Kapitel 4.

fushigi – Mysterium, Geheimnis

Noch in derselben Sekunde, in der der Ring endgültig auf dem entsprechenden Finger glitt, umgab Feli ein heller Schein, der direkt von dem Ring ausging, sie gänzlich umschloss. In der nächsten Sekunde erwachte Feli aus der Trance, doch leider zu spät…

Schon wurde sie in die Luft gehoben, ein unnatürlicher Wind umspielt nun ihren Körper, riss ihre lange Haare empor, ließ ihre Kleidung verwehen. Ehe sie es richtig mitbekam, hoben ihre Füße vom Boden ab und schon schwebte sie im nächsten Augenblick fast unter der Decke des Ladens.

„Was… was geht hier vor sich?" rief sie ängstlich, riss ihre Hände herum und begann den Ring wie im Wahn vom Finger zu reißen, doch es war wie verhext. Je stärker sie daran zog, desto enger schien der Ring zu werden. Er wollte nicht mehr von ihrem Finger genommen werden…!

Erschrocken und unfähig noch etwas zu sagen, starrte sie jetzt herab zu Tom Bombadil der jetzt seine Hände flach gegeneinander drückte, die Augen nun ernst verzogen hielt und unruhig seine Augenlider hin und her zucken ließ.

Dieses Bild erfüllte sie erneut mit Grauen und dieses Mal war ihr Herz gänzlich verstummt und hatte Platz gemacht für den Verstand und die darauf folgende panische Angst!

„Tom Bombadil! Hol mich sofort hier herunter! Ich bekomme alleine den Ring nicht mehr vom Finger Hör auf…sie machen mir Angst!" schrie sie nun in ihrer Verzweiflung, doch Tom schien sie nicht zu hören – oder vielmehr nicht hören zu wollen. Stattdessen beginnt er laut und deutlich ein Gedicht aufzusagen. Ein Gedicht, das nun endlich die letzte verborgene Tür in Feli öffnete und ihr endlich offenbarte, warum ihr der Name, ein paar Gegenstände und überhaupt alles so unendlich bekannt vorkam.

Gebieterisch sprach er nun folgende Worte:

„Drei Ringe den Elbenkönigen hoch im Licht,

Sieben den Zwergenherrschern in ihren Hallen aus Stein,

Den Sterblichen, ewig dem Tode verfallen, neun,

Einer dem Dunklen Herrn auf dunklem Thron

Im Lande Mordor, wo die Schatten drohn.

Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,

Ins Dunkle zu bannen und ewig zu binden

Im Lande Mordor, wo die Schatten drohn!"

Wie schuppen von den Augen fiel es nun Feli, wieso war sie nicht schon viel früher darauf gekommen? Diese Ähnlichkeiten, diese Parallelen… aber sie hatte ja auch nie damit gerechnet dass Romanfiguren so einfach lebendig wurden. Jetzt blieb nur noch die große Preisfrage: Was ging hier vor sich und was hatte das alles mit ihr zu tun?

Doch mal wieder sagte Feli etwas ganz anderes, als was sie dachte:

„Jetzt… jetzt weiß ich wieder warum mir dein Name so bekannt vorkam… und den Vers, den du jetzt eben gerade gesagt hast, den kenne ich auch. Den kennt jeder der die Bücher kennt und sie gelesen hat! Aber ich verstehe nicht was ich damit zu tun habe, was du hier tust… warum das alles? Bitte Herr Tom Bombadil… lassen sie mich herunter!" flehendes bitten stand in der Stimme Felis und doch wusste ein Teil in ihr dass es keinen Sinn haben würde ihn noch zu bitten. Irgendetwas hatte begonnen, und zwar in dem Augenblick als sie den Ring auf ihren Finger streifte, der sich nun auch nicht mehr vom Finger runter nehmen ließ.

Und Feli bereute bereits jetzt unendlich, dass sie diesen Laden überhaupt erst betreten hatte… aber hätte sie es heute nicht getan, hätte sie es an einem anderen Tag getan, soviel stand fest.

Feli… einem vorbestimmten Schicksal kann man nicht entrinnen! wisperte etwas in ihr Ohr, doch als sich Feli ruckartig umdrehte, war dort nichts… nichts außer die aufgewirbelten staubigen Regalreihen, die sie nun von oben sehen konnte.

Währenddessen bemerkte sie wie der Wind immer heftiger wurde, immer stärker an ihr riss, immer gewaltiger wurde, immer mehr zu einem Sturm herauf schwoll und alles, was leicht war in diesem Laden emporgehoben wurde und durch die Luft schleuderte.

