Kapitel 13.
kiso – Grundlage, Fundament
„Feli…? Feli…! Wach doch auf…!" Sie spürte, wie jemand fest an ihren Schultern rüttelte um sie wach zu bekommen, doch sie wollte nicht aufwachen. Sie wollte noch nicht in die Schule… sie musste doch noch für die Prüfung lernen! Weiterlernen! Sie musste doch aufpassen damit die Wölfe nicht kamen…
Mit einem Ruck war sie nun wach, richtete sich Kerzengerade auf. „Nicht eingeschlafen, ich bin wach!" rief sie so laut sie konnte.
Sam, der sich über sie gebeugt hatte und noch mit einer Hand eine ihrer Schultern festhielt, ließ nun los, wich erschrocken zurück, verlor dabei das Gleichgewicht und landete unsanft auf seinem Hintern.
„Aua!" rief er empört und rieb sich sein gut gepolstertes Hinterteil. „Musst du aus allem immer so ein Drama machen?"
Verwirrt starrte Feli ihm in die Augen und registrierte noch nicht einmal richtig, dass es schon hell war und stammelte: „Was ist denn los! Warum weckst du mich?"
Empörung war nun in den Worten von Sam zu hören der, während er aufstand, antwortete: „Wir haben bereits weit nach Sonnenaufgang, wertes Aufpasserin vom Dienst, die natürlich wider erwarten eingeschlafen ist und passiert ist zum Glück nichts! Aber so schnell werden wir dich nicht mehr als Wächterin einsetzten, dass kann ich dir versichern!"
Feli hörte den Vorwurf daraus und sank wieder in sich zusammen. Einerseits weil sie erleichtert war, dass nichts passiert war diese Nacht, trotz dessen, dass sie eingeschlafen war und zum anderen weil sie überlegte was sie darauf antworten sollte.
„Ja Sam, es tut mir Leid… ich bin eingeschlafen!" stellte sie schließlich ergeben fest und ein lang gezogenes Gähnen erfüllte die Luft während sie ihre schmerzenden Glieder streckte um sie aufzulockern. Dabei fiel ihr Blick auf das Rechnungswesenbuch, das nun mit der Innenseite voran im Dreck lag. Von wegen bei diesen schweren Aufgaben kann man nicht einschlafen… sie war nicht mal über Seite 86 hinausgekommen…
Ärgerlich nahm sie es auf und wischte die feuchte Erde von den aufgeschlagenen Seiten.
„Was ist denn das überhaupt für ein merkwürdiges Buch!" fragte Sam, der neugierig näher kam während Feli es zuklappte. „Das ist ein Buch in dem Aufgaben drin stehen, die wir niemals im wirklichen Leben lösen oder brauchen und sie trotzdem lernen müssen, damit wir beweisen können, dass wir doch nicht so dumm sind wie es den Anschein hat!" gab sie zur Antwort und stand mit wackeligen Beinen auf.
Sam starrte zuerst das Buch, dann Feli und dann wieder das Buch an. Er schien nicht ganz verstanden zu haben was sie meinte und hinter seiner in Falten gelegten Stirn versuchte er zu ergründen, ob das was Feli ihm gerade gesagt hatte vielleicht sogar eine Beleidigung gewesen sein könnte.
Feli musste bei diesem Anblick lächeln und in seinem Blick konnte sie erraten was in ihm vorging. Aus diesem Grund hielt sie ihm das Buch entgegen. „Wenn du magst kannst du es dir ansehen. Ich hatte es mir während der Nachtwache genommen um nicht einzuschlafen, aber irgendwie übermannte mich doch der Schlaf…!" gab sie entschuldigend zu.
Neugierig streckte Sam seine Hände nach dem Buch aus und ergriff es. Während er begann darin zu blättern raunte Feli: „Ich glaube aber ich bin nicht schlau genug um wirklich alles beherrschen zu können, was in diesem Buch steht…!"
