Soo nach langem warten poste ich heute mal wieder zwei Kapitel. Es tut mir leid das so lange nichts kam, aber ich hab/hatte Prüfung und musste/muss Lernen ohne Ende, also war nichts mit schreiben... aber bald geht's wieder regelmäßig weiter

Es währe auch schön dass sich alle mal melden die diese Geschichte noch mit Interesse lesen, denn ich mein so viele Seiten bzw. so viele Zeichen bzw. so viele Wörter kommen ja nicht von ungefähr Danke im voraus.

Und nun viel Spass beim weiterlesen.

Kapitel 30.

ukime – bittere Erfahrung, Mühsal

Für Feli verliefen die nächsten Tage wie in einer Art von Schlafwandeln, nur mit offenen Augen und bei vollstem Bewusstsein. Es war schon merkwürdig wie sehr der hohe Rat bei ihr Spuren hinterlassen hatte… und das nicht nur bei ihr.

Frodo und Sam, so konnte sie beobachten, waren noch unzertrennlicher geworden. Sam schien seinem Herrn nicht mehr von der Seite zu weichen und jedes Mal wenn Feli sich zu ihnen gesellen wollte, starrte Sam sie mit hasserfülltem Blick an. Dieser Blick war berechtig, doch er schmerzte umso mehr, da Frodo dem nicht Einhalt gebot und Sam gewähren ließ.

Seit dem hohen Rat hatten sie kein einziges Wort mehr gewechselt und Feli hatte es aufgegeben sich ihnen zu nähern. Was brachte es schon? Sie würde sowieso bald weg sein, ebenso auch Frodo…nur… warum schmerzte es dann nur so sehr?

Das konnte Feli sich nicht erklären.

In den nächsten Tagen nach dem hohen Rat blieb sie oft allein in ihrem Zimmer, grübelte über ihren Plan nach und die Furcht wuchs je mehr Tage verstrichen.

Sie versuchte sich abzulenken, indem sie begann ihre Schulsachen auszupacken und zu lernen. Schließlich stand in Aussicht, dass sie vielleicht bald nach Hause zurück könnte. Sie würde die Prüfung nachschreiben müssen, aber was machte das schon? Zeit genug zum lernen blieb ihr hier schließlich. Vielleicht blieb ihr sogar soviel Zeit dass sie die Prüfung nicht nur bestehen würde, sondern vielleicht sogar mit glänzenden Noten. Das beflügelte sie und so lernte sie noch intensiver. Jedoch kam auch jedes Mal wenn sie mit lernen fertig war, der Gedanke an Zuhause. Ihre Mutter stand sicherlich Todesängste um sie aus und ihr kleiner Bruder war bestimmt verzweifelt am herumfragen wo sie denn sein könnte!

Sie hatte sogar schon versucht ihr Handy in gang zu bekommen, doch nach wenigen Versuchen war der Akku leer und hier gab es keine Ladestationen. Außerdem hatte sie sowieso nicht damit gerechnet je einen Anschluss zu bekommen… sie war hier schließlich in einer anderen Dimension, in einer anderen Welt, in einer Parallelwelt, wusste der Geier wo sie genau war… sie wusste nur eines, sie wollte hier weg!

Wenn es ihr richtig mies ging dann legte sie sich auf das große Bett, sah dem Laub zu wie es über den Boden tanzte im Wind und hörte dazu ihre CD. Noch hatten die Batterien ihren Dienst nicht versagt und sie teilte sich das Musikhören stets genau ein. Doch ewig konnte sie so nicht weitermachen, irgendwann würden sie ebenfalls ihren Geist aufgeben… und was war dann? Dann blieb ihr nur noch das lernen. Das war dann das einzige was sie noch mit ihrer eigenen Welt verband.

Die einzigen Gelegenheiten wo sie ihr Zimmer verließ waren zu den Mahlzeiten, die in einem großen Raum gemeinsam eingenommen wurden und abends wenn sie die Einsamkeit nicht mehr ertrug. Sämtliche Elben von Bruchtal und auch alle Anwesenden versammelten sich dann in einem großen Raum vor einen riesigen Kamin in dem das Feuer nur so prasselte. Sie mochte den Rauchgeruch und sie liebte das knistern des Feuers. Schon als sie ganz klein war hatte es sie immer an Weihnachten erinnert. Das prasseln des Feuers, der Tannengeruch, die Weihnachtslieder und das gemeinsame beisammen sein. Damals, ja damals als sie klein war, da waren sie noch zu viert gewesen. Damals war die Welt noch in Ordnung gewesen…

Hier gab es keine Weihnachtslieder so wie „Stille Nacht", hier gab es keinen Tannengeruch, nur diesen durchdringenden Duft von Rosmarien, Thymian und Lavendel die in kleinen Schälchen nahe des Feuers standen und ihre Gerüche im ganzen Raum verteilten.

Es wurde hier aber trotz dessen gesungen. Auf elblisch. Lieder die sie nicht verstand, die aber unendlich schön oder auch unendlich Traurig gesungen wurden. Solchen Liedern und Stimmen hatte sie noch nie zuvor gelauscht. Es ging ihr nahe, sie ließ die Lieder tief in ihr Herz hinein, sie berührten sie manchmal zu Tränen, auch wenn sie nicht wusste warum und manchmal musste sie einfach lachen, ohne den Grund zu kennen. Es war schon merkwürdig dass man die Lieder allein mit dem Herzen verstand obwohl man die Sprache nicht kannte.

Ihr Arm verheilte immer schneller und sie sehnte sich den Tag herbei an dem sie zu Legolas oder Gimli gehen konnte und sie endlich darum bitten, ihr das reiten und Karten lesen beizubringen. Selbst das Kartenlesen hatte Elrond ihr verboten. Sie müsste dazu durch Bruchtal gehen und würde sich dabei verausgaben. Andererseits hatte sie aber auch Angst vor dem Tag an dem sie ihre Reise antreten würde. Sie hatte Angst vor dieser Welt da draußen die sie und ihren Ring nicht mochten…

Jedes Mal wenn sie zu Elrond ging schüttelte dieser nur bedauernd den Kopf und seine Hände wiesen mit offenen Handflächen in den Himmel.

„Es tut mir leid, aber das Gift ist noch nicht aus deinem Körper heraus. Wenn du zu früh anfängst mehr zu tun als dir erlaubt ist, dann wirst du einen Rückfall erleiden. Und dann musst du noch länger hier bleiben… und das willst du doch nicht, oder?"

