A/N:
Damit ihr nicht noch länger warten müsst, stelle ich Kapitel
4 jetzt schon rein, obwohl ich keine Ahung habe, wann das nächste
Kapitel fertig wird. Ich habe im Moment mal wieder einen Writer's block
und weiß nicht, wie ich ihn überwinden soll. Vor den Weihnachtsferien
wird es wahrscheinlich sowieso nichts mehr; ich habe immer noch zwei
Klausuren vor mir.
Ein Dankeschön an alle, die mir für die Prüfungen Glück
gewünscht haben. Ich habe die theoretische Führerscheinprüfung
bestanden! Die bisherigen Klausuren hätten insgesamt besser laufen
können, aber eigentlich kann ich zufrieden sein.
Vielen Dank auch an Marey, Baghira und ChrissiTine für eure Reviews. Euer Lob ist sehr aufbauend und spornt mich an, weiterzumachen. Ich hoffe, es gefällt euch auch weiterhin.
Viel Spaß beim Lesen!
4. Unerwartete Schwierigkeiten
Am Morgen nach der Hochzeit erwachte Harry erst spät. Der Abend davor war lang und er war nach seiner unruhigen Nacht ohnehin schon ziemlich erschöpft gewesen. Gemeinsam mit Ron ging er schließlich nach unten in die Küche. Ron wäre am liebsten noch länger im Bett geblieben, da er die Nacht praktisch durchgemacht hatte. Er war sogar so müde, dass er auf Grund fehlender Konzentration fast die Treppe hinuntergepurzelt wäre, wenn Harry nicht rechtzeitig zugegriffen hätte.
Als Harry dann beim Frühstücken in der Küche saß, erfuhr er zu seiner großen Enttäuschung, dass Ginny bereits abgereist war.
„Ohne sich von uns zu verabschieden!", beklagte sich Ron. „Man könnte meinen, wir wären ihr egal..."
„Ich denke, sie möchte nur ein wenig Abstand gewinnen und Zeit zum Nachdenken haben.", sagte Mrs Weasley, die nebenher in der Küche aufräumte und abwusch. „Sie war in letzter Zeit nicht ganz dieselbe." Dabei warf sie Harry einen strengen Blick zu und auch Hermine sah ihn ebenfalls an. Offenbar wussten die beiden etwas.
Um ihren Blicken zu entgehen konzentrierte sich Harry besonders aufmerksam auf sein Frühstück. Warum gaben sie ihm jetzt die Schuld? Es tat ihm ja auch leid, dass Ginny gegangen war, aber wenn man nach den beiden ging, musste man ja praktisch glauben, er habe sie vertrieben! Frauen! Als ob es nicht auch so schon schlimm genug für ihn wäre!
Ron blickte argwöhnisch von einem zum anderen. „Hab ich irgendwas nicht mitbekommen? Harry, was ist los? Du hast meiner kleinen Schwester doch nicht etwa weh getan, oder?"
Harry murmelte irgend etwas Unverständliches in sein Frühstück. Glücklicherweise kamen in diesem Moment die Delacours in die Küche und ersparten ihm eine Antwort.
Erst später, nach der Abreise von Fleurs Familie zurück nach Frankreich, als sie draußen mit Aufräumen beschäftigt waren, kam Ron zurück auf dieses Thema.
„Also! Was ist mit dir und meiner Schwester?", fragte er, während er versuchte mit dem Zauberstab eine ganz besonders hartnäckige Girlande zu entfernen. „Habt ihr euch gestritten?"
„Nicht direkt...", sagte Harry und beschloß dann seinen Freunden die Gründe für ihre vorläufige Trennung mitzuteilen. Er berichtete ihnen von dem Gespräch auf Dumbledores Beerdigung und dem, das sie vor zwei Tagen gehabt hatten.
„Weißt du...", sagte Ron schließlich, als er geendet hatte, „Ich staune, dass sie das mit sich machen lässt und tatsächlich nachgegeben hat. Jeden anderen hätte sie mit Sicherheit schrecklich zugerichtet."
„Sie muss dich wirklich sehr lieben!", bemerkte Hermine, während sie eine Tischdecke ausschüttelte, „Ist dir klar, dass du sie damit verletzt hast, egal wie nobel deine Absichten waren?"
„Ja, ich weiß.", murmelte Harry und fühlte sich miserabel. „Aber ihr verstehst doch meine Gründe, oder?"
„Ja, sicher.", meinte Ron. „Ich mache dir auch keine Vorwürfe, immerhin ist sie meine Schwester. Mir ist es auch lieber, wenn sie sich aus der ganzen Sache raus hält, aber wenn jemand anderes als du das von ihr verlangt hätte... ich glaube nicht, dass sie es dann tun würde. Ist sie eigentlich deshalb heute morgen einfach abgehauen?"
