Kapitel 23.

reigi tadashii - höflich

Poch… Poch… Poch… Wie aus weiter ferne drangen diese Geräusche an ihr Ohr. Sie verzog das Gesicht und fuchtelte, ohne es zu bemerken, unwirsch mit einer Hand durch die Luft, wie um das störende Pochen davon zu wedeln. Dazu verzogen sich ihre Augen und Nase und unangenehm sog sie die Luft ein.
„Nee… jetzt nicht… lass mich schlafen!" murmelte sie, noch gefangen vom traumlosen Schlaf und spürte einen angenehm warmen Luftzug durch ihr Haar gleiten und ein paar Blätter über den Boden fegen… Leicht drehte sie sich auf die Seite, um den Luftzug zu entkommen, als sie das Pochen noch einmal hörte und dazu passend leise Stimmen hinter dem Holz.
„Sie schläft wohl noch… ich glaube sie ist noch nicht genesen… lassen wir sie weiterschlafen!" kam es dumpf an ihr Ohr gekrochen und hier riss Feli das erste Mal ruckartig ihre Augen auf. Sofort war sie hellwach und saß im nächsten Augenblick aufrecht in ihrem Bett. Jetzt erinnerte sie sich wieder an alles… der wichtige Rat heute morgen…!
„Hey… wartet… ich bin wach!!" rief sie deshalb mit belegter Stimme so laut sie konnte und hinter dem Holz verstummte alles. Wieder glitt ihr der laue Wind durch die Haare und ein frösteln glitt ihr über die Haut. „Warum… ist es so kalt?!" murmelte sie und schlang ihren gesunden Arm um ihren Körper. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie noch immer die Sachen vom Vortag trug… ja sie hatte es nicht einmal geschafft sich die Decke über den Körper zu streifen… sie war einfach nach hinten in die Kissen gefallen und wohl sofort eingeschlafen – nachdem Elrond ihr Zimmer verlassen hatte!
„Feli? Bist du doch wach?" kam es nun dumpf von der Tür zu ihr herein gekrochen. Irgendwie glaubte sie die Stimme zu erkennen… vielleicht war es die von Frodo?
„Sollen wir reinkommen und dir helfen?" kam nun eine zweite Stimme hinzu, Feli tippte dabei auf Sam.
Erschrocken blinzelte Feli und blickte hektisch an sich herab. „Ähm… ich bin gleich soweit… wartet nur noch ein paar Augenblicke!" rief sie hektisch zurück und rutschte bis an die Bettkante vor. Mal wieder wurde ihr etwas schwindelig. Da sie aber dieses Mal darauf gefasst war, machte sie alles langsamer obwohl die folgenden Worte sie doch etwas hetzten: „Sie soll sich beeilen... der Hohe Rat wird gleich beginnen… wir kommen auch noch zu spät, wenn das werte Fräulein so lange braucht!" Feli stand gerade aufrecht vor ihrem Bett als die Stimme an ihr Ohr drang und sie diese nicht einordnen konnte. Nach einem Elben hörte sie sich nicht an, soviel stand fest… auch zu Gimli passte sie nicht… aber im Grunde genommen war es in diesem Augenblick auch egal.
„Wartet … Bitte! Ich bin gleich soweit!" rief sie noch einmal und entdeckte neben sich auf dem Nachttisch ein kleines Frühstück, dass einer der umsichtigen Elben hereingebracht haben musste, als sie noch schlief. Noch während sie darauf zu wankte, strich sie sich ihr Gewand glatt. Zum umziehen hatte sie sowieso keine Zeit mehr und es würde bestimmt niemanden stören – so hoffte sie zumindest.
Gerade schob sie sich ein Stück Brot zwischen die Zähne als ihr ein Teil des vom Schlaf zerzausten Haar ins Gesicht fiel. Nein, auch wenn sie mit den Kleidern vom Vortag schon zum hohen Rat gehen musste, mit einer krausen Frisur wollte sie dort ganz sicher nicht erscheinen.
Sofort griff sie in ihren Rucksack hinein, hatte ihre Haarbürste in den Händen und begann sich, gleich danach, mit Hilfe eines kleinen Stückchen Bandes die Haare zusammen zu binden. Eine kleine Schüssel mit warmen Wasser und ein trockenes, sauberes Tuch lagen ebenfalls auf ihrem großzügigen Nachttisch. Sofort, nachdem sie gerade ihre widerspenstigen Haare zusammengebunden hatte, tauchten beide Hände in das klare Wasser und schnell glitt sie sich mit einer handvoll davon über das Gesicht. Wie erfrischend es war. Noch während sie sich das Gesicht rein wusch, schnappte sie sich noch schnell ein Stück Brot und begann darauf herum zu kauen.
Kaum dass sie die Schleife einigermaßen in ihrem Haar zurechtgerückt hatte, nahm sie den Behälter mit dem glasklaren Wasser darinnen, das direkt neben dem Brot stand und stürzte es in einem einzigen Zug ihre Kehle herunter.