So oder so ähnlich antwortete Elrond jedes Mal wenn Feli zu ihm gelaufen kam und sie ließ jedes Mal ihren Kopf betrübt hängen.

Ja sie sah das ja ein, aber jeden Tag darauf zu warten endlich die Erlaubnis zu bekommen war eine Qual. Sie wollte sich nicht mehr immer nur mit lernen oder grübeln oder träumen ablenken. Sie hatte das herumsitzen satt, sie wollte hier nicht länger als nötig bleiben… auch wenn es ihr hier in Bruchtal gefiel, sie gehörte nicht hierher.

Aber sie spürte auch dass ihre Zeit allmählich knapp wurde was Gimli und Legolas betraf. Die beiden hatten bereits Boten zu ihren Völkern entsandt und diese sich auf die Reise nach Minas Tirith machen konnten. Nach reiflicher Überlegung waren sie drüber ein gekommen, dass es am besten wäre erstmal die Nachhut aus Mordor einzudämmen und sich dann um alle kleineren, verstreuten Gruppe und Rudeln zu kümmern.

Was die anderen betraf: Radagast war bereits am zweiten Tag nachdem der hohe Rat beendet wurde, wieder aufgebrochen um mit Beorn und den Adlern über den Ausgang zu reden.

Feli bekam gerade zufällig mit wie er zu Gandalf meinte dass von ihnen keine Hilfe zu erwarten wären wenn sich die Menschen und die anderen Völker so wenig um die belange anderer scheren. Gandalf hatte nur traurig genickt und Radagast eine unbeschwerte Reise gewünscht, dann war er verschwunden.

Auch Arwen war schon in den darauf folgenden Tagen zurück nach Minas Tirith gereist. Sie meinte, dass sie Aragorn auf die Ankunft der Zwerge und Elben vorbereiten musste und über den Ausgang des hohen Rates berichten.

Auch Tulca war irgendwann abgereist, ebenso auch Aras, Ezel und Sunda. Feli hatte ihr abreisen gar nicht mitbekommen, ihr hatte niemand etwas davon gesagt.

Also waren nur noch Bilbo, Frodo, Sam, Gandalf, Legolas und Gimli hier in Bruchtal.

Niemand wusste wann sie von hier weg mussten. Sobald jedoch ein Hilferuf Bruchtal erreichen würde, müssten Gandalf, Legolas und Gimli sofort aufbrechen.

Felis Zeit war also begrenzt.

Aber nicht nur Feli hatte hart mit ihren Gefühlen und ihrer Angst zu kämpfen. Auch Frodo wusste weder ein noch aus. Sam war nun immer an seiner Seite. Das störte ihn nicht weiter, jedoch war er noch stärker an seiner Seite als noch bevor Bilbo ihm angeboten hatte ihn nach Valinor zu begleiten und Frodo haderte deshalb immer mehr mit seiner Zu- oder Absage.

Sam schien jeden Tag damit zu rechnen dass Frodo eine Entscheidung fällen würde, doch dieser blieb stumm. War er schon bereit für Valinor? Konnte er dem Auenland und seinem Zuhause, sowie Sam, jetzt schon den Rücken kehren? Aber konnte er Bilbo allein lassen… und was war mit dem quälenden Schmerz in seinem Inneren? Der eine Ring, bereits schon vor über einen Jahr vernichtet, lastete noch immer schwer auf seiner Seele. Und auch die Stichwunde, die ihm damals von dem Nazgul beigebracht wurde, schmerzte noch immer. Und der fehlende Finger erinnerte ihn täglich an seine Mission. Wollte er das? Würde er denn hier keinen Frieden mit sich selbst finden? Würde er überhaupt jemals Frieden finden? Würde es nicht in Valinor genauso weitergehen wie hier? Er nahm die Erinnerungen doch mit, ebenso auch seine körperlichen Wunden. Wer garantierte ihm den Frieden dort zu finden? Er kam zu dem Schluss dass ihm das niemand garantieren konnte, aber hier hatte er noch weniger Chancen auf Frieden.

Und von Zeit zu Zeit schlich sich auch Feli in seinen Gedanken ein. Was wird aus ihr wenn er fort ist… ging ihn das überhaupt etwas an? Warum dachte er überhaupt noch über sie nach? Sie wollte doch allein durch Mittelerde reisen. Fein, dann sollte sie das auch gefälligst tun! Er hatte ihr seine Hilfe angeboten, aber die hatte sie ausgeschlagen. Sollte sie doch, ihn ging das nichts mehr an. Er hatte weit aus andere Sorgen als sich auch noch um ein verirrtes Menschenmädchen zu kümmern!

Und doch… und doch dachte er über sie nach, über den Ring den sie bei sich trug. Und von da ab wusste er nicht mehr ob er sie einfach so allein lassen konnte, ob er sie überhaupt allein lassen wollte…

Sam erzählte er nichts von seinen Gedankengängen. Er hätte sich sowieso aufgeregt und nicht verstanden. Er selbst, Frodo, verstand es ja nicht einmal so richtig.

Er wollte auch nicht mit ihr reden, so war er jedes Mal dankbar wenn Sam sie allein mit seinen Blicken davon scheuchte, doch andererseits tat es ihm Leid. Er selbst hätte vermutlich nicht den Mut dazu ihr die Stirn zu bieten. Aber vielleicht war es ja doch besser so. Sie hatte beim hohen Rat gesagt dass sie allein bleiben wollte, also soll sie sich nicht ständig versuchen zu ihnen zu gesellen… doch wenn er daran dachte, kam ihm das Gespräch am Fluss wieder in den Sinn und es tat ihm wiederum Leid.

So quälte er sich und seine Gedanken von einem Tag in den nächsten.

So vergingen genau zwei Wochen, Feli hatte sich Striche in ihr Heft gezogen um die Tage besser zählen zu können die sie hier verbrachte. Auch wenn sie nie wusste welche Wochentage es waren, denn das war belanglos, aber so konnte sie wenigstens die Zeit einteilen die verstrich.

Und als sie an diesen Morgen zu Elrond herüber ging und die Sonne durch die Torbögen schien und ein schon seit Tagen vermisster warmer Luftzug um ihren Körper zog, da wusste sie, dass heute ein schöner Tag werden würde. In letzter Zeit war es immer bedrückend kalt gewesen, herbstlich. Aber heute war es ganz anders. Es war ein schöner Tag, es war warm und so konnte der Tag einfach nur schön werden. Sie hatte es im Gefühl. Auch wenn die Bäume in Bruchtal immer schneller begannen zu welken und die braunen und roten und gelben Blätter auf den Wegen, die sie nun in und auswendig kannte immer wieder begegneten, freute sie sich. Sie schätzte dass dies einer der letzten warmen Tage vor dem Winter sein wird. Sie hoffte wenigstens noch die kältesten Tage hier verbringen zu können und Elrond hatte ihr einmal erklärt, dass hier die Winter nur ein paar Wochen anhielten.

