Kapitel 16.
fuhai – Fäulnis, Verwesung
Feli indessen hatte es endlich geschafft ihren gesunden linken Arm zu ihrem halb zerfetzten herüber zu schieben. Zitternd und bebend vor Angst und Anstrengung glitt er fast im Zeitlupentempo herüber. Unruhig und gespenstisch zuckten ihre Finger an dem völlig zerfetzten Arm, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte – oder dass sie es überhaupt wollte!
Und da bemerkte sie es, zwischen den Schmerzen hindurch, und wie ein heiß glühendes Eisen zuckte es durch ihre Gedanken und durch ihren Körper: Ich … ich spüre meine Hand nicht mehr!!!!
Mit zum entsetzen weit aufgerissenen Augen glitten ihre Finger der linken Hand und umklammerte den Oberarm. Ein bestialischer Schmerz durchzucke ihn als sie versuchte den zerfetzten Arm langsam zu sich heran zu ziehen.
Zu ihrer Erleichterung war der Knochen des Unterarms noch nicht durchgebissen. So ruckte er langsam, ganz langsam an ihren Körper heran während der Schmerz ebenfalls immer näher an sie heranrückte. Und auch das verunreinigte Blut tropfte herab und hinterließ eine seltsam schwarz-rote Schneise. Hautfetzen hingen am Arm herab und gaben dem Bild etwas von einem Horrorfilm, den sie vor langer unendlich langer Zeit mal gesehen hatte, als die Welt noch in Ordnung war…
Dichter… noch ein Stückchen…, sie kniff kurz die Augen zusammen, die angestauten Tränen des Schmerzes glitten ihr über die Wangen und landeten auf dem Gras während ihre Gedanken immer wieder um einen einzigen Satz herumkreisten, zwischen den Schmerzen hindurch: Mein Arm… mein rechter Arm… ich habe meinen rechten Arm verloren!!!
Doch nun legte sich ein Schatten über sie und versperrte ihr die einzige Sichtquelle, das Feuer! Irritiert und halb blind vor einer erneuten Tränenflut drehte sie langsam ihren Kopf herum und erblickte das feuerrote Auge Teldas, das gierig auf ihre linke Hand starrte. Schwankend und seltsame Gurgellaute ausstoßend beobachtete er sie. Sein Maul war bereits weit geöffnet, das Blut kroch aus seinem Hals und zwischen seinen Zähnen hindurch und benetzte den Boden kurz vor Feli, die sich unweigerlich an die Nacht von vor zwei Tagen erinnert fühlte. Machtlos starrte sie in dieses Auge hinein, hielt noch immer verkrampft ihren zerfetzten Arm, war aber unfähig sich noch zu rühren … und dann schnappten die geifernden Zähne nach ihrer linken Hand mit dem Ring auf dem Finger…
… doch sie erreichten nie ihr Ziel. Im allerletzten Moment tauchten zwei starke kleine Hände auf, umklammerten Stichs Griff und rissen den Wolf mit einem einzigen kräftigen Ruck zurück.
Feli entließ ein halbes Kreischen, denn durch das ruckartige zurückreißen, fraß sich die Klinge Stichs einmal rückwärts durch seinen Hals hindurch und trennten ihm so fast komplett den Kopf ab. Teldas eine noch sehende Auge zuckte unruhig, riss dann weit auf und starrte sterbend zu Feli herüber, ehe der feuerrote Glanz für immer aus seinem Auge heraus erlosch.
Der Kopf des Wolfes Telda ruckte nach vorne und direkt in Felis Richtung, die trotz ihrer Schmerzen, den Ekel als übermächtiger empfand und zurückwich vor dem sterbenden Körper Teldas, der nun direkt vor ihr auf dem Boden landete, mit seltsam verdrehtem Kopf und stummen, glanzlosen Auge nun ins Feuer starrte während ihm das Blut aus dem Maul kroch und sich mit der schwarzen Masse an seinen Zähnen verband. Das Gras dicht an seinem Maul begann bei diesem Gemisch sofort zu welken…
Feli beobachtete dieses Schauspiel mit immer schneller klopfendem Herzen. Ihre linke Hand umklammerte noch immer den rechten Arm, so fest, dass sich bereits ihre Fingernägel tief ins Fleisch bohrten. Doch sie bekam davon rein gar nichts mit, starrte nur immer auf das verwelkende Gras direkt vor ihren Augen und der Gedanke daran, dass genau das selbe Zeug auf ihrem Arm war, ließ in ihr die nackte Furcht erblühen…
Und dann kehrte es wieder, die Erinnerung an die unfreiwillige Begegnung mit Telda am Ufer des Flusses. Die geschwärzten Zähne im Mondlicht, das Gespräch über giftige Pflanzen… in ihr riss der Gedankenfaden ab, denn eine neue Schmerzwelle durchflutete sie, ließ ihre Augen zusammenkneifen, ließ ihren Körper vor Krämpfen erbeben und die Tränen in Sturzbächen herunter rinnen…
„Feli… oh nein… dieser verdammte Wolf!!" kam es nun fluchend von Frodo, als er sah was mit Felis Arm während ihres Kampfes geschehen war. Schnell begann er den Wolf zu umrunden, doch genau in diesem Augenblick blickte Feli empor und sah noch gerade aus den Augenwinkeln, wie sich Frodo zu Telda herabbeugte und seinen toten Körper beiseite schieben wollte.
„Halt… Frodo… berühr… berühr nicht sein Blut!!" presste sie nun hektisch hervor und Frodos Hände kamen gerade noch zum Stillstand, ehe sie das blutbeschmierte Fell des Wolfes angefasst hätten.
„Aber… aber…!" begann er, doch er wurde jäh von Feli unterbrochen, die nun mit etwas festerer Stimme sagte: „Irgendetwas stimmt… mit seinem Blut nicht mehr. Etwas… etwas klebte an … an seinen Zähnen und … und es vermischt sich mit dem Blut…!"
Mit einem Kopfnicken deutete sie nun vor sich ins Gras, wo sich die Blutlache immer deutlicher abzeichnete und ausbreitete. „Siehst du… das Gras… es verwelkt!!! Hnnnggg…"
Sie wollte eigentlich noch mehr sagen, doch eine erneute Schmerattacke erstickte ihre Worte im Keim. Ihre Augenlider pressten sich aufeinander und der etwas erhobene Kopf sank langsam auf ihre Schultern herab. Sie spürte gleichzeitig wie ihr der kalte Schweiß die Schläfen herunter rann und den Boden noch zusätzlich benetzte. Ein knirschen durchzuckte ihre Zähne, während sie mahlend hin und her glitten in ihrem Mund.
Mir ist … so heiß, durchzuckte es sie und gleichzeitig konnte sie Frodo laut aufschreien hören. „Nein Feli, nicht das Bewusstsein verlieren!! Du musst wach bleiben!!"
Hektisch umrundete er nun den Wolf, machte dabei einen Bogen um die Blutlache und kam nun von der anderen Seite auf Feli zu.