Sam sah zwischen den Seiten des Buches empor. „Ich verstehe von diesen ganzen Zahlen und dieser merkwürdigen Schrift überhaupt nichts, Fräulein Feli!" gab er bedauernd zu und reichte es mit den Worten an sie zurück: „Aber eines kann ich dir versichern, ich wäre sicherlich vor Langeweile dabei eingeschlafen!"
In diesem Augenblick kam Frodo zurück mit einer ganzen Tasche voller Beeren, die wohl ihr Frühstück darstellen sollten, und sah sich erfreut nach Feli um. „Endlich aufgewacht? War ja klar dass das passiert!" meinte er wissend und kam auf das neu entfachte Feuer zu.
Feli spürte bei diesen Worten einen Fels in ihrer Magengegend und senkte betreten den Kopf um das Rechnungswesenbuch eilig wieder in ihren Rucksack hineinzustopfen.
„Tut mir Leid!" gab Feli nun zu und zwang sich dazu in ihren Rucksack hineinzustarren und die Bücher neu zu sortieren was eigentlich völlig sinnlos war, denn dadurch wurde der Rucksack auch nicht leichter.
„Naja, es ist nicht ganz so schlimm. Es ist ja nichts passiert und ich bin auch wider erwarten nicht aufgewacht um dich abzulösen…!" „Und ich genauso wenig Herr Frodo!" beeilte sich Sam zu sagen und Feli blickte langsam von ihrem Rucksack auf. Gerne wäre sie jetzt erleichtert gewesen, doch das war sie nicht. Noch war nicht alles aus der Welt geschafft, noch waren die Wölfe hinter ihnen her und so wie es aussah würde sie wohl um die nächste Nachtwache kämpfen müssen, denn sie sah dass die beiden ihr in dieser Sache nicht mehr vertrauten…
Kurze Zeit später saßen alle um das kleine Feuer herum und aßen die Beeren, die Frodo gesammelt hatte. Feli betrachtete sie sich. Ein klein wenig hatten sie Ähnlichkeit mit den Heidelbeeren aus ihrer Welt. Sie waren genauso blau, doch viel Größer und sie schmeckten viel süßer, mehr wie Erdbeeren und wenn man eine ganze Handvoll davon aß, breitete sich ein wohliges Gefühl im Magen aus. Beruhigend und sättigend zugleich.
Feli blickte auf. „Wie heißen diese Beeren eigentlich und wo wachsen sie!" fragte sie beide Hobbits gleichermaßen und Frodo sah herüber zu Sam, der sich bereits räusperte.
„Sie wachsen an Sträuchern, knapp über der Erde und wir Hobbits nennen sie blaue Waldbeeren, denn die Sträucher gedeihen nur zwischen Bäumen, geschützt vor zuviel Sonne und genährt vom wässrigen Boden des Mooses am Waldboden. Sie sind sehr wohlschmeckend, man kommt mit wenig aus und sie machen sehr schnell satt!" ein wissendes Grinsen breitete sich nun auf seinem Gesicht aus und Frodo nickte anerkennend. „So gut kann das nur Samweis Gamdschie in wenige Worte fassen. Der geborene Gärtner!"
Sam wurde etwas rot um die Nase und winkte ab. „Jedenfalls sind sie nützlich wenn man im Wald unterwegs ist." meinte er ausweichend während Feli sich grinsend noch eine Beere in den Mund schob.
„Aber eines sag ich dir, Fräulein Feli, sieh das als beginn unserer kleinen Pflanzenkunde an. Wenn du einmal gefragt hast werden wir dir alle möglichen Pflanzen erklären, die unseren Weg kreuzen werden!" sagte nun überraschend Frodo und wedelte mit dem Zeigefinger durch die Luft.
