Disclaimer:
Da ich nicht Joanne K. Rowling bin, gehört mir Harry Potter und alles was damit zu tun hat leider nicht! Ich will mit meiner Schreiberei keine Rechte verletzen, sondern schreibe nur zu meinem eigenen Vergnügen.

1. Im Schatten des Dunklen Lords

Dunkelheit lag über dem großen, heruntergekommenen, aber immer noch beeindruckendem Herrenhaus. Falls hinter einem der vielen Fenster ein Licht brannte, war dies von außen schwer zu erkennen, da die meisten Fenster mit Brettern zugenagelt waren. Die vormals gepflegten, großzügigen Gartenanlagen waren längst verwildert und von Gestrüpp überwuchert und ließen das Anwesen noch düsterer wirken. Ein kühler Windhauch strich durch die Blätter der Büsche und Bäume und ließ das lange Gras erzittern. Davon abgesehen war es totenstill, als würde nichts an diesem Ort leben.

Die Stille wurde jäh von einem Plopp unterbrochen und plötzlich stand eine dunkle Gestalt auf dem wild wachsenden Rasen. Kurz darauf ertönten zwei weitere Plopps und nach wenigen Minuten noch zwei weitere. Fünf Personen befanden sich nun in dem Garten und hoben sich kaum von der Finsternis ihrer Umgebung ab.

Eine gewisse Unruhe umgab die Fünf. Obwohl ihre Mission erfolgreich gewesen war, waren sie nervös. Nicht alles war so gelaufen, wie geplant und einem Herrn wie Lord Voldemort, trat man nie ohne Furcht gegenüber!

Einer von ihnen ergriff das Wort. „Es ist unwahrscheinlich, dass Greyback und Cameo noch auftauchen. Wir sollten gehen.", sagte er mit leiser, aber eindringlicher Stimmer.

Einer der andern, kleiner und stämmiger, wandte sich ihm zu. „Wir?", zischte er in die Dunkelheit, „Oh nein, Severus! Du meinst dich und den Jungen! Wir haben mit dieser ganzen Geschichte nicht viel zu tun! Wir sind nur die Gehilfen gewesen! Es ist eure Aufgabe dem Dunklen Lord zu berichten, was geschehen ist und vor allem, was schlief gelaufen ist!"

„Das halte ich für ein wenig übertrieben, Amycus.", erwiderte der erste, den der andere Severus genannt hatte. „Der Plan hat funktioniert und der Auftrag wurde erfolgreich ausgeführt! Selbst der Dunkle Lord wird dies erkennen…"

„Seit wann weißt du, was der Dunkle Lord denkt?", unterbrach ihn der andere namens Amycus. „Wir hatten unheimliches Glück, dass alles so verlaufen ist! Der Junge hätte beinahe alles vermasselt! Sehr kühn von dir, es an seiner Stelle zu tun, Snape! Ich bin nicht sicher, ob es dem Dunklen Lord gefallen wird."

„Das lass mal meine Sorge sein!", sagte Severus kühl.

„Ganz recht, es ist euer Problem! Aber wir hätten alle leicht dabei drauf gehen können!", antwortete Amycus heftig. „Warum hast du es nicht einfach getan, Draco? Er war dir völlig hilflos ausgeliefert!"

Der Angesprochene schien ihn nicht zu hören. Stumm und unbeweglich stand er da. Sein heller Haarschopf und seine blasse Haut, waren beinahe das Einzige, was in der Dunkelheit von ihm sichtbar war.

Amycus wurde ungeduldig. „Draco?"

„Lass den Jungen in Ruhe!", fuhr Severus ihn scharf an. „Es ist unwichtig, was hätte sein können! Niemand von uns wurde ernsthaft verletzt, also schlage ich vor, wir vergessen das Ganze!"

„Ob der Dunkle Lord das auch so sieht?", meinte Amycus zweifelnd. „Was ist mit Cameo, Gibbon, Lesley und Greyback? Keiner von ihnen hat es geschafft!"

„Manchmal müssen eben Opfer gebracht werden, um ans Ziel zu kommen.", erwiderte Severus ohne Mitleid. „Und Fenrir Greyback ist selbst Schuld! Niemand hat ihn dazu aufgefordert mitzukommen. Er hätte viel kaputt machen können. Warum habt ihr ihn überhaupt mitgenommen?" Seine Stimme war schärfer geworden.

