Die Tasse, die Kolya ihm in die Hand drückt, ist heiß, und verbrennt seine Finger, doch McKay umklammert sie wie sein erstgeborenes Kind.
„Was- was um alles in der Welt-", setzt Kolya an, und es ist merkwürdig, den Genii so hilflos zu sehen. „Was haben Sie sich dabei gedacht?", faucht der Mann schließlich.
„Ich- ich weiß nicht", sagt McKay.
„Sie hätten tot sein können", zischt Kolya, und wendet sich wieder von McKay ab, als könne er dessen Anblick nicht ertragen.
McKay schweigt.
„Und Sie ... Sie saßen einfach nur da", sagt Kolya, und lässt so etwas wie ein Lachen hören. Er dreht sich ruckartig um, und McKay zuckt zusammen. „Sie saßen einfach nur da"
Kolya starrt, und verliert, als er keine Antwort erhält, plötzlich die Kontrolle.
„Reden Sie, verdammt noch mal!"
Heißer Tee läuft McKays Arm hinunter, als er sich schützend die Hand vor das Gesicht hält. Doch Kolya lässt die zum Schlag erhobene Hand langsam wieder sinken, und sieht so aus, als wundere er sich selbst über seinen Mangel an Selbstbeherrschung.
„Ent-" Der Kommandeur seufzt auf, seine Schultern sacken herab.
Auf einmal tut er McKay leid, und Rodney ist viel zu müde und ausgelaugt, um sich über dieses unangemessene Gefühl gegenüber dem Genii Gedanken zu machen.
„Schon okay", sagt er. Seine Stimme klingt fremd. Langsam stellt er die Tasse ab.
„Sie haben mir schon wieder das Leben gerettet"
Kolya antwortet nicht- nicht das McKay damit gerechnet hätte.
„Hm... ", sagt McKay, und kämpft sekundenlang mit den Worten. „Danke"
Kolya reagiert nicht. Er sieht McKay nicht in die Augen, hilft ihm aber auf sein Nachtlager, und wirft ihm dann die Decke zu.
Müde.
Gott, er ist so müde, seine Augenlider fühlen sich an, als wären sie aus Blei gemacht.
Kurz bevor McKay in den Schlaf abdriftet, flüstert er noch:
„Kolya?"
Ein Grunzen ist die Antwort.
„Da... da ist irgendetwas Komisches mit den Katzen..."
Und dann fallen ihm die Augen zu.
XXX
Die nächsten Tage weicht McKay kaum von Kolyas Seite, und ist so damit beschäftigt, nicht an helle grüne Augen, und fremde Gedanken und Gefühle zu denken, dass er beinahe nicht mitbekommt, wie es langsam etwas wärmer wird.
Der Regen verschwindet so gut wie ganz, und eines Tages zur Mittagszeit, schafft es McKay doch tatsächlich, mit seiner selbstgebastelten Angel einen Fisch zu fangen, der zappelt und zuckt, und den er schließlich mit einem großen Stein tötet.
„Kolya?"
Zum ersten Mal seit ein paar Tagen sind sie nicht in Sichtweite. Neben McKay liegt ein zweiter Bogen im Gras, und in seinem Gürtel steckt ein Messer.
„Kolya?"
Den Fisch möglichst weit von sich haltend, geht er auf die Höhle zu, vor der Kolya vor kurzem noch gesessen hat, während er versucht hat, seine gerissenen Schnürsenkel zu ersetzen.
„Kolya...?", ruft McKay ein drittes Mal, wedelt mit dem gefangenen Fisch und kommt sich albern vor.
„Doktor", sagt eine ausdrucklose Stimme hinter ihm und McKay wirbelt herum.
„Huh"
Kolya steht hinter ihm, lässig wie immer, doch wenn McKay genauer hinschaut, scheint ihm der Genii etwas atemlos.
„Äh. Sehen Sie." Er hält den Fisch hoch. „Meine Angel hat funktioniert. Dieses... Ding... ist mindestens fünf Kilo schwer! Mögen Sie Fisch? Ich hab eigentlich Fisch nie so sehr gemocht, ein bisschen viele Gräten, wenn Fischstäbchen auch wirklich..."
XXX
Oft versucht McKay abends, wenn sie auf ihren Nachtlagern liegen, Konversation zu machen, aber der Genii schweigt und schweigt, und selbst mit bloßen Schweigen kann er McKay sehr gut klarmachen, wenn er will, dass er die Klappe hält.
Die Minuten vor dem Einschlafen sind am schlimmsten. Er hat nie wieder so einen Panikanfall gehabt, wie er ihn hatte, als ihm klar wurde, dass sein Team ihn wohl nicht retten kann, doch er sehnt sich nach Atlantis.
Das ist noch eine Überraschung. Die Sehnsucht. Sheppard, Teyla, sogar Bates, und, ja, sogar Kavanaugh, irgendjemand, der weiß, was er verloren hat...
Kolya hat Atlantis auch gesehen. Doch Kolya hat Atlantis als Beute gesehen, und wenn er auch ohne mit der Wimper zu zucken eine metergroße Raubkatze erschießen kann, so ist er doch auch der Mann, der Doktor Weir erschießen wollte, und der den Plan aus McKay gequetscht hat...
Nun, wenn McKay genauer darüber nachdenkt, muss er zugeben, dass Kolya auch so etwas wie Einsamkeit spüren muss- was für einen Grund sollte er denn sonst haben, McKay zu retten, ihn... mit durch zu füttern, wenn man es so ausdrücken will?
...(Warum ist derGenii eigentlich hier?)
McKay ist sich, wenn er es auch nie ausspricht, sehr wohl im Klaren darüber, dass derandere Mann ohne ihn vielleicht sogar besser dran wäre- er müsste zum Beispiel sein Essen nicht teilen.
Doch der Genii ist ihm ein Rätsel.
Er schweigt, und McKay kann beim besten Willen nicht in seinem harten Gesicht lesen.