„Wird das heute noch was? Jetzt kommen wir auf jeden Fall zu spät!!" kam es nun murrend von der Tür und einem Donnerschlag gleich wurde nun gegen die Türe gepocht.
Feli zuckte erschrocken zusammen. Das war keine Hand und auch keine Faust, die dagegen gepocht hatte… es war etwas anderes gewesen… sehr energisch, sehr ungeduldig… „Onkel … hör auf mit dem Stock hier so in der Gegend herum zu fuchteln! Du kannst doch nicht einfach mit deinem Spazierstock gegen die Tür hämmern!" „Ach ja? Und was ist mit dem hohen Rat? Keine Manieren diese jungen Dinger! Verschlafen sogar noch ihr eigenes Leben! Wenn ich mir damals so etwas bei Smaug hätte erlaubt, wäre ich bestimmt nicht mehr nach Beutelsend zurückgekehrt, das kann ich dir versichern!!" Smaug… Beutelsend… zurückgekehrt …? In Feli keimte ein verdacht auf… längst vergessen geglaubte Buchseiten eröffneten sich in ihrem Inneren während sie schnell noch ein Stückchen Brot hinterher schob und die Bürste wieder in ihrer Tasche verstaute.
„Ich … ich bin jetzt soweit… ich komme schon!!" rief sie, ließ noch einen schnellen Griff an ihre Tasche am Gewand herab gleiten und erst als sie den Ring durch den Stoff hindurch spürte, war sie zufrieden und glitt gemächlich zur Tür herüber.

„Na endlich… wird aber auch langsam Zeit, Fräulein Ich-Schlafe-Tausend-Jahre!" kam es nun murrend als Feli die Tür aufstieß und sich dafür mit ihrem gesamten Gewicht dagegen lehnen musste. Gemächlich glitt sie durch den Türspalt und vor sich entdeckte sie nun nicht zwei, sondern drei Hobbits, die vor ihrer Tür auf sie gewartet hatten. Frodo und Sam standen vor ihr und in ihrer Mitte befand sich ein alter, gebrechlich wirkender Hobbit, mit schneeweißer Haarpracht, unendlich runzeligem Gesicht, der dem Gesicht von Tom Bombadil nicht unähnlich war, gestützt auf einem dunkelbraunfarbigen Gehstock, auf dessen er sein ganzes Gewicht stützte, als Feli nun aus der Tür herausgetreten war. Mit offenem Mund und ganz unverkennbar sprachlos, starrte er empor zu Feli während Frodo und Sam ganz selbstverständlich sich verneigten und ihr einen guten Morgen wünschten.

