Er schlägt hart auf dem Boden auf, sein verletztes Bein ungeschickt verdreht.

Einige Sekunden verharrt er regungslos, und es existiert nichts außer dem stechenden Schmerz in seinem Bein und dem dumpferen Schmerz in seinem Gesicht, und das Klopfen seines Herzens.

Er keucht, kann seine Atmung nicht unter Kontrolle kriegen… Grasgeruch.

Warmes weiches Gras ist in sein Gesicht gedrückt, und etwas wärmt seinen Nacken…

Mit letzter Kraft dreht sich McKay um, wälzt sich auf dem Rücken, öffnet die Augen und starrt dann in einen strahlenden blauen Himmel. Wolkenlos.

Er lacht. Nein, er schluchzt. Ein kurzer, mitleid erregender Laut, den eh niemand hört, und er blinzelt und blinzelt, doch der blaue Himmel verschwindet nicht, er verschwindet nicht, er bleibt da, strahlend und klar und Gott-

Das Stargate leuchtet auf, doch McKay beachtet es nicht, und er kann die Augen nicht von dem Himmel lösen.

Wunderschön

Wärme auf seinen Wangen, und Licht, Licht, Licht, helles, klares Licht ohne die leiseste Andeutung von Grau-

Das letzte Chevron ist aktiviert, und dann rollt die schimmernde Stargatewelle über die liegende Figur McKays hinweg.

Auch schön, denkt er schläfrig, als der wasserartige Effekt kurz seinen Blick auf den Himmel versperrt. Er denkt nicht darüber nach, was es ist, und es verschwindet so schnell wieder, und da ist wieder dieser klare, endlose Himmel über ihm…

(Schritte)

Er ist müde, so müde, doch er kann jetzt nicht die Augen schließen, denn er will nicht zurück in die Dunkelheit, nicht mal ins Dämmerlicht, er möchte dieses strahlende Blau anblicken, diese klare, leuchtende Farbe-

Ein Schatten fällt auf ihn, und er runzelt leicht die Stirn. Was…?

Ein… Gesicht? Aber das … ist nicht Kolya. Was will das Gesicht?

Es redet. Es macht Laute, und langsam beginnen sie zu McKay durchzudringen.

"… friedliche … wir werden Ihnen keinen Schaden zufügen… brauchen… Arzt…"

Aber er ist so müde, und es ist so schwierig, zuzuhören. Jetzt fallen ihm doch kurz die Augen zu, und er reißt sie wieder auf, als er spürt, das jemand sein Gesicht berührt.

Sein Kopf muss zur Seite gefallen sein, und er sieht Gras, und weiter weg, einen Wald-

Und dann wieder das Gesicht, besorgt und angespannt, doch mit einem nervösen Lächeln.

"Ich bin Arzt", sagt das Gesicht, und öffnet den Mund, um noch mehr zu sagen, doch dann hält es inne und stutzt.

Der Mund öffnet und schließt sich, erinnert McKay an die grauen Fische im See.

"Sergeant", sagt das Gesicht, und dann, etwas lauter: "Sergeant Bates!"

"Sergeant Bates!", schreit jemand, laut und beinahe wie von Sinnen, und das ist das letzte, was Rodney hört, bevor ihm endgültig die Augen zufallen und er weg sinkt von dem herrlichen Himmel, der grüne Wiese, und von den aufgeregten Menschen, die ihn umringen.

XXX

Er schläft, hängt weder in Schwärze noch im Licht, schwebt durchs Nichts.

Er schläft und schläft.