Anscheinend wusste Amycus nicht so recht, was er sagen sollte. „Wir… es… du kennst doch Fenrir Greyback…"

Severus lächelte, was in der Finsternis natürlich niemand sah. Es war kein freundliches Lächeln. „Oh ja, ich kenne ihn. Und anders als ihr fürchte ich mich nicht vor einem Werwolf…"

„Nur dass er nicht irgendein Werwolf ist!", verteidigte sich Amycus.

Davon zeigte Severus sich unbeeindruckt. „Nicht einmal Greyback kann sich den Befehlen des Dunklen Lords widersetzen!", stellte er gleichmütig fest. „Es gibt niemanden, der das kann!"

„Hört auf zu streiten!", mischte sich eine andere Person ein. Der Stimme nach, handelte es sich um eine Frau. „Das führt doch zu nichts! Amycus hat Recht, Snape. Wir haben unsere Aufgabe erfüllt und es gibt für uns keinen Grund länger hier zu bleiben. Draco hatte die Verantwortung für diese Mission, also soll er sie auch gefälligst jetzt übernehmen! Was du tust, ist uns gleichgültig." Sie wandte sich ab. „Komm, Amycus! Das hier geht uns nichts mehr an."

Amycus zögerte nur einen Moment, dann folgte er ihr. Gras raschelte; es ertönten wieder zwei Plopps, dann waren nur noch drei Personen in dem dunklen Garten.

„Und was ist mit dir, Luke?", wandte Severus sich an die letzte Person, die sich aus dem Gespräch heraus gehalten hatte. Selbst in der Dunkelheit war zu erkennen, dass Luke die anderen beiden deutlich überragte.

Jetzt trat er unruhig von einem Bein aufs andere. „Tja, weißt du Severus... Ehrlich gesagt, stimme ich den beiden in dieser Sache zu. Im Grunde hatte ich nichts damit zu tun, sondern bin bloß als... Unterstützung mitgekommen. Es ist die Aufgabe des Jungen, dem Dunklen Lord Bericht zu erstatten, nicht meine."

„Ich verstehe.", sagte Severus leise. „Natürlich wird es den Dunklen Lord interessieren, wie Gibbon ums Leben gekommen ist..." Der große Mann wurde noch unruhiger. „... Ich nehme nicht an, dass du bleiben willst?", fragte Severus.

„Ähh... nein.", antwortete Luke. „Nein, ich denke, ich habe meinen Job erfüllt." Mit einem weiteren Plopp war er verschwunden und Severus und Draco waren allein.

„Nutzloses, feiges Gesindel!", murmelte Severus Snape verächtlich. „Ein Jammer, dass so was sich Todesser nennen darf! Du hättest dir wirklich bessere Gehilfen suchen können, Draco!" Er wandte sich in eine scheinbar unbestimmte Richtung. „Komm! Für uns wird es Zeit."

Draco sah ihn mit kreideweißem Gesicht an, doch er rührte sich nicht von der Stelle.

Severus blieb stehen. „Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte er leicht beunruhigt.

Der Junge blieb immer noch stumm.

Draco?" Ernsthaft besorgt, kehrte Severus zu ihm zurück. Der Junge sah aus, als würde er jeden Moment zusammenklappen.

„Was glauben Sie, was er tun wird?", kam überraschend die leise Frage. „Wenn er erfährt, dass ich versagt habe?"

Einen Moment lang blieb Severus still und betrachtete ihn. „Das kann niemand im Voraus sagen.", antwortete er dann langsam. „Der Dunkle Lord hat seine eigenen Vorstellungen von dem, was gut ist und was falsch. Er tut, was ihm gefällt und was er für das Richtige hält. Manchmal hängt es auch von seiner derzeitigen Stimmung ab." Sein Blick wanderte gedankenverloren zu dem großen Haus. „Wer seinen Willen erfüllt, wird reicher belohnt, als er sich je erträumen könnte, aber wer versagt, muss mit seinem ungnädigen Zorn und mit Bestrafung rechnen. Er ist selten gnädig, mit denen, die scheitern!"

Seine Antwort munterte den Jungen nicht gerade auf. Mit aufgerissenen Augen starrte ihn Draco durch die Dunkelheit an.

