Kapitel 11.
yaburu - zerreißen
Ihr Herz schlug noch immer wie ein Trommelfeuer gegen ihre Brust während durch ihren Körper gleichzeitig glühende Hitze und klirrende Kälte strömte und sie passend dazu ihren rasenden Puls am Ohr vorbeijagen hörte. Felis Atem stockte, überschlug sich, fing sich wieder um im nächsten Augenblick gleich wieder aus dem Takt zu geraten.
Sie hatte eben etwas gesehen, etwas das tief hinter diesen traurigen blauen Augen von Frodo verborgen gewesen war – und dort wohl auch verborgen hätte bleiben sollen! Eine alte und schmerzliche Erinnerung aus seiner Kindheit… wie war das noch? Hatte er seine Eltern nicht bei einem Bootsunglück verloren? Ihre eigenen verstaubten Gedanken versuchten sich die richtige Passage im Buch zusammen zu reimen, aber an diesen Abschnitt konnte sie sich nicht mehr erinnern. Verstört riss Feli ihre Augen noch weiter auf. War das denn überhaupt noch nötig oder wichtig? Sie hatte nun alles durch Frodos Augen in seiner eigenen Erinnerung gesehen, reichte das nicht? Musste sie denn jetzt auch noch genau wissen ob sie es nicht doch schon irgendwo mal gelesen hatte? Schamgefühl machte sich in ihr breit auch wenn sie vermutlich nichts dafür konnte das es ausgerechnet diese Erinnerung gewesen war die sie erblickte… oder hatte es doch etwas mit ihr zu tun dass sie genau diese Erinnerung gesehen hatte! Sie schloss die Augen ganz fest und biss die Zähne zusammen bei dem Gedanken was sie selbst vor so langer Zeit durchgemacht hatte… was ihr selbst widerfahren war, war der Erinnerung Frodos nicht ganz unähnlich, aber es gab ihr dennoch nicht das Recht einfach so in seinen Erinnerungen herum zu kramen, gewollt oder nicht gewollt spielten dabei keine Rolle…
„Feli, bist du sicher dass es dir gut geht?" raunte nun Frodo und begab sich in die Hocke um ihr noch in die Augen blicken zu können, weil diese ihren Kopf die ganze Zeit gesenkt hielt. Und auch jetzt hob sie nur zaghaft ihren Kopf, aus lauter Angst selbst jetzt, wo sie den Ring nicht mehr am Finger trug, könnten ihre Augen etwas zu sehen bekommen, was sie niemals sehen sollten und blickte unruhig zu Frodo herüber.
„Vorhin, also eben gerade, also als du Herrn Frodo so komisch angeschaut hast, da war uns schon richtig unheimlich, verstehst du Fräulein Feli! Was war mit dir los!" murmelte Sam nun aus dem Hintergrund mit den richtigen Worten ringend wie Feli beiläufig bemerkte.
„Was mit mir war? Das kann ich selbst nicht genau sagen… auf jeden Fall ist es jetzt weg, jetzt wo ich den Ring endlich vom Finger habe!" wich Feli aus. Sie konnte es einfach nicht übers Herz bringen ihnen zu sagen, was sie gesehen hatte. Das war etwas gewesen… etwas, was sie nichts anging, ein Eindringling in den Gedanken anderer! Sie kam sich vor wie das Letzte vom Letzten überhaupt…
„Warum seid ihr dann nicht davongelaufen wenn ihr euch gefürchtet habt?" murmelte Feli nun und senkte ihren Blick wieder zur Erde herab, herab auf ihre Fäuste die sich hart in den Boden stemmten.