Ein freundliches Lächeln glitt ihr über den Mund und freundlich sagte sie: „Guten Morgen! Entschuldigt, ich habe verschlafen!" dazu passend verneigte sie sich und fuhr fort: „Danke, dass ihr solange gewartet habt und entschuldigt, dass ich keine Manieren besitze…!" Doch hier unterbrach der ältere Hobbit und räusperte sich laut und hörbar. Feli konnte das Grinsen von Frodo und Sam regelrecht mit erblühen sehen, als der alte Hobbit langsam näher heranwankte „Habe… habe ich das etwa gesagt? Oh du meine Güte… bitte verzeiht wertes Fräulein… euer Name war Feli, richtig?" kam es nun stockend von dem alten Hobbit und Feli nahm ihm die letzten paar Schritte ab, indem sie näher kam.
„Ganz richtig, werter Herr… und ihr Name ist?" fragte sie und reichte ihm die Hand. Ein guter Handschlag war in ihrer Welt immer an der Tagesordnung gewesen, doch hier in Mittelerde gab es auch noch andere Sitten, die ihr nun von dem älteren Hobbit sogleich aufgezeigt wurden.
Dieser ergriff nämlich die hergehaltene Hand von Feli, verschränkte den Arm, in dessen Hand sich der Stock befand, auf den Rücken und verneigte sich nun tief. „Wertes Fräulein, bitte verzeiht meine Ungehobeltheit… aber selbst so ein alter Hobbit wie ich kann noch etwas dazu lernen. Und ich sollte gewiss lernen, meine Zunge zu zügeln, sonst wird es mir eines Tages schlimm ergehen. Mein Name lautet Bilbo Beutlin und ich bin der Onkel von diesem prächtigen Hobbit Frodo Beutlin. Und wie ich sehe, seit ihr sogar noch hübscher, als es mir Frodo berichtet hat." Und mit diesen Worten, ohne das Feli noch etwas sagen oder tun konnte, drückte er schon seine Lippen auf ihren Handrücken und deutete so einen Handkuss an, den Feli bis dato nur aus den Mittelalterfilmen kannte wenn ein schöner Prinz einer holden Maid seine Ehrerbietung darbot.

Mit großen Augen und noch größerem Blick starrte er auf den alten Bilbo Beutlin herab, der anscheinend doch kein so übler Kerl war, wie er erst vor fünf Minuten demonstriert hatte, als er gegen ihre Türe hämmerte. Doch Feli war bereit es sofort zu vergessen, wenn er nur endlich ihre Hand loslassen würde. Etwas peinlich berührt, schaute sie hilfesuchend zu Sam und Frodo herüber, doch Sam war so sehr damit beschäftigt, sich das kichern zu verkneifen, dass von ihm keine Hilfe zu erwarten war. Frodo lächelte jedoch aufmunternd und hatte beide Hände auf seinen Rücken verschränkt. Dazu nickte er immer wieder in ihre Richtung und grinste von einem Ohr zum anderen. Da musst du durch!, sollte das wohl heißen. Feli hätte gerne laut aufgeseufzt, doch das hätte den alten Herrn noch verärgert, und das wollte sie auf gar keinen Fall. Also verneigte sie sich noch einmal und sprach: „Vielen Dank, Herr Bilbo Beutlin von Beutelsend. Aber… aber gab es da nicht vor nicht mal ein paar Minuten eine wichtige Versammlung, der hohe Rat, den wir doch gerade verpassen… der doch so wichtig ist!" begann Feli zu stottern und sich so aus der Affäre zu ziehen. Leicht rötlich waren ihre Wangen als Bilbo endlich den Kopf hob, seine Hand zurückzog und den Stock wieder zum stützen benutzte.
„Bei den Valar, sie hat Recht! Wir werden wohl die Letzten sein… wo ich doch so wackelig auf den Beinen bin…!" sofort jedoch war Frodo zur Stelle um seinen Onkel einen Arm anzubieten und ihn auf sich stützen zu lassen. „Komm… lass dir helfen, Bilbo!" raunte Frodo und Sam bezog sofort Posten auf der anderen Seite von Bilbo. Lächelnd sah sich der alte Bilbo nach beiden Seiten um und danach direkt zu Feli empor. „Kannst du sehen, wertes Fräulein? Du musst ein alter Mann oder eine hübsche junge Frau sein, dann scharen sich alle um dich. Ich würde ja eher dein Aussehen bevorzugen, doch mich hat es leider erwischt… das Alter hat mich eingeholt, seit dem ich den Ring nicht mehr habe…!" Feli beobachtete Frodo nun dabei, wie dieser seinen Kopf leicht zur Seite neigte, bei den Worten Bilbos und mit der freien Hand kurz an seinem Ausschnitt herumnestelte. Schnell erhaschte sie noch einen Blick auf Sam, der nun besorgt an Bilbo vorbeischaute zu seinem Herrn herüber. Wie oft hatte er ihn bei dieser Tat gesehen, wie oft hatte er seine Hand ergriffen und beruhigende Worte gesprochen… doch im Moment konnte er rein gar nichts tun.
Sie selbst packte indessen die Furcht… ob sie auch einmal so endete wie zuerst Bilbo und dann Frodo? Wieder erkannte sie den fehlenden Finger an seiner Hand als die kleine Dreiergruppe gemächlich vorüber glitt und sie sich als viertes ihnen anschloss. Sie bezog sofort neben Frodo Stellung und noch ehe dieser etwas dagegen tun konnte ergriff sie seine verzweifelt suchende Hand, zog sie sanft neben sich herüber und hielt sie fest.
Erstaunt blickten nun Sam und Frodo gleichermaßen empor. Nur Bilbo hatte von alledem nichts mitbekommen, denn er war damit beschäftigt nicht über seinen Gehstock zu stolpern und über alte Zeiten zu sinnieren. So bekam er auch nicht mit, als Feli flüsterte: „Ich weiß wie du dich fühlst … ich halte deine Hand jetzt solange fest, bis wir da sind!!" Und mit diesen Worten glitten sie Schritt für Schritt dem großen Platz entgegen, wo schon alle auf sie Drei hier warteten.

