HARRY POTTER UND DAS WINDHERZ

Fanfiction von Tinkerbell

Nachrichten von draußen

Der Mond beleuchtete die peinlich sauber gehaltenen Gärten, die niedrigen Gartenmauern und die Reihenhäuser des Ligusterweges, während auf den Straßen die übliche Stille herrschte, die bei Tag und Nacht gegenwärtig schien. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass hier ein Mensch lebte, der nicht in den Alltag der kleingeistigen Einwohner der langweiligen Reihenhäuser passte.

Harry Potter saß bei Kerzenschein auf seinem niedrigen, knarrenden Bett im kleinsten Schlafzimmer des Durselyhauses. Mit der Feder im Mund und dem Tintenfass in der Hand betrachtete er noch einmal seinen Brief an Ron, seinen besten Freund in Hogwarts, den er kurz zuvor beendet hatte; Hermines Brief hatte er bereits eine halbe Stunde zuvor fertig geschrieben, er lag zusammengefaltet neben seinem Verwandlungsbuch. Er wollte sich nicht unwissend über das Neueste in der Zaubererwelt im Ligusterweg langweilen, das hatte sich Harry für diesen Sommer vorgenommen, wo er doch in den letzten Ferien so wenig gehört hatte.

Wenn er für die langen Sommerferien in den Ligusterweg zurückkehren musste, fühlte er sich seiner Welt jedes Mal sehr fern; so fern sogar, dass er immerzu an sie denken musste. Er vermisste wie gewöhnlich Quidditch, Hermine und Ron, seine besten Freunde, den liebenswürdigen Wildhüter Hagrid, Dumbledore, sogar fast Hermines Belfer-Organisation, das Schloss mit seinen gemütlichen Türmen, Zinnen und Räumen, und vor allem...

Harry schluckte und starrte an die leere Wand des Zimmers, die kaum vom Mond angestrahlt wurde. Er dachte an Sirius...

Sirius Black, sein Pate, wurde vor Kurzem von Bellatrix Lestrange umgebracht, und Harry hatte nichts dagegen tun können. Er konnte immer noch nicht begreifen, dass Sirius wirklich tot war. Fort, fort für immer. Harry biss die Zähne zusammen. Er war der einzige Mensch, den er in seinem Leben wirklich geliebt hatte, und nun hatte man ihn ihm genommen, genau wie seine Eltern, die Voldemort umgebracht hatte.

Noch einmal schwirrte das Bild von Sirius, so wie in jeder Nacht, an seinen Augen vorbei, wie er mit einem unentschlüsselbaren Gesichtsausdruck durch den Umhang fiel, weit, weit... für immer. Jedes Mal, wenn Harry dieses Bild vor seinen Augen sah, kam in ihm das Gefühl auf, dass seine Welt unterging, alles schien seinen Halt und seine Ordnung zu verlieren, dass alles von einer verschlingenden Kraft mit einem Schatten bedeckt wurde, der niemals wieder verschwinden würde...

Ohne Sirius war er wie leer, sein Kopf ausgelaugt und es war, als ob ihn ständig ein Dementor verfolgen würde, der ihm seines Glückes beraubte.

Warum gerade Sirius ? Harry ballte die Fäuste und seine Fingernägel gruben sich tief in sein Fleisch.

Sein fünftes Schuljahr in Hogwarts war wirlich nicht besonders lustig gewesen, doch im Schloss war er Zuhause.

Nach einem weiteren Blick auf die kahle Tapete wandte sich Harry wieder seinem Brief zu, rollte ihn sorgfältig ein, nahm den anderen Brief ebenfalls in die Hand und trabte ein wenig schwankend vor Müdigkeit zu Hedwigs Käfig hinüber.

„Bring diesen Brief zu Ron und den anderen zu Hermine, okay? Du weißt ja, wo sie sind", gähnte er und band die Pergamentrollen an ihrem Bein fest. Sie schuhute leise, spannte ihre wunderbaren weißen Flügel auf und flog durch das offene Fenster hinaus. Harry sah ihr noch nach, bevor sie endgültig hinter einer grauen Wolke verschwand. Er schloss das Fenster und wollte gerade zu Bett gehen, als etwas gegen das Fenster schlug.