„Das heißt aber nicht...", fuhr Severus fort, „...dass er keine zweite Chance vergibt, wenn er erkennt, dass derjenige sie verdient. Der Dunkle Lord ist nicht dumm... Er vergeudet keinen guten Mann." Er schwieg und beobachtete den Jungen.

Draco blickte stumm zu Boden, bemüht darum, ruhig zu bleiben. Man brauchte keine Legilimentik um zu sehen, dass er Angst hatte.

„Komm jetzt!", sagte Severus auffordernd und beinahe sanft. „Wir sollten ihn nicht länger warten lassen, das macht es nicht besser."

Der Junge hob den Kopf. „Sie begleiten mich?", fragte er und es klang beinahe hoffnungsvoll.

Severus lächelte bitter in der Dunkelheit. „Auch ich muss mich meiner Verantwortung stellen. Der Befehl lautete ausdrücklich, dass du derjenige sein solltest, der ihn tötet. Trotzdem habe ich es getan und dabei meine Rolle als Spion auffliegen lassen. Das wird unserem Meister nicht sonderlich gefallen. Obwohl ich glaube, er hat von mir erwartet, dass ich es letztendlich tue."

Die beiden setzten sich in Bewegung.

Draco schien nachdenklich. „Als Sie mir Ihre Hilfe angeboten haben... haben Sie das gegen seinen Willen getan?"

„Nicht wirklich", antwortete Severus, „Er hat uns niemals verboten, dir zu helfen. Aber er wollte, dass du es alleine versuchst. Wärst du erfolgreich gewesen, hätte ich noch ein wenig länger auf Hogwarts bleiben können." Er schwieg und sah Draco im Gehen von der Seite an. Er sah ein wenig besser aus, als noch gerade eben, war jedoch immer noch unnatürlich blass. „Tut es dir Leid, dass du sie nicht angenommen hast?", fragte Severus.

„Nein.", sagte Draco. „Nicht wirklich. Ich... ich hätte es auch allein geschafft. Eigentlich... eigentlich habe ich es allein geschafft. Nur zum Schluss..." Er brach ab.

Sie gingen schweigend nebeneinander her, darauf bedacht, dem ärgsten Unkraut auszuweichen.

„Warum hast du ihn da oben nicht getötet?", fragte Severus unvermittelt. Einen Moment später griff er zu und verhinderte gerade noch, wie Draco zu Boden stürzte, nachdem er über eine Wurzel gestolpert war. Geduldig wartete er, bis der Junge sich wieder gefangen hatte. „Lass uns erst mal Licht machen.", murmelte er. „Lumos!"

Im fahlen Licht des Zauberstabes, was Dracos Blässe noch besser zu erkennen. Sie wirkte fast schon gespenstisch. Severus schwarze Augen blickten prüfend in Dracos graue. „Noch mal die Frage.", sagte er ruhig und bestimmt, „Wieso hast du ihn nicht getötet, obwohl die Gelegenheit nicht hätte besser sein können?"

Draco wich seinem Blick aus. „Ich... weiß nicht so recht.", sagte er. „Als ich da oben stand, ihm gegenüber... ich wusste, ich müsste es tun... Der Dunkle Lord... er würde mich sonst umbringen... mich und meine Familie, aber..." Er schluckte. „Ich konnte mich nicht dazu überwinden es zu tun. Wir haben geredet..."

„Ahh...", murmelte Severus, „Immer ein Fehler bei ihm!"

„...Er wollte wissen, wie ich es geschafft hatte... und ich dachte... ich dachte, er sollte es wissen... er sollte wissen, wie ich das geschafft hatte... direkt unter seiner Nase. Und dann..." Draco holte tief Luft. „...Er sagte, er könne mich beschützen! Er sagte, er könne sogar meine Familie beschützen! Ich sei kein Mörder und solle auf die richtige Seite kommen!"

Severus lächelte bitter. „Natürlich hat er das gesagt. Der alte Narr..."

„Ich... ich glaube seine Worte hatten tatsächlich Wirkung auf mich. Ich habe wirklich geglaubt, was er gesagt hat... Nein, ich denke, ich wollte es glauben. Dann hätte ich ihn nicht umbringen müssen. Es ist so schwer jemanden umzubringen..." Draco sah Severus verzweifelt an. „Wie schaffen Sie das? Sie haben es einfach so getan... ohne zu Zögern! Denken Sie nie darüber nach, war für ein Leben es ist, das Sie da auslöschen?"