„Vermutlich. Sie wollte zu Luna..."
„Luna Lovegood?" Ron schüttelte den Kopf. „Sie hat wirklich einen seltsamen Geschmack, was ihre Freunde angeht. Aber immerhin steht sie ja auch auf dich, Kumpel... War nur ein Witz!", rief er hastig, als Harry Anstalten machte einen Abfalleimer über ihm auszuleeren.
Ginny war nicht die Einzige, die nach der Hochzeit den Fuchsbau verlassen hatte. Bill und Fleur waren inzwischen in ihre eigene Wohnung in London gezogen und auch Charlie war wieder nach Rumänien zurückgekehrt. Das Haus wirkte seltsam leer und Harry war zum ersten Mal in seinem Leben ungeduldig, es verlassen zu können. Zunächst musste er jedoch die Apparierprüfung bestehen.
Am zweiten Tag nach der Hochzeit standen sie daher früh auf, da Mr Weasley sie ins Ministerium mitnehmen wollte. Besonders aufgeregt war Harry eigentlich nicht. Er war bereits zuvor mehrmals erfolgreich appariert und glaubte nicht, dass er Probleme damit in der Prüfung haben würde. Ron dagegen war ungewöhnlich blaß und aß zum Frühstück nur sehr wenig.
„Ihr schafft das schon, meine Lieben!", meinte Mrs Weasley aufmunternd. „Diese Prüfung hat fast jeder irgendwann bestanden. Vergesst nicht, Charlie ist auch beim ersten Versuch durchgefallen."
„Ja, aber nicht beim zweiten.", murmelte Ron düster.
„Viel Glück!", wünschte ihnen Mrs Weasley, als sie sich anschickten den Fuchsbau per Flohpulver zu verlassen.
„Ihr geht schon mal vor, Jungs.", sagte Mr Weasley. „Ich deaktiviere nach euch nur die Flohnetzwerkverbindung und appariere dann. Wir treffen uns gleich im Ministerium."
„Geht klar.", meinte Harry und trat in den Kamin. „Zum Zaubereiministerium!"
Schon begann er sich rasend schnell zu drehen und Kamine rasten tosend an ihm vorbei. Nach einer Weile spürte er, wie er langsamer wurde und machte sich für seine Ankunft im Ministerium bereit. Dann kam er endlich zum Stillstand, beeilte sich, aus dem vergoldeten Kamin zu kommen und in die große, prächtige Eingangshalle des Ministeriums zu kommen, mit ihrem blanken dunklen Fußboden und der pfauenblauen, Runen-bedeckten Decke.
Harry bemerkte sofort, dass sich die Atmosphäre seit seinem letzten Besuch verändert hatte. Die vergoldeten Statuen, die einst den Brunnen in der Mitte der Halle geziert hatten, waren verschwunden. Offenbar waren sie nach den Ereignissen vor etwas mehr als einem Jahr nicht wieder repariert worden, doch ohne sie wirkte der Brunnen merkwürdig leer. Aber niemand schenkte dem Brunnen irgendwelche Aufmerksamkeit. Alle schienen in größter Eile zu sein und eine größere Gruppe Sicherheitszauberer in pfauenblauen Umhängen beobachtete die Menge und überwachte aufmerksam wer das Ministerium betrat und verließ.
Einer dieser Sicherheitszauberer kam nun auch rasch zu dem Kamin hinüber, den Harry soeben verlassen hatte.
Mit einem Wuuusch tauchte Ron hinter ihm im Kamin auf. „Bin ich froh, wenn ich das nicht mehr mitmachen muss und endlich apparieren darf.", murmelte er, als er sich neben Harry stellte und seinen Umhang abklopfte.
Dann war der Sicherheitszauberer bei ihnen. „Name und Zweck eures Besuches im Zaubereiministerium?", bellte er scharf und beäugte sie argwöhnisch.
„Harry Potter und Ron Weasley.", antwortete Harry knapp und fragte sich, ob der Mann sie wirklich für eine Gefahr hielt. „Wir sind hier, um unsere Apparierprüfung abzulegen."
Der Sicherheitszauberer musterte ihn und sein Blick glitt zu der Narbe auf Harrys Stirn. „Sechster Stock, Abteilung für Magisches Transportwesen, Appariertestzentrum.", sagte er dann. „Beeilt euch bitte und versucht auf dem Weg nicht unnötig herumzutrödeln! Das könnte sonst verdächtig wirken und wir haben noch mehr zu tun, als euch die ganze Zeit im Auge zu behalten!"
„Harry, Ron, da seid ihr ja!""
Alle drei drehten sich herum und sahen Mr Weasley auf sich zu hasten.