In der rechten Faust konnte sie den Ring spüren. Der Ringfinger ihrer linken Hand hingegen pochte unentwegt mit ihren Schultern um die Wette und schemenhaft konnte sie erkennen dass der Finger dick und blau wurde…
„Wir haben keine Angst vor jemanden, der uns gerade das Leben vor den Wölfen gerettet hat und sein eigenes Leben riskierte!" raunte Frodo und streckte Feli eine helfende Hand entgegen. „Und deine Geschichte glaube ich dir nun, wenn sie auch etwas merkwürdig klingt. Aber ich und Sam haben mit eigenen Augen gesehen was du mit Hilfe des Rings mit den Wölfen angestellt hast und…"
„Wenn ich nicht hier gewesen wäre, wäre euch das gar nicht erst passiert! Wenn ich nicht hier gewesen wäre hätten euch die Wölfe gar nicht erst verfolgt." Feli blickte nun empor, vorbei an der helfenden Hand Frodos und raunte: „Zumal du es warst, der den Wolfsanführer tötete, nicht ich! Ich bin hier nur der Unglücksanziehungspunkt. Ich bin diejenige, die den Ärger anzieht." Feli setzte sich nun auf ihre Hinterbeine, hielt noch immer den Ring in der Faust der rechten Hand fest umschlungen ohne das wirklich zu wollen und starrte verzweifelt zu den beiden Hobbits herüber. „Und nicht nur ich ziehe den Ärger an, sondern auch der Ring der angeblich mir gehören soll! Er zieht das böse an, er hat aus dem Wolfsanführer eine seelenlose Hülle gemacht, die nur noch nach dem Ring trachtete! Wer garantiert euch, dass euch nicht das Gleiche passiert?" Eine kalte und kräftig zupackende Hand umschloss nun ihr Herz… was tat sie hier bloß? Wollte sie es wirklich darauf ankommen lassen, allein zurück gelassen zu werden? Irgendetwas in ihr sagte ganz leise Ja´, denn sie wollte den beiden Hobbits nicht noch mehr Ärger einhandeln, als sie es ohnehin schon getan hatte, auch wenn ihr nun die Angst bei dem Gedanken an die bevorstehenden Tage des einsamen Herumirrens die Kehle zuschnürte! Es musste einfach sein! Und so fuhr sie mit etwas festerer Stimme fort: „Ich will ganz ehrlich sein, ich bin eine Gefahr für euch, nein was sage ich, für ganz Mittelerde! Ich dürfte nicht hier sein…!" hart und kalt spürte sie nun den Ring in ihrer Faust wie er gegen ihre Haut drückte, sie regelrecht quetschte und sich in sie hinein zu brennen versuchte!
Loswerden, ich musste diesen Ring loswerden! schrie etwas in ihrem Verstand während sie langsam die Hand hob und sie hoch hielt, darauf starrte und das, was in ihrem Inneren verborgen war, am liebsten zerquetscht hätte: „Und dieser Ring… dieser Ring… ich will ihn nicht, ich wollte ihn nie… Lass ab von mir! Lass mich in Ruhe du verdammtes Schmuckstück!" rief sie nun, riss im Wutrausch und aus lauter Verzweiflung ihren rechten Arm empor und holte weit aus… wollte den Ring ganz weit von sich schleudern, irgendwo hin, wo sie ihn nie wieder finden sollte, nie wieder sehen sollte…
Doch als ihre Hand am Arm mit dem nötigen Schwung zur Seite flog, öffnete sich die Faust nicht, die Hand konnte den Ring nicht loslassen… der Ring wollte sie nicht verlassen… er wollte bei ihr bleiben, musste bei ihr bleiben… es war ihrer beider Schicksal, ob es Feli nun gefiel oder nicht und sie konnte nichts dagegen tun, das wurde ihr nun ein für allemal klar…
Verdattert und hilflos starrte Feli auf die Faust, in der der Ring noch immer verborgen war und verstand: Sie konnte sich nicht mehr von dem Ring befreien. Er gehörte entweder wirklich ihr oder sie trug ihn schon zu lange bei sich…
„Warum…?" fragte Feli tonlos und ließ die Faust in ihren Schoss herabsinken während sie ihre Augen niederschlug und sie ins leere starren ließ. „Ich kann ihn nicht einmal wegwerfen… bin ich denn so schwach!"
