Discl. Mir gehört gar nichts

Danke an Kukka und Ansy Pansy aka Panz für das Feedback!

The morning

Aufgrund seines Nachmittagsschlafs - der eigentlich keiner war, da er bis zum Morgen durchgeschlafen hatte - war Ryan früh auf. Seinem Körper hatte der Schlaf offensichtlich gut getan, er fühlte sich viel besser, relaxt und sogar ein bisschen in Ferienstimmung. Er stand auf und warf einen Blick auf seinen schlafenden Bruder, wobei Teile der letzten Nacht vor seinem inneren Auge erschienen. Irgendwas von einer Frau hatte ein aufgeregter Seth ihm erzählt, aber er konnte sich nicht mehr genau erinnern, um was es ging.

Ryan schüttelte seinen Kopf und schlurfte hinaus ins Wohnzimmer, danach ins Badezimmer, stieg in die Dusche, drehte den Hahn auf und genoss das warme Wasser, das über seinen verspannten Körper rann.

Einige Minuten später drehte er das Wasser ab, stieg aus der Dusche und trocknete sich mit einem flauschigen Badetuch ab, bevor er sich Boxershorts, einen Wifebeater, einen Hoody und ein Paar Jeans anzog.

Das Knurren seines Magens erinnerte ihn daran, dass er seit über 18 Stunden nichts mehr gegessen hatte und er entschloss sich, frühstücken zu gehen. Da Seth immer noch tief schlief machte sich der dunkelblonde Junge alleine auf den Weg nach unten, auf der Suche nach dem Speisesaal.

Er setzte sich an einen Tisch am Fenster, inspizierte kurz die anderen Gäste bevor sein Blick nach draussen schweifte und er den Anblick der schneebedeckten Berge und Chalets genoss.

"Was möchted sie trinke?"

Ryan's Kopf wirbelte herum und er starrte die Kellnerin erschrocken an, welche ihn erwartungsvoll ansah.

Sein Blick musste ziemlich leer ausgesehen haben, denn die Kellnerin lächelte ihm zu und fragte nochmals, dieses Mal auf Englisch:

"What would you like to drink Sir?"

"Oh! Kaffee bitte" murmelte Ryan, versunken in den tiefblauen Augen der grossen, schlanken Serviertochter.

Sie nickte und verschwand, tauchte aber nach einigen Augenblicken wieder mit einem Kaffee und einem Milchkrug in der Hand auf. Sie füllte seine Tasse mit der schwarzen, heissen Flüssigkeit und lächelte ihm nochmals zu, bevor sie auf die anderen Gäste zuging.

Ryan schluckte leicht und seine Gedanken wanderten zu seiner Freundin. Oder eher Ex-Freundin. Er hatte es bis jetzt noch niemandem erzählt, aber Marissa hatte kurz vor Abreise mit ihm Schluss gemacht. Sie hatte es nicht genau Trennung genannt, sondern eher eine Beziehungspause für beide. Obwohl er gewusst hatte, dass ihre Beziehung nicht unbedingt perfekt lief, vor allem nach den Ereignissen der letzen Zeit, war er trotzdem von Marissa's Entschluss überrascht worden. Ryan war sich nicht sicher, was er davon halten sollte, aber er hatte für sich selbst entschieden, dass er zuerst die Ferien geniessen würde, bevor er sich diesem Problem nach Weihnachten stellen wollte.

Seine Augen entdeckten wieder die sexy Kellnerin, wie sie sich vornüberbeugte um eine Serviette aufzuheben, welche ein unachtsamer Gast fallengelassen hatte. Er genoss den Anblick ihres wohl geformten Hinterns als seine Gedanken unterbrochen wurden und ein Bild von David Schwimmer vor seinen Augen erschien, der schrie 'aber wir hatten eine Beziehungspause'. Seine eigene Unfähigkeit auch nur über die Idee nachzudenken, Marissa zu betrügen, obwohl sie technisch gesehen nicht mehr zusammen waren, amüsierte ihn. Er zuckte zusammen als jemand ihm auf die Schulter schlug und murmelte:

"Guten Morgen Kumpel"

Ein schlaftrunkener Seth setzte sich an den Tisch und folgte dem Blick seines Bruders, bevor sich seine Augen überrascht weiteten, als er bemerkte, was genau Ryan anstarrte.

"Woah Mann, schon auf Mädchenjagd?" grinste er.

"Ich weiss nicht wovon du sprichst!" antwortete Ryan und versuchte, ein seriöses Gesicht zu machen, obwohl er wusste, dass er erwischt worden war.

