Zurück nach Hause
Die folgenden Tage vergingen rasch, sie flossen so schnell dahin wie das Wasser eines Baches. Das Wetter war keineswegs schlechter geworden, noch immer berührte das Sonnenlicht die saftigen Grasflächen und die blühenden Bäume. Seit seinem Besuch im Grimmauldplatz schien Harry mit einem Mal voll all diesen Dingen Notiz zu nehmen, seit langem fühlte er sich leichter als jemals zuvor. Hermine und Dumbledore hatten ihn davon überzeugt, dass nicht er allein schuld daran war, dass Sirius tot war, doch trotzalledem konnte er das Gesicht von Sirius, als er durch den schwarzen Umhang in der Mysteriumsabteilung gefallen war, nicht aus seinen Gedanken verdrängen. Das Gefühl, den wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren zu haben, plagte ihn Tag und Nacht.
Inzwischen hatte Harry Ron und Hermine alles über das Gespräch mit Dumbledore erzählt, und die Stimmung hatte sich dadurch ein wenig gehoben ( „Waaaas ? Du bist Mannschaftskapitän ? Wow, Harry ! Herzlichen Glückwunsch, Mann !", sagte Ron begeistert, und auch Hermine nickte ihm anerkennend zu. )
In den nächsten Tagen bekam Harry Mrs Weasley und Mr. Weasley kaum zu Gesicht, ständig verschwanden sie ohne jegliche Worte der Erklärung oder nur mit ein paar Fetzen wie „Ihr wisst ohnehin schon mehr als ihr eigentlich wissen dürft, also hört jetzt auf mit den Fragen und entgnomt den Garten" oder „Ihr wisst sehr wohl, was wir zu tun haben".
Nach einiger Zeit gaben es Harry, Ron, Hermine und Ginny endgültig auf, näheres zu erfahren, sie hätten genauso gut versuchen können, Winky etwas Böses über Crouch sagen zu lassen. Harry wusste, Mrs und Mr. Weasley würden den Orden nie enttäuschen und ihnen etwas sagen, was ihnen nicht gestattet war; er war sich nicht sicher, ob er besonders glücklich sein würde, wenn sie es seinetwegen getan hätten.
Allmählich gewöhnte sich Harry an das Leben im Fuchsbau und langsam hatte er das Gefühl, nie an einem anderen Ort gewesen zu sein. Er kannte die Treppen mit den knarrenden Stufen blind, er wusste, wie man sich in der Küche zurechtfand und wie man die Töne des lärmenden Ghuls überhörte.
Als das Ende der Ferien nahte, hatte er kaum Lust, den gemütlichen Fuchsbau zu verlassen, doch der 1. September rückte unweigerlich näher, sodass Harry dazu gezwungen war, seinen Koffer zu packen. Ein wenig lustlos räumte er Bücher, Kleidung und andere Utensilien in seinen Koffer, der in der Zwischenzeit kaum noch zuzubekommen war. Im Laufe seiner Schullaufbahn in Hogwarts hatten sich eine Unmenge an Kleinigkeiten angesammelt, die den Büchern den Platz raubten.
Am Morgen der Abreise wachte Harry früh auf, denn aus unerklärlichen Gründen fühlte er sich so aufgeregt wie vor einem Quidditchfinale. So kam es, dass er schon fertig, als alle anderen noch schliefen.
Die restliche Zeit gebrauchte er dazu, noch ein letztes Mal für diesen Sommer durch das Haus der Weasleys zu schlendern, um in den Erinnerungen der Ferien schwelgen zu können.
Nach und nach verammelten sich auch die übrigen Weasleys samt Hermine am Frühstückstisch, wo sich alle ein wenig unausgeschlafen gegenübersaßen und nur ab und zu versuchten, ein Gespräch anzufangen. Harry dagegen war plötzlich froh, nach Hogwarts zurückkehren zu können, auch wenn es ihm vor der vielen Arbeit graute – Hogwarts war sein Zuhause, dort hatte er alle Erinnerungen an die glücklichsten Momente seines Lebens.