Automatisch drehte sich Harry um. Er konnte keinen Kratzer sehen und spähte vorsichtig auf die Straße, die durch die Straßenlaternen orangefarben leuchtete.

Unten stand... Mrs Figg. Sie trug, wie es schien, ein Nachthemd und eine lange Schlafmütze. Er öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus.

„Harry!", rief sie leise zu ihm hinauf, „komm runter! Schnell!"

„Jetzt?" fragte er ungläubig und starrte sie an.

Mrs Figg schnaubte. „Natürlich jetzt. Warum sonst sollte ich dich wecken?"

Harry erwiderte nichts daruf. Schließlich hatte er nicht geschlafen, sondern zuerst seinen Verwandlungsaufsatz fertig, und danach den Brief für Ron geschrieben.

„Schon gut, ich komme", murmelte er ihr so leise wie möglich zu.

Wenn die Dursleys erfahren würden, dass er sich nachts aus dem Haus stahl, wollte er lieber nicht an die Bestrafung denken, die ihn dann erwarten würde.

Rasch zug er sich ein Sweatshirt über seine Pyjama und schlich auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Er konnte Onkel Vernon schnarchen hören, als er die Türklinke öffnete.

„Hallo, Mrs Figg", sagte er ein wenig unsicher.

„Schön dich zu sehen, Harry", sagte sie lächelnd, „komm mal mit zu mir, da hört uns keiner." „Ähm... okay", antwortete Harry und folgte ihr in ihr Haus.

Als Harry eintrat, blickte er sich erstaunt um: Es roch nicht mehr nach Kohl, und die Einrichtung war nicht mehr wild zusammengeschmissen, sondern eher stilvoll. „Was..", fing Harry an, doch Mrs Figg unterbrach ihn.

„Du weißt doch, ich musste dir einen schrecklichen Aufenthalt bei mir sichern", sagte sie achselzuckend, „Ich habe erst Anfang dieses Sommers beschlossen, die ursprüngliche Einrichtung wieder zu nehmen .Ich würde doch nie für den Rest meines Lebens in einem nach Kohl riechenden Haus leben wollen, und schon gar nicht mit einer solch geschmacklosen Einrichtung." Sie schüttelte angewidert ihren Kopf und sagte dann: „Setz dich doch, Junge, ich mache uns einen Tee." Schnell brauste sie in die Küche und Harry stand ratlos da.

Was wollte Mrs Figg von ihm? Warum machte sie ihm um Mitternacht einen Tee? Deswegen hatte sie ihn so dringend sprechen wollen ? Für eine Tasse Tee ?

Er entschied sich dafür, ersteinmal abzuwarten und folgte ihrer Anweisung, sich hinzusetzen. Harry ließ sich auf einem gemütlich aussehenden Korbschaukelstuhl nieder und betrachtete die Wände.

Einst waren sie bedeckt mit Katzenfotos, nun prangten auf ihr Bilder von Hexen und Zauberern in Umhängen. Es fiel auf, dass alle Umhänge dunkelgrün und offensichtlich schon sehr alt waren, nach den ausgefransten Enden der Ärmel jedenfalls zu schließen. Von der Decke hing eine Lampe aus Milchglas, der Tisch war mit einem Strauß seltsam aussehender Blumen dekoriert, ein großes Klavier stand verlassen in einer Ecke und auf der einen Seite stand ein riesengroßes Meeresaquarium mit wunderschönen Fischen. Auf diesem standen kleine silberne Instrumente, wie sie Harry schon einmal bei Dumbledore gesehen hatte, doch aus ihnen kam kein Rauch, wie es bei ihm der Fall gewesen war. Harry schreckte auf.

Fröhlich summend kam Mrs Figg mit einem hölzernen Tablett, auf dem sich ein großer Teller Kekse, eine Teekanne und zwei Teetassen befanden, ins Zimmer. Sie stellte das Tablett ab, goss Harry Tee ein und bot ihm Kekse an. Harry, der sich an ihren Schokoladenkuchen erinnerte, nahm zögernd einen goldbraunen Keks mit Nussstückchen vom Teller. Sie setzte sich ihm gegnüber und lächelte.