Kaum das sie sich getraute nach oben zu blicken oder überhaupt eine Antwort erwartete. Die beiden Hobbits hatten garantiert schon leise das Weite gesucht, waren auf und davon. Sie hatte den beiden wohl noch mehr Angst eingejagt und irgendwie war sie glücklich darüber. So konnte sie wenigstens keinen Schaden mehr anrichten…
Erstaunt riss sie jetzt jedoch ihre Augen auf als sie plötzlich die beiden kleinen Hände Frodos auf ihrer rechten Faust ruhen sah und blickte verwundert und mit etwas tränenerstickten Augen empor. „Ihr seid… noch da!" raunte sie nun mit brüchiger Stimme während Frodo und Sam mit ihren ruhigen Augen herüberschauten.
„Feli, der Wolf war schon von Bösartigkeit und Zorn gegen alles und jeden zerfressen! Wenn du es mit dem Ring nicht gewesen wärest, wäre es irgendeine andere Macht nach der er getrachtet hätte. Seine unreine Seele war leicht zu verwirren gewesen und sein Rudel kann von Glück reden, dass es ihn los ist…!" „Aber… Frodo…" versuchte Feli doch der ältere Hobbit fuhr fort: „Ich weiß was du jetzt sagen willst, ich sehe es in deinen Augen, aber es gab keinen anderen Weg als ihn zu töten! Nichts und niemand hätte ihn zurückgeholt…!"
„Aber…" versuchte Feli es erneut doch nun wurde sie von Sam unterbrochen. „Mach dir keine großen Gedanken mehr darum…! Es ist geschehen und jetzt lässt es sich sowieso nicht mehr rückgängig machen, oder was sagt ihr Herr Frodo!"
Dieser drehte sich ein Stück nach hinten und nickte Sam zu. Feli indessen fühlte wie ihre rechte Faust immer wärmer wurde, durch Frodos Hände. Irgendwie spürte sie, dass sie nun nicht mehr allein war und dass dieser Hobbit sie wohl doch besser verstand als er es jetzt zugeben wollte. Und noch etwas wurde ihr klar, egal was sie auch versuchen würde, die beiden Hobbits würden sie jetzt erstmal nicht mehr allein lassen – worüber sie bei aller Sorge doch froh war!
„Wir lassen dich hier schließlich nicht einfach zurück!" raunte nun Frodo aufmunternd und Feli rang sich ein kleines, dankbares Lächeln ab.
Konnte er vielleicht auch noch Gedanken lesen, so wie ich? Schoss es ihr kurz durch den Sinn, aber sie verwarf diesen Gedanken so schnell wie er gekommen war…
„Danke ihr beiden!" raunte Feli und ergriff die ausgestreckte rechte Hand Frodos, an der der dritte Finger fehlte…
Als sie nun endlich nach so langer Zeit wieder auf ihren eigenen wackeligen Füßen stand konnte sie ihre Hand dazu zwingen ihren Inhalt preis zu geben. Angewidert starrte sie auf den blutbesudelten Ring herab und glitt sich gedankenverloren über die Schultern genau über die tiefen Wunden der Wolfsklauen. Es schmerzte schon lange nicht mehr so stark wie noch kurz zuvor, aber etwas anderes kam ihr dabei in den Sinn…
Sofort ließ sie den Ring der sich nun, da Feli den Wunsch aufgegeben hatte den Ring weg zu werfen, ohne irgendwie aufzumucken in die Hosentasche gleiten um die Hände frei zu bekommen. Mit der gleichen Bewegung glitten beide Hände empor und begannen den Knoten an ihrem Hals zu lösen. Ein zuckender Schmerz entglitt dem linken Ringfinger und Feli seufzte. Wenigstens würde sie den Ring jetzt so schnell nicht mehr aufsetzten können. Noch während sie den in aller Hast zu fest zugeschnürten Knoten löste, beobachtete sie Frodo dabei wie er all ihre Sachen zusammensammelte und Sam wie er die Fackel nach so langer Zeit wieder in ein ordentliches Feuer verwandelte. Dabei sah Feli erst, dass auch ihre Schultasche ganz schön einen abbekommen hatte. Überall hinten Fetzen herunter und ein klaffendes Loch befand sich an der kleinen Außentasche, genau dort wo sie jeden Morgen ihr Wurstbrot hineinstopfte – kein Wunder dass die Außentasche aufgeschlitzt worden war. Die Wölfe hatten wohl den abgestandenen Wurstgeruch in die Nase bekommen und schon fette Beute gewittert. Schon jetzt versuchte sie sich zu überlegen was sie ihrer Mutter sagen sollte, wenn sie mit solch einer ramponierten Tasche nach Hause kam, aber andererseits würde sie garantiert noch Gelegenheit dazu bekommen sie wenigstens notdürftig zu flicken…
„Frodo!" rief nun Feli und dieser drehte sich zu ihr herum während sie langsam näher kam.