Sam indessen hatte sich schützend vor seinen Herren und Feli aufgebaut. Angriffsbereit und wutentbrannt hielt er Stich hoch erhoben und ließ ihn immer wieder in Richtung der Wölfe hernieder sausen um so ihre Reihen zu durchbrechen.
„Ihr elenden Fellvorleger… euch mache ich Beine… uns immer noch aufzulauern… und dann solch eine Schweinerei zu veranstalten!!!!" schrie er und streifte einen Wolf so dicht, dass sein halbes Ohr zu Boden fiel.
Der Wolf jaulte laut und Erbarmungswürdig auf während die anderen Wölfe langsam abstand hielten vor dem wütenden Sam und seiner Waffe.
„So ist es recht… seht zu dass ihr verschwindet!!!" schrie er ihnen wütend und mit einer gewissen Portion Stolz entgegen.
„SAM!" rief nun Frodo verzweifelt und dieser drehte sich kurz zu den beiden um, doch das Bild das sich ihm lieferte, war alles andere als beruhigend.
Frodo rüttelte nun verzweifelt an Feli´s Schultern um sie wach zu halten, während ihr lebloser Körper immer hin und her geschleudert wurde. Ihre Lippen waren bereits blau angelaufen, die Augen krampfhaft geschlossen, weiß wie die Schneeglöckchen war ihr Gesicht. Während der Schweiß aus jeder Pore an ihrem Körper hervor kroch, bibberte sie vor Kälte.
„Du musst mir helfen… sie stirbt und ich weiß nicht was ich tun soll!!!" rief nun Frodo verzweifelt, doch Sam musste sich wieder wegdrehen, denn nun griff ein Wolf seinen Schwertarm an und hätte ihn um ein Haar geschnappt, wenn nicht Sam rechtzeitig Stich beiseite gezogen hätte und dem Wolf noch einen Hieb in den Rücken versetzte.
„Herr Frodo, so gerne ich es täte, aber wenn ich meinen Posten verlasse, sind wir verloren!!" rief er keuchend zurück und konnte gerade noch den nächsten knurrenden Wolf mit einer Attacke in die Flucht schlagen.
Feli indessen öffnete wieder die Augen. Der Schweiß bahnte sich einen Weg über ihr Gesicht, während sie bebend vor Kälte langsam ihren Kopf anhob und es trotz allem vermied Frodo in die Augen zu sehen. Ihren rechten Arm spürte sie nun nicht mehr, aber dennoch, ihr Mut war weiterhin ungebrochen, ebenso auch ihr Überlebenswille.
Mit einer letzten Anstrengung und einem letzten Wimmern zog sie sich den zerfetzten Arm ganz dicht an ihren Körper heran und ließ endlich mit der linken Hand den Arm los.
Hässliche Striemen zeichneten sich dort ab, wo sich ihre verkrampften Finger tief ins Fleisch gebohrt hatten, doch Feli war es gleich. Ihr Arm war sowieso nicht mehr zu retten…
Gerade als sich Frodo nach ihr herumdrehte, packte sie ihn mit ihrer nun wieder freien Hand am Kragen. Blutflecken bildeten sich in dem sonst markelosen Stoff und Frodo ergriff die Hilfesuchende Hand Felis. Den Ring an ihrem Finger konnte er noch durch seine eigene Hand erbarmungslos heiß glühend hindurch spüren und ein kalter Schauer rann ihm den Rücken entlang, als er sich an seine eigenen Erfahrungen mit dem einen Ring erinnert fühlte. Langsam, ganz langsam begann sie sich an dem Halbling hoch zu ziehen, was all ihre Kräfte in Anspruch nahm und sie sich jetzt nur noch auf den linken Arm verlassen konnte.
Ohne ihm in die Augen sehen zu können, weil sie diese vor Schmerzen zuhielt, presste sie hervor: „Nicht… ist … schon gut… ich … sterbe sowieso!!"
Sie wusste nicht, wieso sie nun ausgerechnet das sagte, aber vermutlich wollte sie wieder nur eines, und das war zu beschwichtigen sich nicht so sehr um sie zu kümmern…
Frodo riss bei diesen Worten weit, sehr weit seine Augen auf und packte regelrecht nach der Hand Felis, die sich fest in seinen Anzug krallte. „Nein, du wirst nicht sterben… nicht solange ich und Sam hier sind!!" rief er aufgebracht und auf Feli zeichnete sich ein trauriges Lächeln ab während sie ihre Augen öffnete und in eine andere Richtung starrte.
Nur nicht in seine Augen sehen…nicht noch einmal will ich seine Gedanken durchwandern!! durchzuckte es sie.
Ohne auf seine Worte einzugehen, raunte sie nun: „Hilf mir… ich will mich aufsetzten! Ich muss… den Wölfen… ins …ins Gesicht blicken!!"
„Du musst ruhig liegen bleiben!!" rief Frodo nun aufgebracht und wollte sie zurück ins Gras drücken, als Felis griff an seinem Kragen wieder fester wurde.
Mit Blick auf die Wölfe zischte sie nun vor Schmerzen: „Lass mich, Frodo!!"
Dieser erstarrte in seinen Bewegungen, blinzelte erschrocken als sie nun ihren zerfetzten Arm auf den Schoß beförderte und schon fast aufrecht saß.
Sind das… sind das die Schmerzen, die mich so aus der Haut fahren lassen lassen? Oder… ist es wieder… das Blut?? kam nun in Feli der Gedanke auf, doch um über so etwas nachzudenken, hatte sie keine Zeit. Erst einmal mussten die Wölfe hier verschwinden, und da sie sich von Sam mit Stich in der Hand alleine nicht beeindrucken ließen, versuchte sie es mit Worten. Ich hoffe, ich kann sie vertreiben!! dachte sie voller Furcht, während ihr Sterne vor den Augen tanzten.
Trotz Felis erbärmlichen Zustandes, wichen die Wölfe ehrfurcht- und angsterfüllt zurück. Dieser Mensch, oder was auch immer es war, hatte jetzt schon zwei Anführer ihres Rudels getötet und zuvor noch in den Wahnsinn getrieben. Knurrend wichen sie zurück, stellten ihr Fell weit auf, fletschten die Zähne und gleichzeitig Blitzte der Hunger und die Gier in ihren Augen auf. So einfach würden sie nicht das Feld räumen…
„Wölfe… euer zweiter Anführer wurde ebenfalls dahingerafft. Ich … bedauere es… trotz meiner Schmerzen, die er… mir zugefügt hat, mehr … als alles andere, denn … ich wollte ihn… nicht töten!! Doch leider ließ… er mir keine andere Wahl…!" Hier musste Feli unterbrechen, da ein Hustenanfall sie ins Stocken brachte. Diesen Augenblick nutzte ein Wolf ganz in der nähe von Feli und wild schnappend rief er so laut er eben konnte: „Halt deine verlogene Schnauze du elendes Menschenweib oder was auch immer du bist! Du hast sie in den Wahnsinn getrieben, du bist an allem Schuld!! Nur wegen dir stehen wir nun ohne Anführer da!!"