„Ich bin schon sehr gespannt!" antwortete Feli höflich und unweigerlich kam ihr eine Szene wieder in den Sinn. Die Szene gestern mit dem Wolf Telda der sie auf diese giftige Pflanze hingewiesen hatte in die sie beinahe hinein getreten war. Nichts weiter als Unkraut war das gewesen, da war sie sich fast sicher, aber dennoch, sie wollte die beiden Hobbits fragen, wenn ihr diese Pflanze noch einmal unter die Augen kam, um ganz sicher zu gehen.
Schweigen breitete sich nun zwischen den Dreien aus, jeder saß einfach da, aß die Beeren und trank das Wasser, das Sam geholt hatte, und Starrten ins Feuer. Um sie herum konnte Feli die Vögel singen hören, das Geäst der Bäume knacken und knirschen, die Blätter im Wind rauschen und die Kälte der Nacht war auch bereits vertrieben. Die Sonnenstrahlen kitzelten bereits auf ihrer Haut und die reine Luft durchströmte ihre Lungen. Gedankenverloren starrte Feli ins Feuer und lauschte dem knisternden Geräusch als Frodo begann sich zu räuspern. Sam und sie blickten auf, sahen nun in das ernste Gesicht das Frodo aufgesetzt hatte und Sam fragte Grund heraus: „Was ist Herr Frodo? Ihr schaut besorgt aus?"
„Ich habe nachgedacht!" sagte dieser nun ohne auf Sam einzugehen und schaute nun von einem zum anderen. „Es gibt eine Sache, die geht mir nicht mehr aus dem Sinn und das ist was die Wölfe zu dir gesagt haben, Feli!" Der Blick blieb schließlich bei ihr hängen und in ihr verkrampfte sich alles. Irgendwie ahnte sie bereits, was jetzt kam und es schien als wäre ihre Antwort dazu ihm sehr wichtig.
„Feli, du hast doch mit dem Wolfsanführer gesprochen und aus ihm herausbekommen, dass Orks hier hindurch gezogen sind, vor kurzem. Während des Kampfes konnte ich nicht mehr fragen, deshalb frage ich jetzt und deine Antwort wird ausschlaggebend sein, wohin unsere weitere Reise uns führt. Du sagtest mir doch, dass sie Richtung Dunland davon sind, doch du warst nicht sehr davon überzeugt. Ich konnte den Worten des Wolfes nicht lauschen, und so frage ich: Hat er noch mehr gesagt, hat er weitere Vermutungen angestellt…? Sind sie vielleicht doch Richtung Bree und somit Richtung Auenland gegangen? Wenn ja, dann müssen wir sofort umkehren, ohne Widerworte, ohne großes Drumherum, wenn sie aber in eine andere Richtung abgewandert sind, dann können wir erstmal beruhigt unseren Weg fortführen. Also Feli, wie lautet deine Antwort!"
Seine Augen ruhten angespannt aber fest auf denen Felis und ihr kamen die Gedanken wieder in den Sinn, die sie in diesen Augen gesehen hatte. Seine Gedanken…
Schnell lenkte sie den Blick zu Sam herüber, der sogar noch Angespannter zu ihr herüberstarrte und geradezu verzweifelt auf eine Antwort wartete.
Sie konnte diesen Blicken nicht standhalten und so wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Feuer zu. Langsam begann vor ihrem geistigen Auge das, was in der Nacht geschah wieder aufzuleben und sie versuchte sich den Wortlaut des Wolfes in Gedanken zu rufen.
Was hatte er noch mal gesagt? Dass Orks hier hindurch gezogen waren und ihnen sämtliche Beute gerissen hatten, die sie sonst für sich beanspruchten. Während des Kampfes, so kam es ihr in den Sinn, hatte sie zwar gesagt dass es vor kurzem war, aber das basierte lediglich auf einer Vermutung. Es konnte schon Wochen oder gar Monate her sein…und was sagte der Wolf noch? Dass sie jetzt bereits schon bei der Pforte Rohans sein könnten?