„Dein Umhang, den hatte ich immer noch um! Danke, er hat sehr warm gehalten!" Mit diesen Worten faltete sie den Umhang ordentlich zusammen und reichte ihn an Frodo weiter.
Sam, dem das natürlich nicht entgangen war, kam indessen näher. „Und ich frage mich die ganze Zeit wo Herr Frodos Umhang abgeblieben sein mag, dabei hattest du ihn… aber wie kommst du zu Herrn Frodos Umhang!" misstrauisch blickte Sam nun von einem zum anderen während Frodo sich den vermissten Umhang über die Schultern warf.
„Ich hab ihn Feli heute Nacht gegeben, als ich Wache hatte!" sagte der ältere Hobbit leichthin während Feli sich abwandte und zu ihrem Rucksack herüberschwankte ohne sich dabei das Grinsen verkneifen zu können als sie Sams Antwort darauf hörte: „Und ihr, Herr Frodo, friert euch einen ab! Ihr hättet meinen Umhang nehmen sollen, wenn ihr schon euren unbedingt verschenken müsst!"
Notdürftig flickte Feli nun die ganzen Fetzen mit Sicherheitsnadeln aus dem Haushaltsunterricht. Wenigstens so, dass nichts herausfallen kann! überlegte Feli und band sich den Rucksack um, nur um zu testen, ob alles so hielt, wie sie es sich dachte. Als selbst nach mehrmaligem Wackeln mit dem Rücken noch immer alles an seinem Platz war, grinste Feli zufrieden und ging langsam zu Sam und dem wärmenden Feuer herüber, dass er erst vor wenigen Minuten in Gang gebracht hatte. Frodo sammelte noch immer die Gegenstände wie Kochtöpfe und Holz, das die Wölfe bei ihrem Angriff durch die Gegend geschleudert hatten, zusammen. Aus Respekt und Ehrfurcht hatten sie ihr neues Lager ein gutes Stück entfernt aufgeschlagen, auch weil keiner von ihnen das dringende Bedürfnis verspürte die toten und glasigen Augen der Wölfe länger als nötig zu sehen.
„Diese elenden Bettvorleger, greifen uns an und machen unser ganzes Lager dem Erdboden gleich!" raunte Sam und hielt seine kalten Hände dem Feuer entgegen. Feli tat es ihm gleich, sagte aber nichts dazu. Das prasseln des Feuers beruhigte beide gleichermaßen und Feli spürte wie ihre kalten Glieder langsam wieder auftauten, aber noch etwas anderes taute auf… sie brauchte nur tief Luft zu holen und sie wusste was es war… der metallene Geruch von Blut der noch immer an ihrem Top und teilweise an ihrer Haut klebte!
„Sam, hier in der nähe war doch ein kleiner Bach, oder!" murmelte Feli nun und der jüngere Hobbit blickte auf. „Ja, hier gibt es einen… du musst einfach nur durch die Bäume", seine Hand deutete nach links, in den dunklen Wald hinein, "Und dann nur noch ein paar Schritte, dann hörst du ihn schon… aber was willst du dort!" fragte er als Feli sich erhob und genau in diese Richtung schritt. Halb drehte sie sich zu dem Hobbit herum. „Ich geh mich nur kurz waschen, dieser Blutgeruch macht mich halb wahnsinnig!" Doch kaum hatte sie diesen Satz ausgesprochen, sprang Sam auf und war schon im nächsten Augenblick neben ihr.