Nachdem sie es tatsächlich geschafft hatten, das Gepäck in und auf das Auto zu laden ( das Dach war beunruhigend nach innen gedrückt ), dauerte es einige Zeit, bis sie sich zwischen ihre Koffer auf dem Rücksitz zwängen konnten, denn Ron hatte seine Gedanken an diesem Morgen nicht ganz beisammen: Zuerst vergaß er Pigwidgeon, was vielleicht nicht unbeabsichtigt war, dann seinen Sauberwisch Sieben und zu guter Letzt ließ er beinahe seinen Zauberstab neben der Spüle liegen. Mrs. Weasley schwörte, sie würde Ron im nächsten Schuljahr eine Checkliste anfertigen.
Im Auto schlief Hermine ein, ihren Kopf auf eine Reisetasche gelehnt, die zwischen sie und das Fenster gequetscht worden war. Ron hatte die ganze Fahrt damit zu tun, den Käfig von Pigwidgeon festzuhalten, Ginny kritzelte auf einem Blatt Pergament herum und Harry hatte Mühe damit, Platz für seine Beine zu finden, da sich unter dem Sitz Unmengen von Schulbüchern befanden, die nirgends mehr hinein gepasst hatten. Mrs Weasley las mit nur halb geöffneten Augen ein langweiliges Buch ( Wie sehe ich im Alter noch immer schön aus ? Tricks gegen Falten, Warzen und verschrumpelte Nasen von Caren Winston ), während Mr. Weasley hin und wieder ein Lied anstimmte, welches sich wie eine Werbung für Tiefkühlessen anhörte.
Nach dieser unangenehmen Fahrt kamen sie endlich am Bahnhof King's Cross an. Harry war froh, wieder Platz um sich zu haben, und auch Ron streckte genüsslich die Arme aus, während Hermine mit kleinen Augen ihren Koffer und Krummbeins Käfig aus dem Auto zerrte.
Als sie vor dem Hogwarts-Express angekommen waren, drückte Mrs Weasley Ron, Ginny, und auch Hermine und Harry an sich. Während sie ihn umarmte, flüsterte sie: „Sei tapfer, Harry."
Ebenfalls Mr. Weasley verabschiedete sich von ihnen.
„Haltet die Ohren steif, Jungs", sagte er zu Harry und Ron, „und tut nichts Unüberlegtes."
„Ja, ja, schon gut", maulte Ron, „außerdem machen wie nie etwas Unüberlegtes, Dad."
„Nein, wirklich nie", erwiderte Mr. Weasley mit bemüht ernster Miene, „das weiß ich doch."
Im Zug fanden sie schnell ein freies Abteil. Harry, Hermine und Ron nahmen eines zusammen, Ginny jedoch verabschiedete sich von ihnen und ging in ein Abteil weiter entfernt, in dem Luna saß.
Nachdem alle ihre Koffer und Taschen mehr oder weniger ordentlich verstaut hatten, mussten Ron und Hermine ihre Aufgaben als Vertrauensschüler erfüllen; deshalb verschwanden sie aus dem Abteil, versprachen vorher aber noch hoch und heilig, sich zu beeilen ( „Sicher ist nicht viel zu tun, Harry, wir kommen gleich wieder-" )
Harry lächelte ihnen zu, doch in Wahrheit fühlte er sich ein wenig ausgeschlossen, so wie immer, wenn Ron und Hermine ihn alleine ließen.
Gelangweilt schaute er aus dem Fenster, um sich die Zeit zu vertreiben.
Die Bäume blühten in ihrer ganzen Pracht, ordentlich bestellte Felder versprachen eine gute Ernte, und am Himmel war nicht einmal das Anzeichen einer Wolke. Alles schien friedlich und ruhig zu sein, doch Harry wusste, bald würde hier vielleicht nicht einmal mehr ein Baumstumpf stehen, wenn Voldemort richtig Fuß fasste...