Die Blüte die sie damals als sie auf der Suche nach den Hobbits gewesen war, gefunden und in ihre Tasche gesteckt hatte, war inzwischen in einem ihrer Schulbücher gelandet und erfolgreich gepresst worden. Selbst in dieser verdorrten Blüte steckten noch Düfte drin, ganz leicht und kaum wahr zu nehmen, aber es war wunderbar die Blüte herauszunehmen und kurz an ihr zu riechen. Auch wenn sie vielleicht nicht viel mehr mitnehmen konnte aus Bruchtal, diese Blüte wollte sie auf jeden Fall mitnehmen. Es war ihre Erinnerung an dieses Tal der Elben, so wie sie es gerne nannte.

Als sie nun in Richtung Elronds Gemach ging und direkt vor seiner Tür stehen blieb und die Sonne ihren Nacken kitzelte riss dieser die Türe auf und hätte sie ihr beinahe gegen den Kopf geschlagen.

Erschrocken wich Feli zurück und Elrond, der eiligen Schrittes sein Gemach verlassen wollte, hielt inne, stutze und blickte herab.

„Oh, Fräulein Feli, guten Morgen!" rief er überrascht und schloss die Tür. „So früh habe ich noch gar nicht mit ihnen gerechnet! Tut mir Leid falls ich sie erschreckt haben sollte."

Feli beruhigte sich auch im nächsten Augenblick schon wieder und verneigte sich, so wie jedes Mal wenn sie ihre Frage verlauten lassen wollte.

„Guten Morgen, Herr Elrond, Herr über Bruchtal. Ihr braucht euch nicht zu entschuldigen und ich will euch auch nicht länger als nötig belästigen. Ich will nur fragen ob ich es heute wagen darf zu reiten oder Karten zu lesen?"

Erwartungsvoll blickte Feli empor und Elrond schlüpfte halb an ihr vorbei. Er schien es wahrlich eilig zu haben.

„Nehmt ihr auch diesen Weg? Ihr könntet mich kurz begleiten, wenn ihr mögt. Ich werde euch eure Frage während des Weges beantworten, aber ich habe es etwas eilig und geben möchte ich euch auch noch etwas." sagte er ohne auf ihre Frage so recht einzugehen.

Feli machte große Augen. „Sie, Herr von Bruchtal, wollen mir etwas geben!"

Verdutzt begann sie Elrond zu folgen, der bereits in weit ausholenden Schritten vor ihr davon zu laufen schien. Sie kam gar nicht so schnell hinterher.

„So warten sie doch, Herr Elrond!" rief sie. „Ich verstehe nicht ganz…!"

Schließlich schaffte sie es endlich mit ihm Schritt zu halten und blickte zu ihm empor. Er war noch immer viel größer als sie und sie selbst war noch immer nicht gewachsen seit dem sie hier war.

„Du wirst noch verstehen, Fräulein Feli. Und ab heute erlaube ich dir zu reiten und auch das Kartenlesen gelehrt zu kriegen, aber vorher muss ich euch etwas geben. Eigentlich habe ich dafür keine Zeit, aber ich wollte es euch alsbald geben!"

Es schien eine wirklich wichtige Angelegenheit zu sein die Elrond so sehr in Atem hielt. Der sonst immer so ruhige Elb war richtig nervös.

„Herr Elrond, wenn ihr anliegen wichtiger ist, dann stehe ich gerne zurück. Ich kann auch warten, mir genügt bereits ihre Antwort dass ich nun endlich wieder etwas machen darf!"

Elrond blickte sich nach Feli um, die bereits strahlend zu ihm hinaufblickte.

Er hielt kurz an, lächelte ebenfalls zurück und meinte dann: „Gut, wenn du es so wünscht, aber komm bald noch einmal in meine Gemächer, dort muss ich dir etwas Wichtiges geben, was dir auf deine weitere Reise sehr nützlich sein kann. Aber vergesst es nicht."

Feli, die ebenfalls stehen geblieben war, nickte und sagte: „Ich werde pünktlich sein!"

Elrond nickte zustimmend.

„Das werden sie, Fräulein Feli…" er setzte sich bereits wieder in Bewegung und von weitem konnte sie das hallen seiner Worte noch hören. „Das werden sie…!"

Erst als er um die nächste Ecke gebogen war merkte Feli, dass sie weder Zeit noch Tag ausgemacht hatten. Auch schien er wahrlich entrückt gewesen zu sein, um nicht zu sagen völlig in seinen Gedanken versunken. Einerseits wollte er es ihr vorher schon geben und andererseits ließ er sie jetzt so stehen. Aber sie nahm es ihm nicht übel. Seit dem sie hier in Bruchtal war hatte sie langsam gelernt mit den Elben zu leben. Sie waren schon ein bisschen eigenartig, aber vielleicht gehört das dazu wenn man unsterblich war…

Sie stand noch immer in dem hell erleuchteten Gang. Sie war allein, nur das rascheln des Laubes in den Bäumen leistete ihr Gesellschaft.

Einerseits freute sich Feli endlich reiten zu lernen und nicht mehr auf der Stelle zu stehen, Andererseits packte sie nun auch wieder die Furcht als sie an ihre einsame Reise durch Mittelerde dachte, die ihr nun bald bevorstand.

Leise pfiff der Wind durch ihr Haar und erinnerte sie daran, dass sie nun schnell Gimli und Legolas finden musste. Sie wollte nicht länger als nötig warten und schließlich wusste sie auch schon wo sie die beiden finden konnte: auf dem großen Platz nahe den Pferdeunterständen. Dort war ein Übungsplatz und die beiden wollten in Form sein wenn sie bald in die Schlacht hinausziehen mussten, so wie sie es sagten. Folglich waren sie dort fast immer anzutreffen.

Feli hielt es keine einzige Sekunde länger in diesem einsamen Gang aus und rannte die große Treppe die direkt hinab zu den Ställen führte.

„Oh, Fräulein Feli, guten Morgen! Dürft ihr denn überhaupt schon so durch die Flure von Bruchtal hasten!" begrüßte sie Gimli der halb an einen großen Felsen gelehnt dastand und an seiner Pfeife schmauchte. Er schien eine Pause eingelegt zu haben, wohlverdient, denn dass er was getan hatte konnte Feli mit einem Blick an den vielen zerkleinerten Holzstücken erkennen, die überall auf dem Platz verstreut herumlagen.