Er schläft, doch hin und wieder dringen Fetzen einer anderen Welt in sein Bewusstsein, gelingen ins Nichts-

Ein schillernder blauer Teich, und eine warme Hand auf der seinen-

Stufen, und dahinter bunt leuchtendes Glas, und eine dunkelhaarige Frau, die ihren Mund mit einer Hand bedeckt, und sich an den Mann neben ihr klammert-

Ein lächelndes Gesicht, mit blauen Augen und dunklen Haaren, und ein leichter Stich in seinem Arm, und alles wird merkwürdig schummerig, und dann hat das Nichts ihn wieder-

"Elizabeth, ich kann nicht glauben… ich kann es nicht glauben…"

"Ich weiß, ich weiß… Carson…"

"Sehen Sie sich ihn an, er ist -"

"- Sheppard kommt morgen von seiner Mission zurück…"

Doch er ist im Nichts, und es ist weder kalt noch warm, weder einsam noch beengend, er ist weder traurig noch froh.

XXX

Eine warme Hand hält die seine, welche kalt ist.

Es ist angenehm. McKay lässt seine Hand, wo sie ist, und übt ganz vorsichtig einen leichten Druck aus.

Ein Ruck geht durch die Hand, und dann verschwindet die Wärmequelle, und eine Stimme ruft:

"Carson!"

McKays Hand hängt über den Bettrand, wieder in der Kälte.

"Rodney?" Er blinzelt.

"Rodney?", wiederholt die Stimme, warm und freundlich, und McKay öffnet die Augen.

Es geht viel leichter, als er gedacht hat.

Dr. Carson Beckett schaut auf ihn herunter. Er lächelt, doch seine Augen sind gerötet, und sein Haar zerzaust, und Rodney denkt, dass er den Doktor noch nie so schlecht aussehend gesehen hat.

Er blinzelt abermals. Sein Mund ist trocken, und seine Kehle fühlt sich kratzig und geschwollen an.

Versuchsweise öffnet er den Mund, doch nicht einmal ein Krächzen kommt heraus.

Ihm ist warm, fällt ihm plötzlich auf, sehr warm.

Carsons Lächeln verschwindet plötzlich, und seine Gestalt verschwimmt ein wenig vor McKays Augen. Warum ist ihm so warm?

Carson… sagt etwas, doch was, kann McKay nicht verstehen.

Es ist nicht real, denkt er. Ich habe Fieber… ich brenne. Es ist nicht real, und sie haben mich gekriegt, und ich bilde mir das hier nur ein…

Jetzt verschwimmt Carsons Bild vollkommen, und etwas Warmes rinnt McKays Wangen herunter.

Ich bilde mir es nur ein… einen Moment dachte ich… ich dachte…

Hilfloser Schmerz wallt in ihm auf. Es ist ja doch nicht Wirklichkeit, er ist immer noch verloren. Allein allein allein, und die Sehnsucht reißt ihn auseinander, sie haben mich doch gekriegt…

Irgendjemand spricht, doch McKay will nicht hören, versucht sich zusammenzurollen, spürt nichts mehr außer seiner eigenen Verzweifelung.

Die vertrauten Stimmen verlöschen, und sein Kopf schmerzt, sein Atem kommt in unregelmäßigen Stößen, die seinen ganzen Körper erzittern lassen.

Es ist zu warm, und hinter seinen geschlossenen Augenlidern tanzen flimmernde Punkte...

XXX

Diesmal wacht er langsamer auf.

Ihm ist angenehm kühl, nur seine Augen fühlen sich noch warm an.

Eine Seite seines Gesichts ist verbunden.

McKay hebt vorsichtig eine Hand. Sie zittert, soviel kann er im dämmerigen Licht erkennen.

McKay lächelt. Das Zittern ist mit ihm gekommen.

Er wendet den Kopf, und betrachtet die zusammengesunkene Gestalt auf dem Stuhl neben dem Bett.

Carson sieht so aus, als könnte er den Schlaf brauchen, und McKay will ihn nicht stören, lässt einfach den Blick auf dem Doktor ruhen.

Doch irgendwie scheint Beckett zu spüren, dass er beobachtet wird. Erst runzelt er, immer noch schlafend die Stirn, dann öffnet er kurz die Augen, blinzelt. Und klappt dann den Mund auf.

„Rodney?" Es klingt fast ängstlich, so zögernd und vorsichtig, und auch ungläubig...