Feli blickte empor. Konnte es nicht auch sein, dass, wenn die Orks hier vor kurzem hindurch gezogen waren, sie ihnen begegnen hätte müssen! Aber andererseits, Orks benutzten keine Straßen, keine Pfade. Sie trampelten einfach so durchs Gelände um an ihr Ziel zu kommen.
Die blicke der beiden Hobbits brannten nun förmlich auf ihrer Haut und sie begannen ungeduldig zu werden, das spürte Feli. Schnell senkte sie den Blick und dachte noch ein letztes Mal darüber nach, dieses Mal über ihre eigene Situation. Wenn ihre Antwort nun dafür sorgte, dass sie umdrehten, dann würde ihre Heimreise in noch weiterer Ferne liegen als sie es ohnehin schon tat!
Wenn ich nun einfach… einfach sage, dass sie auf jeden Fall Richtung Rohan davon sind… dann würden wir unseren Weg nach Bruchtal fortsetzen und… Feli erschrak, was dachte sie sich eigentlich dabei so etwas überhaupt zu überlegen? Sie konnte doch nicht einfach so die beiden Hobbits wie es ihr passte nach Bruchtal wandern lassen, wenn ihre Heimat gerade dem Erdboden gleich gemacht wurde. Andererseits, wie weit konnte man dem Geschwätz dieses Wolfes trauen…
„Feli, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, so sehr ich es auch bedauere, aber ich brauche jetzt eine Antwort!" kam es nun schneidend von Frodo und die Angesprochene blickte erschrocken auf. Sie hatten sowieso schon soviel Zeit verloren und sie überlegte hier noch großartig herum, aber es war noch lange kein Grund sie so anzuschnauzen, dachte Feli beleidigt, nahm sich aber zusammen.
„Entschuldigung, ich habe noch einmal die Nacht und das Gespräch Revue passieren lassen!" murmelte sie kleinlaut und begann: „Also, er sagte zu mir, dass sie die Orks Richtung Dunland davon stampfen sahen und er meinte noch, dass sie jetzt vielleicht schon nahe der Pforte Rohans sein könnten, so wie ich es dir auch schon des nachts gesagt habe, aber er sagte auch, dass er das nicht genau wisse, denn man kann einen Ork nicht einschätzen wenn er keinen Herren mehr hat, der ihm Befehle erteilt, wohin er sich als nächstes wenden wird. Mehr hat er nicht gesagt! Folglich könnten sie überall und nirgendwo zugleich sein" schloss sie und konnte Frodo schwer seufzen hören während er seinen Blick dem Feuer zuwandte.
Feli lenkte den Blick unsicher zu Sam herüber, der unruhig seine Finger knetete und ebenfalls ins Feuer starrte während Frodo nun die Arme verschränkte. Für Feli sah es wie ein innerer Kampf aus, den er gerade mit sich rang und sie getraute sich nicht irgendetwas in diese angebrochene Stille hinein zu sagen. Jedenfalls beruhigte sie ihr Herz damit, dass sie auf jeden Fall die Wahrheit gesagt hatte und egal wie die Entscheidung Frodos ausfiel, sie würde ihn auch zurück nach Hobbingen begleiten wenn es sein musste! Die Hobbits hatten schon so viel für sie getan, sie würde die beiden nicht im Stich lassen!
Einer für alle, alle für einen , dachte sie und musste, trotz der Anspannung in der Luft innerlich Lächeln. Dieser Satz stammte aus den Drei Musketieren, passte aber auch sehr gut in diese Situation hinein…
„Feli, was ist denn deine Meinung? Du hast den Wolf gehört, du hast seinen Tonfall gehört, kann es Wochen her sein, kann es Monate her sein? Wie schätzt du das ein!"
Feli, völlig aus ihren Gedanken gerissen, blickte auf, blinzelte erstaunt und registrierte dass Frodo mit gesenktem Kopf, noch immer verschränkten Armen und nun geschlossenen Augen dasaß und sein kleiner Körper unter der Anspannung bebte.