Sie gingen nun zu viert durch die vielen verwirrenden Gänge und Säle hindurch, die allesamt wie ausgestorben leer waren. Niemand war hier, außer ihnen, wie es schien. „Jaja.. sie sind alle schon da… nur wir kommen zu spät!" sinnierte nun Bilbo und lachte als er fortfuhr: „Aber… bei einem so hübschen Fräulein, da wird man uns gewiss verzeihen mögen!" „Herr Bilbo, ihr Wort in meinem Ohr!" antwortete Feli und riskierte einen kurzen Seitenblick auf die anderen drei, die nun erstaunt zu ihr empor blickten. „Wie meinst du das?" fragte nun Sam doch Feli blickte auf und wieder geradeaus, so als hätte sie die Frage an sich überhört und winkte nur unwirsch mit der einen freien Hand ab. „Nichts… nichts… Sam…!" sagte sie schnell, doch alle drei sahen sie nun an als wüssten sie bereits, dass sie ihnen irgendetwas verheimlichte. Sie konnten ja nicht wissen, was gestern Abend, nachdem Sam und Frodo gegangen waren, vorgefallen war. Und Elrond konnte nun alles anders auslegen… dass sie sich nicht getraute zum hohen Rat zu gehen, dass er sie verschreckt hatte. Aber in gewisser Weise stimmte das ja auch. Sie war verschreckt und hatte gestern Abend Angst gehabt. Und doch hatte es sie eines gelehrt: Dieser Ring war noch gefährlicher als sie es jemals für möglich gehalten hätte! Innerlich fühlte sie sich zerrissen, auch wenn sie nach außen hin nichts darauf schließen ließ. Sie hoffte beim Rat jetzt nur noch auf schnelle Hilfe und das sie nun endlich verstehen möge, warum ausgerechnet sie diesen Ring bekommen hatte. Sie wollte lieber nicht daran denken, was geschehen mochte, wenn man ihr nicht helfen könne…