In Feli keimte bei diesen Worten nur noch eines auf, und das war die blanke Wut. Die gleiche Wut, die sie schon verspürte als sie mit Telpe, dem ehemaligen Wolfsanführer sprach und stritt kurz bevor er gestorben war, direkt vor ihren Augen. Dieses Mal würde es wohl umgekehrt laufen, doch vorher wollte sie wenigstens noch eines klar stellen. Mit belegter und trotzdem fester Stimme sprach sie: „Ihr Wölfe seit es doch, die die Dummen sind…Habe ich euch… darum gebeten mir und den Hobbits zu folgen nur weil ihr eure Rache ausleben wolltet? Warum habt ihr überhaupt … Rache geschworen…?!"
Doch Feli hätte sich lieber auf die Zunge beißen sollen, anstatt auch nur ein einziges Wort von dessen was sie gerade gesagt hat, über ihr Lippen kommen zu lassen, denn nun wurden die Hobbits hellhörig und Frodo, ihr am nächsten, bedachte sie sogleich mit einem seltsamen Blick, als er mit kalter Stimme fragte: „Wieso Rache? Wieso folgen? Davon hast du uns gar nichts erzählt!!!"
Felis Atem stockte bei dem Gedanken daran, was sie gerade angerichtet hatte! Sie hatte den Hobbits verschwiegen, dass die Wölfe ihnen auflauern wollten und bereits ihre Rückkehr angekündigt hatten. Sie hatte kein einziges Wort darüber verlauten lassen, weil sie die Hobbits schützen wollte, und nun riss sie sich selbst damit in ein unendlich tiefes Loch hinein. Um zu retten was noch zu retten war, begann sie nun stockend zu sagen: „Frodo… Sam… ich … ich konnte es… es nicht sagen… ich dachte… ich müsste… ich wollte doch…"
Sie wurde von Frodo unterbrochen, der nun sehr hart und fest ihre linke Hand packte und sie fast zerdrückte.
Von Schmerzen nun aus beiden Armen gepeinigt entließ sie ein Wimmern und flehte stockend: „Bitte Frodo… du tust mir weh!!"
„LOS… Feli… was hast du uns noch verschwiegen???" kam es nun eiskalt von Frodo während Felis Herz fast stehen blieb, sie die Augen aufriss und Frodos Hals mit tränenerstickten Augen anstarrte. Ich darf ihm nicht in die Augen sehen!! dachte sie immer wieder und flüchtete so davor eine Antwort zu geben.
Doch Frodo würde sie so nicht davon kommen lassen, denn nun rüttelte er Feli und schrie sie an: „SIEH MIR ENDLICH IN DIE AUGEN… was hast du uns noch verschwiegen?? Weißt du eigentlich dass es tödlich sein kann in dieser Welt seinen Weggefährten etwas zu verschweigen?? Ich könnte dich… ich könnte dich auf der Stelle…" begann Frodo und hob seine rechte Hand, die bis hierher, noch seinen und Felis Körper abgestützt hatte, spannte sie an und zielte damit direkt auf Feli.
Diese bemerkte die angespannte Hand aus den Augenwinkeln und selbst in diesem Blickwinkel konnte sie noch die vor Wut blitzenden Augen Frodos sehen. Tief in ihrem Innersten wusste sie, dass er Recht hatte. Aber andererseits, was machte es jetzt noch für einen Unterschied… sie würde das hier sowieso nicht überleben. Dennoch, sie wollte nicht mit den Hobbits in Wut auseinander gehen, so erhob sich brüchig ihre Stimme und zaghaft raunte sie: „Bitte Frodo… es tut mir leid…das habe ich nicht gewusst! Bitte, ich wollte … wollte doch nur … euch vor… schlimmeren Bewahren!!"
Schnell wandte sie ihren Kopf zur Seite, weg… weg von Frodos Blick, weg von seiner zum Schlagen weit ausgeholten Hand, verschloss ihre Augen davor und sie spürte nur noch den pochenden Schmerz in ihrem Körper und das pulsieren ihres Blutes im Ohr…
Als nun Frodo Feli in dieser erbärmlichen Verfassung sah, glättete sich seine Wut etwas. Dieser zertrümmerte Arm, der ihr schlimmere Schmerzen bereiten musste, als alles andere was sie wohl jemals zuvor gespürt hatte, das zittern und beben ihres Körpers, der stetig tropfende Schweiß, die kalte Hand mit dem heiß glühenden Ring am Finger, die Angst in ihren Augen, der Blick der ständig seinen Augen auswich. Aus Furcht oder aus Schamgefühl, konnte Frodo nicht erkennen, aber es erweichte sein sowieso schon mitfühlendes Herz und ganz langsam ließ er seine angespannte Hand herabsinken. Nein… es brachte jetzt gar nichts wenn er sie schlug… ja … warum wollte er sie überhaupt schlagen? Sie hatte es doch nur gut gemeint. In ihrer Welt schien dies wohl so eine Art „nette Geste" zu sein zu Schweigen und alles auf seine eigenen Schultern zu nehmen.
Ein erleichtertes Seufzen entglitt seiner Seele und er war mehr als froh über diese Entscheidung. Langsam glitt seine Hand herab, stützen wieder sich und Felis Körper am Boden ab und der vor Angst zitternde Körper, der noch immer auf den Schlag wartete, entspannte sich als sie aufsah und bemerkte, dass Frodo seine Hand hatte herabsinken lassen. Auch seine quetschende Hand ließ locker, hielt die linke Hand Felis jetzt nur noch fest und aus Felis Kehle entsprang ein erleichterter Seufzer.
Sam jedoch war nicht so leicht zu erweichen wie Frodo, noch dazu kochte dieser vor Wut. Erbost und ohne sich umzudrehen, schrie er über den ganzen Platz: „Verflucht… ich wusste doch gleich dass sie nur Ärger macht. Ich hätte sie töten sollen als wir die Gelegenheit dazu hatten… oder hätten sie wenigstens zurück lassen sollen…! Sie ist schon genauso wie Gollum. Nur an ihren eigenen Ring interessiert, von dem wir nicht mal wissen was er genau bezwecken soll…"
„SAM!!" schrie nun Frodo und unterbrach dessen harte Worte. Dieser stockte, drehte sich ein Stückchen herum und blickte seinen Herren und Freund aus verdatterten Augen entgegen.
