A/N:
So viel Interesse scheint bisher ja noch nicht zu bestehen… Ihr braucht wirklich keine Angst davor zu haben mir einen kleinen Kommentar zu hinterlassen, nur um mich wissen zu lassen, wie es euch gefällt.

Mit diesem Kapitel beginnt die Geschichte erst so richtig. Das erste Kapitel überschneidet sich noch mit den Ereignissen des Halblutprinzen, während das Zweite ein paar Wochen danach spielt. Es gibt also einen Zeitsprung, aber ich wollte mit dem ersten Kapitel zeigen, wie die Lage im gegnerischen Lager aussieht. Der Rest der Fanfiktion wird aus Harrys Sicht geschrieben sein.

Viel Spaß beim Lesen,
Fluffy

Reviewantworten:

Arnold Friedlich: Danke noch mal, dass du den Job als Betaleser übernommen hast! Ich hab übrigens noch mal was an diesem Kapitel geändert, aber nur Kleinigkeiten.

LuvLee: Danke für dein Lob! Ich schreibe dir heute abend noch eine mail.


2. Ligusterweg Nr. 4 wird entfesselt

Sonnenlicht drang durch das Zimmerfenster und erreichte schließlich den schlafenden Harry Potter. Voll angezogen lag er auf dem äußersten Rand seines Bettes, die Brille schief auf der Nase. Durch das Licht geweckt, blinzelte er verschlafen und fuhr dann erschrocken hoch. Er musste irgendwann eingeschlafen sein. Wie spät war es?

Ursprünglich hatte er vorgehabt, die ganze Nacht wach zu bleiben, immerhin wurde man nicht alle Tage 17 Jahre alt und damit volljährig in der Zauberwelt. Ein Blick auf den alten Wecker auf seinem Schreibtisch verriet ihm, dass dies bereits seit etwas mehr als sieben Stunden der Fall war. Dieser Ort war nun nicht mehr sicher für ihn. Es wurde Zeit, endgültig von hier zu verschwinden!

Die letzten Wochen im Ligusterweg Nr.4 waren relativ erträglich gewesen. Die Dursleys hatten ihn fast durchgehend ignoriert, wofür er sehr dankbar war. Täglich hatte er sich mit Ron und Hermine bei Mrs Figg getroffen, seiner alten Nachbarin, die seine Freunde für diese Zeit bei sich aufgenommen hatte. Falls die Dursleys davon wussten, schien es ihnen egal zu sein und Harry bezweifelte auch, dass sie sich mit zwei volljährigen Zauberern angelegt hätten, selbst wenn diese noch jung waren.

Er stand auf und warf einen kurzen Blick in den Spiegel. Äußerlich hatte er sich nicht sehr verändert. Noch immer hatte er rabenschwarzes, zerzaustes Haar und smaragdgrüne Augen, doch war eine gewisse Ernsthaftigkeit in seine Züge getreten. Harry war nun endgültig kein Kind mehr.

Da er seine Sachen bereits gestern gepackt hatte, war alles was er tun musste, seinen Koffer, seinen Feuerblitz und Hedwigs Käfig zu schnappen und sich auf den Weg zu machen.

Er wandte nur einen kurzen Blick zurück in das kleine Zimmer, in dem er die letzten sechs Jahre während seiner Zeit im Ligusterweg gelebt hatte. Besonders traurig darüber, es zurückzulassen, war er nicht. Zwar verstand er inzwischen, warum er hier hatte leben müssen, aber er hatte diesen Ort trotzdem oft gehasst. Es würde eine Erleichterung sein, ihn für immer hinter sich zu lassen.

Etwas gab es allerdings noch zu tun: Obwohl er die Dursleys nicht so mochte und sie ihn auch sehr ungern wieder bei sich aufgenommen hatten… es gehörte sich zumindest, sich bei ihnen zu bedanken und sich zu verabschieden, wenngleich Harry eigentlich glaubte, dass es die Mühe nicht wert war.

Danach konnte er endlich mit Ron und Hermine zum Fuchsbau aufbrechen, wo in wenigen Tagen Bills und Fleurs Hochzeit stattfinden sollte. Und nach der Hochzeit… Nun, dann würden sie weiter sehen. Nach Hogwarts würde er jedenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr zurückkehren. Es galt Voldemorts Horcruxe zu finden und zu zerstören, Gegenstände in die Voldemort ein Stück seiner Seele verfrachtet hatte, um unsterblich zu werden. Das war die Aufgabe, die er mit Dumbledore begonnen hatte. Solange er dies nicht erledigt hatte, war es ihm unmöglich Voldemort zu besiegen.