"Yeah, das ist das Gesicht eines Jungen, der nicht gerade ein Mädchen unter die Lupe genommen hat' schmunzelte Seth, während sein Blick zurück zum Tisch wanderte. Er griff nach dem Kaffeekrug und füllte sich eine Tasse Kaffe, mischte Milch dazu und nahm dann einen vorsichtigen Schluck.

"Erzähl schon, wer ist sie?"

"Die Kellnerin?"

"Ryan, Kumpel, erzähl mir jetzt bitte nicht, dass du seit 15 Minuten hier sitzt, sie anstarrst und nicht einmal nach ihrem Namen gefragt hast?"

"Ein Gentlemen geniesst und schweigt" konterte Ryan grinsend.

"Was mich erinnert… Hast du eigentlich irgendetwas mitbekommen von dem, was ich dir gestern erzählt habe, du weisst schon, über das Mädchen, das ich in der Bar getroffen habe?"

"Klar" log Ryan und hoffte, dass er damit durchkam und er nicht noch einmal 15 Minuten lang einem aufgeregten Seth zuhören musste, wie seine letzte Begegnung mit einem weiblichen Wesen abgelaufen war.

"Kein Glück heute Ryan, ich lese dich wie ein Buch! Ok, ich erzähl's dir nochmals. Ich wanderte also so durch's Hotel…"

"Guten Morgen Jungs" unterbrach ihn die dröhnende Stimme von Sandy, bevor sich der Erwachsene im Stuhl neben Ryan niederliess. Kirsten setzte sich auf den einzigen noch freien Stuhl zwischen den Jungs, nachdem sie jedem einen Kuss auf die Wange gegeben hatte.

"Morgen" antwortete Ryan, heimlich ausatmend, dankbar, dass die Eltern ihn vor Seth's aufregender Erzählung gerettet hatten.

"Eltern! Morgen! Ich wollte Ryan gerade von dem Mädchen erzählen, das ich gestern getroffen habe…."

"Sohn, weisst du was ich an den Schweizern am meisten mag?"

Überrascht drehte Seth seinen Kopf zu seinem Vater und warf ihm einen verletzten Blick zu. Er war es sich nicht gewohnt, zweimal am Tag unterbrochen zu werden.

"Nein, was?" fragte er mürrisch.

"Sie denken normalerweise bevor sie sprechen und sie öffnen den Mund nur, wenn es wichtig ist. Sie sind sehr zurückhaltende Leute" erklärte Sandy und bedacht seinen Nachkommen mit einem warnenden Blick.

"Jungs, keinen Streit an diesem wunderschönen Morgen, bitte?" bat Kirsten, in der Angst, dass der erste, friedliche Morgen ihrer Ferien bereits zerstört wurde.

Die Jungs nickten und Sandy unterstützte die Worte seiner Frau mit einem warnenden Blick und einer hochgezogenen Augenbraue, um zu sagen 'ihr habt eure Mutter gehört'.

Die Kellnerin erschien und brachte mehr Kaffee, aber Ryan hatte nicht den Mut sie auch nur anzusehen, er wollte die Eltern nicht aufregen. Alle vier sassen in ungemütlichem Schweigen, tranken ihren Kaffee und assen Gipfeli.

Ryan war normalerweise nicht derjenige, der die Stille brach oder den wunden Punkt zur Sprache brachte, aber sie waren seit Monaten wie auf Zehenspitzen um dieses Thema herumgeschlichen und er hatte wirklich gehofft, dass sie die Probleme während dieser Ferien besprechen konnten, ohne durch alles im Cohen Haus an das Ereignis erinnert zu werden, und ohne die Freundinnen und Newpsies präsent.

Gerade als er den Mund aufmachen wollte sagte Sandy:

"Ok Jungs, eure Mum und ich werden heute die Skipisten inspizieren, aber wir werden am Nachmittag zurück sein, lasst uns zusammen zu Abend essen, ok? Bis dahin haben wir uns alle beruhigt und können reden"

Er schaute sich um, zufrieden, als alle nickten.

"Ryan, dein Skilehrer wird um 10.00 Uhhr an der Rezeption auf dich warten, er hat auch alles nötige dabei für deine erste Stunde."

"Ich glaube nicht…" begann Ryan im Versuch, Sandy und Kirsten ein letztes Mal davon zu überzeugen, dass er keinen Skilehrer brauchte und dass er ganz sicher nie in seinem Leben Skifahren würde, aber es brauchte nur einen Blick von Sandy um ihn zum Schweigen zu bringen. Vielleicht war es im Moment nicht günstig, die Eltern aufzuregen.

"Seth, wirst du alleine zurecht kommen?" fragte Kirsten dann, während sie den Jungen mit den schwarzen Locken ansah.

"Sicher Mom, ich werde mein Snowboard anschnallen und mich dann an den Idiotenhügel setzen um Ryan zuzusehen, wie er so tut, als hätte er Spass dabei, zwischen den drei- und vierjährigen Skifahren zu lernen." grinste Seth fröhlich.

