augen wieder auf und suchte Snapes Blick.

"Oh nein, Harry", erwiderte der und stützte sich mit dem Ellbogen auf, „RON ist derjenige, der sich falsch verhalten hat. Nicht du."

"Aber … ich meine, wenn ich es ihnen nicht erzählt hätte, dann …"

"Unsinn. Wem sonst hättest du davon erzählen sollen, wenn nicht deinen besten Freunden? Und wer weiß, wenn der erste Schock erstmal verflogen ist und Weasley Zeit zum Nachdenken hatte …"

Snape wusste, dass er Hoffnungen weckte, die sich vielleicht nicht erfüllen würden. Immerhin strotzte der rothaarige Dummkopf nicht gerade vor Toleranz und Gutmütigkeit gegenüber Andersdenkenden, geschweige denn Andersartigen. Aber mehr als die Bestätigung seiner Zweifel brauchte Potter jetzt Zuversicht. Sonst würde der Junge wieder in eine Stimmung zurückfallen, die er, Snape, nun wirklich nicht gebrauchen konnte. Schon gar nicht in angetrunkenem Zustand, hier, zusammen mit Potter auf dessen Bett.

Harry kaute wieder auf seiner Unterlippe herum und Snape konnte seine Finger nur mühsam davon abhalten, das zu unterbinden.

"Worüber denkst du nach, Harry?"

Der Scotch war definitiv verhext.

"Ron wird es Ginny erzählen und dann weiß es die ganze Familie und alle werden mich hassen."

Harry lallte ein wenig und Snape unterdrückte ein Grinsen. Immerhin hatte der Gryffindor zwei Gläser Vorsprung und war gewiss nichts Stärkeres als dieses unsägliche Butterbier gewöhnt.

"Sei nicht albern, Harry. Die Weasleys sind verrückt nach dir, egal, auf welches Geschlecht du stehst."

"Das ist nicht der Punkt, Sev."

SEV? Snape zog missbilligend seine linke Augenbraue hoch, doch in Anbetracht von Harrys verzweifeltem Gesichtsausdruck, fragte er nur:

"Und was ist der Punkt?"

"Sie werden wegen Ginny sauer sein. Sie werden denken, dass ich sie nur benutzt habe. Dass ich sie nie geliebt habe. Aber das stimmt nicht, ich hab sie geliebt und liebe sie auch jetzt noch, nur halt eben nicht SO. Aber das wusste ich damals nicht. Ich wusste nicht, dass es sich besser anfühlt, einen Mann zu küssen. Ich hab nur Schluss gemacht, damit ihr wegen mir nichts passiert …"

Es schien, als würde Harry auf einmal auffallen, WEM er das alles gerade erzählte, denn er errötete und senkte seinen Blick. Snape betrachtete ihn aufmerksam, und als der Gryffindor zum xten Mal an diesem Abend begann, auf seiner Unterlippe herumzukauen, fand Snapes Hand wie von alleine den Weg.

Harry erzitterte, als der Zeigefinger des Slytherins seine Lippen berührte, und schaute wieder auf. Die Blicke der beiden trafen sich und Snape kam es so vor, als sei die Raumtemperatur schlagartig angestiegen. Schnell zog er seinen Finger zurück.

"Welcher Weasley?", fragte er und ärgerte sich über die plötzliche Rauheit seiner Stimme. Verfluchter Alkohol.

Harry errötete noch stärker.

"Charlie. Auf der Hochzeit von Bill und Fleur. Es war die Idee der Zwillinge, wir haben nachts, als Ron und Hermine schon zu Bett waren, ‚Tat oder Wahrheit' gespielt. Nicht zu empfehlen, wenn Fred und George mit von der Partie sind."

"DAS hätte ich dir auch so sagen können", schnaubte Snape, doch hielt dann inne.

Er sah, dass Harry einen leicht entrückten Blick bekam und sich gedankenverloren über die Lippen leckte. Offenbar dachte er an das Spiel und den Kuss zurück und Snape bemerkte einen leisen Stich in der Magengegend.

"Und es war nur EIN Kuss?", fragte er und schlug sich gedanklich an die Stirn. Wie konnte er denn so was fragen! Fehlte noch, dass Potter falsche Schlüsse zog und ihn für einen Perversling hielt, der seine Nase ins Liebesleben seiner Schüler steckte …

Harry lächelte wehmütig und seufzte etwas, das ganz entfernt wie ein bedauerndes „Ja" klang.