„Gehören die zu dir, Arthur?", fragte der Sicherheitszauberer. „Dann sorge bitte dafür, dass sie auf dem schnellsten Weg ihren Bestimmungsort erreichen und nicht unnötigerweise umherirren!"
„Selbstverständlich!", meinte Mr Weasley. „Viel zu tun, Jake?"
Der Sicherheitszauberer zuckte die Achseln. „Es sind unruhige Zeiten. Jeder von uns tut, was er kann." Seine Augen schweiften prüfend über die Kamine und verengten sich, als sie einen grauhaarigen Zauberer entdeckten, der gerade aus einem Kamin kam. „Ich muss jetzt weiter machen! Entschuldigt mich bitte..." Und fort war er, unterwegs zu dem Neuankömmling.
„Na kommt, Jungs.", sagte Mr Weasley. „Jake hat Recht, es sind unruhige Zeiten, und wir wollen nicht mehr Aufmerksamkeit erregen, als nötig!"
Sie schlossen sich der hastenden Menge Ministeriumzauberer an und erreichten kurze Zeit später die kleine Halle, in der sich die Fahrstühle befanden. Gerade sank vor ihnen rasselnd und klappernd einer der Fahrstühle herab und die drei drängten sich mit einer Schar bereits wartender Hexen und Zauberer hinein. Krachend schloss sich das Gitter und der Fahrstuhl begann seinen Aufstieg.
Vielleicht kam es Harry nur so vor, aber auch der Fahrstuhl schien sich schneller nach oben zu bewegen, als noch bei seinem letzten Besuch. Die Stimme, die sonst die Stockwerke verkündet hatte, fehlte ebenfalls, so dass er fast seinen Ausstieg verpasst hätte, wenn Mr Weasley ihn nicht darauf hingewiesen hätte.
Sie traten in einen etwas schmuddelig wirkenden Korridor. Links und rechts befanden sich Türen, die zu den einzelnen Unterabteilungen zu führen schienen. ‚Besenregulationskontrollamt' konnte Harry im Vorbeigehen auf einem schiefen Schild neben einer der Türen erkennen. Abgesehen von ein paar Memos, die an ihnen vorbei schwirrten, war der Korridor völlig leer.
„Hier ist es.", sagte Mr Weasley, als sie an der letzten Tür des Korridors angelangt waren. Auf einem Schild war zu lesen: ‚Appariertestzentrum'. „Ich werde nicht mit rein kommen; es wird höchste Zeit, dass ich mich an meinem Arbeitsplatz melde. Wenn ihr die Prüfung erfolgreich besteht, erwarte ich, dass ihr selbständig und ohne irgendwelche Zwischenstops oder Umwege nach Hause zurückkehrt! Verstanden?"
Harry und Ron nickten.
„Gut. Falls irgend etwas schief läuft, was immer passieren kann, möchte ich, dass ihr zu mir kommt! Ich sorge dann dafür, dass ihr anderweitig sicher nach Hause zurückkehrt. Also, viel Glück, ihr Beiden!" Er winkte ihnen zu, während er sich bereits im Gehen befand.
Die beiden sahen sich an.
„Also?", fragte Harry.
„Bringen wir's hinter uns!", sagte Ron mit einem verbissenem Gesichtsausdruck.
Sie klopften und traten ein. Das Appariertestzentrum befand sich in einem kleinen, sonnenlichtdurchfluteten Raum mit einem großen Fenster. Im Zentrum des Zimmers befand sich ein einziger Schreibtisch und davor standen mehrere Stühle. Aus den Regalen an der Wänden ragten unzählige Pergamentrollen und im hinteren Teil flackerte ein Feuer in einem kleinen Kamin.
Hinter dem Schreibtisch saß ein kleiner, rundlicher Zauberer mit mausgrauen Haaren, soweit er überhaupt noch welche auf dem Kopf hatte. Er trug eine besonders dicke Brille auf der Nase und einen violetten Umhang. Offenbar war er bisher mit irgendeiner Papierarbeit beschäftigt gewesen, denn vor ihm lagen einige Pergamentrollen auf dem Tisch und auch neben ihm befand sich ein größerer Stapel. Bei ihrem Eintreten hob er den Kopf.
„Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?", fragte er mit etwas gelangweilt klingender Stimme.
Da Ron nicht so aussah, als habe er Lust zu sprechen, ergriff Harry wieder das Wort. „Harry Potter und Ron Weasley, Sir.", sagte er. „Wir möchten unsere Apparierprüfung ablegen."
„Sie haben Ihre Anmeldungsformulare bereits ausgefüllt und wieder abgegeben?"
„Ja."