Seine Hand schloss sich automatisch um das falsche Amulett in seiner Tasche. Der Versuch, an dieses Amulett zu kommen, hatte Dumbledore letztendlich das Leben gekostet. Zu sehr geschwächt von Voldemorts Zaubertrank, hatte er am Ende nicht mehr die Kraft gehabt, es mit den Todessern und vor allem mit Snape aufzunehmen.

Snape… Wenn sie sich das nächste Mal trafen, würde Snape für das was er getan hatte, bezahlen! Harrys Hass auf Snape hatte nun seinen Höhepunkt erreicht und er hatte nicht vor, den Mörder ungeschoren davon kommen zu lassen.

Er holte das Amulett aus der Tasche und betrachtete es. Was hätte er darum gegeben, zu wissen, wo das echte Amulett war… Oder wenigstens, wer dieser geheimnisvolle R.A.B. war, der seine Nachricht in dem falschen Amulett hinterlassen hatte. Dieses Rätsel musste er auf jeden Fall lösen, wenn er Voldemorts Vernichtung näher kommen wollte. Er würde Dumbledore nicht enttäuschen; das war er ihm schuldig!

Harry zwang sich, die Gedanken an seinen ehemaligen Mentor und Voldemort beiseite zu schieben und machte sich dann daran, sein Gepäck die Treppe hinunter zu hieven. Auf halbem Weg blieb er stehen und verfluchte seine Dummheit. Er war jetzt ein volljähriger Zauberer, also war es ihm erlaubt, Magie zu verwenden!

Ohne zu zögern, zog er seinen Zauberstab und richtete ihn auf den Koffer. „Locomotor Koffer!", murmelte er und der Koffer schwebte vor ihm die Treppe hinunter. Als er beinahe unten war, stieß er fast mit seinem fetten Cousin Dudley zusammen.

„Hey, du Narbengesicht!", fauchte Dudley. „Pass doch auf, wo du hin…" Seine Augen wurden groß und er starrte von Harry zu dem Zauberstab in seiner Hand zu dem schwebenden Koffer. Dann stieß er einen erstickten Schrei aus und stürzte in Richtung Küche davon.

Harry stellte seinen Koffer, seinen Besen und Hedwigs Käfig neben der Treppe ab und folgte ihm dann langsamer. Kaum hatte er die Küche betreten, brach ein Donnerwetter über ihn herein.

„BURSCHE!", brüllte Onkel Vernon. Sein gewaltiger Schnurrbart sträubte sich. „WIE KANNST DU ES WAGEN DUDLEY MIT… MIT DIESEM DING ZU BEDROHEN?" Die Dursleys starten auf den Zauberstab, den Harry immer noch in der Hand hielt.

Dudley presste sich im hinteren Teil der Küche ängstlich an seine Mutter.

Wie bitte?", fragte Harry ungläubig. „Wovon sprichst du? Ich habe Dudley nicht bedroht!"

„Ha, von wegen!", schnarrte Onkel Vernon. „Und wieso hast du dann – das da – in der Hand?"

Harry sah scheinbar überrascht auf seinen Zauberstab. „Oh." Er grinste. „Ich habe gezaubert."

„Erwähne dieses Wort nicht!", zischte sein Onkel und beugte sein rot angelaufenes Gesicht zu ihm vor. „Und hör auf, uns für dumm zu verkaufen! Wir wissen, dass du außerhalb deiner verrückten Schule nicht zaubern darfst…"

„Falsch!", sagte Harry gelassen. „Da ich jetzt volljährig bin, darf ich zaubern wie, wann und wo ich will!" Das stimmte zwar nicht ganz, aber das brauchten die Dursleys ja nicht zu wissen.