Severus blickte ausdruckslos in die Finsternis. „Das erste Mal ist immer das schwerste.", antwortete er langsam. „Es wird besser... mit der Zeit und mit der Gewohnheit. Du darfst nicht darüber nachdenken, das ist das Wichtigste. Tue es einfach! Triff deine Entscheidung und handle danach! Denk nicht darüber nach..."

„Aber Sie kannten den Mann... Sie haben 17 Jahre lang für ihn gearbeitet... als Lehrer, meine ich.", rief Draco.

„Genug!", schnappte Severus. „Ich habe für ihn gearbeitet, aber er bedeutete mir nichts! Er hat sich nie für das interessiert, was ich wollte! Seine eigenen Ziele waren immer wichtiger..." Er unterbrach sich und fuhr etwas ruhiger fort: „Sein Tod war wichtig für uns, Draco. Er dient dem Vorankommen des Dunklen Lords und allem wofür er steht. Solange er da war, konnten wir nie frei operieren... Immer mussten wir damit rechnen, dass er uns in die Quere kam!"

Sie gingen weiter.

„Ich verstehe ja, warum er sterben musste", murmelte Draco, „aber trotzdem... ich konnte ihn nicht töten..."

Severus sah den Jungen nachdenklich an. „Vielleicht hat der Dunkle Lord beim ersten Mal zu viel von dir verlangt. Es ist einfacher jemanden zu töten, den man nicht kennt."

„Wird Er mich töten?", flüsterte Draco.

„Ich weiß es nicht.", sagte Severus kopfschüttelnd. „Wie schon gesagt, man kann nie voraussagen, was der Dunkle Lord tun wird. Es liegt allein in seiner Hand."

Draco blickte beklommen zur Eingangstür, der sie sich näherten. Wie ein dunkler, alles verschlingender Schlund lag sie vor ihnen.

„Ruhig jetzt.", murmelte Severus, als sie die Tür erreichten. „Sprich nur, wenn du dazu aufgefordert wirst und überlasse alles andere mir! Dies ist nicht das erste Mal, dass du ihm begegnest. Du weißt sicher, wie du dich zu verhalten hast."

Der Junge nickte. Ein dünner Schweißfilm lag über seiner kalkweißen Haut.

Severus hob die Hand und pochte dreimal fest an die Tür. Es dauerte ein paar Minuten, bis jemand sich auf der anderen Seite daran zu schaffen machte. Dann öffnete sie sich einen Spalt und ein kleiner Mann spähte hindurch. Er hatte kleine, wässrige Augen und eine spitze Nase.

„Ahh... Wurmschwanz.", sagte Severus und grinste hämisch. „Wie nett von dir, uns aufzumachen! Wir möchten zu unserem Herrn."

Wurmschwanz Augen schwenkten rasch hin und her, so als suche er die Umgebung nach weiteren Personen ab. „Ihr müsst angemeldet sein, um zu ihm durchgelassen zu werden.", sagte er. Seine Stimme hatte Ähnlichkeiten mit einem Quieken.

„Ich bin sicher, dass er uns bereits erwartet.", meinte Severus. „Aber wenn du lieber seinen Zorn riskieren willst..."

Die Tür schwang ganz auf. „Kommt rein!", murmelte Wurmschwanz.

Severus und Draco traten in den dunklen Hausflur, der nur von ein paar vereinzelten Fackeln beleuchtet wurde. Ein modriger, muffiger Geruch lag in der Luft, wie in einer alten Gruft.

Wurmschwanz sah sie prüfend an. „Solltet ihr nicht mehr Leute sein? Ist der Auftrag gescheitert?"

„Das...", antwortete Severus mit kalter Stimme, „...geht nur den Dunklen Lord etwas an!"

„Ich handle auf seinen Befehl.", sagte Wurmschwanz nervös. „Was soll ich denn tun, wenn er mich danach fragt..."

„Ihm die Wahrheit sagen, was sonst?", knurrte Severus. „Dass du es nicht weißt! Wer würde dir etwas so wichtiges mitteilen? Du bist nicht mehr als ein unbedeutender Diener!"

„Kein Grund gleich ausfallend zu werden!", quiekte Wurmschwanz beleidigt. „Der Dunkle Lord vertraut mir, sonst wäre ich nicht hier!"