Plötzlich schreckte Harry aus seiner Trance, denn er meinte etwas glänzend Weißes zwischen den smaragdgrünen Bäumen gesehen zu haben. Konnte das möglich sein ?
Sicher war es nur irgendein weißer Baumstamm gewesen oder eine Hütte im Wald... aber wenn er es sich recht überlegte, gab es weder Baumstämme noch Waldhütten, die so weiß waren wie das, was er gesehen hatte.
Harry verwarf diesen Gedanken wieder, denn es hatte keinen Sinn, sich darüber Gedanken zu machen; er würde ganz sicher nicht wieder zurücklaufen um nachzusehen, wenn der Zug in Hogwarts eintraf.
Während er seinen Blick über die vorbeirauschenden Felder und Wälder schweifen ließ, flog plötzlich die Abteiltür auf, und Ron, Hermine und ein fremdes Mädchen traten ein.
Hermine und schloss die Tür, zog das Mädchen zu sich heran und wendete sich Harry zu, der überrascht aufblickte.
„Darf ich vorstellen, Harry ?", sagte Hermine in feierlichem Ton, „das ist Yuri. Sie ist neu, und als Vertrauensschülerin sehe ich es als meine Pflicht an, ihr ein wenig zu helfen. Entschuldige, dass es so lange gedauert hat, aber ich konnte sie einfach nicht finden, und dann stand sie plötzlich im Gang... "
Yuri lächelte Harry zu.
Sie war sehr hübsch. Langes, tief dunkelbraunes Haar fiel in leichten Locken um ihr schmales, blasses Gesicht, das zwei mandelförmige, dunkelblaue Augen zierten. Ihr Körper war so dünn und zierlich, dass sie fast ein wenig kränklich wirkte.
Als Harry sich vorstellte, spürte er einen starken Krampf im Magen.
„Ich habe den beiden schon einiges über dich erzählt", sagte Hermine freundlich zu ihr, setzte sich und wies ihr an, sich neben sie zu setzten.
Harry fiel auf, dass Yuri beim Hinsetzten einen flüchtigen Blick aus dem Fenster warf, doch schon im nächsten Moment glaubte er, sich getäuscht zu haben.
Ron setzte sich neben ihn und begann, seine Brote auszupacken, die er in kleinen Stücken an Pigwidgeon verfütterte ( sie waren mit Corned Beef beschmiert ).
„Freust du dich schon auf Hogwarts, Yuri ?", fragte Hermine, die offensichtlich versuchte, Konversation zu machen.
„Oh, ja", antwortete sie und lächelte schwach, „Ich bin so aufgeregt... und ich bin sehr gespannt, in welches Haus ich komme."
„In welches würdest du denn am liebsten ?", bohrte Hermine nach.
„Hmm... Gryffindor. Sicherlich ist Ravenclaw auch nicht das Allerschlechteste", sagte Yuri nachdenklich, „doch ich weiß nicht, ob ich gut genug für Gryffindor bin."
„Aaach, das wird schon", munterte Ron sie auf, „sieh mich an, ich bin auch in Gryffindor."
„Was soll das denn heißen, Ron?", fragte Hermine verwundert.
„Na, ich bin nicht so schlau wie du, nicht so mutig wie Harry, und bin trotzdem in Gryffindor", gab Ron achselzuckend zurück, während er Pigwidgeon das letzte Stück Brot zuwarf.
„Ach, red nicht so einen Unsinn", sagte Hermine, sah aber sehr geschmeichelt aus.
Sie drehte sich nun zu Yuri um, die Ron und Hermine die ganze Zeit schmunzelnd beobachtet hatte.
„Was ist ?", fragte sie.
„Ah –nichts", sagte Yuri rasch und wandte sich dem Fenster zu.