„Ich werde nachsehen, ob Sie eine Zulassung erhalten haben." Der rundliche Appariertestzauberer begann in seinem Pergamentrollenstapel zu suchen. „Ahh... da." Er zog zwei Pergamentrollen aus dem Stapel. Harry erkannte, dass es dieselben waren, die er und Ron vor ein paar Tagen ausgefüllt hatten.
„Mr Ron Weasley", las der Zauberer und studierte die Pergamentrolle. „Sie haben eine Zulassung erhalten und können in etwa einer Stunde die Prüfung ablegen. Setzen Sie sich solange auf einen der Stühle und warten Sie hier! Sie werden dann abgeholt."
Ron nickte, schluckte schwer und ließ sich auf einen Stuhl sinken.
Der kleine Zauberer nahm die zweite Pergamentrolle zur Hand. „Mr Harry Potter" Er überflog das Pergament und runzelte dann die Stirn.
Harry ahnte, dass das nichts Gutes heißen konnte. „Gibt es Probleme?", fragte er.
Der Appariertestzauberer kratze sich an seiner kahlen Stirn. „Nun ja... offenbar hat man Ihnen die Zulassung zu der Prüfung verweigert. Es tut mir leid, aber so wie es aussieht dürfen Sie den Test nicht mitmachen."
„Wieso denn nicht?", fragte Ron verdutzt und vergaß für den Moment sogar seine eigene Nervosität.
Das hätte Harry auch gerne gewusst. Abwartend blickte er den Mann an.
„Sehen Sie...", sagte dieser, „Jeder der den Appariertest machen möchte, muss ein Anmeldeformular ausfüllen und bei der zuständigen Stelle abgeben. Dieses Formular wird dann an eine höhere Ebene weitergeleitet, die eine Zulassung zur Prüfung ausstellt. Dort wird entschieden ob derjenige für das Apparieren geeignet ist und die Prüfung ablegen darf. Wenn die Zulassung bewilligt wird, wird das Formular unterschrieben, gestempelt und schließlich zu uns geschickt." Er blickte mit erneut gerunzelter Stirn auf das Pergament vor ihm. „Normalerweise stellen sie die Zulassung auch aus. Es kommt überaus selten vor, dass sie die Erlaubnis nicht erteilen."
Harry beugte sich über den Tisch um einen Blick auf das Formular zu werfen. Tatsächlich war der hintere Teil des Feldes ‚Zulassung zum Appariertest wird bewilligt von Unterschrift' durchgestrichen worden und statt dessen hatte jemand darüber geschrieben: ‚nicht bewilligt'.
„Aber das können sie doch nicht einfach machen!", rief Ron neben ihm empört. „Haben sie wenigstens gesagt, wieso? Warum sie Harry die Zulassung verweigern?"
Der Appariertestzauberer schüttelte den Kopf. „Es ist nicht meine Aufgabe, mich um die Zulassungen zu kümmern.", sagte er. „Es tut mir leid, aber ich fürchte, ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen."
Harry konnte noch nicht so recht fassen, was geschehen war. Warum sollte jemandem daran gelegen sein, dass er die Apparierprüfung nicht ablegen konnte? Was sollte das für einen Sinn haben? Möglicherweise gab es eine logische Erklärung dafür. Wahrscheinlich war das alles nur ein Irrtum oder eine Verwechslung!
Diese Gedanken hätten ihn vielleicht beruhigt, wenn Harry nicht schon so oft mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten hätte kämpfen müssen. Aus irgendeinem Grund schien er Schwierigkeiten geradezu anzuziehen. Er musste unbedingt herausfinden, was hier vor sich ging!
"Können Sie mich an die verantwortlichen Personen weiterleiten?", fragte er. „Ich würde nämlich auch gerne wissen, warum man mir verbietet am Test teilzunehmen. Möglicherweise ist ja auch alles nur ein Versehen."
Der Zauberer nickte langsam. „Ich werde sehen, was sich machen lässt." Er erhob sich schwerfällig und watschelte dann zum Kamin hinüber. Aus einem kleinen Topf auf dem Kaminsims nahm er etwas Flohpulver und warf es ins Feuer. Dann murmelte er etwas und steckte seinen Kopf ins Feuer.
Harry hatte keine Ahnung, mit wem sich der Zauberer unterhielt, denn er konnte den Gesprächspartner nicht sehen und bekam auch nichts von dem Gespräch mit, da es in einem anderen Kamin statt fand.
Nach einer Weile zog der Mann seinen Kopf wieder aus dem Feuer und kehrte zum Schreibtisch zurück. „Sie haben die Erlaubnis erhalten, mit einer der zuständigen Personen zu sprechen.", sagte er zu Harry "Ich werde Sie hinbringen... Folgen Sie mir bitte!" Er begann loszuwatscheln und Harry folgte ihm langsam.
„Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird.", sagte er zu Ron. „Viel Glück bei der Prüfung, falls ich nicht mehr auftauchen sollte."
Ron nickte. „Dir auch, Kumpel." Er warf einen besorgten Blick auf den Appariertestzauberer. „Ich hoffe, es kommt alles wieder in Ordnung."
„Das hoffe ich auch.", murmelte Harry. Dann folgte er rasch dem kleinen, runden Mann.
Sie kehrten durch den schmuddeligen Korridor zu den Fahrstühlen zurück und traten in den erstbesten, der nach oben fuhr. Langsam leerte sich der Fahrstuhl, bis schließlich nur noch Harry und der Appariertestzauberer übrig waren. Harry begann sich schon zu fragen, ob der Fahrstuhl möglicherweise bis zur Erdoberfläche fuhr, als der Zauberer ihm plötzlich ein Zeichen gab. „Hier müssen wir raus."
Als sie ausgestiegen waren, blickte Harry sich verblüfft um. Er hatte einen weiteren schmuddeligen Korridor erwartet, statt dessen befanden sie sich in einem breiten, spiegelblankem Gang, der von zahlreichen großen Fenstern erhellt wurde. In der Ferne endete der Gang in einem großen, hellen Portal mit zwei gewaltigen Türflügeln, wenn auch bei weitem nicht so beeindruckend, wie das Eingangstor von Hogwarts.
Das Portal stand offen und je näher sie ihm kamen, desto besser konnte Harry erkennen, welch reger Betrieb in dem weitläufigen Raum dahinter herrschte. Der Raum erinnerte ihn ein wenig an die Aurorenzentrale. Auch er war in einzelne Bürozellen unterteilt, allerdings waren die hiesigen Zellen größer und besser in Schuss; außerdem schienen die meisten von ihnen über einen eigenen Kamin zu verfügen. Ständig hasteten Hexen und Zauberer von Zelle zu Zelle, meist bepackt mit Stapeln von Pergamentrollen; Memos schwirrten überall umher und hier und da machte es Plopp, wenn irgendwo auf einem Schreibtisch ein neues Pergament erschien. Hinter einem der Schreibtische entdeckte Harry Percy Weasley, doch dieser schien ihn überhaupt nicht zu bemerken.
Außerdem befand sich eine ganz besonders große Anzahl von Sicherheitszauberern auf diesem Stockwerk. Sie beobachteten Harry und seinen Begleiter argwöhnisch und einer kam zu ihnen hinüber. Er wechselte ein paar leise Worte mit dem Appariertestzauberer, der ziemlich nervös zu sein schien, nickte dann und kehrte auf seinen Posten zurück.
Der Appariertestzauberer führte ihn weiter ganz nach hinten, wo Harry noch eine Tür entdeckte. Als sie sich ihr näherten, öffnete sie sich und er erhaschte einen kurzen Blick auf einen weiteren hellen Raum, bevor sie sich wieder schloß. Dann fiel sein Blick auf die Person, die gerade aus diesem Raum gekommen war und seine Kehle schnürte sich vor Zorn zusammen. Es war Dolores Umbridge.
Harry konnte kaum glauben, dass sie nach all dem, was sie damals in seinem 5. Jahr in Hogwarts angerichtet hatte, immer noch im Ministerium arbeiten durfte. Er hatte nicht ihre Demütigungen vergessen und ihre Versuche, ihn ruhig zu stellen, als er versucht hatte der Zauberwelt die Wahrheit über Voldemorts Rückkehr mitzuteilen. Sie hatte ihm das Leben damals schwerer gemacht, als sogar Voldemort, indem sie ihm alles genommen hatte, was ihm etwas bedeutete. Alles an ihr, von ihrer häßlichen schwarzen Samtschleife auf ihren grauen Locken, bis zu ihrem wabbeligen Gesicht mit den großen, hervorquellenden Augen war ihm aufs Äußerste verhasst; ein Hass, der im Moment nur noch von seinem Hass auf Snape übertroffen wurde.
Sie lächelte, als sie ihn sah; in Harrys Augen ein widerliches Lächeln, bei dem sie ihre sehr spitzen Zähne offenbarte. „Ahh... Mr Potter.", sagte sie mit ihrer hohen, mädchenhaften Stimme. „Sie wollten zu mir?"
„Nicht dass ich wüsste.", antworte Harry knapp. Äußerlich blieb er ruhig, aber in seinem Inneren kochte er vor Zorn. Dass sie es wagte, ihn anzusprechen, nach allem was sie getan hatte...
Umbridges Lächeln wurde nur noch breiter. Wieder einmal fühlte Harry sich an eine übergroße Kröte erinnert. „Sie möchten also nicht wissen, wieso Sie keine Zulassung für den Appariertest erhalten haben?", sagte sie.