„Volljährig?", knurrte Onkel Vernon. „Du wirst doch gar nicht vor nächstem Jahr volljährig!" Er runzelte die Stirn. „Oh ja… natürlich. Dieser Dumberdum hat es letztes Jahr erwähnt…"

„Außerdem kann mich niemand mehr zwingen hier zu bleiben.", fuhr Harry fort. „Ich bin nur noch da, weil ich mich von euch verabschieden wollte und… Danke sagen möchte. Dafür, dass ihr mich aufgenommen habt, obwohl ihr Magie verachtet und soweiter…"

Die Dursleys starrten ihn alle drei sprachlos an. Was immer sie erwartet hatten, das war es nicht.

„Das ist… nett von dir…", ergriff Tante Petunia schließlich das Wort, „…und nach allem, was wir für dich getan haben ja wohl auch das Mindeste…"

Harry schnaubte. Als ob die Dursleys jemals etwas für sein Wohl getan hatten. Zwar hatten sie ihm immer genug zum Leben gegeben und ihn auch nicht gerade mißhandelt, aber er war in ihrer Familie nie willkommen gewesen und immer ein Außenseiter geblieben.

Seine Tante warf ihm einen mißbilligenden Blick zu. „Du kannst dich wirklich glücklich schätzen, dass wir dich so lange geduldet haben…", zischte sie, „...nach allem, was wir schon wegen dir erdulden mussten..."

Der junge Zauberer dachte, dass auch er einiges von den Dursleys hatte ertragen müssen, sagte aber nichts. Er betrachtete Tante Petunia, die einzige Schwester seiner Mutter, die ihr aber so gar nicht ähnlich war und erinnerte sich an etwas, das Dumbledore ihm einmal erklärt hatte: „Solange du den Ort, wo das Blut deiner Mutter fließt, immer noch dein Zuhause nennen kannst, kann Voldemort dich dort nicht berühren oder schädigen. Er hat ihr Blut vergossen, doch es lebt weiter in dir und ihrer Schwester."

Indem seine Tante ihn aufgenommen hatte, hatte sie ihm vermutlich auch das Leben gerettet, wofür allein er ihr dankbar war. Doch dieser Schutz erlosch heute mit seinem 17. Geburtstag ohnehin und schon deswegen musste er gehen. Nicht, dass er darüber sonderlich unglücklich war; er hatte diesen Tag jahrelang herbeigesehnt!

Sein Onkel hatte immer noch Schwierigkeiten, das Gehörte zu verarbeiten. „Soll das heißen, du gehst weg?", fragte er ungläubig, „Für immer?"

„Ja", sagte Harry. „In wenigen Minuten seid ihr mich für immer los. Ich hätte längst weg sei können, wenn ich gewollt hätte, ich dachte nur… ich dachte nur, ihr solltet es wissen." Er zuckte die Achseln.

Onkel Vernon sah aus, als sei Weihnachten gerade vorverlegt worden. „Aber das ist großartig!", rief er mit einem irren Grinsen. „Endlich wieder ein normales Leben in diesem Haus! Du kannst sofort verschwinden, Bürschchen!"

„Oh... Auch gut.", sagte Harry und drehte sich um, um die Küche zu verlassen. Hatte er ernsthaft erwartet von den Dursleys so etwas wie ein ‚Auf Wiedersehen' zu hören? Er hätte es wirklich besser wissen müssen!

„Einen Moment!", hielt Onkel Vernon ihn scharf zurück.

„Ja?" Harry drehte sich halb zu ihm um. Sollte das Unmögliche doch noch geschehen?

„Da wäre noch die Sache mit unserer Auszahlung!", sagte sein Onkel mit glitzernden Augen.

Der junge Zauberer blinzelte verwirrt. „Auszahlung?"

„Für all die Mühe, die wir mit dir hatten!", bellte Onkel Vernon. „Für all die Ausgaben für dich! Glaubst du denn, das hat sich alles von allein bezahlt? Sicher nicht! Wir wollen eine Entschädigung!"

„Ach wirklich?", sagte Harry verärgert. Natürlich ging es seinem Onkel wieder mal nur ums Geld! „Und wie kommst du auf die Idee, dass du sie bekommst?"

Onkel Vernon kniff die kleinen Augen zusammen. „Komm mir nicht so, Bursche! Das bist du uns schuldig!"

Harry spürte, dass er wütend wurde. Wie konnte sein Onkel es wagen, auch noch Forderungen zu stellen? Dumbledore war tot, die Welt lag in Scherben und alles woran Onkel Vernon dachte, waren Harrys nicht vorhandene Schulden! „Ich bin euch gar nichts schuldig!", sagte er gereizt. „Woher, denkst du denn überhaupt, soll ich das Geld nehmen? Man kann nicht alles mit Magie bekommen!"