Harry kam sich ziemlich dumm vor, wie er so dasaß und kein Wort hervorbrachte. Er musste irgendetwas sagen – was hatte sie sonst für einen Eindruck von ihm ?
„Ähm – wie alt bist du eigentlich ?", fragte Harry, „kommst du in unseren Jahrgang ?"
„Ich bin fünfzehn, ich werde erst im November sechzehn", antwortete Yuri, „aber ich komme in die sechste Klasse. Ich hoffe, ich werde mit euch mithalten können..."
„Wenn du die ganze Zeit krank warst, wie hast du dann eigentlich gelernt ?", warf Ron ein.
Hermine sah Ron scharf an, doch er beachtete sie nicht.
„Ich hatte einen Lehrer, der mich jeden Tag unterrichtet hat", erzählte sie, „er wusste sehr viel und hat mir das Wichtigste beigebracht. Mein Lehrer hatte allerdings oft den Hang, mir Sachen beizubringen, die manche als unnütz bezeichnen würden."
„Wenn du Hilfe brauchst, komm einfach zu mir", sagte Hermine freundlich, „ich habe die meisten Notizen von den letzten Schuljahren alle dabei, jedenfalls die wichtigsten. Die alten Schulbücher kann ich dir auch leihen, wenn du möchtest."
„Oh, danke", erwiderte Yuri lächelnd, „das ist wirklich nett von dir."
„Ach was, ich tue nur meine Pflicht als Vetrauensschülerin", sagte Hermine stolz und nahm ihr glänzendes Abzeichen mit dem Buchstaben „V" liebevoll aus ihrer Tasche.
Ron verdrehte die Augen und murmelte verächtlich „Percy".
„Es würde dir auch nicht schaden, dich ein bisschen mehr zu bemühen, was dein Vertrauensschülerdasein betrifft", fauchte Hermine, ließ das Abzeichen allerdings wieder verschwinden. „Außerdem, wer war es denn, der es am ersten Tag überall hin mitgenommen und ständig poliert hat ?"
„Ich hab doch gar nichts gesagt", versuchte Ron etwas kleinlaut einen nicht gerade überzeugenden Konterversuch.
Hermine schnaubte und sah Ron finster an, während sie sich mit verschränkten Armen in ihren Sitz drückte.
Yuri sah Harry unwillkürlich grinsend an, und er konnte nicht anders, als es zu erwidern, auch wenn er dabei ein seltsames Kribbeln fühlte; Ron und Hermine zuzusehen, wenn sie sich kabbelten, war wirklich recht amüsant, vorausgesetzt, mann musste es nicht jeden Tag ertragen.
Plötzlich flog die Tür ein weiteres Mal auf, und abermals standen drei Personen im Türrahmen, allerdings war diese Gruppe weit weniger willkommen als die vorherige.
Malfoy, Crabbe zu seiner Rechten und Goyle zu seiner Linken, trat in das Abteil und hatte wie üblich sein hämisches Grinsen aufgesetzt.
„Sieh an, sieh an", höhnte er, „hier haben sie dich also hingepflanzt. Willst du dich gleich am ersten Tag schmutzig machen ? Die hier ist eine Schlammblüterin..." fügte er hinzu und deutete auf Hermine.
Wie von der Tarantel gestochen sprang Ron auf und zog seinen Zauberstab.
„Was hast du gesagt?", knirschte er mit zusammengebissenen Zähnen hervor und machte einen Schritt auf ihn zu.
Hermine war schon im Begriff, zu Ron zu eilen, doch Yuri war schneller. Sie stellte sich vor Ron und sah Malfoy fest in die Augen.
Harry starrte sie erstaunt an. Wollte sie ihn etwa angreifen ?
„Was ist los, Draco?", fragte sie ruhig und wendete ihren Blick nicht ab.
„Du kennst diesen Idioten schon?", zürnte Ron, „sein Ruf eilt ihm wohl voraus."
„Ja, sie kennt mich. Nicht wahr, Miss-"
„Richtig, ich kenne dich. Gut erkannt. Und was willst du nun ?", unterbrach sie ihn.