Harry starrte sie an.
Der Appariertestzauberer neben ihm sah nervös von einem zum anderen. „Ich schätze, dass ich hier nicht mehr gebraucht werde.", murmelte er dann. „Falls Sie meine Hilfe brauchen, wissen Sie ja wo Sie mich finden..."
Er machte kehrt und watschelte von dannen, was Harry jedoch kaum bemerkte. Noch immer starrte er Umbridge an. „Soll das heißen...", sagte er langsam, „...dass Sie für die Zulassungen verantwortlich sind?" Das würde natürlich eine Menge erklären!
„Normalerweise nicht.", antwortete Umbridge. „Unter besonderen Umständen jedoch..." Ihr selbstzufriedenes Lächeln war beinahe unerträglich.
Harry spürte eine besonders große Welle des Hasses auf diese Frau in sich aufwallen. ‚Unter besonderen Umständen?' Also hatte er es tatsächlich ihr zu verdanken, dass er die Prüfung nicht machen durfte! Aber hatte sie überhaupt das Recht dazu? Glaubte sie wirklich, damit durchzukommen?
„Wir sollten das nicht hier draußen besprechen!", bemerkte Umbridge und bevor Harry so recht wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihn in die nächstgelegene leere Bürozelle geschoben. „Nun, Mr Potter...", begann sie, „...Als erste Untersekretärin des Ministers mische ich mich für gewöhnlich natürlich nicht in die Belange der Abteilung für Magisches Transportwesen. Im Allgemeinen können sie dort recht gut selber entscheiden, wer für die Apparierprüfungen geeignet ist und wer nicht. In Ihrem Fall, Mr Potter, hielten wir jedoch ein Eingreifen für erforderlich."
Sie sah ihn mit ihren großen, hervorquellenden Augen an, als warte sie auf eine bestimmte Reaktion von seiner Seite. Als diese nicht kam, fuhr sie fort: „Bestimmte Ereignisse in der Vergangenheit haben gezeigt was für ein... unberechenbares und... undiszipliniertes Verhalten Sie häufig an den Tag legen, Mr Potter. Ich fürchte, ich muss Ihnen mitteilen, dass ernsthafte Zweifel an Ihrer charakterlichen Eignung bestehen!"
Harry hätte beinahe aufgelacht. ‚Zweifel an seiner charakterlichen Eignung?' Hatte irgend jemand Umbridge auf ihre charakterliche Eignung überprüft, als man ihr einen Posten im Ministerium angeboten hatte? Offensichtlich nicht! „Das ist so ziemlich das Lächerlichste, was ich je gehört habe!", sagte er. „Sie meinen das doch nicht etwa ernst?"
Sie behielt ihr widerliches Lächeln bei. „Oh, ich fürchte doch. Ohne die Zustimmung des Ministeriums ist es Ihnen nun einmal nicht gestattet zu apparieren..."
„Ich meine diese Geschichte von wegen ‚charakterliche Eignung'!", schnarrte Harry. „Das ist doch nur ein Vorwand, nicht wahr? Was ist wirklich der Grund? Ist das Ihr persönlicher Rachefeldzug gegen mich?"
Umbridge betrachtete ihn ruhig. „Wie kommen sie denn darauf?", meinte sie in einem gespielt ungläubigen Ton und lachte kurz auf, so dass sich Harrys Haare auf seinem Rücken sträubten. „Mein ganzes Streben gilt allein dem Wohl und dem Erhalt des Ministeriums. Ich würde niemals meine eigenen Gefühle dem voran stellen..."
„Ach, und welchen Nutzen hat die Verweigerung meiner Zulassung zur Apparierprüfung für ‚das Wohl und den Erhalt des Ministeriums'?", unterbrach Harry sie scharf.
„Achten Sie auf Ihren Ton, Mr Potter!", sagte Umbridge mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck.
Harry atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe. Es würde ihm überhaupt nicht weiterhelfen, wenn er Umbridge anbrüllte. Damit würde er ihr sogar noch einen Sieg zugestehen und das kam für ihn nicht in Frage!
„Meine Entscheidung in dieser Sache steht fest.", fuhr Umbridge fort. „Sie haben sich als ablehnend und undankbar gegenüber den großzügigen Angeboten des Ministeriums gezeigt, also können Sie von uns auch keinerlei Nachsicht erwarten." Sie hielt einen Moment inne und bemerkte dann wie nebenbei: „Der Einzige, der die Macht hat meine Entscheidung aufzuheben, ist der Zaubereiminister. Aber da Sie ihn bei Ihren letzten gemeinsamen Treffen... sehr verärgert haben, würde ich mich an Ihrer Stelle nicht auf seine Hilfe verlassen!"