„Ähm... nun... was wollen Sie mir sagen?", fragte Harry, um eine Unterhaltung anzufangen ( und abgesehen davon den Keks nicht essen zu müssen ). Er konnte ja nicht dasitzen und sich den Bauch mit Plätzchen vollschlagen.

Sie fing an zu grinsen. „Harry, hast du es denn nicht bemerkt?",fragte sie geheimnistuerisch. „Was? ", fragte Harry zurück. Was meinte Mrs Figg? Sollte dies ein Spaß sein, um ihn aufzuheitern? „Tja,bist halt keiner... tja jah...", murmelte sie immer noch grinsend.

Harry blickte sie durchdringend an.

„Heute Nacht ist beschlossen worden, Harry, dass ein Feind von Du-weißt-schon-wer nach Hogwarts zurückkehren wird. Seine Kraft wuchs letztes Jahr von Tag zu Tag, immer deutlicher... er gehört dorthin, und deshalb spüre ich Zurückkehr. Oh ja, ein straker Feind... sehr stark. Heute ist ein freudiger Tag, Harry, voll von Hoffnung für uns. Lass uns das mit einer kleinen Party unter magischen Leuten – na ja, wenigstens halbwegs- feiern!", sagte sie strahlend.

Harry verstand nicht und sah sie immer noch fragend an. „Woher wissen Sie das?"

„Nun, ich bin ein Squib. Squibs, die fern von der magischen Welt leben, spüren, wenn sich strake Kräfte nähern. Wie sonst hätte ich die Dementoren so deutlich letztes Jahr spüren können? Ich habe ja keine gute Aussicht auf die Straße. Ah, diese Macht muss stark sein, sie befindet sich weit entfernt von hier.", sagte sie ins Leere starrend.

„Können Sie auch Voldemort spüren?". fragte Harry, ein wenig sicherer, dass Mrs Figg nicht verrückt war. Sie zuckte bei dem Klang des Namens zusammen, ließ sich aber sonst nichts weiter anmerken.

„Oh, nein, ich spüre nur Wiederkehr oder ewiges Verschwinden der Kräfte. Wiederkehr bedeutet, das sie für etwas Gutes eingesetzt werden, ewiges Verschwinden, wenn sie sich dem Bösen zuwenden. Bei Du-weißt-schon-wer habe ich vor etlichen Jahren ewiges Verschwinden gemerkt. Natürlich spüre ich nur besonders starke Kräfte, so mächtig bin ich nicht.", erklärte sie ihm ernst, „doch es ist schon gut, dass ich überhaupt etwas spüre, die meisten Squibs sind selbst dafür zu schwach. Natürlich ist diese Kraft für die meisten nicht überzeugend, da sie nur einigermaßen mächtige Squibs haben, und manche glauben sogar überhaupt nicht daran. Nun, warum kostest du nicht einmal von diesen Keksen? Ich habe sie selbst gebacken, erst heute Mittag."

„Oh, ähm - jaah.." sagte Harry, schloss die Augen und überwand sich einen Teil des Plätzchens anzuknabbern.

„Aber...", sagte er überrascht „die sind ja sogar lecker!"

Er zuckte zusammen, als ihm bewusst wurde, was er gerade gesagt hatte.

„Schon gut", sagte Mrs Figg lächelnd,als er den Mund öffente, „der Schokoladenkuchen war keine überragende Köstlichkeit. Er war ja auch gekauft", fügte sie stolz hinzu.

Er nahm sich einen weiteren Keks und fragte: „Was heißt das jetzt genau? Könnte – er – vernichtet werden?", forschte Harry nach.

„Wir sehen werden", sagte Mrs Figg und goss sich nun ebenfalls Tee ein, „aber auf jeden Fall ist es ein Hoffnungsstrahl. Du musst den Menschen in Hogwarts finden, den ich gespürt habe, verstanden? Schick mir eine Eule, sobald du es weißt. Er wird dir gegen Du-weißt-schon-wer helfen."