„Aber Herr Frodo, wieso … wieso fragst du noch? Warum gehen wir nicht einfach zurück!" warf nun Sam ein und erntete von Frodo ein Kopfschütteln.
„So einfach ist das nicht, Sam!" sagte er und blickte auf. „Wir beide haben den Wolf nicht gehört, das hat nur Feli und sie ist die einzige, die nun einschätzen kann ob der Wolf gelogen hat oder nicht! Des Weiteren, wenn wir jetzt zurückkehren und es ist alles in Ordnung im Auenland, dann verlieren wir sehr viel Zeit und können nicht mehr am Rat teilnehmen, der für uns genauso wichtig ist wie auch für Feli, die endlich wissen will wie sie wieder nach Hause kommt…!" Hier unterbrach Feli: „Nein, nein, denkt dabei jetzt nur nicht an mich! Ich kann auch warten. Ein paar Wochen mehr oder weniger, was ist das schon? Dann kann ich mich wenigstens erkenntlich zeigen!" Es war leicht daher gesagt, doch in Felis Magengegend begann es, trotz der beruhigenden Wirkung der Beeren zu rumoren und beinahe hatte sie das Gefühl, dass sich ein riesiges großes Loch in ihr auftat und alles in ihr von innen verschlungen wurde und die Angst die sich bei dem Gedanken ihr zuhause vielleicht nie wieder zu sehen auftat, war gewaltig erdrückend…
Doch noch einmal beobachtete sie Frodo beim Kopfschütteln und er meinte: „Nein, du gehörst jetzt genauso zu uns und deine Meinung ist auch wichtig, ebenso auch deine Angelegenheiten, deshalb hab ich dich in meine Überlegungen mit einbezogen!"
Feli war mehr als überrascht Mitspracherecht dazu gewonnen zu haben, zum trotz dessen, dass sie bei der Nachtwache eingeschlafen war und trotz dessen, dass sie ihnen nur die halbe Wahrheit gesagt hatte… Sie fühlte sich auf einmal sehr elend und kam sich vor wie so ein fieses Monster in Menschengestalt die die Hobbits nur ausnutzte…
Schnell wich sie dem Blick Sams aus sah wieder ins Feuer hinein: „Ich hab dir schon während des Kampfes gesagt, dass ich dem Wolf sein Geschwätz nicht abgekauft habe. Es kann sein dass es hier Orks gab die hier durchgezogen sind, aber wann… das vermag ich nicht mal am Tonfall des Wolfes abzuschätzen. Es kann sein dass sie hier vor Monaten durchgezogen sind, es kann auch sein dass es nur Wochen waren, es kann auch sein, dass der Wolf uns nur Angst einjagen wollte, speziell euch beiden, und sich alles nur ausgedacht hat. Immerhin war er wohl schon so sehr vom Ring besessen gewesen, dass er wohl alles gesagt und getan hätte um uns Angst einzujagen und an sein Ziel zu kommen…!" Feli hielt inne, sie konnte plötzlich Frodo schwer Atmen hören und sofort blickte sie auf, beobachtete nun mit erstaunen wie er an seinem Kragen herumnestelte und seine Kette hervorzerrte an der er nun unruhig begann zu spielen. Seine Augen wurden abwesend, sein Blick war ans Feuer gefesselt…
„Herr Frodo!" rief nun Sam und drehte sich eilig zu seinen Herren herum, ergriff seine verkrampfte Hand und löste sie sanft von der Kette ehe er Feli mit einem mehr als bösen Blick bedachte: „Kannst du nicht etwas Rücksicht nehmen! Er hat es schon schwer genug, und du… du redest hier so von Ringen daher…!" „Nein Sam, alles in Ordnung!" seufzte nun Frodo und schob Sams Hand beiseite. Sein starrer Blick hatte sich vom Feuer gelöst und wandte sich Feli zu. „Entschuldige, als ich dass mit dem Ring hörte, als du sagtest, dass er alles getan hätte um an sein Ziel zu kommen, da kamen in mir meine eigenen Erinnerungen hoch… ich war genauso…!"