Legolas, der gerade seinen Bogen gespannt hatte und auf ein Ziel das in mindestens 50 Meter Entfernung zielte, nahm den Pfeil herunter.

„Guten Morgen Fräulein Feli! Wollt ihr wieder zuschauen oder hat euch Herr Elrond endlich die Erlaubnis erteilt euch zu lehren!"

Feli grinste als Antwort und zeigte einen Daumen hoch.

„Ich… ich … d… darf endlich!" schnaufte sie und stützte sich mit beiden Händen an ihren Knien ab.

Legolas verstaute Pfeil und Bogen wieder in seinen Köcher, den er am Rücken trug und stemmte die Arme in die Hüften. „Eigentlich müssten wir zuerst etwas mit ihrer Kondition machen, oder was meinst du, guter Freund Gimli!"

Dieser brummte zustimmend und nickte. „Recht hast du Elbenfreund… fragt sich nur womit wollen wir anfangen!"

Gespannt blickte Feli von einem zum anderen. Gimli zog noch einmal an seiner Pfeife und Legolas kratzte sich am Kopf.

„Nun … ich würde sagen, da du ja gerade nicht viel zu tun hast Gimli, möchte ich dass du mit ihr einmal durch Bruchtal gehst und ihr das Kartenlesen erklärst. Dafür brauchst du doch bestimmt nicht lange oder? Außerdem bekommt ihr so beide Bewegung!"

Gimli verzog mürrisch das Gesicht. „Muss das sein? Ich ruhe mich gerade aus, wie du siehst, Herr Legolas!"

Feli schaltete sofort. „Verzeiht Herr Gimli, aber ich wollte euch nicht bei eurer Pause stören. Sonst warte ich solange bis ihr eure Pause beendet habt…!"

Doch Gimli winkte bereits ab und begann beinahe zu lachen. „Nein nein, ist schon in Ordnung. Der alte Gimli hat nur einen kleinen Spaß gemacht… wir gehen rein und borgen uns eine Karte von Bruchtal und dann werden wir mal ein bisschen üben…!"

Der Zwerg löschte die Glut seiner Pfeife, lehnte seine Axt sorgfältig gegen den Stein und begann die Stufen empor zu steigen.

„Sobald du das Kartenlesen beherrscht, Fräulein Feli, werde ich dir das reiten beibringen!" sagte Legolas und diese verneigte sich.

„Vielen Dank, vielen Dank!" sagte sie und Gimli rief von einer Treppenstufe herab.

„Wo bleibst du denn? Ich habe nicht den ganzen Tag lang Zeit!"

Feli begann Gimli zu folgen, doch als sie sich umdrehte erblickte sie Legolas wie dieser wieder seinen Bogen und einen Pfeil aus dem Köcher nahm und auf die Zielscheibe draufhielt.

Ob sie wohl auch noch den gebrauch einer Waffe lernen musste? Besser war es wohl… aber irgendwie graute es ihr davor und sie war froh, dass nach dem Kartenlesen erstmal das reiten dran käme.

Legolas hatte gemeint dass das Kartenlesenbeibringen nicht viel Zeit kosten würde. Hätte es vermutlich auch nicht, wenn es ihr jemand erklärt hätte, der etwas mehr Ahnung davon gehabt hätte. Am Ende hatten sie sich hoffnungslos in Bruchtal verlaufen, zwei Mahlzeiten verpasst und tauchten erst weit nach Einbruch der Dunkelheit, dank Gimlis scharfen Augen, die bei Nacht besser zu gebrauchen waren als bei Tage, und Felis Erkenntnis besser auf die Karte zu sehen anstatt auf Gimli zu hören.

Erschöpft, hungrig und müde kamen sie wieder bei den Ställen an, wo sie Legolas allein gelassen hatten. Dieser jedoch war schon drinnen, beim Abendessen im großen Saal. Lauthals streitend kamen sie dort an und Legolas, der sich die ganze Geschichte erzählen ließ, brach in schallendes Gelächter aus.

„Du Freund Gimli, du rühmst dich doch immer dass du so gut im Kartenlesen bist!" stichelte er. „Was war denn los!"

Gimli brummelte etwas in seinen Bart hinein, dass sich wie „Stollen" und „Moria" und „unter der Erde ist alles einfacher" anhörte.

Aber wie durch ein Wunder lernte Feli so das Kartenlesen. Sie brachte es sich vielmehr selbst bei und sie war überzeugt davon, dass sie wenn es darauf ankam, es auch richtig konnte.

Am nächsten Tag jedoch verschlief Feli. Ihre Kondition war, wie Legolas es richtig eingeschätzt hatte, nicht vorhanden und das lange herum gehen durch Bruchtal hatte sie doch sehr mitgenommen. So tauchte sie erst kurz vor dem Mittagessen auf dem großen Übungsplatz auf, wo Legolas bereits auf sie wartete. Gimli war nirgends zu sehen.

Ein Tadel blieb nicht aus: „Wenn du, Fräulein Feli, in der Wildnis von Mittelerde überleben willst, dann musst du schon etwas eher aufstehen, sonst wirst du am hellen Tage überfallen, während du schläfst!"

Feli, die sich noch immer verschlafen die Augen rieb, knurrte nur unwirsch. Er hatte ja Recht, aber das hier war ja wohl ganz sicher eine Ausnahme, denn schließlich wollte sie selbst es sich ja auch nicht zur Gewohnheit machen ständig das Frühstück zu verpassen.

„Ich weiß, Herr Legolas, ich weiß!" meinte sie jedoch ergeben und ließ sich von Legolas zu den Ställen führen. „Wo ist denn eigentlich Herr Gimli!" fragte sie verdutzt während sie sich umsah. Der Elb grinste hinter vorgehaltener Hand und murmelte: „Der ist beleidigt, weil ich ihn gestern Abend ausgelacht habe!"

Noch während sie gingen erläuterte Legolas die wichtigsten Regeln beim reiten.

„Du musst dich entspannen wenn du auf dem Pferd sitzt. Wenn das Pferd spürt, dass du nervös bist, dann wird es auch unruhig und akzeptiert dich nicht auf seinem Rücken. Dann liegst du schneller unten als es dir lieb ist…!"

Der Elb drehte sich zu Feli herum und ein mahnender Finger wedelte plötzlich vor ihren Augen hin und her. „Ich hoffe für dich dass du aufpasst was ich dir sage!"