Snape war erleichtert. Charlie Weasley war bereits zu Schulzeiten ein Herzensbrecher gewesen und Snape hatte schon damals Gerüchte gehört, dass einige seiner Opfer männlich gewesen waren. Tatsache: Der zweitälteste Weasley-Spross war kein guter Umgang für Potter, oh nein. Der Junge sollte sich auf seine Begegnung mit dem Dunklen Lord vorbereiten. Ablenkung in Form nymphomanischer Drachenforscher war da kontraproduktiv. Merlin sei Dank war der Bastard wieder abgereist und Rumänien weit entfernt …

Die beiden Männer sahen sich schweigend an und nach nicht allzu vielen Minuten flatterten Harrys Augenlider und fielen zu. Snape folgte ihm Sekunden später in den Schlaf.

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Gegen vier Uhr morgens erwachte Severus Snape von einem Zischen an seinem Ohr. Er blinzelte und nahm augenblicklich den Geruch von Apfelshampoo und Aftershave wahr … Potter! Der Gryffindor war halb auf ihn gerollt, hatte seine Arme um ihn geschlungen und das Gesicht neben seinem im Kissen vergraben.

Harry stöhnte und begann, um sich zu schlagen und zu treten.

Snape griff nach Harrys Handgelenken und pinnte den-Jungen-der-lebte sachte auf den Rücken.

"Aufwachen, Potter!", rief er.

Ohne Erfolg.

Er versuchte es noch einmal, diesmal mit sanfter Stimme:

„Harry, hörst du mich? Du träumst nur, wach auf!"

Die Lider des Gryffindor flatterten. Harry öffnete die Augen und starrte Snape an. Nur langsam wich die Orientierungslosigkeit in seinem Blick dem Erkennen, dass er nicht mehr in seiner Traumwelt gefangen war.

Snape löste seinen Griff von Harrys Handgelenken und stützte sich neben ihm auf.

"Ein Alptraum?"

Harry atmete schwer und benetzte seine Lippen. Seine Augen flackerten.

"Ich bin mir nicht sicher … Vielleicht war es eine Vision. Könntest … könntest du es überprüfen? Bitte?"

Snape nickte zögerlich. Vertraute ihm Potter so sehr, dass er ihn freiwillig und noch dazu in seinem angetrunkenen und müden Zustand in seine Gedanken ließ? Nein, das konnte nicht sein, nicht nach allem, was zwischen ihnen gewesen war, und insbesondere nicht, nachdem er ihn nach der Begutachtung seiner letzten Vision so gedemütigt hatte. Es musste also einen anderen Grund haben, dass der Gryffindor ihn bat. Und das war nicht gut.

Der Slytherin schaute Harry in die Augen und wisperte:

"Legilimens!"

In seinen Tarnumhang gehüllt Harry schlich durch eine düstere Eingangshalle, die Snape sofort erkannte: Riddle Manor. Der Gryffindor hielt sich eng entlang der Wände, immer darauf bedacht, die Umgebung nach Magie zu scannen. Eine Umgebung, die von fast unsichtbaren, silbrigen Fäden durchzogen war.

Das riesige Gebäude war in Stille gehüllt und nur das vereinzelte Knistern der Fackeln war zu hören. Harry erklomm die breite, steinerne Treppe, die sich zum ersten Stock empor wand, und schlug den Weg ein, der zu den Privatgemächern des Dunklen Lords führte.

Harry erreichte eine schwere Eisentür, die mit Schlangenköpfen verziert war. Der Gryffindor las die Inschrift laut in Parselmund vor und die Tür schwang auf. Lautlos.

Ein lautes Zischen erklang. Harrys Blick huschte durch den Raum und blieb auf einer vier Meter langen Schlange hängen, die sich langsam und bedrohlich zu nähern begann. Nagini.

Harry sagte etwas, das Snape nicht verstand. Parselmund. Nagini antwortete.

Harry ließ den Tarnumhang fallen und verwandelte sich in eine schwarze Königskobra mit leuchtend grünen Augen.

Die beiden Schlangen fixierten sich und schlängelten aufeinander zu.