„Ähm…was hast du vor!" begann Feli doch sie sollte eine Antwort darauf erhalten: „Herr Frodo hat mir aufgetragen, dass ich dich von nun an nicht mehr alleine irgendwo hingehen lassen soll, solange er nicht da ist, und genau das werde ich nun tun!"
Feli fiel aus allen Wolken, das durfte doch einfach nicht wahr sein!
„Bitte was! Sam, ich werde alleine zum Bach gehen und mich waschen, egal was Frodo gesagt hat! Die Wölfe werden schon nicht wiederkommen!"
„Die Wölfe nicht, aber andere böse Wesen die den Ring haben wollen! Du hast keine Ahnung was hier in den Wäldern herumstreift, Feli, Mensch-von-der-Erde!" antwortete er ruhig aber bestimmend und Feli holte tief Luft um Zeit zu gewinnen. Erstmal ganz ruhig bleiben. Es ließ sich bestimmt etwas finden, dass es Sam unmöglich machte mitzukommen.
„Ähm, Sam… dein Feuer wird aber ausgehen während wir weg sind… ich glaub ich gehe doch lieber alleine!" sagte sie mit einem triumphalen Grinsen auf den Lippen und versuchte sich gerade an Sam vorbei zu mogeln, als sich dieser ihr in den Weg stellte.
„Dann mach ich halt ein neues Feuer an, das macht mir nichts aus! Und dich werde ich nicht alleine gehen lassen!" Das gewitzte Grinsen in Sams Gesicht war übergroß als er gemütlich die Arme vor der Brust verschränkte und zu Feli empor sah.
Unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung! kam es Feli in den Sinn und rollte entnervt mit den Augen. Und mindestens genauso Stur wie ich, na das wird ja noch was!
„Sam hör mal, ich bin nur 2 Minuten weg. Nur schnell zum Bach, kurz waschen und schon bin ich wieder da und wenn was ist Schrei ich halt. Ihr werdet mich schon hören…!"
„Kommt nicht in die Tüte! Entweder komm ich mit oder wir bleiben beide hier!" erwiderte Sam und Feli schoss der Einfall durch die Gedanken ihn einfach schnell über den Haufen zu rennen, aber das brachte sie dann doch nicht fertig zumal er sich schnell aufrappeln und ihr so schnell es nur geht folgen würde und da er wusste wo sie hinwollte, war das eine Idee ohne Rückrad.
„Hey, was ist denn hier los? Man könnte ja meinen ihr geht gleich aufeinander los!" meinte Frodo belustigt als er mit Töpfen klappernd zwischen ein paar Bäumen hervortrat und nun im flackernden Schein des Feuers stehen blieb.
Während er langsam die Töpfe abstellte musterte er die beiden als Feli begann zu sprechen. „Hast du ihm gesagt er soll mir überall hin folgen, solange du nicht in der nähe bist!" Dabei deutete sie auf Sam, der nun mit einer Unschuldsmine seine Hände in die Hosentaschen gleiten ließ.
Irritiert glitt nun der Blick Frodos von einem zum anderen während er sich aufrichtete und langsam näher kam. „Ich hab nur gesagt er soll ein bisschen auf dich aufpassen, aber was…!"
„Herr Frodo, sie will sich unbedingt waschen gehen, alleine waschen gehen! Und ich will sie halt nicht alleine gehen lassen, so wie du es mir gesagt hast!" mischte sich nun Sam ein und nickte mit dem Kopf in Felis Richtung.
„Aber ich werde ja wohl gerade noch alleine bis zu einem Bach kommen, mich alleine waschen und allein wieder zurückkommen!" rief nun Feli aufgebracht. „Nur weil ich einen Ring habe hinter dem alle möglichen Wesen her sind, lass ich mich nicht unter ständige Beobachtung stellen! Ich brauch keinen Babysitter!"