„Er? Ist es also ein Mann oder ein Junge? Das würde die Suche erleichtern", sagte Harry, in den nächsten Keks beißend.

„Nein, das muss nicht unbedingt sein. Es könnte auch eine Hexe sein. Halt einfach die Augen offen."

Harry nickte und bemerkte, dass die Teekanne auf dem Tablett „ Jingle Bells" trällerte.

„Mrs Figg ? Wer sind die grün gekleideten Menschen aus den Bildern, die hier hängen ?", fragte er neugierig.

Mrs Figg antwortete nicht sofort.

„Oh, es.. es.. waren meine Vorfahren", sagte sie mit einem kurzen Blick auf die Bilder „ alle waren magisch und ich bin der Spross einer einst sehr beliebten, reinblütigen Familie. Als meine Eltern erfuhren, dass ich ein Squib bin, waren sie sehr enttäuscht. Ihr einziger Trost war, das ich der mächtigtste Squib im Umkreis war und die Kraft hatte, von der ich dir eben erzählt habe." Sie seufzte. „Sie waren alle grün gekleidet, weil ihre – meine- Vorfahren diese Kleidung an ihre Kinder weitergaben, und diese wiederum an ihre. Sie waren ein Erkennungszeichen der Figg-Familie."

„Haben Sie auch so eins bekommen ?", fragte Harry.

Mrs Figg starrte wieder auf die Bilder ihrer Vorfahren, doch sie schien durch sie hindurch zu blicken. Dann stand sie auf und kam mit einem Papierbündel zurück. Sie zog die braunen Bänder davon ab, und Harry konnte einen grünen, ausgefransten Umhang darin erkennen. „Hier ist er.", sagte sie „doch ich trage ihn nie. Ich habe mich niemals als richtiger Verwandter solch einer – eingebildeten- Familie gesehen."

Sie guckte zur Seite und blickte finster drein. Nachdem sie sich zu ihm gedreht hatte, verstaute sie den Umhang wieder.

In der nächsten Stunde wollte Mrs Figg alles über Quidditch wissen, was Harry wusste.Auf ihre Familie kam sie nicht mehr zurück.

Als um 2 Uhr der Plätzchenteller und die Teekanne leer waren ( „We wish you a merry christmas, we wish you a merry christmas and a happy new year, we..." ) stand Harry auf.

„Danke für alles, Mrs Figg, aber ich glaube, ich sollte mich lieber zurückschleichen, bevor Onkel Vernon oder Tante Petunia etwas merken. Ich glaube nicht, das sie sonderlich begeistert wären, wenn sie wüssten, dass ich nicht im Haus bin", sagte Harry.

„Ja, stimmt, du hast recht", erwiderte sie kopfnickend und begleitete ihn zur hölzernen Haustür. „Gute Nacht, und vergiss nicht, was ich dir gesagt habe, wenn du in Hogwarts bist !"

„Nein, werde ich nicht, Mrs Figg", antwortete Harry und glitt hinaus auf die Straße.

Es war eine leicht kühle, angenehme Sommernacht, und Harry hätte fast alles dafür gegeben, jetzt nicht ins Dursleyhaus zurückkehren zu müssen.

Als er es geschafft hatte, die Treppe lautlos hochzusteigen, ließ er sich müde ins Bett fallen und schlief, ohne weiter noch über die Nachricht der starken magischen Kraft in Hogwarts nachzudenken, tief und fest ein.

Tock, tock.

Harry schlug die Augen auf.

Pock, pock.

Gähnend griff er nach seiner Brille auf dem Schreibtisch und setzte sie sich blinzelnd auf. An seinem Fenster klopften zwei Eulen wütend auf die Scheibe.

Die eine große Schneeule war Hedwig, und der Waldkauz sah aus, als käme er von Hogwarts.

Rasch schritt Harry zum Fenster, öffente es, und die beiden Eulen flogen hinein. Der Waldkauz, wie Harry auffiel, hatte ein rotes Band ums Bein gebunden. Sie ließ den schweren Pergamentumschlag mit dem Hogwartssiegel auf sein aufgewühltes Bett fallen und flog wieder aus dem offenen Fenster.