Empörtes Schnaufen war nun von Sam zu hören. „Das stimmt aber nicht Herr Frodo, du …!" „Doch Sam, es stimmt, du hast es nur damals nicht richtig wahrgenommen." antwortete Frodo und ließ langsam seine Hände in den Schoss hinabsinken.
Feli hatte diese Szene etwas schockiert und ängstlich biss sie sich auf die Unterlippe. Konnte es denn nicht sein, dass sie am Ende vielleicht das gleiche Schicksal erlitt wie Frodo? Ihr eigener Ring hatte ja ebenfalls schon sehr viel Macht über sie…und auch wenn es ein Ring war, der ihr gehörte, der ihr Mut verlieh, der laut den Worten Tom Bombadils für das Gute geschaffen war… es war ein Ring, der sehr viel Macht in sich wohnen hatte, von denen sie nicht einmal im Entferntesten eine Ahnung hatte.
„Aber ich glaube du hast Recht!" meinte nun Frodo in die Stille hinein und erhob sich. Es schien als hätte er eine Entscheidung getroffen.
„Wir werden weiter nach Bruchtal reisen, auch wenn wir uns der Gefahr hingeben, dass wir uns Irren, aber das Risiko gehe ich ein! Wir hätten auch schon längst Spuren der Orks hier irgendwo sehen müssen, denn obwohl sie die Gewandtheit der Elben haben, sind sie doch eher der rohen Gewalt verschrieben und diese Spuren, durch rohe Gewalt verursacht, wären nicht zu übersehen gewesen!"
Sam stand ebenfalls auf, warf seinen zweifelnden Blick erst zu Feli und dann zu Frodo herüber. „Herr Frodo, bist du dir sicher, dass wir weitergehen sollen!"
Sie beobachtete Frodo beim nicken als sie ebenfalls aufstand und ihren Rucksack in die Hand nahm. Einerseits war sie froh über diese Entscheidung und andererseits beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl doch nicht das Richtige zu tun. In jeder Lüge steckte immer ein Fünkchen Wahrheit! Was war nun, wenn der Wolf nicht gelogen hatte? Doch ihn Umstimmen wollte Feli nun auch nicht mehr, denn sie beobachtete nun wie Frodo sich bereits seinen Rucksack umgeschnallte während Sam das Feuer mit Erde erstickte und ebenfalls nach seinem Rucksack griff.
„Auf Gedeih und Verderb, Herr Frodo. Ich folge dir überall hin!" meinte er nun, rückte Stich in die richtige Position am Gürtel während Feli sich ihren Rucksack umschnallte und leise raunte: „Das hast du gut gesagt, Sam! Auf Gedeih und Verderb!"
Sam grinste ihr entgegen und kickte gerade den Steinkreis mit dem Fuß auseinander. Niemand sollte hier noch eine Feuerstelle erkennen können.
Der Rucksack lag schwer auf ihrem Rücken, der lauthals protestierte, Feli darauf aber keine Rücksicht nehmen konnte. Sie wollte ihre Schulsachen hier nicht in der Wildnis zurücklassen und was hätte ihre Mutter dazu gesagt wenn sie ohne zurückkehren würde? Darüber wollte sie jedenfalls nicht nachdenken. Ein letztes Mal schaute sie sich um, ließ ihren Blick über das Lager streifen und beobachtete die Sträucher und Baumreihen in ihrer nähe, ehe sie begann den beiden Hobbits, die vorausgingen, zu folgen…
Sie verließen den Schutz des Waldes und glitten auf den Pfad zurück. Sam und Frodo ließen es sich nun natürlich nicht nehmen Feli die ganzen Blumen und Pflanzen zu erklären die am Wegesrand wuchsen und sie hörte mit aufrichtigem Interesse zu, doch die Pflanze, vor die sie der Wolf gewarnt hatte, kam hier gar nicht vor. Zu gerne hätte sie etwas über sie erfahren, aber da konnte man nichts machen.