„Feli, so war das doch auch gar nicht gemeint…" begann Frodo zu schlichten doch Feli hatte genug. Wütend stampfte sie an den beiden vorbei und verschwand zwischen den Bäumen im Unterholz. „Ich geh alleine, Basta! Und wehe euch einer kommt mir hinterher!"
„Fräulein Feli, warte doch!" rief Sam und wollte ihr tatsächlich folgen, doch Frodo hielt ihn zurück.
„Lass sie, ich weiß wie sie sich fühlt. Ich wollte ihr damit eigentlich einen Dienst erweisen, mich irgendwie erkenntlich dadurch zeigen, allein schon weil sie sich hier nicht auskennt, aber damit bin ich wohl gescheitert."
Sam drehte sich nun zu seinem Freund und Herren herum und konnte beobachten wie dieser nun seinen Kopf sinken ließ und unruhig mit den Fingern an seinem Hals herumnestelte, genau an die Stelle, an der er den einen Ring immer getragen hatte und wo nun nur noch eine kleine Kette hing, die er sich mit fahrigen Bewegungen aus seinem Ausschnitt herauskramte. Sam machte dieser Anblick traurig und Wütend zugleich. Wut auf Feli und Traurigkeit wegen seines Herren und Freundes großer Last, die ihn immer noch nicht in Ruhe ließ. Schnell ergriff er seine beiden Hände um zu verhindern, dass er wieder in Agonie verfiel wenn die Erinnerung an den Einen zu ihm durchdrang.
„Wer sich nicht helfen lassen will, der muss allein zurecht kommen!" murmelte Sam und schob Frodo langsam Richtung Feuerstelle um ihn auf andere Gedanken zu bekommen. „Jetzt will ich mir endlich mal deine Wunden ansehen, Herr Frodo, und mal sehen ob ich dafür noch ein bisschen Kraut habe damit es bald besser wird…!"
„Lass aber ein bisschen Kraut übrig!" unterbrach Frodo, der einmal seufzte und Sams Händedruck so gut es ging erwiderte. Sam verstand während er langsam den morgendlichen Tau, dem eine heilende Wirkung nachgesagt wird, von den Gräsern pflügte um damit Frodos Wunden erstmal zu reinigen…
„Ich brauche keinen Babysitter… ich komm sehr gut allein zurecht!" murmelte Feli zu sich selbst und blieb mit einem mal abrupt stehen. Tief atmete sie ein und aus. Sie kam allein zurecht? In ihrer EIGENEN Welt würde sie in solch einer Situation nicht mal allein zurecht kommen, wie konnte sie nur so dumm sein? Was hatte sie bloß so wütend gemacht? Hatte der Ring etwa schon jetzt soviel Macht über sie, dass er schon begann seine Kraft zu entfalten wenn sie ihn NICHT aufgesetzt hatte? Das durfte doch einfach nicht wahr sein…!
Es tat ihr nun Leid, um ihre Worte, ihre Gedanken und…
Langsam drehte sie sich herum, blickte zu dem schemenhaften Feuerschatten, der zu ihr herüberschwappte und seufzte während sie bereits den Bach ganz in der nähe plätschern hörte. Sie wollten ihr doch nur helfen und hatte sie nicht erst vor nicht mal einer halben Stunde Blut und Wasser geschwitzt allein durch Mittelerde zu irren?