Hedwig ließ ein Stück zusammengerolltes Pergament auf den Brief von Hogwarts eilen und ließ sich in ihrem Käfig nieder, um etwas zu trinken.

Harry erkannte die smaragdgrüne Tinte auf dem Pergamentumschlag und Rons wirre Handschrift, die er nur allzugut kannte.

Er öffnete zuerst den Brief aus Hogwarts und las:

Sehr geehrter Mr. Potter,

wie Sie wissen, haben Sie in Ihrem fünften Schuljahr die ZAG-Prüfungen abgelegt. Anbei die Ergebnisse, Ihre Fahrkarte und die Bücherliste für das kommende Schuljahr.

Bitte bewahren Sie die Prüfungsergebnisse auf, sie sind äußerst wichtige Dokumente für Ihre kommende Zukunft als ausgebildeter Zauberer.

Das Schuljahr beginnt selbstverständlich am 1. September.

Zudem ist zu bemerken, dass unsere Schule den traditionellen Weihnachtsball, der sonst nur während des Trimagischen Turniers stattfindet, diese Weihnachten feiern wird. Er dient dazu, die Mitschüler und Mitschülerinnen der anderen Schulhäuser kennenzulernen. Denn da der, dessen Name nicht genannt werden darf, zurückgekehrt ist, sind starke soziale Bindungen wichtiger denn je.

Er ist dieses Mal freigegeben für Schüler und Schülerinnen ab dem 3. Jahr. Selbstvertändlich ist es erlaubt, Schüler oder Schülerinnen aus unteren Jahrgängen dazu einzuladen. Aus diesem Grunde ist es ratsam, sich außer den Schulbüchern auch einen neuen Festumhang zu erwerben. Zu empfehlen ist die neue „Trummwear" bei Madam Malkins in der Winkelgasse.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Professor McGonagall

Harry entdeckte im Briefumschlag noche in weiteres Stück Pergament – seine ZAG-Ergebnisse. Mit starkem Herzklopfen faltete er das Blatt auf und las:

ZAG-ERGEBNISSE

Sie seien daran erinnert, dass dies ein wichtiger Beleg für Ihre Fähigkeiten als Zauberer sind, also heben Sie ihn an einem sicheren, trockenen Ort auf.

Sehr geehrter Mr. Potter,

wie Sie im letzten Schuljahr während der Berufsberatung angaben, erstreben Sie das Amt eines Aurors, und wir können Ihnen erfreulicherweise mitteilen, dass Sie mit den ZAG – Ergebnissen einen recht guten Grundstein für dieses Ziel gelegt haben.

Das heißt selbstverständlich nicht, dass er Ihnen gesichert ist.

Nun wollen wir Ihnen Ihre Ergebnisse nicht länger vorenthalten,

viel Vergnügen, Ihre

Professor McGonagall

Verwandlung E

Zauberkunst E

Verteidigung gegen die dunklen Künste O

Zaubetränke E

Harry stockte - wie zum Teufel hatte er ein E bei Snape in Zaubertränke bekommen können ? War es ein Versehen gewesen ?

Kräuterkunde A

Pflege magischer Geschöpfe O

Astronomie A

Wahrsagen M

Zaubereigeschichte A

Harry ließ die Rolle Pergament sinken und fragte sich, wie er in Zaubertränke so gut abgeschnitten haben konnte, und auch abgesehen von Zaubertränke hatte er viel schlechtere Bewertungen erwartet... Wenn Rons Brief nicht direkt negen ihm läge und er nicht neugierig wäre, was er wohl geschrieben hatte, hätte er noch weiter über seine Ergebnisse nachgedacht, doch nun faltete er die Pergamentrolle zusammen und entfaltete den Brief von Ron, welcher der längste war, den er ihm je geschrieben hatte.

Lieber Harry,

wie geht es dir? Hier im Fuchsbau ist nicht viel los. Seit Fred und George weg sind, ist es sehr leise und etwas langweilig geworden. Mir fehlen die beiden richtig, ehrlich, Mann.