Sie sah an seinem ausgestreckten Finger vorbei und meinte: „Natürlich passe ich auf! Ich will ja schließlich was lernen!" gerade noch konnte sie ein Gähnen unterdrücken. Sie wusste ja schließlich selbst das ein Pferd ein Lebewesen war und nicht jeden an seiner Seite akzeptierte und das dass reiten lernen etwas anderes war als aus Büchern zu lernen.

„So da wären wir!" meinte nun Legolas und blieb vor einer Box stehen aus der ein brauner Pferdekopf herauslugte. Feli hatte ihre Müdigkeit sofort vergessen beim Anblick dieses Pferdes. Sie hatte noch nicht viele in ihrem Leben zu Gesicht bekommen. Zum reiten hatte ihre Mutter kein Geld übrig gehabt und so konnte sie immer nur ab und an auf die Koppel und die Pferde des nahe gelegenen Reiterhofes streicheln. Aber die waren nichts im Vergleich zu diesem hübschen Pferd.

Seine schwarzen Augen blickten wach und voller Neugierde um sich während die Nüstern sich langsam hoben und senkten. Leise schnaubte es als Feli sich näherte und das glänzende Fell näher betrachtete.

Legolas begann auch sogleich: „Nähere dich einem Pferd immer von vorn, so wie du es jetzt auch schon tust, denn dann erschrickt es sich nicht. Sie sind sehr Sensibel, du brauchst viel Einfühlungsvermögen…!"

Feli hörte nur mit halbem Ohr zu, sie verstand auch so schon ein bisschen was von Pferden. Immerhin das was sie aus Büchern erfahren hatte. Aber die Bücher hatten natürlich nicht das Gefühl vermitteln können, was sie jetzt empfand angesichts dieses schönen Pferdes. Langsam hob sie eine Hand und strich über seine lange Mähne. Die Augen beobachteten sie dabei voller Neugierde, die Nüstern bewegten sich in ihre Richtung und auch der Kopf drehte sich.

Feli lächelte dem Pferd zu und fragte Legolas, der bereits begann den Verschlag zu öffnen.

„Wie lautete der Name des Pferdes eigentlich!"

Der Elb drehte sich herum und antwortete: „Baran, das ist jedenfalls der elbische Name. In der allgemeinen Sprache bedeutet es soviel wie braun oder Brauner."

Legolas öffnete den Verschlag vollständig und fasste das Pferd bei den Zügeln, dabei sprach es beruhigend auf ihn ein. Es waren jedoch Worte, die Feli nicht verstand. Vermutlich war es elbisch, aber sicher konnte sie sich dabei natürlich nicht sein.

Feli blickte dem hübschen Pferd hinterher und folgte den beiden schließlich nach draußen.

„Mir gefällt der Name sehr!" meinte sie, als sie endlich mit ihm schritt halten konnte.

Sie sah wie der Elb lächelte und das Pferd nebensächlich tätschelte.

„Er passt zumindest!" antwortete Legolas und sprach etwas, das Feli wieder nicht verstand, zu dem Pferd. Daraufhin blieb es stehen.

Feli blickte zu dem Elb empor, denn schließlich war Legolas auch ein gutes Stück größer als sie, und fragte schließlich: „Muss ich elblisch lernen, damit das Pferd mich überhaupt versteht!"

Legolas drehte sich zu Feli herum und schüttelte grinsend mit dem Kopf. „Nein, das brauchst du nicht, denn es versteht auch die Allgemeine Sprache… aber es hört nun mal lieber elbisch, schließlich sind wir hier in Bruchtal. Aber du kannst natürlich normal mit ihm reden so wie du es auch mit mir tust. Ich verstehe dich ja schließlich auch."

Feli lächelte etwas verschmitzt und blickte zu Baran herüber und sie konnte darauf schwören dass das Pferd zurückschaute und dabei sogar noch so etwas wie lächelte.

Aber gab es so was? Ein lächelndes Pferd? Das war ja noch verrückter als Elben, Hobbits, Zwerge und ganz Mittelerde!

„Willst du als Anfang schon mal seine Zügel halten?" Legolas riss Feli aus ihren Gedanken und diese nickte sofort.

Legolas legte ihr die Zügel in die Hände und trat ein paar Schritte zurück. Dann maß er beide mit prüfenden blicken und Feli blinzelte verwirrt.

„Was ist los? Mache ich etwas falsch dabei!"

Der Elb schüttelte den Kopf und sagte: „Nein nein, das ist alles in Ordnung. Ich wollt nur sehen ob Baran dich mag. Und er scheint dich zu mögen. Denn er läuft vor jedem, den er nicht mag davon. Doch er bleibt ganz ruhig da stehen, während du seine Zügel hältst." Er lächelte noch einmal und dann sagte er etwas, was Feli so schnell nicht vergessen würde.

„Elrond hat Recht behalten, es ist das richtige Pferd für dich. Es gehört jetzt somit dir!"

Feli fielen beinahe die Augen heraus als sie Legolas anstarrte. Ihr Herz machte einen Salto vorwärts und rückwärts, gleichzeitig. Heiß und Kalt lief es ihr den Rücken herunter. Hatte sie das wirklich gerade gehört? Nein, das konnte einfach nicht sein. Da musste ein Irrtum vorliegen. Sie musste Nachfragen…

„Es… es gehört mir? Dieses wunderschöne Pferd soll einfach so mir gehören? Mir… ganz allein!"

Für mehr fehlten ihr die Worte. Sie drehte sich noch einmal nach Baran herum und dieser kam mit seinem Kopf ganz nah an sie heran, stupste sie leicht mit seiner Nase an und sein Schnauben ließ ihre Haare wehen. Keine Frage, dieses Pferd mochte sie, so wie Legolas es ihr gesagt hatte. Liebevoll streichelte sie seine Mähne und der Elb sprach: „Ja sicher gehört es dir! Du brauchst doch ein Pferd wenn du von Bruchtal aus durch ganz Mittelerde reisen willst. Wir können dir doch nicht einfach das reiten beibringen und dich dann zu Fuß weiterschicken!"

„Nein... dass stimmt, das macht natürlich keinen Sinn!" murmelte Feli verträumt und sie beschloss Elrond später auf jeden Fall dafür zu danken. Und noch etwas schoss ihr durch den Sinn, war es das was Elrond ihr geben wollte? Sie wollte ihn auf jeden Fall später noch danach fragen…

So begannen Felis erste Reitstunden. Zuerst übten sie das Reiten ohne Sattel, damit das Pferd sich an Feli gewöhnte und vor allem an ihren Geruch. Pferde haben nämlich einen sehr guten Geruchssinn und sie können sich besser denjenigen Merken der auf ihnen sitzt wenn sie sich seinen Geruch einprägen.