In Harry keimte ein Verdacht auf. Er glaubte allmählich zu wissen, worauf das Ganze hinaus lief. „Ich möchte mit ihm sprechen!", sagte er kühl.
„Mit dem Minister?" Umbridge sah ihn an, als verlange er etwas Unmögliches. „Wo denken Sie hin? Der Minister ist ein vielbeschäftigter Mann! Glauben Sie denn wirklich, er würde für Sie alles stehen und liegen lassen?"
„Ja.", sagte Harry einfach.
Umbridge lachte gekünstelt, doch sie hörte schnell wieder auf, als sie Harrys Blick begegnete.
„Ich denke, ich weiß jetzt langsam, was hier gespielt wird.", sagte er mit kühler Stimme. „Scrimgeour hat es nicht geschafft mich durch Freundlichkeit für seine Zwecke einzuspannen, also versucht er es nun auf diese Tour. Er hat Sie dafür benutzt mich hierher zu kriegen, indem Sie dafür gesorgt haben, dass mir meine Zulassung verweigert wird." Er lächelte, doch es war keine Freundlichkeit in diesem Lächeln. „Nun, der Plan hat funktioniert; ich bin hier. Und erzählten Sie mir jetzt nicht, er habe keine Zeit für mich! Das ist doch bloß Theater und Zermürbungstaktik; in Wahrheit wartet er wahrscheinlich schon den ganzen Morgen auf mich!"
Während er sprach weiteten sich Umbridges Augen so sehr, dass man Angst haben musste, gleich würden sie ihr wirklich aus dem Kopf kommen. „Wie können Sie es wagen...", begann sie, doch Harry ließ sie nicht zu Wort kommen.
„Wollen Sie etwa sagen ich liege mit meiner Vermutung falsch?", fragte er mit beißender Stimme. „Nun, in dem Fall macht es Ihnen ja sicher nichts aus, wenn ich einfach gehe..." Er machte Anstalten zur Tür zu gehen.
„Warten Sie..."
Harry drehte sich halb zu ihr um. „Jaahhh?"
„Ich... wir..." Umbridge schien zu überlegen, was sie ihm erwidern sollte, kam jedoch offenbar zu keiner Lösung. „Warten Sie hier!", sagte sie schließlich und verließ die Zelle.
Kurze Zeit später kehrte sie zurück. „Der Minister empfängt sie jetzt.", sagte sie und sah ihn dabei nicht an.
Er folgte ihr aus der Zelle und musste sich dabei Mühe geben nicht selbstzufrieden zu lächeln. Noch hatte er lange nicht gewonnen!
Sie führte ihn in den Raum, auf den er vorhin schon einen kurzen Blick geworfen hatte. Nun erkannte er, dass es sich dabei um das Büro des Zaubereiministers handelte. Der Raum wurde von mehreren großen Fenstern erhellt und er war groß genug, dass ein mächtiger Schreibtisch aus Eichenholz und mehrere Regale bequem darin Platz fanden.
Hinter dem Schreibtisch (irgendwie schien er dort in Harrys Augen nicht richtig hinzugehören) saß Rufus Scrimgeour, der Zaubereiminister, den Kopf mit der gelbbraunen, leicht ergrauten Haarmähne über einen Bericht gebeugt. Er blickte auf, als sie eintraten. „Ahh... Harry.", sagte er und lächelte. „Setzen Sie sich doch!" Harry setzte sich auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch und Scrimgeour legte seinen Bericht zur Seite. „Sie wollten mich sprechen?"
„Sparen Sie sich das!", entgegnete Harry frostig. „Sie sind es doch, der mich sprechen wollte, nicht umgekehrt."
Scrimgeours Lächeln erstarb und ein verärgerter Ausdruck trat in seine zerfurchten Züge. „Wenn Sie uns bitte allein lassen würden, Dolores?", sagte er zu Umbridge.
„Sehr wohl, Herr Minister.", antwortete Umbridge und wandte sich zur Tür.
Harry konnte der Versuchung nicht widerstehen und schnalzte leise, kaum hörbar mit der Zunge. Der Laut reichte aus, um Umbridge entsetzt zusammenzucken zu lassen. Erschrocken blickte sie sich nach allen Seiten um und verließ dann fluchtartig das Büro.
Voller Genugtuung richtete Harry seine Aufmerksamkeit wieder auf den Minister, der so tat, als habe er nichts bemerkt. „Nun Harry, lassen Sie uns ganz offen miteinander sprechen.", sagte Scrimgeour. „Ich brauche Ihre Hilfe... aber da Sie sich mir gegenüber bisher sehr abweisend gezeigt haben, musste ich... einen anderen Weg finden Sie für mich zu gewinnen."