Bei dem Wort Magie zuckte Onkel Vernon zusammen. Dann lächelte er. Seine kleinen Schweinsaugen glitzerten gierig. „Nun... Der alte, verrückte Trottel hat letztes Jahr eine Erbschaft erwähnt..."

Das hätte er besser nicht gesagt.

„Nenn ihn nicht Trottel!", schnappte Harry und fuhr herum. Er hatte keinen besseren Menschen gekannt, als seinen alten Mentor. Dass dieser kleine, dumme Mann den größten und gütigsten Zauberer seiner Zeit einfach so beleidigte, war beinahe unerträglich. „Albus Dumbledore war ein hundertmal weiserer und gütigerer Mensch, als du es je sein wirst, Vernon Dursley!", sagte Harry und starrte seinen Onkel zornig an.

War?", sagte Onkel Vernon und grinste gehässig. „Ist wohl auch tot, wie? Hat er sich selbst in die Luft gejagt, oder hattest du irgendwas mit..."

Doch weiter kam er nicht. Lange genug hatte Harry den bissigen Spot und die Kritik der Dursleys für jede seiner Handlungen ertragen müssen. Lange genug hatte er jede ihrer Regeln befolgen und sämtliche lästige Aufgaben für sie erfüllen müssen, hatte es mit ihnen zusammen aushalten müssen und hatte die brennende Ungerechtigkeit, mit der sie ihn behandelten, ertragen müssen. Jetzt hatte er endgültig die Nase voll von ihrer Arroganz und ihrer Ignoranz! Seine gesamte angestaute Wut auf sie entlud sich mit nun mit einemmal.

„WIE... KANNST DU ES WAGEN!", donnerte er seinen Onkel an, der erschrocken einen Schritt zurückwich. „WIE KANNST DU ES WAGEN DUMBLEDORES ANDENKEN SO IN DEN DRECK ZU ZIEHEN? DUMBLEDORE HAT IMMER NUR DAS WOHL ANDERER IM SINN GEHABT! ER IST GESTORBEN, WEIL ER DIE MENSCHEN BESCHÜTZEN WOLLTE, SOGAR SOLCHEN ABSCHAUM WIE DICH!"

Entsetzt wichen die Dursleys vor Harrys Ausbruch zurück. Seine Wut war beinahe körperlich spürbar.

Es dauerte jedoch nur einen Moment, bis Onkel Vernon sich wieder gefangen hatte. „Also, nun hör mal, Bursche... wie redest du überhaupt mit uns! Da siehst du Petunia, was wir für unsere Dankbarkeit ernten. Wir hätten den Sohn deiner missgebildeten Schwester einfach ins Heim geben sollen! Und wenn wir für unsere Fürsorge etwas verlangen, dann ist sich der Herr zu fein, uns etwas abzugeben..."

Dadurch wurde Harrys Wut nur noch mehr angefacht.

„DA DRAUSSEN LÄUFT EIN VERRÜCKTER MÖRDER HERUM, MENSCHEN STERBEN FÜR NICHTS UND WIEDER NICHTS UND ALLES WAS EUCH INTERESSIERT IST GELD! WIE KÖNNT IHR MIT DIESER EINSTELLUNG ÜBERHAUPT LEBEN UND ANDEREN AUCH NOCH IN DIE AUGEN SCHAUEN?"

Aus Harrys Zauberstab begannen grelle Blitze zu zucken und ein Knistern erfüllte die Luft. Tante Petunia schrie auf, als mit einemmal sämtliche Tassen, Teller und Gläser in den Schränken und auf dem Tisch zersprangen.

„ALLES WAS IHR KÖNNT, IST ÜBER ANDERE HER ZIEHEN, ABER HABT IHR JE MAL ÜBER EUCH SELBST UND EURE EIGENEN CHARAKTERSCHWÄCHEN NACHGEDACHT? ES GIBT KEINE SELBSTGEFÄLLIGEREN, UNGERECHTEREN , EGOISTISCHEREN, VERBITTERTEREN UND IGNORANTEREN MENSCHEN ALS EUCH UND ICH MUSS ES WISSEN, DENN ICH MUSSTE EUCH 16 JAHRE LANG ERTRAGEN!"