„Bist du freiwillig hier ?", fragte Malfoy mit einem hämischen Grinsen. „Ich wollte dich nur warnen. Gib dich lieber nicht mit diesem Gesindel ab. Diesen Rat habe ich Potter hier netterweise auch gegeben, aber er hat nicht gehört. Du siehst ja, was nun aus ihm geworden ist."
Harry stand wutentbrannt auf und wollte Malfoy einen Fluch auf den Hals jagen, doch plötzlich spürte er, wie ihn eine zarte, weiche Hand an der seinen packte.
Yuri sah ihn mit ihren blauen Augen eindringlich an.
Harry starrte sie an und spürte, wie sein Zorn verschwand.
„Tu mir den Gefallen und verschwinde, Draco", entgegnete sie ruhig und versuchte, sich vor Harry und Ron zu stellen, was bei ihrer Statur ein wenig schwierig war. Sie war kaum so groß wie Harry, und Ron konnte sie schon gar nicht das Wasser reichen.
Malfoys Gesicht wurde noch blasser als es ohnehin schon war und er machte einen kleinen Schritt zurück, wobei er an Goyles massigen Arm stieß.
Er wendete sich um und murmelte Crabbe und Goyle ein „Gehen wir" zu.
Als die Drei endgültig verschwunden waren, schloss Yuri die Tür und setzte sich zurück auf ihren Platz, als wäre nichts gewesen.
„Was für ein Ekel", schnaubte Ron, „irgendwann krieg ich ihn..."
„Hast du den Satz nicht bald über ?", sagte Hermine grinsend und drehte sich Yuri zu.
„Ich habe mir gedacht, bevor wir ankommen, könnte ich dich noch mit ein paar anderen bekanntmachen", eröffnete ihr Hermine strahlend, „kommst du ?"
„In Ordnung", antwortete Yuri und stand auf, wobei sie Harry einen kurzen Blick zuwarf.
Harry bemerkte wieder das seltsame Kribbeln im Magen, während Ron in von der Seite angrinste.
Harry spürte seinen Blick und ging rasch an seinen Koffer.
„Also, ziehen wir uns um?", fragte er und holte seinen Umhang heraus.
„Klar", antwortete Ron immer noch schräg grinsend.
„Sie ist ganz nett, oder?", fragte Ron, während sie sich umzogen.
„Hmm... jaah", antwortete Harry und mied seinen Blick.
„Ron, Harry!"
Die beiden blickten sich erschreckt um.
Hermine hatte ihren Kopf durch die Tür gesteckt.
„Hermine!", sagte Ron mit gespielter Entrüstung, „wir ziehen uns hier gerade um!"
„Ihr seid doch schon angezogen", entgegnete sie trotzig, „außerdem wollte ich euch nur sagen, dass Yuri und ich für den Rest der Fahrt bei Ginny und Luna bleiben, ja ?"
„A - aber", stammelte Ron, doch Hermines Kopf war schon aus dem Türspalt verschwunden.
„Sie hat noch gar nicht richtig mit uns geredet", maulte Ron, „sie kümmert sich nur noch um diese Yuri."
„Bist du eifersüchtig?", fragte Harry mit hoch gezogenen Brauen.
„Quatsch, was sollte mich daran stören, wenn sie mal nicht an uns herummäkelt ?", entgegnete Ron mürrisch und schloss seinen Koffer mit etwas zu viel Schwung, sodass er mit einem lauten Knall zuklappte.
Als der Zug hielt, trafen sie wieder auf Hermine und Yuri. Auch die beiden hatten sich bereits umgezogen. Ron versuchte, Hermine in ein Gespräch zu verwickeln, doch sie ließ sich nicht davon ablenken, Yuri jede Winzigkeit zu zeigen und zu erklären, und mochte es ein Papierkorb sein.