„Hey", sagt McKay. Seine Stimme klingt rasselnd und fremd.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, nimmt Beckett ein Glas Wasser vom Nachttisch und hält Rodney den Strohhalm hin. McKay trinkt, und seufzt dann dankbar, als der Doktor das Glas wieder abstellt.

(Das Wasser war das beste, was er je in seinem Leben getrunken hat...)

Sie sehen sich an, und Becketts gerötete Augen fangen an zu schimmern.

„Rodney", sagt er wieder, und fährt sich mit einer Hand über das Gesicht, lächelt müde.

„Ihr habt mich gefunden", sagt McKay, und Carson gleichzeitig:

„Wir dachten, wir hätten dich verloren..."

„Ich ... ich hatte Fieber", sagt McKay langsam. Bruchstücke der vergangenen zwei Tage kommen zurück, Hitze und Tränen, und Stimmen, deren Worte nicht zu ihm durchdrangen...

„Ja", sagt Beckett. „Krallenwunden, sie haben sich entzündet" Er sieht McKay unsicher an, und Rodney weiß, dass der Arzt gerne gefragt hätte. Warum tut er es dann nicht?

„Es waren...", setzt McKay an, und hält dann inne. Wie kann er das Netz in Worte fassen? „Es waren.. es waren da wirklich, wirklich große Katzen", sagt er schließlich, und das reicht nicht.

Beckett nickt, fährt mit der Hand über die Bettdecke, und zieht sie dann schnell wieder zurück.

„Rodney", sagt er dann hastig. „Du musst uns glauben, wir haben alles versucht, wenn es nur irgendeine Möglichkeit gegeben hätte- "

„Ich weiß", krächzt McKay, doch Carson fährt fort.

„Nein, ich wollte sagen- ich wollte sagen- ich..." Er seufzt, und lächelt wieder unsicher.

„Solltest du nicht froh sein?", fragt McKay verwirrt. „Ich lebe..."

Beckett zuckt zusammen. „Bitte, versteh mich nicht falsch, Rodney- wir sind unglaublich froh, wir alle- aber- wir hatten dich alle schon aufgegeben und... jeder hat auf seine Weise versucht, damit klarzukommen... Und jetzt, jetzt bist du wieder da, und du siehst aus, als wärst du durch die Hölle gegangen, während wir getrauert haben, und nichts weiter getan haben als..."

„Ihr hättet nichts tun können", flüstert McKay, und plötzlich ist er ziemlich sicher, eine Träne gesehen zu haben, die Becketts Wange herunter fällt.

Doch er ist immer noch müde, und er schafft es nicht, seinen Blick auf dem Gesicht des Arztes zu halten. Seine Augen fallen zu.

XXX

Teyla, Dr. Weir, Zelenka und überraschend viele andere sind gekommen, und McKay schwirrt der Kopf von all den Stimmen, und den unterschiedlichen Gesichtern.

Alle waren sehr vorsichtig, fragten nichts, und jetzt, als er endlich wieder allein ist, wird McKay plötzlich klar, dass er so gut wie nichts antworten könnte, falls er gefragt werden sollte-

Kolya war mit ihm da. Kolya, der Atlantis übernehmen wollte. Kolya hat ihn gerettet. Kolya, der Dr. Weir und ihn selbst als Geiseln genommen hatte. Kolya ist für ihn gestorben.

Kolya...

Verdammt.

Er ballt die Hand zur Faust.

Die Handfläche ist verschorft, ihm war gar nicht klar gewesen, wie er sich auf seinem Weg zu Jumper die Hände aufgerissen hatte. Sein Gesicht- Narben werden bleiben, hat Carson gesagt. Der Verband stört etwas beim Reden.

67 Tage. Das ist so wenig, dabei ist es ihm wie ein Leben vorgekommen. Wie kann er ein ganzes Leben leben, und dann gesagt bekommen, es seien bloß zwei Monate gewesen?

Wie können sie wissen?

Jemand klopft an die Wand, steht direkt neben McKays Bett, und er zuckt zusammen.