„Du bist nur hier, weil du keinen anderen Ort hast, zu dem du gehen könntest.", sagte Severus verächtlich. „Es ist mir ein Rätsel, warum der Dunkle Lord dich duldet. Bring uns jetzt zu Ihm, Wurmschwanz!" Die letzten Worte sprach er in befehlendem Ton.

Wurmschwanz warf ihm einen wütenden Blick zu, aber er beherrschte sich und führte sie durch den Flur zu einem Raum, der früher offenbar als Esszimmer gedient hatte. Tisch und Stühle waren mit dicken Tüchern bedeckt. Offenbar wurde der Raum schon länger nicht mehr genutzt, weshalb der Boden mit einer dicken Staubschicht bedeckt war. An einigen Stellen war diese Staubschicht jedoch durch irgendetwas aufgewirbelt worden. Es sah fast so aus, als sei etwas über diesen Boden gekrochen...

„Wartet hier!", wies Wurmschwanz sie an. „Ich werde Ihm eure Ankunft melden." Er verschwand.

Schweigend standen Severus und Draco in dem finsteren Raum. Ein Kerzenleuchter, den Wurmschwanz auf dem Tisch zurückgelassen hatte, diente als Erleuchtung und warf seltsame, tanzende Schatten an die Wand. Draco schwitzte noch immer. Sein Atem ging rasch. Severus warf ihm mehrmals beunruhigte Blicke zu, sagte jedoch nichts.

Endlich, nach einer Ewigkeit wie es schien, kehrte Wurmschwanz zurück. „Er wünscht, euch jetzt zu sehen.", quiekte er. „Folgt mir!"

Er führte sie wieder durch den dunklen Flur, zu einer Steintreppe. Die Stufen schienen öfters genutzt zu werden, denn es war kein Staub darauf zu sehen. Sie stiegen die Treppe hinauf und gelangten in düsteren Gang, der nicht von Fackeln erleuchtet wurde. Da die Fenster hier jedoch nicht vernagelt waren, gab es ein wenig Licht von draußen, was es jedoch keineswegs besser machte. Das Ganze wirkte irgendwie gespenstisch.

Wurmschwanz deutete auf eine angelehnte Tür am Ende des Ganges. „Dort hinein. Er erwartet euch bereits!"

Severus warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Bist du bereit, Draco?", wandte er sich mit leiser Stimme an den Jungen.

Draco schluckte, aber er nickte.

Gemeinsam durchquerten sie den Gang und betraten den Raum, der hinter der Tür lag. Es war ein düsterer Raum, obwohl er zu den wenigen gehörte, deren Fenster nicht von außen vernagelt waren. Doch die Vorhänge waren zugezogen und als einzige Lichtquelle diente ein Kerzenleuchter, dessen Kerzen allerdings zum Großteil bereits erloschen waren. Der Raum schien fast nur aus Schatten zu bestehen. Einer der Schatten bewegte sich und dabei wurde erkennbar, dass es sich um eine große, schwarze Schlange handelte, die sich in einer Ecke zusammengerollt hatte.

Lord Voldemort stand mit dem Rücken zu ihnen vor einem großen, gesprungenen Spiegel an der Wand. „Ahh... Severus, Draco!", zischte er mit hoher, kalter Stimme und drehte sich zu ihnen herum. Seine weiße Haut hob sich deutlich vom Rest des Raumes ab und seine roten Augen schienen in der Dunkelheit zu glühen, als sein Blick die beiden Untergebenen durchbohrte.

„Herr", sagte Severus respektvoll und verneigte sich.

Draco beeilte sich, es ihm nachzutun, sagte jedoch nichts. Seine Stimme hätte sonst endgültig versagt.

„Ihr seid allein.", stellte Voldemort fest. „Ist außer euch niemand zurückgekehrt?"

„Doch, Herr", antwortete Severus, „Aber sie haben uns die ehrenvolle Aufgabe überlassen, Euch Bericht zu erstatten."

Voldemort lächelte grausam. „Das heißt, sie waren zu feige um aufzutauchen! Nun... in dem Fall werden sie... anderweitig entlohnt werden. Was euren Bericht betrifft, seid ihr zu spät." Mit Zufriedenheit registrierte er ihr Erstaunen und Erschrecken. „Fenrir hat mir bereits mitgeteilt, was geschehen ist.", sagte er.