Aber ich hoffe, dass ihr Laden gut laufen wird. Ich jedenfalls werde mir am Ende der Ferien wieder eine große Tüte Stinkbomben und die neuen Labberfingernägel kaufen, die sie letzte Woche erfunden haben. Mal sehen, vielleicht geben sie uns ja Rabatte.

Von Percy haben wir auch noch nichts gehört. Dad sagt, er hätte ihn nocheinmal im Ministerium gesehen,doch Percy hat nichts gesagt, so wie wir erwartet haben.

Mum spricht nicht über ihn. Ich glaube, sie ist auch etwas depremiert, weil jetzt nur noch zwei ihrer Kinder bei ihr wohnen. Ich habe ihr auch von dem Brief erzählt, den Percy letztes Schuljahr an mich geschrieben hat, als ich Vertrauenschüler geworden war, weißt du noch?

Als Mum es erfuhr, drehte sie volkommen durch. Sie brüllte so laut, dass die Hühner versuchten, sich in die Gnomlöcher zu verkriechen. Kannst du dir das vorstellen?

Sie wollte dir auf jeden Fall sagen, dass sie sich im Namen von Percy als ihren Sohn entschuldigt.

Mum sagt, dass du am 30. Juli zu uns kommen kannst, Dumbledore hat es erlaubt. Frag die Muggel mal, wir holen dich mit einem Auto vom Ministerium ab, egal, was sie sagen. Sie haben Dad jetzt ein neues gegeben, aber er musste Mum versprechen, dass er es weder auseinanderbaut noch verzaubert. Wir kommen ungefähr um 3 Uhr zu dir, pack bis dahin deine Sachen, okay ? Dad möchte die Muggel nicht erschrecken, besonders nicht deinen Cousin. Er meinte, „der arme Junge hat schon genung durchgemacht". Dad liebt die Muggel, deshalb kann er nicht verstehen, dass dein Cousin ein fieses Schwein ist!

Hermine wird auch kommen, allerdings erst etwas später am Abend. Ich hab keine Ahnung, warum sie nicht schon früher kommen kann. Ich hoffe nur, dass das nichts mit diesem Angeber Krum zu tun hat. Ich werde das schon noch herausbekommen, das schwöre ich dir!

Es gibt sonst nicht viel Neues zu berichten. Mum und Dad sind ständig da, aber ich bekomm einfach nichts mit, denn wir dürfen immer seltener mit.

Hast du auch schon den Brief von Hogwarts und die Prüfungsergebnisse bekommen? Also, meine Ergebnisse waren ganz okay, denk ich mal; ich meine, immerhin ein E in Verteidigung gegen die dunklen Künste, das gleicht das S in Wahrsagen wieder aus.

Mum ruft mich gerade von unten, weil ich heute zusammen mit Ginny den Garten entgnomen muss. Wird ein toller Nachmittag...

Lass dich nicht unterkriegen von den Muggeln!

Bis bald

Ron

Harry faltete Rons Brief zusammen und legte ihn unter das lose Dielenbrett. Dieses Versteck hatte sich schon als nützlich für illegale Geburtstagskuchen und Fotoalben erwiesen.

Sein Gewicht schien wie verschwunden zu sein, er fühlte sich leichter als jemals zuvor. Der Ausblick, im Fuchsbau den Rest der Ferien zu verbringen, ließ Harry für kurze Zeit all seine Sorgen vergessen, über die er Nacht für Nacht nachdachte.

All das, was er in seinem vergangenem Schuljahr in Hogwarts erfahren hatte, verfolgte ihn immer wieder in seinen Träumen.

Das Leben im Ligusterweg hatte sich – wenigstens in diesem Sommer - ein wenig verändert.

Der Anfang der Ferien und damit die Zeugnisausgabe hatte Tante Petunia in haltlose Tränen ausbrechen lassen: Dudley war sitzen geblieben. ( „Mei- Mein - mein armer kleiner Duddybums! Wie ent- enttäuscht du sein musst! Deine Lehrer verstehen deine Intelligenz nicht!" )

Schnurstracks hatte sie einen Termin mit dem Direktor von Smeltings gemacht, doch damit hatte sie nichts erreicht, außer, dass ihr der Direktor fast eine Ausgabe des „Vom Nomen bis zum Satz- Ein Grammatikbuch" ins Gesicht geworfen hatte, da ihn Tante Petunia lauthals angeschrien hatte.