„Sie meinen Erpressung?"
Scrimgeour verzog leicht das Gesicht. „Das ist ein sehr unschönes Wort. Ich würde es vorziehen zu sagen, dass wir uns gegenseitig einen Gefallen erweisen. Außerdem müssen Sie zugeben, dass Ihre Akte in diesem Fall gegen Sie spricht, Harry. All diese Verwarnungen und Verstöße gegen das Geheimhaltungsabkommen... Man muss sich doch sehr überlegen, ob man einer solchen Person das Apparieren gestatten sollte, das ja durchaus mit Gefahren diesbezüglich verbunden ist..."
Er sah Harry an, als erwarte er eine Reaktion, doch dieser schwieg und erwiderte kühl seinen Blick. „Aber wenn derjenige dem Ministerium bereitwillig seine Hilfe zur Verfügung stellt, würde dies natürlich beweisen, dass er eine verantwortungsbewußte Person ist und wir könnten ihm die Zulassung ohne weiteres ausstellen!", fuhr Scrimgeour fort. „Wir würden ihm sogar noch eine Reihe von Vergünstigungen in Aussicht stellen. Wie wäre das für Sie?" Er blickte Harry erwartungsvoll an.
Harry tat so, als denke er darüber nach. „Ich nehme an, Sie wollen immer noch das Gleiche von mir?", sagte er schließlich.
Scrimgeour lächelte erleichtert; er glaubte sich schon am Ziel. „Alles was Sie zu tun brauchen, ist sich ab und zu mit uns zusammen im Ministerium zu zeigen; nur um den Leuten zu zeigen, dass Sie uns unterstützen und ihnen dadurch Hoffnung zu geben. Und wir wären auch nicht undankbar, wenn Sie uns sagen könnten, woran Dumbledore vor seinem Tod noch gearbeitet hat... natürlich binden wir Sie gerne in unsere Aurorenarbeit ein, so dass sie Einblick erhalten, welche Informationen wir täglich herhalten… ich denke mir, dass dies nicht ganz unnütz für Sie sein könnte."
Harry schaute Scrimgeour berechnend an, dann erhob er sich langsam von seinem Stuhl. „Nein, ich denke nicht, dass ich das tun werde!", sagte er kühl. "Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich mich nicht benutzen lasse und erpressen lasse ich mich erst recht nicht! Sie werden sich jemand anderen suchen müssen, Herr Minister!"
Nur mühsam konnte Scrimgeour seinen Ärger zurückhalten. Finster starrte er Harry an. Dieser erwiderte seinen Blick, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Ein eisiges Schweigen beherrschte den Raum.
„Ist das Ihr letztes Wort?", sagte Scrimgeour schließlich frostig.
„Ja.", entgegnete Harry. „Das heißt... nicht ganz. Ich möchte gerne, dass Sie mir die Zulassung zum Appariertest ausstellen! Deswegen bin ich ja eigentlich hier."
Scrimgeour blickte ihn gereizt an. „So, sind Sie das! Da Sie sich weiterhin weigern dem Ministerium zu helfen, werde ich das mit Sicherheit nicht tun!"
„Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich mich nicht erpressen lasse!", erklärte Harry bestimmt. Ein Entschluss war in den letzten paar Minuten in ihm herangereift. „Aber was Sie können, kann ich auch. Stellen Sie mir also bitte die Zulassung aus... oder Sie müssen mit Konsequenzen rechnen!"
Das Gesicht des Zaubereiministers zeigte zunächst Verblüffung, dann jedoch verzerrte es sich zu einer häßlichen Maske des Zorns. „Sie wagen es tatsächlich mir zu drohen?", zischte er. „Aber das sage ich Ihnen: Von mir werden Sie gar nichts bekommen, Mr Potter! Nicht, ehe Sie sich dem Willen des Zaubereiministeriums fügen und sich endlich unterordnen! Dumbledore dachte auch, er könne sein eigenes Ding drehen! Und Sie sehen ja, was jetzt mit ihm passiert ist..."
„Lassen Sie Dumbledore da raus!", sagte Harry kalt. „Diese Sache betrifft hauptsächlich Sie und mich! Sie wollen also nicht einlenken? Auch gut... Ich habe Sie gewarnt!"
Scrimgeour lachte auf. „Was wollen Sie schon ausrichten?", fragte er spöttisch.
Harry blickte ihn ruhig an. „Das werden Sie schon sehen.", entgegnete er. „Ich verspreche Ihnen, es wird Ihnen nicht gefallen! Auf Wiedersehen, Herr Minister."
Damit kehrte er Scrimgeour den Rücken und verließ ohne ein weiteres Wort das Büro.