„Fenrir Greyback?", sagte Severus überrascht. „Dann ist er also doch noch weggekommen."

„In der Tat, das ist er.", sagte Voldemort mit kalter, grausamer Stimme. „Und er hat mir ein sehr genaues Bild von dem gegeben, was heute Nacht geschehen ist." Seine unbarmherzigen roten Augen richteten sich auf Draco. „Sag mir, Draco... Warum hast du meinen Befehl nicht aufgeführt?"

Draco fiel zitternd auf die Knie. „Herr... verzeiht mir Herr!", rief er mit sich vor Angst überschlagender Stimme. „Ich wollte..."

Schweig!", zischte Voldemort und hob seinen Zauberstab. „Auf dein Versagen gibt es nur eine Antwort! Crucio!"

Sein Mund verzerrte sich zu einem hässlichen Lächeln, als Draco sich vor Qual schreiend auf dem Boden wand. Langsam hob er den Zauberstab und die Wirkung des Cruciatus ließ nach. Wimmernd und von den Nachwirkungen geschüttelt, lag Draco vor ihm.

„Hast du wirklich geglaubt, dass ich dir so einfach vergebe, junger Malfoy?", fragte der Dunkle Lord. „Ich erwarte von meinen Dienern absolute Treue und Loyalität! Wenn ich einen klaren Befehl gebe, so wird er ausgeführt! Alles andere ist nicht akzeptabel! Crucio!"

Erneut wand sich Draco unter dem schrecklichen Schmerz des Cruciatus-Fluch und schrie lauter, als je zuvor in seinem Leben. Dann war es vorbei. Übermächtig ragte Voldemort vor ihm auf.

„Es war deine Aufgabe Albus Dumbledore zu töten, aber du hast es nicht getan, obwohl du die Gelegenheit dazu hattest!", fuhr er unbarmherzig fort. „Glaubst du ich habe Verwendung für einen Schwächling wie dich? Selbst Wurmschwanz hätte geschafft, woran du heute Nacht gescheitert bist! Crucio!"

Wieder schrie Draco, als ein Schmerz wie von glühenden Messern jeden Zentimeter seiner Haut durchfuhr. Severus stand mit unbewegter Miene neben ihm und beobachtete schweigend das Schauspiel.

Endlich hob Voldemort den Fluch wieder auf. „Beinahe hättest du alles zunichte gemacht!", zischte er zu dem am Boden liegenden Jungen. „Doch muss ich anerkennen, dass dein Plan gut war. Wie Fenrir mir berichtet hat, funktionierte er auch ganz ausgezeichnet, bis du den entscheidenden Schlag führen solltest... Ja Draco, du hast mich sehr enttäuscht. Aber ich gestehe dir einen gewissen Erfolg zu." Er hob die Stimme ein wenig. „Ich gebe dir noch eine Chance! Vergeudest du auch sie, kann dich nichts mehr vor meinem Zorn bewahren. Enttäusche mich nicht noch einmal, Draco!"

Zitternd und schwankend kam Draco langsam wieder auf die Beine. „Nein Herr", brachte er heraus. „Ich... werde... Euch nicht... nicht noch einmal enttäuschen."

Voldemort lächelte kalt. „Gut. Du darfst gehen!"

Draco beeilte sich, dieser Aufforderung nachzukommen.

„Severus...", wandte der Dunkle Lord sich an seinen zweiten Diener, „...Du wusstest sehr genau, dass ich diese Aufgabe dem Jungen übertragen habe."

„Ja, Herr.", antwortete Severus leise.

„Und dennoch hast du sie für ihn erfüllt und dabei deinen Posten als mein Spion in Hogwarts aufgegeben..."

Severus hob den Kopf zu seinem Herrn und Meister. „Herr... Der Junge war nicht in der Lage es zu tun. Dumbledore war schwach und erschöpft, aber der Orden war dabei, jeden Augenblick durch unsere Barierren zu brechen. Alles wäre verloren gewesen, wenn nicht jemand anderes die Aufgabe übernommen hätte. Ich habe keinen anderen Ausweg gesehen, als es selbst zu tun. Verzeiht mein eigenmächtiges Handeln!" Er senkte demütig den Blick.

Voldemort sah ihn eine Weile schweigend an. „Ich verstehe deine Gründe, Severus.", sagte er dann. „Allerdings hoffe ich, dass dies ein einmaliger Fall bleibt..."