„McKay", sagt Sheppard. Dreck klebt an seinem Gesicht und an seiner Uniform. Die Mission hat länger gedauert und war ereignisreicher als geplant.

„Hallo", sagt McKay, und Sheppards sorgfältig kontrollierte Miene flackert.

„Du bist wieder da", sagt McKay, und möchte sich im nächsten Moment vor den Kopf schlagen. Das war ja wohl mit das Dümmste, was er sagen konnte.

Sheppard sagt nichts. Er starrt auf McKay nieder. Die Stille zieht sich in die Länge, bis McKay schon den Mund aufmacht, um irgendetwas zu sagen, irgendetwas, um diese Stille zu unterbrechen-

„Ich konnte es nicht glauben", sagt Sheppard. Die Augen, die McKay anblicken, sind weit aufgerissen.

Ich konnte es einfach nicht glauben"

Und dann vergräbt er sein Gesicht in den Händen, und beide sagen lange Zeit nichts.

XXX

Der Tag ist vergangen. Sheppard ist gegangen, und wenn McKay jemals zu viel Schuldbewusstsein gesehen hat, dann ist es bei dem Mann gewesen...

Die Krankenstation ist still.

Die Vorhänge um McKay Bett sind unbewegt, die Luft steht, kein Blatt raschelt. Er sitzt im Bett, in der Hand das Messer.

Sie haben es gebracht, als er danach gefragt hat, und nun sitzt er da, und fährt mit dem Daumen an der flachen Seite der Klinge entlang.

Sie schimmert, selbst im Dämmerlicht.

Wenn er sie dicht vor die Augen hält, kann er kurz vor dem Heft ein Stückchen verkrustetes Schwarz sehen.

Das könnte Dreck sein.

Wenn es still ist, so wie jetzt, kann man in Atlantis das Geräusch des Ozeans hören.

McKay lauscht, und legt dann, nach einer langen Weile, das Messer auf den Nachttisch. Es klackt leise, als er es hinlegt.

Der Fußboden ist spiegelglatt.

Selbst die Schatten sind unbewegt.

McKay atmet aus. Und ein.

Ich bin der Falle entkommen...

Aus. Und ein. Aus.

Entkommen.

Die Matratze ist sehr weich, und McKay lässt sich zurücksinken.

Die Augen immer noch geöffnet, sieht er an die Decke der Krankenstation.

Sie ist grau.

Aus. Einatmen.

Irgendwo, menschenlebenweit entfernt, kreist ein anderer Planet um eine andere Sonne, deren fahles Licht auf verfluchte Kreaturen scheint, und die es niemals schafft, einen grauen See zu erwärmen.

Aus. Einatmen.

Irgendwo, nicht ganz weit genug entfernt, leuchten rote Beeren durch einen schattigen Wald.

Aus. Einatmen.

Irgendwo verweht ein kalter Wind graue Asche.

Aus. Und einatmen. Aus…

Und doch hinter dem Atmen, ganz schwach, das Geräusch des Ozeans.

ENDE

xxx

Tja, das war´ s... nicht sehr fröhlich, aber, hey, ich konnte doch jetzt nicht einfach ... das... Gefühl? der Geschichte so kaputtmachen! Ähm, was ich eigentlich schreiben wollte:

Keeline: Ich mochte Theorie 3, und Theorie 2 war auch gut- ich mach mir selten so viele Gedanken, wenn ich eine Story lese...! Aber schön, dass du es gemacht hat, ich liebe es, Theorien und Vermutungen zum Verlauf meiner Geschichten zu hören!

hoellenwauwau: Was soll ich dazu sagen? Die Reviews haben mich doppelt so schnell schreiben lassen, wie ich es gewöhnlich tue.

Berg-ulme: Keine Einheitspampe? Solche Bemerkungen bringen mich glücklich durch jeden noch so schrecklichen Schultag...

Und schön, dass um Kolya getrauert wurde...

Also: Danke für die Reviews!