Ryan warf ihm einen bösen Blick zu, welcher Seth noch mehr zum Lachen brachte.

"Ok, der Tag ist also organisiert" gab Sandy bekannt, bevor er aufstand und seine Hand nach Kirsten ausstreckte.

Die Jungs warfen sich einen besorgten Blick zu, als sie das Unbehagen zwischen den Eltern spürten, ein Unbehagen das seit dem speziellen Ereignis über welches niemand sprechen wollte, ständig das Haus gefüllt hatte. Trotzdem war es alles, was jeder in seinem Kopf hatte, aber keiner war in diesem Moment bereit, sich hinzusetzen und die Trauer zu teilen.

Als Kirsten und Sandy gegangen waren standen auch Seth und Ryan auf und liefen schweigend in ihr Zimmer zurück, wo sie sich ohne zu sprechen auf der Couch niederliessen. Es war erst 8.30 Uhr weshalb sie noch etwas Zeit übrig hatten, aber keiner von beiden hatte die Energie den Fernseher oder die Playstation anzustellen, zu besorgt waren sie über den momentanen Gemütszustand der Eltern und die Depression, unter welcher alle Mitglieder der Cohen Familie seit einigen Monaten litten.

"Geht's dir gut?" fragte Ryan Seth mit einem besorgten Blick.

Er hatte versucht für Seth da zu sein, so gut als möglich, obwohl er wusste, dass er ihm nicht wirklich helfen konnte. Ryan war sich sicher, dass es in Kirsten's und Sandy's Verantwortung lag, mit ihrem Sohn zu sprechen, ihm zu sagen, dass sie ihn immer noch liebten und dass nichts ihre Familie zerstören konnte. Aber so lange Kirsten und Sandy selber damit kämpften, mit dem Verlust fertig zu werden, konnten sie ihren Sohn nicht trösten.

"Klar" antwortete Seth schliesslich, wieder in seine einsilbige Stimmung zurückfallend.

"Es ist nicht dein Fehler" versuchte es Ryan zum hundertsten mal, oder so fühlte es sich auf jeden Fall an.

Seth nickte nur, stand auf und verschwand in seinem Schlafzimmer, wo er sich aufs Bett niederlegte, wie Ryan hören konnte. Seufzend erhob er sich und folgte seinem besten Freund und setzte dem Rücken zum Jungen auf die Ecke der Matratze.

"Sie werden ihre Trauer überwinden, es braucht einfach nur Zeit"

"Toll!"

"Seth, hör mir zu, hier geht es nicht um dich! Du musst ihnen Zeit geben!"

"DU verstehst das eh nicht!"

Ryan seufzte. Ihn zu beleidigen war eine hässliche neue Angewohnheit von Seth geworden und es hatte eine Weile gebraucht, bis Ryan verstanden hatte, dass dies Seth's Art war ihm zu sagen, dass er sich verziehen soll. Aber dieses Mal war er fest entschlossen, seinem Bruder zu helfen. Schliesslich waren sie in den Ferien und es gab besseres zu tun, als sich im Bett zu verstecken.

"Ok, dann erklär es mir" antwortete er mit zusammengebissenen Zähnen.

Überrascht und sprachlos schüttelte Seth den Kopf bevor er flüsterte:

"Vergiss es"

"Nein, komm schon Seth, sag's mir, was verstehe ich nicht?"

Sein Bruder schwieg, ignorierte Ryan's Beharrlichkeit, rollte sich zu einem Ball zusammen und zog die Decke über seinen Kopf.

Ryan's Geduld war nun langsam aber sicher erschöpft. Er musste Seth aus dieser Depression reissen, schauen, dass er stabil blieb, wenigstens so lange es dauert bis sich die Eltern über ihre eigenen Gefühle klar geworden waren.

Ryan stand auf, griff nach der Bettdecke und zog sie von Seth herunter, warf sie auf den Boden und schüttelte Seth grob:

"Also, sprich zu mir, erklär es mir!"

Seth schoss hoch, ein gefährlicher Blick in seinem Gesicht, Schmerz und Einsamkeit in seinen Augen.

"Ich bin nicht gut genug für meine Eltern!"

Sprachlos über den Ausbruch seines besten Freundes starrte Ryan ihn nur an, ausserstande zu glaube was er gehört hatte.

Seth bemerkte die Fragezeichen in Ryan's Augen, schüttelte seinen Kopf in Resignation, setzte sich wieder aufs Bett und fuhr mit leiser Stimme fort:

"Was glaubst du warum haben sie dich aufgenommen?"