Trotz aller Proteste Dudleys hatte sie ihn an Ferienschule angemeldet, in der er den ganzen Sommer verbringen musste ( „Ich will nicht lernen! Ich will fernsehen und Freizeit ! Hau ab und lass mich in Ruhäääää !", brüllte er und schmetterte ein Stück angebissene Tiefkühlpizza auf das nächstbeste Bild, das die Küche der Dursleys zierte ) .

Obwohl Tante Petunia von Dudleys Intelligenz überzeugt war, brachten sie ihn am ersten Samstag der Ferien mit fünf Reisetaschen, voll gepackt mit Süßigkeiten, Computerspielen und Kleidung, sowie unter einem Tränenausbruch Tante Pentunias in die Ferienschule.

Ohne Dudley war es viel ruhiger, man konnte Tante Petunia weniger schreien hören und bei jeder Mahlzeit gab es eine Unmenge an Resten.

Harry legte den Brief von Hogwarts auf seinen Schreibtisch, zog sich an und ging hinunter zum Frühstück.

Er ging die knarrende Treppe hinunter in die Küche, wo Onkel Vernon und Tante Petunia bereits frühstückten.

Onkel Vernon hatte sein breites Gesicht und sein Marmeladentoast bereits hinter der Tagespost barrikatiert, während Tante Petunia mit zusammengepressten Zähnen hinter dem Toaster stand.

Sie war in letzter Zeit in eine triste Stimmung verfallen, was wahrscheinlich damit zu tun hatte, dass Dudley außer Haus war.

Harry dagegen war äußerst dankbar, dass er Dudley nicht ertragen musste. Er bekam mehr Essen als sonst und am Tisch war es weniger eng.

Als Harry sich setzte, warf ihm Onkel Vernon einen vernichtenden Blick zu, und Tante Petunia stellte ihm ein mit Käse belegtes Toast hin, das er hastig aufas.

Am besten fraget er jetzt. Es musste sein. Jetzt.

„Ähm- Onkel Vernon?", begann Harry. „Mein Freund Ron hat mich zu sich nach Hause eingeladen, sie holen mich am 30. Juli ab, und... also, kann ich zu ihm gehen ?"

Aufs Äußerste gespannt wartete Harry auf eine Antwort, auch wenn sie fast bedeutungslos war, da ihn die Weasleys in jedem Fall abholten.

„Dein Freund- etwa der mit dieser – völlig verrückten – Familie aus dem Kamin?", fragte Onkel Vernon entsetzt. Sein fleischiges Gesicht war kreidebleich geworden.

„Äh-ja", antwortete Harry, „aber diesmal kommen sie mit einem ganz normalen Auto, keine Sorge."

„KEINE SORGE ?", brüllte Onkel Vernon mit wutentbranntem Gesicht, „diese Leute haben mir mein Wohnzimmer verunstaltet und meinen Sohn angegriffen!"

„Diese Sorte Menschen kommt mir nicht noch einmal ins Haus! Dieser Zauberfirlefanz tut keinem und nichts gut, vor allem nicht dem Wohnzimmer und meiner Familie!", fügte er schnaubend und mit weit aufgerissenen Augen hinzu.

„Aber-"

„Ich möchte NICHTS mit diesen Abnormalen zu tun haben!"

Harry startete einen neuen Versuch.

„Ihr wärt mich für den ganzen Rest des Sommers los...", sagte Harry, „und mein Pate würde es außerdem sehr schnell erfahren, wenn ihr mich nicht lasst. Ihr wisst ja, der Mörder."

Es fiel ihm sehr schwer, von Sirius zu sprechen, doch selbst wenn er nicht mehr lebte, konnte er ihm in dieser Situaton nützlich sein.

Sirius war seine nützlichste Waffe, wenn es darum ging, etwas von den Dursleys erlaubt zu bekommen.

Onkel Vernons Augen verengetn sich, sein weißes Gesicht bekam grüne Flecken und er atmete schneller.