Frodo jedoch fuhr fort: „Was redest du da?? Sie ist nicht wie Gollum… das einzige was sie will ist wieder in ihre Welt zurückkehren und sie selbst verflucht den Ring genauso wie ich es getan habe, als ich den einen Ring zum Schicksalsberg trug!!! Und Sam du…!" Doch hier unterbrachen Felis Worte, eindringlich und flehend: „Bitte… streitet euch nicht schon wieder wegen mir und dem Ring… bitte… ich sterbe sowieso… was macht es da für einen Unterschied ob ich nach Hause will oder wie Gollum bin…! Aber bitte… streitet euch nicht mehr!!" Ein Hustenanfall beendete ihr reden. In Gedanken jedoch war sie Traurig… über die Tatsache, dass Sam ihr noch immer nicht vertraute und die beiden noch immer wegen ihr in Streit gerieten…
Ehe nun Frodo oder Sam etwas dazu sagen konnten, begann nun ein Wolf zu knurren und Feli horchte auf was dieser Wolf zu sagen hatte: „Darf ich mich kurz vorstellen? Mein Name lautet Yanta und ich war die rechte Pfote der beiden getöteten Anführer. Wertes Fräulein Feli, du hast gar nicht so unrecht mit dem sterben. Weißt du eigentlich was Telda an seinen Zähnen kleben hatte? Nein… du kannst es ja auch gar nicht wissen! Es ist Wolfskraut, oder auch genannt Thaw-Asea. In der Gemeinsprache wohl `fauliges Kraut' genannt. Mein großer Wolfsanführer hat schon seinen Tod voraus gesehen und hatte dementsprechende Vorkehrungen getroffen." Er hielt noch einmal kurz inne, seine Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen und intensiv starrte er Feli an. „Kannst du dich noch daran erinnern, als du dich mit meinem großen Anführer am Flussufer getroffen hast? Da hatte er bereits schon etwas von diesem Thaw-Asea gefressen und es gut um seine Zähne geschmiert. Da er selbst ein Wolf ist, stirbt er daran nicht, kann es also fressen und damit seine Zähne beschmieren und sie wie die Zähne einer Schlange gebrauchen. Einmal gebissen ist die Wunde in wenigen Tagen verätzt. Das Fieber ist in dir, wie ich es dir ansehe, schon ausgebrochen, gleichzeitig leidest du unter ständiger Kälte und Hitze unter der sich dein Körper aufbäumt, auch das Blut verunreinigt … und wenn das Blut damit so stark angereichert ist, dass der Körper es nicht mehr herausfiltern kann, dann stirbst du eines qualvollen und langsamen Todes… lass dir eines gesagt sein… niemand kann dir jetzt noch helfen! Du bist dem Tode geweiht…und unsere Mahlzeit ist uns sicher… denn es heißt nicht umsonst Wolfskraut… wir Wölfe können es ohne Bedenken zu uns nehmen und es zu unseren Gunsten missbrauchen!"
Felis Augen vibrierten nun vor Angst und tödlicher Panik. Bis jetzt hatte sie noch immer gehofft es gäbe einen Ausweg… aber das sie so sehr dem Tode nahe war, hatte sie nicht für möglich gehalten.
„Der Tod… der ist gewiss, mein liebes Fräulein Menschenweib!!" raunte nun Yanta abschließend und beleckte bereits seine Zähne. „DAS ist unsere Rache… die Rache des Wolfrudels Telpe und Telda. Sobald du gestorben bist, ist unsere Ehre und unser Ansehen wieder hergestellt…!"
„Ich… werde… sterben!" flüsterte Feli kaum hörbar und sank noch weiter in sich zusammen. Das Fieber wütete in ihrem Körper und verwandelte ihn in einen Schmelzofen während auf der anderen Seite die Kälte unbarmherzig ihren Körper schüttelte. Noch nie hatte sie solch eine Todesangst gehabt, noch nie hatte sie solche Schmerzen ausgehalten… noch nie war sie so weit von Zuhause weg gewesen in solch einer schweren Stunde…
Sie riss ihre Augen bei dem Gedanken auf, hier in Mittelerde zu sterben und nie wieder nach Hause zurück zu kehren…
Noch mehr als zuvor füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie benetzten ihre Wangen und tropften herab in ihren Schoss, herab auf ihren zerfetzten Arm, in dessen Wunde bereits das schwarze Zeug wütete und ihr Todesurteil noch einmal unterstrich, unbarmherzig ihren Tod einleitete…
Irgendwo halt suchend lehnte sie nun ihren Kopf an die kleine Schulter Frodos und noch mehr sank sie in sich zusammen. Ihr fehlte die Kraft noch irgendetwas zu den Wölfen zu sagen, die gerade ihr Todesurteil unterzeichnet hatten…
„Wir werden uns bald wieder sehen, wertes Fräulein Feli Menschenweib, nur wirst du dann unser Mahl sein und die Halblinge werden die Nachspeise darstellen! Es wird nur noch 1 bis 2 Tage dauern, dann wird uns Wölfen wieder eine reichliche Mahlzeit beschert werden. Bis dahin werden wir uns zurückziehen und euch aus dem Hinterhalt beobachten! Mach dich auf etwas gefasst… Menschenweib!!"
Langsam drehte sich Yanta wieder herum, bedachte seine herumstehenden Kameraden eingehend und dirigierte sie langsam von den Hobbits und Feli weg.
Erstaunt ließ Sam nun Stich herabsinken und blickte den letzten Wölfen hinterher, wie sie gerade ins Dickicht eintauchten. Erst dann drehte er sich zu Frodo und Feli herum, ein reumütiger Blick zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er nun Felis verzweifelte Haltung sah. Schon im nächsten Moment tat es ihm Leid um seine Worte, doch die Anspannung und die Angst in den letzten Tagen hatten an seinen Nerven gezerrt und bevor Feli aufgetaucht war, war alles so friedlich verlaufen.
„Es… es tut mir Leid!" murmelte er nun und ließ Stich in sein Halfter verschwinden als er langsam näher herantrat.
„Was hat der Wolf gesagt…?!" flüsterte nun Frodo, der sehr wohl in den Augen von Feli lesen konnte, jedoch von ihr direkt hören wollte, was der Wolf gesagt hatte.
Ohne diese Frage zu beantworten, blickte Feli Frodo nun ins Gesicht, mit tränengetränkten Augen und vermied seinen Blickkontakt, während sie flüsterte. „Bitte… nimm mir den Ring vom Finger, dann kann ich es dir sagen!!"
Sie wollte ihm wenigstens bei diesen Worten direkt in die Augen sehen können und nicht an den Ring denken… wollte nicht ständig von ihm beherrscht sein… wollte ihn nicht mehr an ihrem Finger spüren…
Frodo ließ nun ihre linke klammernde Hand los und diese streckte ihm den Ringfinger entgegen. Sofort umschlossen die kleinen Finger des Hobbits den Ring und mit einem Ruck war er vom Finger gezogen.
Weit… sehr weit riss nun Feli ihre Augen auf. Der Ring hatte anscheinend noch verhindert, dass die Schmerzen noch stärker in ihr wüteten und jetzt, da er von ihrem Finger geglitten war, verdoppelten sie sich nun. Ein bestialischer Schmerz durchzuckte ihren Körper, ließ ihn sich aufbäumen, markerschütternd bebte ein Schrei über den Platz ehe er erstarb und Feli vor Erschöpfung in sich zusammensank…
fuhai – Fäulnis, Verwesung
Feli indessen hatte es endlich geschafft ihren gesunden linken Arm zu ihrem halb zerfetzten herüber zu schieben. Zitternd und bebend vor Angst und Anstrengung glitt er fast im Zeitlupentempo herüber. Unruhig und gespenstisch zuckten ihre Finger an dem völlig zerfetzten Arm, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte – oder dass sie es überhaupt wollte!