Ryan's Herz stoppte für einen Moment, Schweiss bildete sich an seinen Handflächen.

"Sie sind enttäuscht von mir, ich war ihnen nicht gut genug, sie brauchten ein neues Projekt, sie hatten ihr Interesse in mich verloren. Und jetzt hassen sie mich weil es mein Fehler war dass…. du weißt schon…."

"Seth, hör mir zu, es war niemandes' Fehler, solche Dinge passieren einfach. Dies ist wohl die schlimmste Erfahrung für eine Frau, ein Paar. Trotzdem lieben sie dich, das weiss ich."

Ryan's Stimme zitterte etwas und er fragte sich, wie viel Wahrheit hinter Seth's Worten steckte. Er hatte sich schliesslich schon tausendmal gefragt, warum die Cohen's ihn adoptiert hatten, sich um ihn gekümmert hatten, niemand zuvor hatte diese jemals für ihn getan und sowieso nicht für einen mit Problemen belasteten Jungen wie er es war

Aber er hatte sich nie wirklich gefragt wie sich Seth über sein Eindringen in die Familie gefühlt hat, obwohl er immer gedacht hatte, dass es keine Probleme zwischen ihnen gab. Der Cohen Junge hatte sich sogar oft Bruder von Ryan genannt und er konnte nicht verstehen, woher diese Idee von Seth plötzlich kam.

"Tut mir leid Ryan, ich wollte dich nicht aufregen…." entschuldigte sich Seth als er den schuldbewussten Ausdruck auf dem Gesicht seines besten Freundes sah.

"Nein, du hast recht, ich weiss gar nicht, was ich hier mache. Dies sind Familienferien und ich bin offensichtlich nicht Familie. Euch geht es besser ohne mich, vielleicht hätte Kirsten nie -"

"Stopp, sag es nicht…. sag es einfach nicht" rief Seth und rannte aus dem Schlafzimmer zum Ausgang.

Ryan schluckte leicht, erhob sich und ging langsam zu seinem Rucksack, griff nach der neuen Jacke, die Kirsten ihm für diese Ferien gekauft hatte. Er ignorierte den Schal und die Handschuhe, auf welche Kirsten bestanden hatte, bevor er sich auf den Weg zur Rezeption machte. Er hatte gewusst, dass Kirsten ihn für das, was passiert war, verantwortlich machte, sie hatte aufgehört direkt zu ihm zu sprechen, wich seinen Blicken aus und überliess die Erziehung Sandy. Ryan hatte gehofft, dass wenigstens Seth und Sandy das ganze anders sahen, da sie ihm wiederholt gesagt hatten, dass es nicht sein Fehler war. Dass er falsch lag schmerzte ihn mehr als er erwartet hatte.

"Entschuldigen sie, könnten sie mir einen Gefallen tun und dem Skilehrer sagen, dass die geplante Lektion um 10 ausfällt?"

"Ok Mr. Atwood, kein Problem"

"Danke - ich lasse den Schlüssel für das Zimmer bei ihnen, mein Br - ich meine, mein Zimmerkollege wird ihn brauchen wenn er zurückkommt"

Er drehte sich um und stiess beinahe mit der sexy Kellnerin von heute Morgen zusammen. Sie grinste ihn an und sagte:

"Hey, bereit für deine Skilektion?"

Ryan blinzelte verwirrt bevor er realisierte, dass sie einen Skianzug trug und offenbar bereit war, sich auf die Skipisten zu stürzen.

"Du bist mein Skilehrer… - in?"

"Genau, ich bin Maya"

"Tut mir leid Maya, aber…. ich kann nicht…."

Maya runzelte besorgt die Stirn, als sie seine dunkle Stimme hörte, welche seinen momentanen aufgewühlten Gemütszustand nicht verhüllte und sie fragte sanft:

"Ok, kein Problem, möchtest du gerne einen Kaffee trinken gehen?"

"Uhm, danke, ein anderes Mal vielleicht, ich brauche etwas Zeit um nachzudenken…"

Maya zog die Augen leicht zusammen als sie realisierte, dass er genau so stur sein konnte wie sie.

"Ok, dann sehe ich dich also Morgen beim Frühstück, wohin gehst du?"

"Einfach…den Hügel hoch, die Aussicht geniessen"

"Nimm dein Ticket mit, falls du einen der Skilifte benützen möchtest"

Nickend nahm er das kleine Stück Karton, steckte es sich in die Jackentasche bevor er sich an ihr vorbeidrückte, schnell die Hotel Lobby verliess und ins Freie trat. Ein Frösteln rann durch seinen Körper als die Kälte ihn traf. Er murmelte ein atemloses "fuck", vergrub seine Hände in seinen Taschen und begann in Richtung der nächsten Skiliftstation zu laufen.