Doch schließlich musste sie mit Ron zu den Erstklässlern, und Harry bleib mit Yuri alleine zurück.
Etwas ratlos stand Harry neben ihr und wusste nicht, was er sagen sollte, als plötzlich eine ruppige Stimme hinter ihm ertönte.
„Hey, Harry!"
Harry wirbelte herum und sah Hagrid auf ihn zukommen.
In seinem Gesicht klaffte eine große Wunde, die vermutich von Grawp stammte, in seinen Händen trug er einen alten Kupferkessel und seine Haare waren zerzauster denn je.
„Hallo Hagrid", sagte Harry und lächelte ihm zu
Hagrid kam zu ihnen und gab Harry einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, wobei er nach vorne kippte und fast hingefallen wäre.
„Schön, dass du wieder da bist, Harry", begrüßte er ihn munter, ohne die Wirkung seines Klapses zu registrieren.
„Un' wer ist das ?", fügte er hinzu und musterte Yuri, die Harry wieder auf die Beine zog.
„Oh, entschuldigung, ich bin Yuri", sagte sie höflich und schüttelte ihm die Hand, auch wenn ihre nur drei von Hagrids Fingern packen konnte.
„Das ist Hagrid, der Wildhüter von Hogwarts", meldete Harry sich zu Wort, wobei er seine schmerzende Schulter rieb, „und unser Lehrer für Pflege magsicher Geschöpfe."
Bei seinen letzten Worten lief Hagrid rosa an und strahlte.
„Ich hab schon von dir gehört. Du bist die Neue, nich?", fragte er interessiert.
„Stimmt", sagte sie lächelnd.
„Und zeigt dir Harry mal 'n bisschen, wie's hier so zugeht ?", sagte Hagrid und sah Harry verschmitzt an, „er müsste sich ja bereits hier auskennen."
„Wir wollten gerade zu den Kutschen gehen", warf Harry rasch ein, „also, bis dann, Hagrid."
„Vergiss nicht, mich ab und zu mal zu besuchen!", rief er ihm hinterher.
„Werd ich nicht !", rief Harry zurück.
Inzwischen waren sie bei den Kutschen angekommen.
Harry nahm erst jetzt Notiz von den Thestralen, die vor die Kutschen gespannt waren. Ihre leeren Augen blickten ihn unverwandt an... sie erinnerten ihn an jene Nacht, als sie zum Ministerium geflogen waren.
„Harry ? Was ist mit dir los ?", fragte Yuri.
„W – was ist ?", stammelte Harry und schreckte auf.
Ron und Hermine winkten ihm und Yuri aus einer Kutsche aus zu.
„Kommt hierher ! Harry, Yuri ! Wir haben Plätze für euch freigehalten!", rief Hermine, die mit wild rotierenden Armen versuchte, sich bemerkbar zu machen.
Die beiden stiegen zu ihnen ein, und schon setzte sich die Kutsche in Bewegung.
Ron schien ein wenig besänftigt, denn er sitzte ruhig und friedlich auf seinem Platz.
Während der Fahrt fuhr Hermine damit fort, Yuri mit allem bekannt zu machen, was man wissen musste ( „Siehst du diesen Wald da ? Das ist der Verbotene Wald, und glaub mir, er heißt nicht umsonst so. Dort hinten auf dem Hügel kannst du schon Hogwarts sehen, nun ja, wenigstens die Türme-" )
Harry beobachtete den Thestral, wie er lautlos die Kutsche nach Hogwarts zog. Seine dürren, schwarzen Beine schienen den Boden nicht einmal zu berühren, wenn es auftrat.
Endlich konnte er Hogwarts sehen. Aus irgendeinem Grund beruhigte ihn dieser Anblick, wie es da ruhig und einladend auf dem Hügel stand.
Ihm war so leicht zumute, dass er hätte leise lachen können, denn endlich war er wieder zu Hause. Er fragte sich, warum in aller Welt er jemals nicht hierher zurückkehren wollte...