„Nun gut, Junge", sagte er mit einem leichten Zittern in der Stimme, „wenn du zu diesen Leuten willst- möchte nicht wissen wie und wo die wohnen- dann geh. Geh und lass dich erst nächstes Jahr wieder hier blicken, vertsanden?"

„Verstanden", antwortete Harry glücklich.

„Doch damit das klar ist", keifte Onkel Vernon mit einem gröhnenden Unterton, „diese durchgedrehte, völlig verrückte Familie setzt keinen ihrer dreckigen Füße auf mein Grundstück!"

„Ich werde es ihnen schreiben", seufzte Harry genervt.

Er mochte es nicht, wenn jemand schlecht über die Weasleys sprach, doch er wollte seine guten Chancen nicht zu nichte machen, das wäre einfach zu schade.

„Gut."

Onkel Vernon, immer noch bleich im Gesicht, faltete seine Zeitung zusammen und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer.

Tante Petunia sah ihm nach, bis er endgültig verschwunden war und setzte sich zu Harry.

Er stand auf, um in sein Zimmer zu gehen und Ron zu schreiben, doch Tante Petunia hielt ihn auf.

„Bleib sitzen."

Es klang nicht warnend- etwas Bittendes lag in ihrer sonst keifenden Stimme, und Harry ließ sich überrascht nieder.

Tante Petunia blickte sich um und spähte ins Wohnzimmer, wo Onkel Vernon gerade den Fernseher anschaltete.

Harry starrte sie verdutzt an.

„Erzähl mir von Du-weißt-schon-wem", flüsterte sie angespannt, „Ist er vernichtet?"

Hary war so überrascht, dass er stockte. Tante Petunia wollte etwas über Voldermort wissen?

„Er ist noch am Leben, wie ich letztes Schuljahr sehen musste", erzählte Harry, „er hat seine Anhänger wieder um sich und sie-"

„Und?", bohrte sie nach.

„Nichts", antwortete Harry rasch. Fast hätte er „-haben Sirius umgebracht" gesagt, doch er brauchte Sirius bei den Dursleys und mit Tante Petunia wollte er schon gar nicht über ihn reden.

„Du- du hast ihn gesehen?", japste Tante Petunia mit geweiteten Augen.

„Jep, schon viermal", sagte Harry gelassen. Er konnte sie ruhig ein wenig in Panik versetzten.

Sie sah ihn immer noch erschreckt an, als plötzlich Onkel Vernon seinen fettten, inzwischen wieder fleischfarbenen Kopf durch die Küchentür steckte.

„Petunia, Liebling, wärst du so lieb und gibst mir eine Tüte Paprikachips, aber die mit Extrawürze?", fragte er zu ihr gewandt.

„Aber na-natürlich, Liebling", stotterte sie, immer noch auf Harry starrend.

Onkel Vernon beäugte etwas misstrauisch abwechselnd Harry und seine Frau, doch schließlich ließ er sich wieder in den Fernsehersesel fallen.

Harry stieg die Treppen hinauf in sein Zimmer, nahm ein Stückchen Pergament zur Hand, tauchte seine Feder in ein fast leeres Tintenfass und schrieb hastig:

Lieber Ron,

danke für die Einladung. Ich habe die Muggel gefragt und sie lassen mich gehen. Aber mein Onkel will nicht, dass ihr reinkommt. Ich denke mal, er hat Angst vor euch. Bleibt also einfach vor dem Haus, ich komme dann runter.

Ich hab bisher auch noch nichts von Hermine gehört, aber wir werden sicher bald mehr erfahren. Vielleicht war sie ja bei Krum, er hatte sie schließlich mal eingeladen.

Meine Prüfungsergebnisse sind nicht so schlecht wie ich erwartet hab.

Dein Harry

Harry steckte den Brief in einen Umschlag und band ihn an Hedwigs Bein fest.

„Bring diesen Brief zu Ron, ja?", sagte er und öffnete das Fenster.

Hedwig zwickte ihm freundschaftlich in den Finger und flog davon, hinaus in das unendliche Weiß der Wolken.