"Stupor!"

Die Königskobra erstarrte. Nagini wich zurück und fauchte den Mann an, der den Fluch auf Harry abgefeuert hatte: Peter Pettigrew.

"Da wird sich mein Meister aber freuen, Harry", grinste der Zauberer und beugte sich über die schockgelähmte Kobra. „Ich fürchte, diesmal kommst du nicht lebend davon, mein Lieber. Und bis dahin werden wir beide ein wenig Spaß haben. Als kleine Wiedergutmachung dafür, dass du mir in der Heulenden Hütte nicht geholfen hast. Crucio!"

Das Geschehen war jäh zu Ende. Snape löste sich aus Harrys Gedankenwelt.

"Eindeutig eine Vision."

Der Gryffindor schloss die Augen und rieb sich mit seinen Händen übers Gesicht.

"Das heißt also, ich werde tatsächlich sterben."

"Oh nein, Mr. Oberpessimist. Das heißt nur, dass du dich unterstehen wirst, ohne mich nach Riddle Manor zu gehen und dich von Pettigrew gefangen nehmen zu lassen. Keine Alleingänge mehr, auch nicht in deiner extravaganten Animagusform, haben wir uns verstanden?"

Harry sah ihn erstaunt an und Snape beugte sich dicht über ihn.

"Oh Merlin, Harry, nachdem deine unsagbaren Muggelverwandten gerettet werden konnten, sollte selbst dir klar sein, dass man die Zukunft verändern kann, wenn man sie vorausgesehen hat. Und ein wichtiger Schritt für Veränderung ist, dass du auf keinen Fall alleine zum Sitz des Dunklen Lords aufbrichst."

Harry nickte, allerdings nur verhalten. Daher fügte Snape bissig hinzu:

"Mir ist klar, dass du wahrscheinlich lieber mit deinem Werwolf losziehen würdest, aber da Lupin dir vor Ort nicht so viel nützen wird wie ich, musst du für deinen Nagini-Trip wohl oder übel mit meiner Wenigkeit vorlieb nehmen."

"Ich glaube nicht, dass Remus jemals wieder mit mir spricht, von daher scheidet er eh aus", flüsterte Harry und drehte seinen Kopf zur Seite.

Und dann geschah es. Das, was Snape mit aller Kraft hatte vermeiden wollen. Das, für dessen Verhinderung er fast eine ganze Flasche Scotch an die verdammte Göre neben sich im Bett geopfert hatte.

Aus Harrys Kehle löste sich ein Schluchzen, dann noch eins und noch eins. Tränen liefen über seine Wangen und innerhalb von Sekunden wurde sein Körper von Krämpfen geschüttelt.

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Die nächsten zehn Minuten vergingen für Severus Snape wie in Trance. Ganz von selbst hatten seine Arme Harry an seine Brust gezogen, und dieser hatte sich an ihn geklammert und sein Gesicht an seinem Hals vergraben. Snape spürte, wie Harrys Tränen den Kragen seines Hemdes durchweichten und sich ihren Weg über seine Haut bahnten. Snape versuchte zu ignorieren, dass seine Finger beruhigend durch die Haare des Gryffindors und über dessen Rücken fuhren. Er versuchte zu ignorieren, dass Harrys Körper in Wellen Magie ausströmte und seine eigene Magie mit einem Knistern darauf antwortete. Und erst Recht versuchte zu ignorieren, dass sein Körper auf Harrys Nähe noch ganz anders als tröstend oder magisch reagierte.

Schließlich verstummten die Schluchzer und Harry hörte auf zu zittern. Snape horchte auf den gleichmäßiger werdenden Atem des Jüngeren und war fast schon überzeugt davon, dass dieser in seinem Arm eingeschlafen war, da hörte er an seinem Hals ein genuscheltes:

"'Tschuldigung."

Harry löste sich von ihm und ließ sich auf Kissen zurücksinken. Sein Gesicht war gerötet, seinen Augen und Lippen waren vom Weinen leicht geschwollen.

"Harry …", begann Snape und fasste den Gryffindor so am Kinn, dass dieser ihm in die Augen schaute, „Soll ich ihn mir vorknöpfen? Lupin gehörte schon immer zu denen, die davonlaufen, wenn es schwierig wird. Ich hole ihn hierher und …"

Harry Augen weiteten sich.