Die Sonne stand schon sehr hoch am Himmel als sie wenig später den Fluss, den Feli noch aus der Ferne im rot der untergehenden Sonne am Vorabend erkennen konnte, erreichten und durch ihn hindurchwarteten. Feli zog sich dafür Schuhe und Socken aus und krempelte ihre Hosenbeine etwas hoch. Darunter hervor lugten feuerrote schmerzende Füße die, Gott sei es gedankt, noch keine Blasen aufwarfen.
Das Flussbett war so flach, dass Feli lediglich ihre Füße und ein Teil des Schienbeins in dem eiskalten Wasser badete, während das Wasser den Hobbits schon fast bis zu den Knien reichte. Feli jedenfalls war dankbar für den kleinen rauschenden Fluss. Ihre Füße schmerzten nach dem Bad nicht mehr ganz so stark, doch sie hatte kein verlangen mehr sie in die engen Schuhe zurück zu befördern und so begann sie mit nackten Füßen zu laufen, was die Hobbits sehr lustig fanden.
„Du hast so kleine Füße!" meinten sie und grinsten worauf Feli nur lachend erwiderte: „Dafür seit ihr auch noch viel Kleiner als ich und habt Haare an euren Füßen, die sie warm halten! Ich brauche immer Schuhe, meine sind sehr empfindlich, aber das Gras hier ist so verlockend!" Doch im selben Augenblick wo sie dieses sagte, kam ihr die giftige Pflanze wieder in den Sinn und als sich die Hobbits gerade lachend umdrehten und dem Fluss und ihr den Rücken zukehrten, begann sie sich hektisch am Ufer umzuschauen und nach der Pflanze zu suchen. Vielleicht wächst sie ja nur am Ufer von Gewässern? schoss es Feli durch den Sinn und besah sich den Boden sehr genau bevor sie einen Schritt tat. Sie glaubte dem Wolf noch immer kein Sterbenswörtchen, aber solange sie nicht wusste ob es Wahrheit oder Lüge war, wollte sie kein Risiko eingehen und es vermeiden auch aus versehen in sie hinein zu treten…
Die beiden Hobbits gingen nun voran und Feli lief vorsichtig und mit bedacht bei jedem Schritt hinter den beiden her. Das Gras trocknete ihre nassen Füße schnell und die Luft war angenehm und warm, so dass sie sich an ihre schönsten Wanderträume erinnert fühlte und die erfrischende und reine Luft genüsslich ein und ausatmete. Es war ja verrückt sich solch einen Luxus zu gönnen, aber wann würde sie noch mal hier hindurchwandern? Vielleicht wussten die Elben in Bruchtal ja wie sie wieder nach Hause kam und dann würde das alles hier bald vorbei sein. Einerseits war sie heilfroh und hoffnungsvoll zugleich. Sie würde bald keine Dauerangst mehr verspüren, von irgendwelchen Wölfen oder Schlimmeren überfallen zu werden, dass ihr nach dem Ring und Leben trachteten, aber andererseits stimmte sie das auch etwas traurig dies allem hier vielleicht schon bald den Rücken zu kehren. Die Luft war hier nicht verpestet, es gab keinen Müll am Wegesrand, keine Autos, keine Plattenbauten, keine Schule… aber auch leider keine Zukunft für sie selbst! Sie sollte lieber beginnen sich langsam von alledem zu verabschieden und sich darauf konzentrieren in ihrer Welt aus ihrem Leben etwas zu machen. Ein lächeln breitete sich jetzt jedoch auf ihrem Gesicht aus während sie den Boden zu ihren Füßen betrachtete und aus den Augenwinkeln bereits ein neues Waldstück beginnen sah. Niemand hatte je eine solche Erfahrung wie sie gemacht, davon war sie mehr als überzeugt. Sie würde zwar niemandem davon berichten können, aber das war ja auch im Grunde genommen egal. Was zählte war das, was sie mitbekam und in ihr Herz einschloss…