Und da bemerkte sie es, zwischen den Schmerzen hindurch, und wie ein heiß glühendes Eisen zuckte es durch ihre Gedanken und durch ihren Körper: Ich … ich spüre meine Hand nicht mehr!!!!
Mit zum entsetzen weit aufgerissenen Augen glitten ihre Finger der linken Hand und umklammerte den Oberarm. Ein bestialischer Schmerz durchzucke ihn als sie versuchte den zerfetzten Arm langsam zu sich heran zu ziehen.
Zu ihrer Erleichterung war der Knochen des Unterarms noch nicht durchgebissen. So ruckte er langsam, ganz langsam an ihren Körper heran während der Schmerz ebenfalls immer näher an sie heranrückte. Und auch das verunreinigte Blut tropfte herab und hinterließ eine seltsam schwarz-rote Schneise. Hautfetzen hingen am Arm herab und gaben dem Bild etwas von einem Horrorfilm, den sie vor langer unendlich langer Zeit mal gesehen hatte, als die Welt noch in Ordnung war…
Dichter… noch ein Stückchen…, sie kniff kurz die Augen zusammen, die angestauten Tränen des Schmerzes glitten ihr über die Wangen und landeten auf dem Gras während ihre Gedanken immer wieder um einen einzigen Satz herumkreisten, zwischen den Schmerzen hindurch: Mein Arm… mein rechter Arm… ich habe meinen rechten Arm verloren!!!
Doch nun legte sich ein Schatten über sie und versperrte ihr die einzige Sichtquelle, das Feuer! Irritiert und halb blind vor einer erneuten Tränenflut drehte sie langsam ihren Kopf herum und erblickte das feuerrote Auge Teldas, das gierig auf ihre linke Hand starrte. Schwankend und seltsame Gurgellaute ausstoßend beobachtete er sie. Sein Maul war bereits weit geöffnet, das Blut kroch aus seinem Hals und zwischen seinen Zähnen hindurch und benetzte den Boden kurz vor Feli, die sich unweigerlich an die Nacht von vor zwei Tagen erinnert fühlte. Machtlos starrte sie in dieses Auge hinein, hielt noch immer verkrampft ihren zerfetzten Arm, war aber unfähig sich noch zu rühren … und dann schnappten die geifernden Zähne nach ihrer linken Hand mit dem Ring auf dem Finger…
… doch sie erreichten nie ihr Ziel. Im allerletzten Moment tauchten zwei starke kleine Hände auf, umklammerten Stichs Griff und rissen den Wolf mit einem einzigen kräftigen Ruck zurück.
Feli entließ ein halbes Kreischen, denn durch das ruckartige zurückreißen, fraß sich die Klinge Stichs einmal rückwärts durch seinen Hals hindurch und trennten ihm so fast komplett den Kopf ab. Teldas eine noch sehende Auge zuckte unruhig, riss dann weit auf und starrte sterbend zu Feli herüber, ehe der feuerrote Glanz für immer aus seinem Auge heraus erlosch.
Der Kopf des Wolfes Telda ruckte nach vorne und direkt in Felis Richtung, die trotz ihrer Schmerzen, den Ekel als übermächtiger empfand und zurückwich vor dem sterbenden Körper Teldas, der nun direkt vor ihr auf dem Boden landete, mit seltsam verdrehtem Kopf und stummen, glanzlosen Auge nun ins Feuer starrte während ihm das Blut aus dem Maul kroch und sich mit der schwarzen Masse an seinen Zähnen verband. Das Gras dicht an seinem Maul begann bei diesem Gemisch sofort zu welken…
Feli beobachtete dieses Schauspiel mit immer schneller klopfendem Herzen. Ihre linke Hand umklammerte noch immer den rechten Arm, so fest, dass sich bereits ihre Fingernägel tief ins Fleisch bohrten. Doch sie bekam davon rein gar nichts mit, starrte nur immer auf das verwelkende Gras direkt vor ihren Augen und der Gedanke daran, dass genau das selbe Zeug auf ihrem Arm war, ließ in ihr die nackte Furcht erblühen…
Und dann kehrte es wieder, die Erinnerung an die unfreiwillige Begegnung mit Telda am Ufer des Flusses. Die geschwärzten Zähne im Mondlicht, das Gespräch über giftige Pflanzen… in ihr riss der Gedankenfaden ab, denn eine neue Schmerzwelle durchflutete sie, ließ ihre Augen zusammenkneifen, ließ ihren Körper vor Krämpfen erbeben und die Tränen in Sturzbächen herunter rinnen…
„Feli… oh nein… dieser verdammte Wolf!!" kam es nun fluchend von Frodo, als er sah was mit Felis Arm während ihres Kampfes geschehen war. Schnell begann er den Wolf zu umrunden, doch genau in diesem Augenblick blickte Feli empor und sah noch gerade aus den Augenwinkeln, wie sich Frodo zu Telda herabbeugte und seinen toten Körper beiseite schieben wollte.
„Halt… Frodo… berühr… berühr nicht sein Blut!!" presste sie nun hektisch hervor und Frodos Hände kamen gerade noch zum Stillstand, ehe sie das blutbeschmierte Fell des Wolfes angefasst hätten.
„Aber… aber…!" begann er, doch er wurde jäh von Feli unterbrochen, die nun mit etwas festerer Stimme sagte: „Irgendetwas stimmt… mit seinem Blut nicht mehr. Etwas… etwas klebte an … an seinen Zähnen und … und es vermischt sich mit dem Blut…!"
Mit einem Kopfnicken deutete sie nun vor sich ins Gras, wo sich die Blutlache immer deutlicher abzeichnete und ausbreitete. „Siehst du… das Gras… es verwelkt!!! Hnnnggg…"
Sie wollte eigentlich noch mehr sagen, doch eine erneute Schmerattacke erstickte ihre Worte im Keim. Ihre Augenlider pressten sich aufeinander und der etwas erhobene Kopf sank langsam auf ihre Schultern herab. Sie spürte gleichzeitig wie ihr der kalte Schweiß die Schläfen herunter rann und den Boden noch zusätzlich benetzte. Ein knirschen durchzuckte ihre Zähne, während sie mahlend hin und her glitten in ihrem Mund.
Mir ist … so heiß, durchzuckte es sie und gleichzeitig konnte sie Frodo laut aufschreien hören. „Nein Feli, nicht das Bewusstsein verlieren!! Du musst wach bleiben!!"
Hektisch umrundete er nun den Wolf, machte dabei einen Bogen um die Blutlache und kam nun von der anderen Seite auf Feli zu.