"Nein! Ich … ich kann es doch verstehen, dass er … dass er mit mir nichts mehr zu tun haben will. Ich bin doch Schuld! Ich hab's kaputt gemacht!"

Snape sah, dass Harry erneut mit den Tränen kämpfte und strich ihm über die Wange. Ihre Blicke verschmolzen miteinander und Snape konnte die Schuldgefühle des anderen körperlich spüren. Und dann, ohne dass er es bewusst initiiert hatte, befand er sich in Harrys Erinnerung.

Harry und Lupin saßen in Blacks Jugendzimmer auf der Couch. Harry sah aufgewühlt aus und Lupin legte einen Arm um ihn.

"Vergiss seine blöden Sprüche doch einfach, Harry. Es ist nichts Schlimmes daran, dass du noch nicht …"

Harry unterbrach ihn.

"Ach Remy, darum geht es mir doch gar nicht. Es ist nur … ich würde so gerne wissen, wie es ist. Aber daraus wird nichts. Ich kann mit niemandem zusammen sein, solange Voldemort hinter mir her ist. Tja, und da ich diesen beschissenen Krieg nicht überleben werde, werde ich wohl als verdammte Jungfrau sterben!"

"Sag so was nicht, Harry. Du wirst überleben."

Ach ja? Und wie? Ich habe bislang nicht einen einzigen Zweikampf gegen Snape gewonnen, wie bitte soll ich da Riddle besiegen?"

Statt zu antworten, zog Lupin den-Jungen-der-lebte an sich und küsste ihn auf den Scheitel. Einige Minuten vergingen und beide Männer hingen ihren Gedanken nach. Dann schaute Harry zu Lupin auf und lächelte unsicher.


"Du Remus?", flüsterte er mit rauer Stimme.

Hm?"

"Ich hab mir immer gewünscht, dass mein erstes Mal mit jemandem ist, der mich liebt, dem ich vertrauen kann … den ich attraktiv finde …"

Lupin lächelte ihn aufmunternd an.

"Du wirst jemanden finden, der all das für dich ist, davon bin ich überzeugt, Kleiner."

Harry begann, auf seiner Unterlippe zu kauen und schwieg.

Lupin küsste ihn zärtlich auf die Stirn. Harry seufzte und hob seinen Kopf, so dass sich ihre Nasen fast berührten.

"Remus … Würdest du mit mir schlafen?"

Lupin zuckte zusammen und wollte zurückweichen, doch da saß Harry schon breitbeinig auf seinem Schoß und strich ihm mit seinen Händen durchs Haar. Lupin fasste den Jüngeren an den Schultern.

"Harry, das geht nicht, ich …"

Der Gryffindor streifte die Hände des Werwolfs ab und fuhr mit dem Zeigefinger sanft über dessen Lippen.

"Remus, liebst du mich?"

"Ja, natürlich, aber …"

"Siehst du? Und ich weiß, dass ich dir vertrauen kann. Und ich finde dich attraktiv. Sehr sogar …"

Harry, bitte! Das geht nicht, ich …"

Seine Worte erstarben, als Harry begann, seinen Hals entlang zu küssen. Lupin stieß ein leises, animalisch klingendes Grollen aus und fuhr mit den Händen über den Rücken seines jugendlichen „Angreifers". Harry stieß leicht mit seiner Hüfte in den in Besitz genommenen Schoß.

"Harry", keuchte der Werwolf, „du weißt nicht was du tust! Der Vollmond ist zu nah, ich kann mich nicht kontrollieren, wenn du weitermachst! Ich …"

"Bitte schlaf mit mir, Moony", hauchte Harry und presste seine Lippen auf Lupins.

Mit einem fast schon wütend klingenden Grollen warf der Werwolf den Gryffindor auf den Rücken, riss ihm mit einem Ruck das Shirt vom Oberkörper und stürzte sich auf ihn.

Snape fühlte, wie er aus Harrys Gedanken gedrängt wurde. Schwer atmend schloss er die Augen. Er musste sich konzentrieren. Er musste die Bilder von Harry und Lupin beiseite schieben. Sonst …

„Sev?"

"Hm?"

"Ich glaub, ich muss kotzen."

Und auch diesmal: Fortsetzung folgt!