„Das wird es Herr, das wird es. Ich danke Euch..."

Der Dunkle Lord lächelte. „Und nur lass mich dir zu dieser großartigen Leistung gratulieren! Du hast den Mann getötet, den viele dieser einfältigen Narren da draußen für unbesiegbar hielten. Auch wenn diese Aufgabe nicht für dich vorgesehen war, hast du mir damit einen großen Dienst erwiesen!"

„Es freut mich, Euch zu Diensten gewesen zu sein.", murmelte Severus.

Voldemort lachte, ein hohes und kaltes Lachen. „Schon immer war er mir ein Dorn im Auge, mit seiner Vorliebe für Schlammblüter und Muggel... Ein mächtiger Zauberer war er, oh ja, das muss man ihm lassen. Aber er hat nie die Grenzen seiner Zauberkräfte ausgetestet und als der Narr der er war, lehnte die dunklen Künste immer ab."

Er ließ sich in einem schwarzen Sessel nieder. Die schwarze Schlange kam und schlängelte sich auf seinen Schoß. Sanft liebkoste er ihren Kopf und zischte etwas auf Parsel.

Dann fuhr er fort: „Seine größte Schwäche war es schon immer, anderen Menschen zu sehr zu vertrauen. Sein Glaube, dass es etwas Mächtigeres als die normale Magie, ja etwas mächtigeres als den Tod gibt, hat ihn verwundbar gemacht. Es gibt nichts Mächtigeres als den Tod, wie er nun am eigenen Leibe erfahren musste!" Voldemort lachte triumphierend. „Nun kann niemand mehr bestreiten, dass ich der mächtigste Zauberer dieser Zeit bin. Niemand kann mich jetzt noch aufhalten! Dumbledore ist tot. Er wird mir nie wieder in die Quere kommen!"

„Er glaubte bis zum Schluss, ich würde auf seiner Seite stehen.", sagte Severus.

„Tatsächlich?", lachte Voldemort. „Ich wäre zu gern dabei gewesen... Du musst deine Rolle bis zum Schluss sehr gut gespielt haben, Severus. Es ist nicht leicht Dumbledore zu täuschen..."

„Danke, Herr."

„...Nur bedauerlich, dass du nun nicht mehr in Hogwarts für mich spionieren kannst.", sagte der Dunkle Lord.

Severus schwieg einen Moment. „Es ist nicht sicher, dass sie die Schule wieder öffnen werden.", sagte er dann. „Ein Tod wie der von Dumbledore... nun, das beunruhigt die Leute, besonders wenn es um ihre Kinder geht..."

„Ahh..." Voldemort lächelte selbstgefällig. „Das würde es für uns einfacher machen, Hogwarts einzunehmen. Aber das hat noch Zeit... Jetzt wo Dumbledore tot ist, steht uns alles offen und ist uns alles möglich. Er ist nicht mehr da um die Zauberwelt zu beschützen... und Potter!"

„Er war heute Nacht da", bemerkte Severus. „Potter, meine ich. Er hat wohl gesehen was geschehen ist und versucht uns an der Flucht zu hindern..."

„Oh Potter, Potter!", sagte Voldemort amüsiert. „Ständig muss er mir in die Quere kommen. Ich nehme an, ihr hattet keine Probleme mit ihm fertig zu werden?"

Severus verzog verächtlich das Gesicht. „Er ist ein untalentierter Junge, dem es an Selbstbeherrschung und Disziplin mangelt und ein Taugenichts wie sein feiger, unwürdiger Vater!", knurrte er. „Dass er bis jetzt überlebt hat, ist ein unglaublicher Zufall, den er einer Kombination aus schierem Glück und klügeren Freunden verdankt!"

„Na na, Severus", sagte Voldemort nachsichtig, „Ich glaube jetzt unterschätzt du den Jungen doch ein wenig. So oft wie er entkommt man mir nicht allein durch Zufall, auch wenn sicher eine große Portion Glück im Spiel war. Aber ich schätze für dich war er keine Herausforderung."

„Nein Herr." Severus lächelte selbstzufrieden. „Er hat es nicht einmal geschafft auch nur einen einzigen Zauber auszusprechen."