Sam indessen hatte sich schützend vor seinen Herren und Feli aufgebaut. Angriffsbereit und wutentbrannt hielt er Stich hoch erhoben und ließ ihn immer wieder in Richtung der Wölfe hernieder sausen um so ihre Reihen zu durchbrechen.
„Ihr elenden Fellvorleger… euch mache ich Beine… uns immer noch aufzulauern… und dann solch eine Schweinerei zu veranstalten!!!!" schrie er und streifte einen Wolf so dicht, dass sein halbes Ohr zu Boden fiel.
Der Wolf jaulte laut und Erbarmungswürdig auf während die anderen Wölfe langsam abstand hielten vor dem wütenden Sam und seiner Waffe.
„So ist es recht… seht zu dass ihr verschwindet!!!" schrie er ihnen wütend und mit einer gewissen Portion Stolz entgegen.
„SAM!" rief nun Frodo verzweifelt und dieser drehte sich kurz zu den beiden um, doch das Bild das sich ihm lieferte, war alles andere als beruhigend.
Frodo rüttelte nun verzweifelt an Feli´s Schultern um sie wach zu halten, während ihr lebloser Körper immer hin und her geschleudert wurde. Ihre Lippen waren bereits blau angelaufen, die Augen krampfhaft geschlossen, weiß wie die Schneeglöckchen war ihr Gesicht. Während der Schweiß aus jeder Pore an ihrem Körper hervor kroch, bibberte sie vor Kälte.
„Du musst mir helfen… sie stirbt und ich weiß nicht was ich tun soll!!!" rief nun Frodo verzweifelt, doch Sam musste sich wieder wegdrehen, denn nun griff ein Wolf seinen Schwertarm an und hätte ihn um ein Haar geschnappt, wenn nicht Sam rechtzeitig Stich beiseite gezogen hätte und dem Wolf noch einen Hieb in den Rücken versetzte.
„Herr Frodo, so gerne ich es täte, aber wenn ich meinen Posten verlasse, sind wir verloren!!" rief er keuchend zurück und konnte gerade noch den nächsten knurrenden Wolf mit einer Attacke in die Flucht schlagen.
Feli indessen öffnete wieder die Augen. Der Schweiß bahnte sich einen Weg über ihr Gesicht, während sie bebend vor Kälte langsam ihren Kopf anhob und es trotz allem vermied Frodo in die Augen zu sehen. Ihren rechten Arm spürte sie nun nicht mehr, aber dennoch, ihr Mut war weiterhin ungebrochen, ebenso auch ihr Überlebenswille.
Mit einer letzten Anstrengung und einem letzten Wimmern zog sie sich den zerfetzten Arm ganz dicht an ihren Körper heran und ließ endlich mit der linken Hand den Arm los.
Hässliche Striemen zeichneten sich dort ab, wo sich ihre verkrampften Finger tief ins Fleisch gebohrt hatten, doch Feli war es gleich. Ihr Arm war sowieso nicht mehr zu retten…
Gerade als sich Frodo nach ihr herumdrehte, packte sie ihn mit ihrer nun wieder freien Hand am Kragen. Blutflecken bildeten sich in dem sonst markelosen Stoff und Frodo ergriff die Hilfesuchende Hand Felis. Den Ring an ihrem Finger konnte er noch durch seine eigene Hand erbarmungslos heiß glühend hindurch spüren und ein kalter Schauer rann ihm den Rücken entlang, als er sich an seine eigenen Erfahrungen mit dem einen Ring erinnert fühlte. Langsam, ganz langsam begann sie sich an dem Halbling hoch zu ziehen, was all ihre Kräfte in Anspruch nahm und sie sich jetzt nur noch auf den linken Arm verlassen konnte.
Ohne ihm in die Augen sehen zu können, weil sie diese vor Schmerzen zuhielt, presste sie hervor: „Nicht… ist … schon gut… ich … sterbe sowieso!!"
Sie wusste nicht, wieso sie nun ausgerechnet das sagte, aber vermutlich wollte sie wieder nur eines, und das war zu beschwichtigen sich nicht so sehr um sie zu kümmern…
Frodo riss bei diesen Worten weit, sehr weit seine Augen auf und packte regelrecht nach der Hand Felis, die sich fest in seinen Anzug krallte. „Nein, du wirst nicht sterben… nicht solange ich und Sam hier sind!!" rief er aufgebracht und auf Feli zeichnete sich ein trauriges Lächeln ab während sie ihre Augen öffnete und in eine andere Richtung starrte.
Nur nicht in seine Augen sehen…nicht noch einmal will ich seine Gedanken durchwandern!! durchzuckte es sie.
Ohne auf seine Worte einzugehen, raunte sie nun: „Hilf mir… ich will mich aufsetzten! Ich muss… den Wölfen… ins …ins Gesicht blicken!!"
„Du musst ruhig liegen bleiben!!" rief Frodo nun aufgebracht und wollte sie zurück ins Gras drücken, als Felis griff an seinem Kragen wieder fester wurde.
Mit Blick auf die Wölfe zischte sie nun vor Schmerzen: „Lass mich, Frodo!!"
Dieser erstarrte in seinen Bewegungen, blinzelte erschrocken als sie nun ihren zerfetzten Arm auf den Schoß beförderte und schon fast aufrecht saß.
Sind das… sind das die Schmerzen, die mich so aus der Haut fahren lassen lassen? Oder… ist es wieder… das Blut?? kam nun in Feli der Gedanke auf, doch um über so etwas nachzudenken, hatte sie keine Zeit. Erst einmal mussten die Wölfe hier verschwinden, und da sie sich von Sam mit Stich in der Hand alleine nicht beeindrucken ließen, versuchte sie es mit Worten. Ich hoffe, ich kann sie vertreiben!! dachte sie voller Furcht, während ihr Sterne vor den Augen tanzten.
Trotz Felis erbärmlichen Zustandes, wichen die Wölfe ehrfurcht- und angsterfüllt zurück. Dieser Mensch, oder was auch immer es war, hatte jetzt schon zwei Anführer ihres Rudels getötet und zuvor noch in den Wahnsinn getrieben. Knurrend wichen sie zurück, stellten ihr Fell weit auf, fletschten die Zähne und gleichzeitig Blitzte der Hunger und die Gier in ihren Augen auf. So einfach würden sie nicht das Feld räumen…
„Wölfe… euer zweiter Anführer wurde ebenfalls dahingerafft. Ich … bedauere es… trotz meiner Schmerzen, die er… mir zugefügt hat, mehr … als alles andere, denn … ich wollte ihn… nicht töten!! Doch leider ließ… er mir keine andere Wahl…!" Hier musste Feli unterbrechen, da ein Hustenanfall sie ins Stocken brachte. Diesen Augenblick nutzte ein Wolf ganz in der nähe von Feli und wild schnappend rief er so laut er eben konnte: „Halt deine verlogene Schnauze du elendes Menschenweib oder was auch immer du bist! Du hast sie in den Wahnsinn getrieben, du bist an allem Schuld!! Nur wegen dir stehen wir nun ohne Anführer da!!"