Doch mit einem Mal breitete sich Skepsis auf ihrem Gesicht aus und abrupt blieb sie stehen, starrte zu Boden und blinzelte, erstaunt darüber, warum sie sich bisher noch keine Gedanken darum gemacht hatte, wieso es diese Welt Mittelerde überhaupt im Realen gab! Es war doch ein Roman, eine erfundene Geschichte, von einem Autor mit sehr viel Fantasie und der Begabung eigene Sprache und Schrift zu ersinnen, Landkarten zu zeichnen, ihnen eine eigene Kultur und Entstehungsgeschichte zu geben, eigene Völker, die es auf der Erde nicht gab zu ersinnen…
Feli blickte auf und sah die beiden Hobbitrückenprofile langsam im Schatten zwischen den ersten Bäumen eintauchen. Leise konnte sie die beiden zwischen dem Wind in ihren Ohren und dem Vogelgesang miteinander sprechen hören… Ja es war ja eigentlich sogar schon seltsam dass sie ihre Sprache verstand und sogar mit ihnen sprechen konnte. Im Gegenzug verstanden sie aber die in ihrer Sprache geschriebene Schrift nicht, wie sie dank Sam herausgefunden hatte. Konnte es sein, dass sie seit dem sie hier war, ja, seit dem sie den Ring das erste Mal aufgesetzt hatte, irgendwie in diese Welt intrigiert wurde, ohne dass sie es verhindern konnte oder überhaupt Mitspracherecht hatte!
Absurd! dachte Feli erbost und schob langsam ihren Rucksack von ihren Schultern nach vorne und kniete sich nieder. Wie kann so etwas möglich sein! Das ist doch absoluter Humbug! Ich habe doch überhaupt keine rechte Ahnung von Mittelerde, es gibt auf der Erde garantiert 10.000 Menschen, wenn nicht sogar mehr, die mehr Potential besitzen, und vor allem mehr wissen als ich und viel besser hier her passen… warum denn ausgerechnet ich? leise stellte sie ihre Schuhe neben ihren Rucksack, griff nach dem Tragegriff und die Schuhbänder und begann sie hastig dort hindurch zu fädeln. Ich hab die Bücher vor was weiß ich wie vielen Jahren gelesen und muss mir alles mühsam aus meinem Gedächtnis herausprügeln um nicht ganz so dumm dazustehen! Gerade knotete sie die Schuhbänder fest um den Tragegriff, als ihr ein letzter Gedanke durchzuckte, den sie aussprechen musste, nur um zu hören wie verrückt er klang: „Oder kann es sein… dass ich in diese Welt gehöre, aus irgendwelchen Gründen auch immer? Mir soll der Ring gehören, ich bin schon in seinem Bann und der Ring gehört anscheinend nach Mittelerde…!" langsam erhob sie sich, schwang den Rucksack herum und schulterte ihn wieder. „Bin ich doch ein Teil von Mittelerde!" murmelte sie als sie das Rufen der Hobbits vernahm. Sie blickte auf und sah sie dort in der ferne winken. Zwischen den Bäumen wirkten sie sogar noch Kleiner und Feli musste, trotz ihrer Gedanken grinsen. Sie würde sich nicht in irgendeine Schublade drängen lassen, sie würde jetzt erst einmal abwarten was die Elben in Bruchtal sagen würden und ansonsten nur auf ihr Herz hören…
Sofort winkte sie zurück und mit schnellen Schritten holte sie die beiden ein…
