"Nein!"

Erst glaubt McKay, er selbst habe geschrieen, doch dann packt Kolya einen Erdklumpen und schleudert ihn in die Fluten, und noch einen und noch einen, wie rasend-

"NEIN!"

Unbeeindruckt nehmen die schlammigen Wellen die Brocken, doch Kolya merkt es nicht.

Jetzt stumm, wirft er und wirft, wütet, ohne eine Wirkung zu hinterlassen, unermüdlich.

Schließlich, als McKay die Kraft gefunden hat, sich auf die Füße zu stellen, gibt der Genii auf. Mit hängenden Schultern steht Kolya da, und starrt auf den Mahlstrom, der da durch die zerrissene Erde schießt, wo einst die Höhle war.

Auch McKay ist stumm. Der Abgrund, der sich vor seinen Füßen aufgetan hat, ist ihm unerklärlich, und er schaut und schaut, wartet darauf, das etwas passiert, irgendetwas- und dann trifft es ihn wie ein Keulenschlag. So heftig, wie als ihm klar wurde, dass sein Team ihn nie finden kann, doch heilsamer diesmal.

Es wird nichts passieren. Kolya wird hier stehen bleiben, bis der Boden unter ihm bricht und der Genii in den wirbelnden Fluten ertrinkt, wenn McKay jetzt nicht handelt.

„Kolya" Der Mann reagiert nicht, und McKay packt ihn heftig am Arm.

„Kolya, verdammt!" Das scheint den Genii aus seiner Trance zu reißen.

„Was?"

„Wir müssen hier weg"

Kolya glotzt ihn an, und eine Sekunde ist sich McKay nicht sicher, ob der Kommandeur ihn gehört hat-

„Und wohin?"

Großartige Frage. Wie zur Antwort bröckelt der Rand des Abgrunds, und weitere Klumpen Erde verschwinden im Wasser, dass sich seinen Weg am Rand der aufgewühlten Wiese vorbei frisst.

„Egal.", sagt McKay. „Hauptsache weg von hier" Er zerrt noch einmal an Kolyas Ärmel, und diesmal reagiert der Mann, und lässt sich von McKay wegziehen.

Sie taumeln über die zerstörte Lichtung, und es kommt McKay unerklärlich komisch vor, dass goldenes Sonnenlicht so falsch sein kann...

XXX

Das Feuer fängt nur zaghaft an zu brennen, beinahe so, als fürchte es genau wie McKay die heranziehende Nacht.

Sie sitzen nebeneinander am Feuer, nah an drei etwas abseits vom Waldrand stehenden Bäumen, die das Beben wundersamerweise unbeschadet überstanden haben.

Neben ihnen liegt zu einem unerkennbaren Bündel geknüllt, das einzige, was sie nicht mit sich hatten, als sie zum Fluss gingen, und was die Höhle doch nicht verschlungen hat- Kolyas Mantel, der einfach nicht trocknen wollte, und den der Genii über einen Baumast gehängt hatte.

Die Äste im Feuer knacken, als hungrige Flammen sich höher recken. Nicht vollkommen technologielos, Gott sei dank für die Feuerzeuge.

McKay streckt die Hände aus.

„Passiert hier so was öfter?", fragt er, und Kolya schenkt ihm einen leeren Blick.

„Ich meine, ich frage, weil sie ja länger hier sind als ich- also ich meine-" Nervös hält er inne.

„Ich habe es noch nie erlebt", sagt Kolya.

„Oh. Okay" McKay lässt seine Fingerknöchel knacken und schüttelt die Handgelenke aus.

„Warum- ich meine, warum sind Sie... hier?", fragt er, bevor er es sich wieder anders überlegen kann, und zuckt dann zusammen, als sich das Gesicht des Geniis verdunkelt.

Der Mann schweigt lange, und McKay hat sich schon darauf eingestellt, gar keine Antwort zu bekommen, da spricht Kolya doch.

„Nachdem mein Versuch, das..." Er zögert kurz. „Das ZPM zu bekommen, fehl geschlagen ist.. haben sich die Dinge etwas zu... meinen Ungunsten entwickelt", sagt er langsam, und in seiner Stimme liegt etwas Gequältes, das McKay noch nie bei ihm gehört hat. Er wartet, doch wagt es nicht, weiter zu fragen.

Kolya holt tief Luft. Er hat McKay nicht angeschaut, als er gesprochen hat, doch nun blickt er scharf auf.

„Es war eine Bestrafung. Das Exil"

XXX

Es ist eine wolkenlose Nacht. Das Feuer brennt noch, doch sie halten es klein. Beide haben seit Stunden kein Wort gesagt, und langsam beginnen McKay die Augen zu zu fallen.

„Wir müssen morgen hier weg", sagt Kolya plötzlich, und McKay hebt den Kopf ein Stück.

„Hm?"

„Wir können den Fluss hinunter gehen", sagt Kolya langsam, so als hätte er McKay nicht gehört. „Als ich auf dem Hügel stand, habe ich geglaubt, einen See zu sehen."

„Welchem Hügel?", fragt McKay, jetzt etwas wacher, doch ziemlich verwirrt.

„Der Steilhang", sagt Kolya. „Man hat einen ziemlichen Blick von da oben"

„Oh", sagt McKay. Was soll man dazu noch sagen? „Hm. Okay..."

XXX

Das Gehen tut seinen Gliedern, die von der Nacht, die er auf dem harten Untergrund verbracht hat, schmerzen, gut. Kolya neben ihm pfeift, er pfeift, und das mit so grimmigen Vergnügen, das McKay nicht anders kann, als sich über den Geisteszustand des Mannes Sorgen zu machen. Jeder von ihnen hat einen Wanderstock in der Hand, und momentan schlägt Kolya seinen im Takt zu dem Lied auf den Boden, mit einem unterschwelligen Aggressivität, die McKay ganz nervös macht.

Der Fluss, in dessen Sichtweite sie gehen, zieht immer noch Schlamm und Äste und junge Bäume mit sich, und sie halten Abstand zum Ufer.

XXX

Die zweite Nacht ist weitaus ungemütlicher als die erste. Der gute alte Regen ist leise zurückgekehrt, und nun sitzen sie zusammengekauert im Unterholz, vor einem rauchenden Feuer, und halten sich Kolyas Mantel über die Köpfe.

„Das ist wirklich wirklich unbequem", beteuert McKay.

Er glaubt, Kolya neben sich seufzen gehört zu haben, und versucht, sich etwas bequemer hinzusetzen.

Der Mantel verrutscht, und Kolya knurrt leise, und zieht ihn unnötig heftig zu sich herüber.

„Oh schon gut, ich habe nur versucht, die Nacht ohne bleibende Rückenschäden zu überstehen..."

Das Feuer ist wirklich kraftlos, und der Rauch reizt McKays Augen, doch er ist ziemlich sicher, dass der Genii gegrinst hat.