Schwer atmend hielt Harry inne und starrte seine Tante und seinen Onkel, die sich verängstigt in eine Ecke der Küche verkrochen hatten, voller Zorn an. Dudley hatte sich unter dem Küchentisch verkrochen. Leicht überrascht gewahrte er die Zerstörung, die er in der Küche angerichtet hat. Das brachte ihn auf eine Idee... Er lächelte finster. Die Dursleys sollten den Lohn für die 10 miesesten Jahre seines Lebens erhalten!

„Eine Auszahlung wollt ihr also?", sagte er kalt, „Nun, ich werde euch eine Auszahlung geben...!"

Harry hob seinen Zauberstab. Entsetzt versuchten die Dursleys noch weiter zurückzuweichen, doch da war ihnen die Wand im Weg.

Harry... was hast du vor?", rief seine Tante mit zitternder Stimme.

„Das wirst du schon sehen!", entgegnete er grimmig und murmelte eine Zauberformel. Er hatte zwar kein Ohnegleichen in seinen Prüfungen in Zauberkunst erzielt, aber um den Dursleys eine Lektion zu erteilen, reichten seine Zauberkünste allemal!

Tisch und Stühle hoben sich in die Luft und begannen sich in der Luft umeinander zu drehen, wobei jedes Möbelstück gleichzeitig auch noch um die eigene Achse rotierte. Das Tischtuch und die Scherben der zerstörten Tassen und Teller flogen vom Tisch.

Mit einem Quieken stürzte Dudley unter dem Tisch hervor und versuchte, sich zwischen seine Eltern zu zwängen. Diese starrten voller Entsetzen auf ihre Küchenmöbel, die in der Luft einen seltsamen Tanz aufzuführen schienen.

Halt!", schrie Onkel Vernon mit überschnappender Stimme. „Hör auf damit, stell sie wieder auf den Boden!"

„Das könnte euch wohl so passen!", knurrte Harry und ließ die Möbelstücke sich noch schneller drehen. „Aufhören soll ich? Aber wieso denn? Ich habe ja noch gar nicht richtig angefangen!"

Er marschierte ins Wohnzimmer, gefolgt von den völlig erschrockenen Dursleys. Sein Blick fiel auf den laufenden Fernseher. „Ahh...", sagte er mit einem Lächeln. „Wie wäre es, wenn ich damit anfange?"

Nein!", brüllte Dudley, als er erkannte, worauf Harry es abgesehen hatte. Sein Gesicht, mit weit aufgerissenen Augen, war gezeichnet von blankem Horror.

Doch Harry ignorierte ihn einfach und zielte mit seinem Zauberstab. Durch Zauberhand begann der Fernseher von allein, seine Programme zu wechseln. Auf einen weiteren Wink mit dem Zauberstab explodierte die Fernbedienung.

„Um Himmels Willen, Harry!", schrie Tante Petunia. „Es tut uns ja alles leid... hör doch auf..."

„Das hättet ihr euch eher überlegen sollen!", sagte Harry unbarmherzig und nahm sein nächstes Ziel ins Auge. Keine der Änderungen, die er vornahm, würde von Dauer sein, deshalb verdrängte er jedes Mitgefühl. Alles, was er wollte, war die Dursleys ein wenig zu erschrecken.

Dudley heulte inzwischen wie ein Schloßhund wegen seines durchdrehenden Fernsehers. Seine Mutter nahm ihn in den Arm und versuchte ihn zu trösten. Sie schien selbst den Tränen nahe. Onkel Vernon stand einfach nur wie vom Blitz getroffen da.

„All die Jahre habt ihr nie auf mich Rücksicht genommen!", sagte Harry und ließ sämtliche Lampen im Raum aufflackern. „Nie habe ich auch nur ein einziges freundliches Wort von euch zu hören bekommen!"

Er hob erneut den Zauberstab und setzte scheinbar die Wohnzimmervorhänge in Flammen. Es war natürlich nur eine Illusion, aber das wussten die Dursleys ja nicht. Sie schrien laut auf und Onkel stürzte zum Fenster und versuchte verzweifelt, die angeblichen Flammen zu löschen, selbstverständlich ohne Erfolg.