Danach übten sie es mit Sattel und Zaumzeug. Erst übten sie den ganz langsam Schritt und das sanfte Anhalten. Und schließlich war es schon später Abend. Sie hatten beide kein Mittagessen bekommen und freuten sich auf das Abendbrot.

Gimli und die anderen sahen sie erst beim gemeinsamen Essen im großen Saal. Der Zwerg war noch immer beleidigt wegen dem Vorfall vom Vortag, doch als er sah wie glücklich Feli war vergaß er seinen eigenen Ärger und freute sich für sie.

Legolas meinte sogar zu ihr sie sei ein Naturtalent, so schnell habe er noch nie jemanden das Reiten gelehrt. Sie bräuchte höchstens noch ein paar Tage dann könnten sie schon mit der Waffenkunde beginnen.

Als Feli das Wort „Waffenkunde" vernahm, wurde sie ganz still, aß schnell den Rest ihres Essens und verabschiedete sich mit den Worten, sie habe noch zu tun.

Doch in Wirklichkeit grauste es ihr vor dem Wort „Waffe" …

So verging eine ganze Woche, Feli hatte genau sieben Striche in ihr Heft zeichnen müssen. Ihr Pferd Baran war das liebste und das schönste Pferd, wie sie fand. Kein einziges Mal hatte es sie bisher abgeworfen und immer stupste es sie, wenn sie zu ihm in den Stall kam, leicht mit dem Kopf an und sie schob ihm schnell eine Möhre zu oder etwas anderes Leckeres was Pferde halt gerne mochten und was sie heimlich vom Mittagstisch klaute.

Auf seinem Rücken lernte sie nun auch den schnellen und langsamen Trapp, das Galopp und den sehr schnellen Spurt. Auch über Hindernisse konnte sie bereits mit Baran hinweg springen und jedes Mal wenn Feli den Wind in ihren Haaren spürte und die Gemeinsamkeit, die sie mit diesem Pferd verband wurde ihr warm ums Herz. Vergessen waren die Schmerzen und die Zweifel, wenn sie auf dem Rücken von Baran über die Felder hinweg reiten konnte und zusammen mit Karte und Pferd auf lange Erkundungen durch ganz Bruchtal ging. Sie vergaß darüber hinaus sogar die Hobbits, Elrond und den Ring. Doch weder das eine noch das andere hatte sie vergessen…

So kam es, dass Legolas am Morgen des achten Tages nicht bei Baran im Stall auf sie wartete. Feli, die frohen Mutes in die Ställe hineingegangen war, fand Baran in seiner Box vor und von Legolas keine Spur.

Da wusste sie, die Lehrzeit im Reiten war vorbei… jetzt kam die Waffenkunde…

Feli seufzte schwer und steckte Baran noch eine kleine Leckerei zu, dann streichelte sie es noch einmal und ging mit langsamen, schlurfenden Schritten zum Übungsplatz herüber. Und genau dort fand sie ihn auch. Doch nicht nur Legolas war dort, auch Gimli und auch noch ein großer Tisch mit ganz vielen Werkzeugen, wie Feli es auf den ersten Blick vorkam, als sie noch auf der fast höchsten Stufe stand. Doch auf dem zweiten Blick erkannte sie es… es waren Waffen, jede Menge verschiedenster Waffen. Sollte sie etwa den Umgang mit all diesen Waffen lernen? Das war ja Wahnsinn…

Zögerlich trat sie die letzten Schritte herab und ging langsam auf die beiden zu.

„Guten Morgen, Fräulein Feli. Ihr seit heute sehr pünktlich. Wir waren auch gerade erst fertig mit dem Aufbauen hier!" meinte der Elb und Gimli, der bereits morgens an seiner Pfeife schmauchte, nickte zustimmen.

Felis Blick wanderte über den großen Tisch, der zwischen ihnen aufgestellt war und glitt über Messer, scharfe Kanten, silbern blitzende Schneiden und gefährlich lange Gegenstände.

„Reiten wir heute denn nicht auf Baran!" fragte sie vorsichtig, obwohl sie die antwort bereits kannte. Sie wollte nur hinauszögern.

Legolas schüttelte mit dem Kopf. „Ich habe dir das richtige Reiten innerhalb von einer Woche beigebracht. Mehr kann ich dir nicht beibringen, alles andere muss von selbst kommen und es wird kommen, je länger du reitest. Dadurch kommt erst die Routine."

„Sie könnte doch aber auch den Gebrauch einer Waffe während des Reitens üben!" warf Gimli nun ein und entließ einen Rauchkringel.

Der Elb nickte seinem Zwergenfreund anerkennend zu. „Manchmal hast du richtig gute Ideen Gimli!"

Der Zwerg winkte verlegen ab und lehnte sich gekonnt lässig an den großen Felsen der hinter ihm stand. „Nicht der Rede wert!" murmelte er und blickte zu Feli herüber, die stumm dastand und noch immer die ganze Auslege an Waffen betrachtete… doch nicht mit Neugierde, wie er erhoffte, sondern mit Furcht.

„Nun Fräulein Feli." Legolas drehte sich zu ihr herum und diese wich ein Stück vom Tisch zurück. Ohne darauf einzugehen begann er zu erläutern „Dies sind die verschiedensten Waffen die hier in ganz Mittelerde geläufig sind. Wir können nun natürlich nicht eine Waffe für dich auswählen und du möchtest sie gar nicht. Deshalb haben wir nun alle möglichen zusammen getragen auf das du dir das passende selbst daraus aussuchst."

Der Elb beschrieb eine einladende Geste und Feli wich darauf hin noch weiter vom Tisch zurück.

Die Angst war nun übergroß. Sie sah sich bereits mit einer dieser Waffen in den Händen auf irgendeiner Lichtung, umringt von Fremden. Sie würde angegriffen werden, sie würde vor Angst die Waffe schwingen und… jemanden töten. Aber das konnte sie nicht… das konnte sie einfach nicht! Selbst die Vorstellung daran versetzten sie in Panik.

Abwechselnd ließ sie ihren Blick über Gimli und Legolas schweifen und dann blickte sie zu Boden. „Ich will aber keine Waffe nehmen, weil ich niemanden töten will!"