In Feli keimte bei diesen Worten nur noch eines auf, und das war die blanke Wut. Die gleiche Wut, die sie schon verspürte als sie mit Telpe, dem ehemaligen Wolfsanführer sprach und stritt kurz bevor er gestorben war, direkt vor ihren Augen. Dieses Mal würde es wohl umgekehrt laufen, doch vorher wollte sie wenigstens noch eines klar stellen. Mit belegter und trotzdem fester Stimme sprach sie: „Ihr Wölfe seit es doch, die die Dummen sind…Habe ich euch… darum gebeten mir und den Hobbits zu folgen nur weil ihr eure Rache ausleben wolltet? Warum habt ihr überhaupt … Rache geschworen…?!"
Doch Feli hätte sich lieber auf die Zunge beißen sollen, anstatt auch nur ein einziges Wort von dessen was sie gerade gesagt hat, über ihr Lippen kommen zu lassen, denn nun wurden die Hobbits hellhörig und Frodo, ihr am nächsten, bedachte sie sogleich mit einem seltsamen Blick, als er mit kalter Stimme fragte: „Wieso Rache? Wieso folgen? Davon hast du uns gar nichts erzählt!!!"
Felis Atem stockte bei dem Gedanken daran, was sie gerade angerichtet hatte! Sie hatte den Hobbits verschwiegen, dass die Wölfe ihnen auflauern wollten und bereits ihre Rückkehr angekündigt hatten. Sie hatte kein einziges Wort darüber verlauten lassen, weil sie die Hobbits schützen wollte, und nun riss sie sich selbst damit in ein unendlich tiefes Loch hinein. Um zu retten was noch zu retten war, begann sie nun stockend zu sagen: „Frodo… Sam… ich … ich konnte es… es nicht sagen… ich dachte… ich müsste… ich wollte doch…"
Sie wurde von Frodo unterbrochen, der nun sehr hart und fest ihre linke Hand packte und sie fast zerdrückte.
Von Schmerzen nun aus beiden Armen gepeinigt entließ sie ein Wimmern und flehte stockend: „Bitte Frodo… du tust mir weh!!"
„LOS… Feli… was hast du uns noch verschwiegen???" kam es nun eiskalt von Frodo während Felis Herz fast stehen blieb, sie die Augen aufriss und Frodos Hals mit tränenerstickten Augen anstarrte. Ich darf ihm nicht in die Augen sehen!! dachte sie immer wieder und flüchtete so davor eine Antwort zu geben.
Doch Frodo würde sie so nicht davon kommen lassen, denn nun rüttelte er Feli und schrie sie an: „SIEH MIR ENDLICH IN DIE AUGEN… was hast du uns noch verschwiegen?? Weißt du eigentlich dass es tödlich sein kann in dieser Welt seinen Weggefährten etwas zu verschweigen?? Ich könnte dich… ich könnte dich auf der Stelle…" begann Frodo und hob seine rechte Hand, die bis hierher, noch seinen und Felis Körper abgestützt hatte, spannte sie an und zielte damit direkt auf Feli.
Diese bemerkte die angespannte Hand aus den Augenwinkeln und selbst in diesem Blickwinkel konnte sie noch die vor Wut blitzenden Augen Frodos sehen. Tief in ihrem Innersten wusste sie, dass er Recht hatte. Aber andererseits, was machte es jetzt noch für einen Unterschied… sie würde das hier sowieso nicht überleben. Dennoch, sie wollte nicht mit den Hobbits in Wut auseinander gehen, so erhob sich brüchig ihre Stimme und zaghaft raunte sie: „Bitte Frodo… es tut mir leid…das habe ich nicht gewusst! Bitte, ich wollte … wollte doch nur … euch vor… schlimmeren Bewahren!!"
Schnell wandte sie ihren Kopf zur Seite, weg… weg von Frodos Blick, weg von seiner zum Schlagen weit ausgeholten Hand, verschloss ihre Augen davor und sie spürte nur noch den pochenden Schmerz in ihrem Körper und das pulsieren ihres Blutes im Ohr…
Als nun Frodo Feli in dieser erbärmlichen Verfassung sah, glättete sich seine Wut etwas. Dieser zertrümmerte Arm, der ihr schlimmere Schmerzen bereiten musste, als alles andere was sie wohl jemals zuvor gespürt hatte, das zittern und beben ihres Körpers, der stetig tropfende Schweiß, die kalte Hand mit dem heiß glühenden Ring am Finger, die Angst in ihren Augen, der Blick der ständig seinen Augen auswich. Aus Furcht oder aus Schamgefühl, konnte Frodo nicht erkennen, aber es erweichte sein sowieso schon mitfühlendes Herz und ganz langsam ließ er seine angespannte Hand herabsinken. Nein… es brachte jetzt gar nichts wenn er sie schlug… ja … warum wollte er sie überhaupt schlagen? Sie hatte es doch nur gut gemeint. In ihrer Welt schien dies wohl so eine Art „nette Geste" zu sein zu Schweigen und alles auf seine eigenen Schultern zu nehmen.
Ein erleichtertes Seufzen entglitt seiner Seele und er war mehr als froh über diese Entscheidung. Langsam glitt seine Hand herab, stützen wieder sich und Felis Körper am Boden ab und der vor Angst zitternde Körper, der noch immer auf den Schlag wartete, entspannte sich als sie aufsah und bemerkte, dass Frodo seine Hand hatte herabsinken lassen. Auch seine quetschende Hand ließ locker, hielt die linke Hand Felis jetzt nur noch fest und aus Felis Kehle entsprang ein erleichterter Seufzer.
Sam jedoch war nicht so leicht zu erweichen wie Frodo, noch dazu kochte dieser vor Wut. Erbost und ohne sich umzudrehen, schrie er über den ganzen Platz: „Verflucht… ich wusste doch gleich dass sie nur Ärger macht. Ich hätte sie töten sollen als wir die Gelegenheit dazu hatten… oder hätten sie wenigstens zurück lassen sollen…! Sie ist schon genauso wie Gollum. Nur an ihren eigenen Ring interessiert, von dem wir nicht mal wissen was er genau bezwecken soll…"
„SAM!!" schrie nun Frodo und unterbrach dessen harte Worte. Dieser stockte, drehte sich ein Stückchen herum und blickte seinen Herren und Freund aus verdatterten Augen entgegen.