Feli hob zum Schutz beide Arme empor und hielt sie sich vors Gesicht um nicht von irgendetwas von den herumfliegenden Teilen getroffen zu werden. Jedoch riskierte sie dabei einen kleinen Blick zwischen ihre Arme hindurch und direkt auf Tom Bombadil herab.

Er hatte noch immer beide Handflächen flach gegeneinander gepresst, jedoch zuckten seine Augenlider nicht mehr, sondern stattdessen öffnete er sie gänzlich und mit einem einzigen Ruck seines Kopfes richtete er seinen wasserblauen Blick direkt in die von Feli hinein. Dieser Blick hatte nichts mehr mit den Blicken von vorhin zu tun. Es war auch kein richtiges strahlendes wasserblau mehr sondern schon fast schwarz. Auch die Lachfalten waren verschwunden. Der Sturm spielte hier mit seinem langen Mantel, ließ ihn zwischen seine Beine hindurchwehen und auch sein Bart hob und senkte sich, je nachdem wie der Wind gerade stand.

Doch nun kam erst das, was der Anfang für alles bedeutete: Wie ein Schmiedehammer ließ er nun einen gänzlich unbekannten Vers verlauten, dass sich an den vorherigen Ringwortlaut knüpfte:

„Noch ein Ring, geschmiedet im verborgenem, unentdeckt von der Welt,

von unbekannten Wesen, die Wissen was im Leben zählt!

Höher als die Elben, mächtiger als die Zwerge, mutiger als die Menschen,

der Gegensatz der reinigen, erlösen und heilen soll, Körper, Seele und die Welt!

Ein Ring, rettet die Seelen aus der Qual, befreit sie von ihrem Schmerz,

denn ein jedes Wesen auf der Welt hat auch in der dunkelsten Seele noch ein Herz!"

Diesen Vers kannte Feli nicht, beim besten Willen… er war ihr gänzlich unbekannt… um es genau zu nehmen, selbst dieser Ring, den sie nun auf dem Finger trug war ihr gänzlich unbekannt. Der kam in der ganzen Geschichte nicht darinnen vor, da war sie sich sehr sicher!

Wieder starrte sie auf ihre Hand herab und nun war sie mehr als entschlossen sich nicht irgendeiner komischen Schicksalsfügung oder was immer das auch war zu beugen. Stattdessen riss sie noch einmal beide Arme empor und wie wild begann sie erneut an dem Ring auf ihrem Finger zu reißen, doch alles was es brachte war, dass ihr nun inzwischen der Ringfinger wehtat und sie einen gepressten Laut des Schmerzes von den Lippen bekam.

Doch gerade als die rechte die linke Hand los ließ, überkam sie erneut das Grauen. Sie bemerkte mit einem Mal wie sie begann zu verschwimmen, sich aufzulösen… einfach von der Welt getilgt zu werden! Und bei allem, aber das war zuviel!

Ein letztes Mal blickte sie sich nach Tom Bombadil um und flehte ihn an: „Hör auf… bitte… ich will nicht hier weg…ich will nicht! ICH WILL NICHT!"

Doch es hatte alles keinen Sinn…

Mit einem angstvollen Schrei begann sie sich nun nur noch schneller aufzulösen und schließlich mit einem einzigen Ruck verschwand sie mit dem Ring auf dem Finger ihrer linken Hand von der Welt und zurück blieb nur noch in dem nun gänzlich verwüsteten Laden Tom Bombadil.

Augenblicklich hörte der Sturm auf, die ganzen Gegenstände, die noch bis vor kurzem durch den Raum getrudelt waren krachten nun auf den Boden, klirrten und manches ging auch zu Bruch. Feli bekam davon nichts mehr mit, sie war nicht mehr in dieser Welt… sie war weg… hatte sich aufgelöst, mitsamt dem Ring auf ihrem Finger…!

Gebieterisch starrte Tom Bombadil zufrieden hoch, genau zu der Stelle hin, an der bis eben gerade Feli noch an der Decke schwebte. Ein seltsames Grinsen blitzte zwischen seinen Bart hindurch und die nun tiefschwarzen Augen wandelten sich nur schwerlich. Seine Kräfte waren verbraucht, der alte Körper schwer gebeutelt. Der Schweiß stand ihm auf die Stirn geschrieben und der Atem ging schleppend – aber er hatte das erreicht was er wollte und genau aus diesem Grund grinste er nun.

Das letzte was Tom Bombadil noch sagte, ehe er zusammenbrach war: „Es ist vollbracht…!" Dann hüllte sich auch für ihn alles in Dunkelheit ein…