Nun war es heraus. Sie konnte nun nur noch hoffen, dass sie es ihr nicht übel nahmen. Hier war es schließlich Gang und Gäbe so etwas mit sich herum zu tragen, aber aus ihrer eigenen Welt kannte sie das nicht. Dort lief niemand mit einer Armbrust, eine Schild oder gar einer Axt durch die Gegend. Klar gab es Leute in ihrer Welt die Waffen bei sich trugen, aber das waren Springmesser, Pistolen und Wurfsterne… Da war nichts dabei was einen Menschen aufspießen konnte! Dies gehörte ins Mittelalter… aber war sie hier nicht in einer Art Mittelalter gelandet?

Sie sah wie sich Legolas Schatten auf sie zu bewegte. „Hör mir zu, Fräulein Feli. Auch wenn es dir nicht gefällt, aber du musst eine Waffe erlernen. Du kannst dich doch nicht immer nur mit einem Stock verteidigen, so wie du es gegen die Wölfe getan hast. So wirst du niemals durch ganz Mittelerde kommen und niemals wieder nach Hause finden. Wer sich hier nicht verteidigen kann der wird getötet. Das ist das Gesetz hier!"

„Außerdem hast du beim hohen Rat zugestimmt und ich bin mir sehr sicher, dass wir gesagt haben dass wir dich auch in der Kunst eine Waffe zu führen ausbilden wollen!" mischte Gimli sich ein und stopfte sich etwas von seinem Kraut in die Pfeife.

Ungläubig blickte Feli von einem zum anderen.

„Zumal niemand von dir verlangt, dass du jemanden töten sollst! Du sollst dich nur verteidigen können und manchmal genügt es auch schon wenn man eine Waffe bei sich trägt um ein paar Gegner im Vorfeld einzuschüchtern. Und immer kann man leider nicht davon laufen vor denen die dich angreifen. Du musst ihnen zeigen dass du dich wehren kannst, sonst werden sie dich immer weiter verfolgen… so wie es die Wölfe auch bei euch getan haben. Es geht also darum jemanden mit dem Gebrauch einer Waffe einzuschüchtern und so lange außer Gefecht zu setzen, lange genug um davon laufen zu können."

Feli blickte dem Elben in die Augen, doch in ihm lag etwas Bitteres. „Mit anderen Worten, ich soll jemanden Verletzen damit ich Zeit genug habe um davon zu laufen. Ich habe in meinem ganzen Leben nie jemandem etwas zu leide getan… warum muss ich jetzt damit anfangen!"

„Wenn du allein durch Mittelerde reisen willst, dann ist das leider unablässig, Fräulein Feli!" Gandalf war unbemerkt näher getreten und gesellte sich zu ihnen.

„Selbst ich als Zauberer trage eine Waffe, ein Schwert, bei mir denn bei manchen Gelegenheiten muss auch ich mich verteidigen können, und nicht immer lassen sich Probleme mit Zauberkraft alleine lösen. Ich kann verstehen dass du in deiner Welt es anders kennen gelernt hast und dass ihr dort nicht ständig um eurer Leben fürchten musst, aber diese Welt ist anders… hier helfen Worte meistens nicht viel gegen Gegner!"

Ja, das hatte Feli auch schon festgestellt. Die meisten Gegner ließen vermutlich nicht mit sich reden. Sie dachte dabei nicht unbedingt an die Wölfe, aber doch vielmehr an die Orks, vor denen es sie immer noch am meisten Grauste. Das letzte was sie wollte war während einer Begegnung mit einem Ork unterlegen sein. Langsam brach ihr widerstand und sie sah ein dass sie alle hier recht hatten. Dies war eine andere Welt, eine andere Situation mit anderen Gefahren. In ihrer Welt musste sie höchstens Angst haben von einem Auto überfahren zu werden oder ausgeraubt zu werden… klar konnte man ihr dort auch ihr Leben nehmen, aber hier konnte sie sich wenigstens dagegen zur Wehr setzen.

„Herr Gandalf, kann ich dann nicht einfach eine Waffe von diesem Tisch nehmen und sie mit mir herumtragen? Schüchtert das die Gegner nicht schon genug ein!" sie blickte dem Zauberer erwartungsvoll in die Augen, hoffte, dass dieser auf diesen Kompromiss einging, doch er schüttelte schon nach wenigen Sekunden mit dem Kopf.

„Du musst einsehen dass du nicht nur eine Waffe bei dir tragen musst um sie zur Schau zu stellen, sondern du musst dich auch mit ihr zu helfen wissen. Du musst auch mit ihr umgehen können, sonst macht das alles keinen Sinn!"

Feli seufzte schwer bei diesen Worten und schluckend starrte sie zu Boden. Sie wusste nichts mehr darauf zu sagen und sie sah ein, dass sie sich ihrem Schicksal ergeben musste. Es half nichts ohne Waffe war sie hier in Mittelerde wie ein Stück Fleisch auf einem Präsentierteller. Irgendwie war sie ja aber auch selbst daran Schuld… warum wollte sie auch unbedingt allein durch Mittelerde reisen? Sie war noch verrückter als sie dachte… Andererseits wollte sie hier aber auch von niemandem abhängig sein der sie ständig beschützen sollte. Sie war eine beinahe erwachsene Frau und so langsam musste sie zusehen selbst für sich Verantwortung zu übernehmen.

Sie seufzte noch einmal und löste endlich den Blick vom Boden.

„Nun gut… ich werde mich euch beugen und mich für eine Waffe entscheiden… aber ihr lass mich selbst und allein entscheiden! Mir fällt es so auch schon schwer genug…!" murmelte sie und trat die paar Schritte vor, die sie noch von dem großen Tisch trennten.

Sie ließ ihren Blick über die vielen großen Gegenstände hinweg gleiten und suchte nach ihrem ersten Testobjekt. Dabei überlegte sie: Wenn hier schon alle Arten von Waffen auf dem Tisch versammelt sind, warum sollte ich dann nicht wenigstens jede einmal in die Hand nehmen! Immerhin, solch eine Gelegenheit habe ich bestimmt nicht so schnell wieder!

Noch einmal ließ sie ihren Blick schweifen und er blieb schließlich hängen. Als erstes nahm sie die Axt, die eindeutig von Gimli zu stammen schien, vom Tisch.

„Ohje ist die schwer!" keuchte Feli und tat so ihren ersten Eindruck kund während sie versuchte mit beiden Händen das schwere Ding überhaupt in der Luft zu halten.

Gimli trat sofort näher, in seinen Augen funkelte die Vorfreude.