Frodo jedoch fuhr fort: „Was redest du da?? Sie ist nicht wie Gollum… das einzige was sie will ist wieder in ihre Welt zurückkehren und sie selbst verflucht den Ring genauso wie ich es getan habe, als ich den einen Ring zum Schicksalsberg trug!!! Und Sam du…!" Doch hier unterbrachen Felis Worte, eindringlich und flehend: „Bitte… streitet euch nicht schon wieder wegen mir und dem Ring… bitte… ich sterbe sowieso… was macht es da für einen Unterschied ob ich nach Hause will oder wie Gollum bin…! Aber bitte… streitet euch nicht mehr!!" Ein Hustenanfall beendete ihr reden. In Gedanken jedoch war sie Traurig… über die Tatsache, dass Sam ihr noch immer nicht vertraute und die beiden noch immer wegen ihr in Streit gerieten…
Ehe nun Frodo oder Sam etwas dazu sagen konnten, begann nun ein Wolf zu knurren und Feli horchte auf was dieser Wolf zu sagen hatte: „Darf ich mich kurz vorstellen? Mein Name lautet Yanta und ich war die rechte Pfote der beiden getöteten Anführer. Wertes Fräulein Feli, du hast gar nicht so unrecht mit dem sterben. Weißt du eigentlich was Telda an seinen Zähnen kleben hatte? Nein… du kannst es ja auch gar nicht wissen! Es ist Wolfskraut, oder auch genannt Thaw-Asea. In der Gemeinsprache wohl `fauliges Kraut' genannt. Mein großer Wolfsanführer hat schon seinen Tod voraus gesehen und hatte dementsprechende Vorkehrungen getroffen." Er hielt noch einmal kurz inne, seine Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen und intensiv starrte er Feli an. „Kannst du dich noch daran erinnern, als du dich mit meinem großen Anführer am Flussufer getroffen hast? Da hatte er bereits schon etwas von diesem Thaw-Asea gefressen und es gut um seine Zähne geschmiert. Da er selbst ein Wolf ist, stirbt er daran nicht, kann es also fressen und damit seine Zähne beschmieren und sie wie die Zähne einer Schlange gebrauchen. Einmal gebissen ist die Wunde in wenigen Tagen verätzt. Das Fieber ist in dir, wie ich es dir ansehe, schon ausgebrochen, gleichzeitig leidest du unter ständiger Kälte und Hitze unter der sich dein Körper aufbäumt, auch das Blut verunreinigt … und wenn das Blut damit so stark angereichert ist, dass der Körper es nicht mehr herausfiltern kann, dann stirbst du eines qualvollen und langsamen Todes… lass dir eines gesagt sein… niemand kann dir jetzt noch helfen! Du bist dem Tode geweiht…und unsere Mahlzeit ist uns sicher… denn es heißt nicht umsonst Wolfskraut… wir Wölfe können es ohne Bedenken zu uns nehmen und es zu unseren Gunsten missbrauchen!"
Felis Augen vibrierten nun vor Angst und tödlicher Panik. Bis jetzt hatte sie noch immer gehofft es gäbe einen Ausweg… aber das sie so sehr dem Tode nahe war, hatte sie nicht für möglich gehalten.
„Der Tod… der ist gewiss, mein liebes Fräulein Menschenweib!!" raunte nun Yanta abschließend und beleckte bereits seine Zähne. „DAS ist unsere Rache… die Rache des Wolfrudels Telpe und Telda. Sobald du gestorben bist, ist unsere Ehre und unser Ansehen wieder hergestellt…!"
„Ich… werde… sterben!" flüsterte Feli kaum hörbar und sank noch weiter in sich zusammen. Das Fieber wütete in ihrem Körper und verwandelte ihn in einen Schmelzofen während auf der anderen Seite die Kälte unbarmherzig ihren Körper schüttelte. Noch nie hatte sie solch eine Todesangst gehabt, noch nie hatte sie solche Schmerzen ausgehalten… noch nie war sie so weit von Zuhause weg gewesen in solch einer schweren Stunde…
Sie riss ihre Augen bei dem Gedanken auf, hier in Mittelerde zu sterben und nie wieder nach Hause zurück zu kehren…
Noch mehr als zuvor füllten sich ihre Augen mit Tränen. Sie benetzten ihre Wangen und tropften herab in ihren Schoss, herab auf ihren zerfetzten Arm, in dessen Wunde bereits das schwarze Zeug wütete und ihr Todesurteil noch einmal unterstrich, unbarmherzig ihren Tod einleitete…
Irgendwo halt suchend lehnte sie nun ihren Kopf an die kleine Schulter Frodos und noch mehr sank sie in sich zusammen. Ihr fehlte die Kraft noch irgendetwas zu den Wölfen zu sagen, die gerade ihr Todesurteil unterzeichnet hatten…
„Wir werden uns bald wieder sehen, wertes Fräulein Feli Menschenweib, nur wirst du dann unser Mahl sein und die Halblinge werden die Nachspeise darstellen! Es wird nur noch 1 bis 2 Tage dauern, dann wird uns Wölfen wieder eine reichliche Mahlzeit beschert werden. Bis dahin werden wir uns zurückziehen und euch aus dem Hinterhalt beobachten! Mach dich auf etwas gefasst… Menschenweib!!"
Langsam drehte sich Yanta wieder herum, bedachte seine herumstehenden Kameraden eingehend und dirigierte sie langsam von den Hobbits und Feli weg.
Erstaunt ließ Sam nun Stich herabsinken und blickte den letzten Wölfen hinterher, wie sie gerade ins Dickicht eintauchten. Erst dann drehte er sich zu Frodo und Feli herum, ein reumütiger Blick zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er nun Felis verzweifelte Haltung sah. Schon im nächsten Moment tat es ihm Leid um seine Worte, doch die Anspannung und die Angst in den letzten Tagen hatten an seinen Nerven gezerrt und bevor Feli aufgetaucht war, war alles so friedlich verlaufen.
„Es… es tut mir Leid!" murmelte er nun und ließ Stich in sein Halfter verschwinden als er langsam näher herantrat.
„Was hat der Wolf gesagt…?!" flüsterte nun Frodo, der sehr wohl in den Augen von Feli lesen konnte, jedoch von ihr direkt hören wollte, was der Wolf gesagt hatte.
Ohne diese Frage zu beantworten, blickte Feli Frodo nun ins Gesicht, mit tränengetränkten Augen und vermied seinen Blickkontakt, während sie flüsterte. „Bitte… nimm mir den Ring vom Finger, dann kann ich es dir sagen!!"
Sie wollte ihm wenigstens bei diesen Worten direkt in die Augen sehen können und nicht an den Ring denken… wollte nicht ständig von ihm beherrscht sein… wollte ihn nicht mehr an ihrem Finger spüren…
Frodo ließ nun ihre linke klammernde Hand los und diese streckte ihm den Ringfinger entgegen. Sofort umschlossen die kleinen Finger des Hobbits den Ring und mit einem Ruck war er vom Finger gezogen.
Weit… sehr weit riss nun Feli ihre Augen auf. Der Ring hatte anscheinend noch verhindert, dass die Schmerzen noch stärker in ihr wüteten und jetzt, da er von ihrem Finger geglitten war, verdoppelten sie sich nun. Ein bestialischer Schmerz durchzuckte ihren Körper, ließ ihn sich aufbäumen, markerschütternd bebte ein Schrei über den Platz ehe er erstarb und Feli vor Erschöpfung in sich zusammensank…