„Dumme Nuss!" schalt sie sich selbst und drehte sich langsam dem plätschern des Baches entgegen. Trotz allem, sie wollte das Blut von ihrer Haut bekommen. Vielleicht war es ja das Blut das sie so verrückt spielen ließ? Sie konnte sich jedenfalls nicht daran erinnern jemals in ihrer Welt so etwas Dummes getan zu haben. Noch etwas fiel ihr ein, beim Geruch von Blut war sie bisher noch nie so ausgerastet und so sehr angewidert wie in dieser einen Nacht hatte es sie auch noch nie…
Sie würde sich nachher bei den beiden Entschuldigen, soviel stand fest, überlegte Feli als sie endlich den Bach erreichte und sich auf die Knie herabsinken ließ und sofort beide Hände zu einer Schale geformt in die schwarze stetig plätschernde Oberfläche gleiten ließ. Das Wasser war kalt, eiskalt! Feli fröstelte etwas, doch gleichzeitig kühlte es auch etwas ihr Gemüt während sie sich dieses klare und reine Wasser ins Gesicht spritzte. Ein erleichterter Seufzer entglitt ihr als sie begann das ganze Blut von ihrem Hals und Dekolteé zu entfernen. Ein wenig zog sie das Top von ihren Schultern und begann die Wunden rein zu waschen. Gelegentlich zischte sie zwischen ihren Zähnen hindurch, doch das Wasser beruhigte schnell alles. Als nächstes hielt sie ihren nun blauen und dicken linken Ringfinger ins Wasser getaucht. Er war heiß und pochte noch immer, aber immerhin nicht mehr ganz so schlimm wie vorhin und das Wasser tat sein übriges…
Allmählich wich nun auch endlich die Hochspannung aus den Muskeln und sie sank vollkommen entspannt in sich zusammen während sie die Augen geschlossen hielt und spürte, wie das Wasser langsam auf ihrer Haut trocknete. Sie fröstelte zwar in diesem etwas feuchten Top, doch es machte ihr wenig aus.
Am Feuer wird es schnell wieder trocken! tröstete sie sich selbst während sie langsam wieder ihre Augen öffnete und das Spiegelbild des Mond auf der Wasseroberfläche sachte wanken sah. Bis auf das plätschern des Baches und dem Zirpen der Grillen war hier nichts zu hören. Doch, wenn man sich anstrengte konnte man noch das Gras unter der Last des Taus knirschen hören. Felis Herz und Seele beruhigten sich wieder während eine Hand ihr in die Hosentasche glitt und den Ring hervorzog. Auch er war Blutbesudelt und verfluchtes Schmuckstück hin oder her, säubern musste sie es allemal.
Also sah sie zu dass sie es schnell hinter sich brachte, legte den Ring auf ihre flache Hand und tauchte ihn hinein in den Bach, rieb ein bisschen daran und tatsächlich, das Blut ließ sich ganz leicht abwaschen. Zufrieden wollte Feli den Ring gerade wieder aus dem Bach ziehen, als sie mit einem mal etwas bemerkte. Er begann wieder Größer zu werden, allmählich nahm er wieder die ursprüngliche Größe an die er hatte, als er noch in Tom Bombadils Laden lag. Ist das lange her…! schoss es Feli durch den Kopf während sie langsam den Ring aus dem Wasser zog und da geschah es. Grell und heiß schossen nun Schriftzeichen auf der Außenseite des Rings hervor und umrundeten ihn vollkommen. Feli kniff zuerst die Augen zusammen, sie war so grelles Licht nicht mehr gewohnt und als sie endlich den Mut fand wieder hinzusehen, verblassten die Schriftzeichen schon wieder. Schnell drehte sie den Ring und versuchte noch irgendetwas zu entziffern, irgendetwas zu erkennen, doch leider konnte sie diese Schrift nicht lesen.
Wie sollte es auch anders sein! dachte Feli müde. Es war zwar angeblich ihr Ring und trotzdem kannte sie die Schrift darauf nicht. Langsam richtete sie sich auf und rieb den Ring gerade an ihrer Kleidung trocken als ihr etwas einfiel: Saurons Ringschrift wurde doch im Feuer offenbart… ihre anscheinend im Wasser! Waren dass denn elbische Schriftzeichen gewesen? Sie widerstand der Versuchung den Ring noch einmal ins Wasser einzutauchen. Für eine Nacht waren das schon zu viele neue Eindrücke. Morgen früh würde sie sich noch einmal damit beschäftigen. Jetzt wollte sie nur noch zurück und sich selbst Schlaf gönnen. Ihre Glieder schmerzten erbärmlich und sehnten sich nach ruhe und Feli selbst war mehr als gewillt ihnen dieses zu gönnen.
