„Hm?"
Etwas trifft ihn am Fuß, und McKay zuckt leicht zusammen, blinzelt kurz, und versucht sich dann auf die Seite zu rollen, um weiter zu schlafen.
„Doktor McKay" Ein weiterer Tritt folgt, diesmal etwas heftiger.
„Hmpf" Er öffnet die Augen nicht. Na ja, vielleicht ein bisschen. Das Sonnenlicht ist viel zu hell.
„Aufstehen", knurrt Kolya und sieht dabei keineswegs amüsiert aus, so dass sich McKay rasch aufsetzt. Der Genii schenkt ihm einen langen finsteren Blick, und wirft ihm dann seine Feldflasche zu, dass McKay einen Schluck nehmen kann.
Der Wald schimmert noch vor Nässe, die Sonne kämpft sich gerade erst den Himmel hinauf, und McKay wirft Kolya einen schrägen Blick zu- so lange hat er nun auch nicht geschlafen.
Doch der Mann hat sich schon abgewandt.
„Ich will nicht hier ewig herumstehen, Doktor", sagt er, und McKay rollt hinter seinem Rücken die Augen, als er aufsteht.
XXX
Kolyas Laune bessert sich kaum den Tag über, und sie wandern in Stille.
McKay hat wieder Hunger, und so langsam kommt ihm die Idee, zum See zu gehen, lächerlich vor. Die wenigen essbaren Sachen, die sie unterwegs gefunden haben, haben kaum gereicht, um sie satt zu machen, und zum Jagen hätten sie mehr Zeit benötigt...
McKay sieht auf. Er ist schon wieder weit zurückgefallen, und Kolya macht keinerlei Anstalten, auf ihn zu warten, also seufzt er, und versucht sich zu beeilen.
Sein Fuß pocht. Bei jedem Schritt verschlimmert sich der Schmerz ein bisschen, bis McKay nur noch auf den Boden starrt, um nicht die Strecke sehen zu müssen, die vor ihm liegt.
Ihm entgeht Kolyas überraschtes Einatmen, merkt erst, dass der Kommandeur stehen geblieben ist, als er praktisch in dessen Rücken läuft.
„Oh"
„Ja", sagt Kolya, und lässt die Schultern fallen. „Wir haben es geschafft"
XXX
Sie stehen auf einer kleinen Anhöhe, und starren auf den See hinab, der größer ist, als es McKay sich in seinen schönsten Träumen ausmalen könnte.
Er war nie ein „Outdoor- Typ" gewesen, aber jetzt beginnt er auf einmal diese Typen zu verstehen, die in der Wildnis campen. Der Blick ist... überwältigend. Der See ist so groß, dass er beinahe nichts auf der anderen Seite erkennen kann, er endet praktisch im Dunst, mit nur einer vagen Andeutung von Land.
„Wahnsinn", flüstert McKay.
Er zieht zu Kolya hin, und der Genii nickt ihm kurz zu, scheint aber ansonsten nicht wirklich so froh zu sein, wie es angemessen wäre.
„Kommen Sie", sagt er, und schickt sich an, die Anhöhe herunter zu gehen.
XXX
Der Fluss endet tatsächlich mit einem kleinem Wasserfall, der gurgelnd in den See schießt. Von nahem ist der Blick nicht mehr ganz so makellos, der See wirkt etwas trüb, und der Fluss bringt immer neuen Schlamm und neue Äste und tote Tiere, und so beschließen sie, weiter am See entlang zu gehen, um eine Stelle zu finden, an der das Wasser reiner ist.
McKays Hinken ist schlimmer geworden, und nun hat es auch Kolya bemerkt.
„Alles in Ordnung, Doktor?", fragt er, und McKay verdreht die Augen angesichts dieser ziemlich dummen Frage.
„Ich habe mich an einem der Splitter, die bei dem ersten Beben auf der Wiese lagen, geschnitten", sagt er.
Kolya zieht die Augenbrauen hoch, und wendet sich dann gerade McKay zu, setzt dazu an, irgendetwas zu sagen, als er plötzlich die Augen zusammenkneift.
„Ist irgendwas?", fragt McKay irritiert.
„Ja", sagt Kolya lakonisch. „Kommen Sie mit"
„Hey! Was-?" Doch Kolya hat schon seinen Arm gepackt und zieht ihn vorwärts, nah am Waldrand nun.
„Schauen Sie, Doktor", sagt er, und zeigt mit dem Finger auf eine Lichtung am Ufer des Sees, nicht weit vor ihnen.
Und McKay stockt der Atem.
„Das- das ist eine Hütte!"
Eher die Ruine einer Hütte, wird ihnen klar, als sie näher kamen, Kolya vor McKay gehend, dass gezückte Messer in der Hand.
Das mit Zweigen und Gräsern gedeckte Dach zeigt zahlreiche Löcher auf, ist an einer Seite ganz von der Hütte gerutscht. Deren Wände sind aus großen, unbearbeiteten Steinen, die geschickt ineinander gefügt sind- die Mauern sind noch intakt, doch schon sehr moosbewachsen.
McKay spürt, wie er sich entspannt. Dieser Platz ist seit langem verlassen. Plötzlich fühlt er Enttäuschung in sich aufwallen- die Vorstellung, noch andere Menschen zu treffen, war verlockend gewesen.
Kolya geht vorsichtig näher an die Hütte heran, und spät herein.
„Keinerlei Raubkatzen, Doktor McKay", brummt er dann, bückt sich, und geht hinein.
McKay hinkt rasch ebenfalls zur Hütte.
Die Mauern sind sehr niedrig- McKay fragt sich, wie ein Mann darin stehen soll, doch als er an der Türöffnung steht, sieht er, dass sich der Boden der Hütte einen guten Meter unterhalb der Erdoberfläche befindet.
Drinnen ist es zunächst zu dunkel, um viel zu erkennen, dann gewöhnen sich McKays Augen an die Dunkelheit.
Die Hütte ist beinahe komplett leer, bis auf einen angefaulten Haufen Stroh in der Ecke, das wahrscheinlich einmal ein Nachtlager war, einer Feuerstelle, und, in einer Ecke, ein zerbrochenes Messer und mehrere angerostete Becher und Töpfe.
McKay sieht auf, und sein Blick trifft sich mit dem Kolyas. Beide grinsen.
XXX
Kolya tupft Alkohol auf die entzündete Wunde an McKays Fußsohle, und der ist viel zu müde und erleichtert, um sich viel über die Schmerzen zu beschweren.
Müde, weil es spät abends ist, und sie den ganzen Tag damit verbracht haben zu jagen (Kolya) und das Hüttendach zu reparieren, und die Hütte zu entrümpeln (McKay). Erleichtert, weil Kolya einen Hasen gefangen hat, weil er satt ist, weil sie die Hütte gefunden haben, weil sie Schutz haben, weil ... einfach nur erleichtert, sich ausruhen zu können.
