Er schläft die erste Nacht in der Hütte traumlos, den Schlaf der Erschöpfung.
Als er aufwacht, es Kolya schon aufgestanden, hat die Hütte verlassen. Zwischen den letzen glimmenden Kohlen steht eine Tasse Brühe, und McKay hält die heiße Tasse vorsichtig, und nippt.
Kolya ist nicht zu sehen, als McKay rausgeht.
XXX
Sie jagen und kochen, und Kolya verfolgt seine merkwürdige Idee, McKay in die Kunst des Kämpfens einzuweihen, weiter, mit mehr oder weniger Erfolg. Doch noch ist McKay der Mann zu unheimlich, als dass er einfach gar keine Fortschritte machen kann.
Es muss Sommer sein. Es ist nie so warm, wie er es von einem Erdensommer kennt, doch sie frieren nicht, und alle Bäume und Büsche, die so bleich schienen, als McKay den Planeten zum ersten Mal betreten hat, scheinen an Farbe zu gewinnen.
(Oder dass ist nur so weil er sich daran gewöhnt?)
Der See ist immer kalt. Ein, zwei Schritte lang im Uferwasser könnte mal glauben, die Sonne hätte ihn erwärmt, doch dann spürt McKay wieder seine Knochenkälte. Es leben Fische dort, blasse, schlanke Kreaturen.
Die Luft ist immer unbewegt.
„Ich frage mich...", sagt Kolya, als sie abends am Feuer sitzen.
„Ja?", sagt McKay nach einer Weile, als der Mann in Schweigen verfällt und nicht weiter spricht.
„Wo sind sie hin?", murmelt Kolya.
„Wer?", fragt McKay, und wirft dem Kommandeur einen Seitenblick zu.
Dieser verdreht kurz die Augen.
„Diese Leute", sagt er dann langsam. „Jemand muss die Hütte gebaut haben, Doktor"
„Vielleicht sind sie ... gestorben"
Kolya schüttelt langsam den Kopf. „Warum sind dann keine Gräber da?"
„Weil niemand da war, um sie zu begraben?"
„Warum sind dann keine Knochen da?"
„Weil..." McKay schluckt unbehaglich. „Weil wirklich wirklich große Katzen sie... gefressen haben?"
Kolya runzelt die Stirn, sieht fast so aus, als hätte er McKays Worte nicht gehört, schüttelt dann langsam, ganz langsam den Kopf.
McKay reibt seine plötzlich kalten Hände gegeneinander, und ist froh um die Mauern, die ihn umgeben.
Der Mann neben ihm starrt weiter ins Feuer.
XXX
Kolya ist ratlos geworden, und McKay hat ihm schon seit geraumer Zeit nicht in die Augen geschaut. Die Art von Nähe, die zwischen ihnen gewachsen ist, ist verschwunden, als hätte es sie nie gegeben, was McKay mehr schmerzt, als er sich eingestehen möchte.
Er hat den Genii immer gefürchtet, mehr oder weniger- in letzter Zeit eher aus Gewohnheit- aber jetzt hat sich irgendwas geändert, was, weiß McKay nicht.
(Kolya ist wütend
XXX
Er hält den Bogen in der Hand, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, leise.
Er ist allein, Kolya hat die Lichtung am See nach dem Frühstück verlassen, ohne zu sagen, wohin er gegangen ist, und so ist McKay auf die Idee gekommen, jagen zu gehen.
Das trockene Gras knistert, als es unter seinen Füßen bricht. Er sieht umher, sucht den leeren Waldrand und das verlassene Seeufer ab, und stutzt dann.
Ein einer Stelle, weit entfernt von der Hütte, sind die hohen Gräser und das Unterholz am Waldrand nieder getreten, nicht sehr auffällig, doch für jemanden, der aufmerksam seine Umgebung betrachtet, leicht zu bemerken.
McKay tritt näher heran.
Ein Stück Erde ist unbewachsen, und er erkennt das Profil eines Schuhs. McKay legt leicht den Kopf zur Seite, folgt dann den umgeknickten Gräsern, während der Wald sich hinter ihm schließt.
Im Schatten der Bäume ist es kühler, und eine leichte Gänsehaut bildet sich auf seinen nackten Armen.
McKay geht weiter, doch schon nach wenigen Minuten verliert er die Spur, der weiche moosbewachsene Waldboden ist behält seine Geheimnisse.
Zögernd dreht er sich wieder um, dem Lichtschimmer, dem Waldesrand, den er nur noch ganz schwach erahnen kann, zu, und wendet sich dann wieder dem tiefen Wald zu.
Der Boden steigt leicht an, und ist uneben. McKay muss aufpassen, wohin er tritt, und stutzt, als er plötzlich etwas Ungewöhnliches unter seiner Fußsohle spürt. Zu eckig, zu glatt, um ein Stein zu sein...-
Etwas grollt, und er richtet sich auf-
„Kolya!"
Der Mann antwortet nicht. Er steht etwas zwanzig Schritt von McKay entfernt, im Schatten eines besonders dichten Baumes, und starrt McKay an.
„Kolya?", sagt McKay wieder, diesmal leiser, zögernder, denn er spürt, irgendetwas stimmt nicht-
Und Kolya geht auf ihn zu, so schnell, das McKay kaum Zeit hat Atem zu holen, als der Kommandant schon dicht vor ihm steht.
„Kolya?"
McKay macht einen Schritt zurück. Und dann noch einen.
Denn Kolya sieht wütender aus, als er ihn je in seinem Leben gesehen hat- wütender als im Gateraum, als ihm klar wurde, das McKay ihn belogen hatte...
„Was machen Sie hier?", sagt Kolya, und dass seine Stimme zittert, hat einen ganz anderen Effekt, als es normalerweise hat.
„Ich- ich habe ihre Spur geseh- " McKay verstummt, und stolpert zurück.
„Sie sind mir gefolgt", stößt Kolya zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sein Gesicht ist ganz nahe an dem von McKay, der plötzlich sehen kann, dass die Augen des Genii blutunterlaufen sind. An seiner Schläfe pocht eine Ader.
„Es- es tut mir leid- ich wollte nicht- ich dachte-" Eine Baumwurzel bringt McKay fast zum Stolpern. Der andere Mann geht weiter auf ihn zu, sein Gesicht eine steinerne Maske, die nur hin und wieder zuckt, und McKay denkt, dass er ein Idiot gewesen sein muss, um Kolyas Wut bis jetzt nicht zu bemerken...
Er stolpert weiter rückwärts.
„Mach das nicht noch einmal, McKay", sagt Kolya, würgt die Worte hervor. McKay merkt nicht einmal, dass sie ins Licht der Wiese getreten sind, so beschäftigt ist er damit, vor dem Genii zurückzuweichen.
„N- nein"
„Gut" Kolyas Gesicht ist blutleere, aschgrau, als er sich etwas zurücklehnt. Die Augen des Mannes flackern plötzlich, und dann geht er rasch einige Schritte zurück, starrt McKay an, wütend, doch auch-
Er wendet sich ab, noch bevor McKay seinen Gesichtsausdruck deuten kann, und geht davon.
Plötzlich merkt McKay, dass er zittert. Kolya ist schon längst aus seinem Blickfeld verschwunden, als er die Kälte an seinen Füßen und seinen Waden spürt, und merkt, dass er im See steht.