„Mach es aus, mach es aus!", brüllte Onkel Vernon.

„Nein, das werde ich nicht! Versuch doch selber, es auszumachen und viel Spaß dabei!", sagte Harry grimmig. „Jetzt seht ihr mal, wie es ist, völlig machtlos zu sein..."

Er grinste, als sein Blick auf die Unmenge an Dudley-Fotos auf den Regalen und dem Kaminsims fiel. Zeit ein wenig Verwandlung zu üben...

Seine Tante bekam einen Schreikrampf, als es plötzlich überall im Zimmer von lebendigen Mäusen wimmelte. „Vernon... So tu doch was, Vernon!", kreischte sie und sprang vor Angst zitternd auf das Sofa.

Onkel Vernon ließ von den Vorhängen ab und versuchte nun, mit bloßer Hand die Mäuse zu fangen. Bei diesem Anblick fiel es Harry schwer, sich ein Lachen zu verkneifen. Doch schon suchte er wieder nach einem neuen Ziel.

Die Vitrinen, in denen Tante Petunia ihr bestes Geschirr aufbewahrte, fingen seinen Blick ein. Sie sprangen sofort auf, als er auch nur daran dachte sie mit Magie zu öffnen. Harry ließ das gute Geschirr kreuz und quer durch das Zimmer fliegen, zusammen mit den Porzellanfiguren, die überall im Wohnzimmer der Dursleys herumstanden. Vereinzelt kam es zu Zusammenstößen, so dass es hier und da Porzellanscherben auf den Teppich regnete.

Bei jedem Zusammenstoß gab es einen neuen Aufschrei von den Dursleys, beziehungsweise von Tante Petunia und Onkel Vernon, denn Dudley hatte sich längst auf dem Staub gemacht.

Aber Harry war immer noch nicht fertig. Als nächstes verpasste er dem Sessel ein paar Beine, so dass dieser anfing durch das Zimmer zu torkeln und dadurch einen erneuten Schreikrampf bei Tante Petunia bewirkte, die sich so weit wie möglich in das Sofa presste. Doch lange war sie dort nicht sicher. Harry ließ nun nämlich auch das Sofa in die Höhe steigen.

Vernooon... Hiiilfeeee!", kam der Hilfeschrei von seiner Tante, während sie sich verzweifelt in das Sofa krallte und sich darum bemühte, nicht von umherfliegenden Gegenständen getroffen zu werden.

„Petunia...", keuchte Onkel Vernon entsetzt. Dann stürzte er sich auf Harry. „Lass sie sofort wieder runter, hörst du? Lass sie sofort wieder runter, du Mißgeburt..." Aber Harrys Zauberstab trieb ihn wieder zurück.

„Bleib mir vom Leibe!", schnarrte Harry.

Im nächsten Moment wurde Onkel Vernon von dem umherwandernden Sessel aufgegriffen und bewegte sich schwankend darin durch die Wohnung. „Aaaahrrrraaaagh...", war alles, was er herausbrachte, während er sich verzweifelt an der Lehne festklammerte.

Harry sah sich im Wohnzimmer der Dursleys um. Das Chaos war perfekt. Der Boden war übersäht mit Glasscherben, einer kaputten Fernbedienung und jeder Menge Mäusen, während in der Luft alle möglichen anderen Gegenstände herumflogen und sich gegenseitig zerstörten. Onkel Vernon saß in einem umherlaufenden Sessel und Tante Petunia wagte es nicht, das schwebende Sofa zu verlassen. Die Lampen und der Fernseher flackerten unheilvoll und die Vorhänge brannten immer noch lichterloh.

Zumindest würden ihn die Dursleys in Erinnerung behalten. Nun... Niemand konnte sagen, sie hätten es nicht verdient. Dennoch war er jetzt im nachhinein da seine Wut verraucht war, nicht mehr so glücklich mit dem, was er getan hatte. Trotz allem waren die Dursleys der letzte Rest Familie, den er noch hatte. Und auch wenn sie es verdienten... vielleicht hatte er es bißchen zu sehr übertrieben.