Voldemort lachte hoch und kalt. „Das sieht dir ähnlich, Severus. Aber es war sicher eine lehrreiche Erfahrung für den Jungen... Er kann jedes bisschen Erfahrung brauchen, wenn er erst mir gegenüber steht. Ihr habt euch doch an meinen Befehl gehalten?"

„Ja Herr.", antwortete Severus. „Der Junge ist unversehrt und bleibt ganz allein Euch überlassen. Obwohl ich zugegebenermaßen fast die Beherrschung verloren habe."

„Das ist leicht verständlich.", sagte der Dunkle Lord. „Er hat mich zu oft verärgert, als dass ich ihn verschonen würde... Wenn es so weit ist, wird alle Welt sehen, dass an ihm nichts Besonderes ist. Der Auserwählte nennen sie ihn dieser Tage." Er lachte grausam. „Was werden sie sich wohl als nächstes einfallen lassen, um sich selbst Hoffnung zu machen..."

„Was ist, wenn er diesem Gerede Glauben schenkt?", fragte Severus.

Voldemorts rote Augen suchten Severus und sahen ihn überrascht an. „Potter? Nun, was soll schon groß sein? Die Prophezeiung wurde vernichtet und die einzige Person, die sie kannte, ist nun tot. Was mich durchaus nicht stört..." Er lehnte sich zufrieden in seinem Sessel zurück.

„Ja, aber... Dumbledore könnte ihm den Inhalt der Prophezeiung mitgeteilt haben.", sagte Severus langsam. „Und wir wissen alle, wie gerne Potter den Helden spielt und sich selbst überschätzt..." Er machte einen Schritt rückwärts und senkte unterwürfig den Kopf, als sein Herr plötzlich aufstand und vor ihn trat. Die Schlange glitt von dem Sessel und verzog sich wieder in ihre Ecke.

„Es macht überhaupt keinen Unterschied, ob er die Prophezeiung kennt oder nicht", zischte Voldemort bedrohlich, „Denn er hat überhaupt keine Chance gegen mich! Niemand hat das! Hast du in all deinen Jahren, die du ihn unterrichtet hast, irgendwelche außergewöhnlichen Kräfte an ihm bemerkt?"

„Nein Herr.", murmelte Severus. „Der Junge ist so gewöhnlich, wie man nur sein kann."

„Ganz recht!" Der Dunkle Lord fuhr herum und schritt durch den Raum. „Er wird nicht eine Minute gegen mich bestehen, wenn er mir gegenübersteht. Und falls er törichterweise doch glaubt, etwas gegen mich ausrichten zu können..." Voldemort blieb stehen und lächelte böse, „...werde ich ihn bald eines Besseren belehren! Wenn er glaubt, mich herausfordern zu müssen, werde ich es begrüßen! Er wird von mir genau das bekommen, was er verdient!"

Auch Severus lächelte nun. „Wie... wenn Ihr mir erlaubt die Frage zu stellen, Herr..." Voldemort wies mit einer Handbewegung an, fortzufahren. „...Wie wollt Ihr Potter in die Hände bekommen?"

„Du machst dir zu viele Gedanken darüber, Severus.", sagte Voldemort. „Nun, da Dumbledore verschwunden ist, wird es nicht schwer werden an den Jungen heranzukommen. Es ist niemand mehr da, der ihn beschützt und der ihn warnt..."

Der Dunkle Lord trat zum Fenster und schob den Vorhang ein Stück zur Seite um hinauszublicken. Es war immer noch dunkel, aber am fernen Horizont begann sich ein heller Schimmer abzuzeichnen. Es dauerte nicht mehr lang bis zur Dämmerung. Zufrieden wandte Voldemort sich ab. Bald würde ein neuer Tag beginnen. Ein Tag ohne Albus Dumbledore.

„Warte nur, Potter!", sagte er leise. „Du kommst auch noch dran!"


Author's Notes:
Ich hoffe, euch hat es bis hierher gefallen. Dieses Kapitel ist ein Ausnahmekapitel, denn die Übrigen werden alle aus Harrys Sicht geschrieben sein. Aber als Einführungskapitel erschien es mir irgendwie passend.
Hätte jemand Interesse den Job als Betaleser zu übernehmen? Wenn ja, hinterlasst einfach eure e-mailadresse in eurem Review!
Scheut euch nicht mit Lob, Kritik und Verbesserungsvorschlägen! Reviews sind eigentlich immer erwünscht!
Soviel erst mal dazu,
Fluffy