„Es wäre mir lieber gewesen, es hätte anders geendet.", rief Harry laut über den Krach hinweg, so dass seine Verwandten ihn auf jeden Fall hören konnten. „Ihr hättet mich einfach nur gehen lassen müssen. Ich wäre ohne ein weiteres Wort gegangen. Ein paar Abschiedsworte wären ganz nett gewesen, aber ich lebe schon lange genug hier um zu wissen, dass ich mir diesbezüglich keine Illusionen machen sollte." Er schwieg einen Moment. „Warum", sagte er dann, „Warum musste es so enden? Warum musste es überhaupt erst so weit kommen?" Diese Frage war an niemanden Bestimmten gerichtet und er erwartete auch nicht, eine Antwort darauf zu bekommen.

Er seufzte. Es war Zeit, dem Spuk ein Ende zu bereiten. „Finite Incantatem!", sagte er befehlend und augenblicklich erlosch jeder einzelne zuvor ausgesprochene Zauber.

Ein gewaltiges Klirren erklang, als die noch übriggebliebenen Porzellanfiguren und Teller zu Boden fielen und zerbrachen. Tante Petunia ließ einen kleinen Schrei ertönen, als das Sofa plötzlich wieder seinen Weg nach unten suchte und aus der Küche konnte man Onkel Vernons erleichtertes Stöhnen hören, als der Sessel wieder zu einem normalen Sessel wurde.

Harry ließ den Zauberstab wieder in seiner Tasche verschwinden und kehrte dem Chaos den Rücken zu. Sollten die Dursleys doch selbst zusehen, wie sie damit fertig wurden! Ihm war es egal; er war fertig mit diesem Ort! In aller Seelenruhe sammelte er sein Gepäck auf, öffnete die Haustür und verließ Ligusterweg Nr.4 und damit den Ort seiner Kindheit für immer.

Zu seiner freudigen Überraschung wurde er bereits erwartet. Ron und Hermine standen vor dem Haus und starrten auf die Haustür. Schreie und Klirren waren bis hier draußen zu hören.

Vorübergehende Passanten warfen verwunderte und missbilligende Blicke auf das Haus. „Es ist wirklich unmöglich! Wieso müssen die Leute immerihre Fernseher so laut drehen?", hörte Harry im Vorbeigehen jemanden murmeln.

„Harry", rief Hermine, als sie ihn entdeckte.

Ron grinste breit. „Wird auch Zeit, dass du auftauchst, Kumpel.", sagte er. „Übrigens... Alles Gute zum Geburtstag!"

„Von mir natürlich auch", sagte Hermine rasch. „Herzlichen Glückwunsch, Harry!"

„Oh... danke." Bis jetzt hatte Harry eigentlich kaum Gedanken an seinen Geburtstag verschwendet. Nur die daraus resultierenden Folgen waren für ihn von Bedeutung gewesen.

„Wir dachten, wir geben dir unsere Geschenke dann im Fuchsbau bei den anderen.", erklärte Ron. „Mum ist zwar ziemlich im Stress, wegen der Hochzeit, aber ich denke, dass sie trotzdem eine kleine Feier für dich ausgerichtet hat. Immerhin bist du jetzt volljährig!"

„Das hätte sie nun wirklich nicht tun müssen.", murmelte Harry. Ihm war es fast schon peinlich, dass Mrs Weasley extra für ihn so einen Aufwand betrieb. Gleichzeitig erfüllte es ihn auch mit Wärme. Es war schön zu wissen, dass er anderen Menschen so viel bedeutete.

„Harry! Was in aller Welt hast du da drin angestellt?", fragte Hermine schließlich vorwurfsvoll mit bedeutsamen Blick auf Ligusterweg Nr.4.

„Ich habe den Dursleys nur ein paar alte Rechnung bezahlt.", sagte Harry gleichmütig. „Keine Angst, Hermine.", sagte er rasch, als er ihren Gesichtsausdruck sah. „Die Zauber sind bereits alle wieder aufgehoben. Alles was die Dursleys verloren haben, sind ein paar Teller und ein paar Nerven. Nichts davon wird dauerhaft Einfluss auf ihr Leben haben!"

„Klasse, Harry!", sagte Ron begeistert. „Mensch... ich wäre gern dabei gewesen..."

Hermine sah Harry missbilligend an. „Du solltest deine Erlaubnis zu zaubern wirklich für wichtigere Dinge verwenden! Die Volljährigkeit bringt auch eine gewisse Verantwortung mit sich!"

„Es war wichtig.", meinte Harry nur. Seine genauen Gründe verschwieg er.

„Jetzt mach mal nen Punkt, Hermine!", sagte Ron augenrollend. „Wenn du es 17 Jahre lang mit dieser Familie hättest aushalten müssen, wärst du sicher auch ganz scharf darauf, sie mal ordentlich zu verhexen."

„Darum geht es hier gar nicht, Ron!", antwortete Hermine scharf. „Nur weil ich etwas kann und tun möchte, heißt das noch lange nicht, dass ich es tun sollte..."

„Was, bitte schön, soll so schlecht daran sein, den Dursleys mal eine Lektion zu erteilen...?"

„Jetzt ist es doch ohnehin zu spät, oder?", sagte Harry leise. Er wollte nicht, dass seine Freunde schon wieder anfingen zu streiten, vor allem da sie die letzten Wochen eigentlich sehr gut miteinander ausgekommen waren. Außerdem hatte er das unangenehme Gefühl, dass Hermine Recht hatte. „Lasst uns lieber endlich aufbrechen! Ich habe keine Lust noch länger in der Nähe dieses Ortes zu bleiben!"

„Warte, ich helfe dir mit dem Koffer.", rief Ron. Hier in einer öffentlichen Straße konnten sie selbstverständlich keine Magie benutzen, deshalb musste das gesamte Gepäck getragen werden.

„Mrs Figg hat gesagt, dass wir ihren Kamin benutzen können.", erzählte Ron, während sie unterwegs waren. „Dad hat die Sicherheitsvorkehrungen für ein paar Stunden aufgehoben und die Verbindung zum Flohnetzwerk wiederhergestellt. So kommen wir am schnellsten zum Fuchsbau."

Harry nickte. Zwar beherrschte er bereits das Apparieren, aber er hatte seine Prüfung bisher noch nicht abgelegt und ohne Genehmigung würde er höchstwahrscheinlich Ärger mit dem Zaubereiministerium bekommen, volljährig hin oder her. Rufus Scrimgeour, der Zaubereiminster, war im Moment ohnehin nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen, weil er sich geweigert hatte für das Ministerium Maskottchen zu spielen.

„Ehrlich gesagt, bin ich ganz froh darüber, nicht mehr bei Mrs Figg wohnen zu müssen.", fuhr Ron leise fort. „Sie ist zwar ganz nett, aber in ihrem Haus stinkt es so nach Katze..."

Hermine warf ihm daraufhin einen verärgerten Blick zu von dem Ron sich in keiner Weise beeinflussen ließ.

Sie erreichten Mrs Figgs Wohnung. Mrs Figg war eine ältere Dame, die mit einem ganzen Haufen Katzen zusammenlebte und ihr Haar meistens in altmodischen Haarnetzen trug. Wie Harry vor zwei Jahren erfahren hatte, war sie eine Squib, das hieß, sie stammte zwar aus einer Zaubererfamilie, hatte aber keine Zauberkräfte. Sie hatte während seiner Zeit bei den Dursleys über Harry gewacht und während dieser Zeit Kontakt zu Dumbledore gehalten.

„Nun denn, viel Glück Harry!", sagte Mrs Figg, als sie sich anschickten per Flohpulver zum Fuchsbau zu reisen. „Ich hoffe sehr, dass wir uns irgendwann wiedersehen werden."

Harry versuchte zuversichtlich zu lächeln. Mrs Figg schien in den letzten Wochen gealtert zu sein. Dumbledores Tod machte auch ihr zu schaffen. „Das hoffe ich auch.", sagte er leise. „Danke... für alles!"

Sie nickte. „Dumbledore hat immer sehr viel von dir gehalten.", sagte sie dann mit einem schwachen Lächeln. „Ich bin sicher, dass du uns nicht enttäuschen wirst."

Er konnte nur nicken. Aus irgendeinem Grund war seine Kehle wie zugeschnürt. Dann drehte er sich zu dem Feuer im Kamin um und warf seine Handvoll Flohpulver hinein. Ohne sich noch einmal umzublicken, trat er hinein und sagte: „Zum Fuchsbau!"

Während er sich rasend schnell um sich selbst drehte und Kamine an ihm vorbeihuschten, ließ Harry den Ligusterweg und damit einen Teil seines alten Lebens endgültig hinter sich zurück.