„Erstklassige Wahl, dass muss ich schon sagen! Damit kann man jeden Gegner kampfunfähig machen. Ein hieb und der Gegner war einmal!" dabei holte Gimli mit beiden Händen aus und hieb mit einer unsichtbaren Axt durch die Luft. „Es bedarf natürlich einiger Kraft und Anstrengung die Streitaxt richtig zu führen, aber das bringe ich euch schon noch bei!"

Feli starrte Gimli mit Tellergroßen Augen an und warf die Axt sofort weit von sich auf den Boden.

„Ich will niemanden Zerhackstückeln, damit das klar ist Herr Gimli! Mal ganz abgesehen davon ist mir das Ding sowieso viel zu schwer!" fauchte sie entsetzt und drehte sich so schnell es ging wieder dem Tisch entgegen.

Der Zwerg ließ ein enttäuschtes schnaufen verlauten und hob die Axt mit einer Hand auf als wäre es ein kleiner Ast, der da am Boden herumlag.

„Schade… wahrlich jammerschade! Ich hätte dir so viele schöne Griffe und Schwingen zeigen können!" murmelte er traurig und lehnte die Axt neben sich an den Stein.

Legolas kratzt sich nur verstohlen am Kopf während Feli schon das nächste Ding in die Hand nahm.

Dieses war mit einem langen Holzgriff versehen und am oberen Ende war eine scharfe Klinge angebracht. Das Ding war größer als Feli, machte aber einen imposanten Eindruck auf sie. Damit könnte sie sogar Gegner verscheuchen, die es ernstlich darauf anlegten sie zu töten…

Sie musste es zwar mit beiden Händen festhalten, aber das machte ihr nichts aus.

„Das ist eine Lanze, auch Speer genannt. Damit kann man seinen Gegner schnell beeindrucken und in die Flucht schlagen. Einmal damit ausgeholt und richtig getroffen und der Gegner wird dich nie wieder angreifen." Legolas nahm ihr den Speer aus der Hand und hielt es mit einer Hand ausgestreckt in den Wald. Dann bog er seinen Rücken langsam nach hinten. „Du kannst damit sogar Gegner treffen, die weiter entfernt sind. Wenn du es als Wurfgeschoss einsetzt und richtig zielst kannst du damit sogar Gegner noch mehr als kampfunfähig machen!"

Feli quollen erneut die Augen heraus. „Ich will aber niemanden aufspießen! Ich hab den Speer nur ausgewählt weil ich dachte es macht einen Respektvollen Eindruck, aber das ich damit andere Aufspießen muss um dem gerecht zu werden… Nein danke! Nächste!" rief sie schnell und ließ Legolas mit dem Speer einfach so stehen.

Als nächstes nahm sie einen großen Schild hervor. Er war knapp so groß wie sie, doch leider konnte sie sich dahinter höchstens verstecken und kämpfen war damit natürlich nicht angesagt. Zumal sie auch dieses Ding mit beiden Händen festhalten musste.

Irgendwie schaut es aus wie ein überdimensionaler WOK! Das wäre was für unsere nächste Gartenparty, aber nichts um damit durch Mittelerde zu reisen! dachte sie und legte den Schild kommentarlos beiseite.

Danach nahm sie sich eine riesige Keule. Sie sah aus als wäre sie direkt der Steinzeit entnommen worden und wieder musste sie es mit beiden Händen festhalten. Ihr trat bereits der Schweiß auf die Stirn und an Legolas gewandt fragte sie. „Sag mal habt ihr hier nur solche schweren Sachen? Die kann ich ja kaum halten, geschweige denn tragen oder damit kämpfen!"

„Warum sagst du das nicht gleich." freute sich Legolas und holte vom Tisch eine Armbrust hervor. Feli warf sofort die Keule beiseite und kam näher.

„Die ist ganz leicht zu bedienen. Schau… hier legt man den Pfeil hinein und dort ist der Abzug, dort drückst du drauf und dann schießt der Pfeil dorthin wo du zielst!" erklärte Legolas und Feli hielt die Armbrust ähnlich wie eine Geige an ihre Schulter.

„Da ist der Abzug… und dort die Pfeile rein… aha!" murmelte sie und zielte auf einen nahe gelegenen Baum. Sie schloss ein Auge und zielte genau auf eine kleine Kerbe, die sie dort erkennen konnte.

„Dort hinein, bitte!" murmelte sie und betätigte den Abzug. Doch sie hatte nicht mit dem Rückstoß gerechnet, der sie von den Füßen riss. Mit einem erschrockenen Laut landete sie direkt auf dem Hosenboden und die anderen duckten sich vor dem Pfeil, doch der schoss in die Luft hinein und verschwand irgendwo zwischen den Blättern der Bäume.

„Das war ja wohl nichts!" meinte Feli ergeben und richtete sich langsam auf. „Und weh tut das Ding eher mir als den anderen. Ich würde sagen, das ist zu technisch, nichts für mich. Aber das Prinzip mit den Pfeilen, dass gefällt mir. Hab ihr denn nicht noch so etwas Ähnliches? Etwas, das vielleicht ein bisschen imposanter daher kommt aber nicht so schwer ist?" Erwartungsvoll blickte sie zu Legolas herüber der bereits freudig lächelnd auf den Tisch zutrat und einen Bogen hervor zog.

„Jetzt haben wir aber auf jeden Fall das passende für dich gefunden! Es ist groß, es hat was mit Pfeilen zu tun und es ist nicht schwer!" meinte er erleichtert und mit der anderen Hand zog er einen Pfeil aus seinem eigenen Köcher.

„Das Prinzip ist einfach. Du hältst zunächst den Bogen fest. Dann nimmst du den Pfeil. An dem Ende wo die Federn sind, ist eine kleine Kerbe. Die passt genau in die Sehne hinein. Dort setzt du den Pfeil an und spannst die Sehne, so weit, wie es nur geht. Das tust du um möglichst weit schießen zu können. Um ein näheres Ziel zu treffen und auch weniger Wucht drauf zu haben, spannst du ihn nicht so stark an. Das andere Ende des Pfeils ruht auf deinem ausgestreckten Zeigefinger, der ja den Bogen festhält, aber die Spitze des Pfeils muss auf jeden Fall vor deinem Zeigefinger sein, sonst verletzt du dich selbst. Dann zielst du nur noch und wenn du meinst es richtig zu machen, dann lässt du die Sehne los und der Pfeil schießt davon. Diese Waffe ist nicht für den Nahkampf geeignet, mehr um Gegner aus dem Hinterhalt zu treffen oder von einem erhöhten Platz aus zu attackieren."

Feli betrachtete sich den hübsch verzierten Elbenbogen, der ihr vom Kopf bis zu den Knien reichte und den passenden Pfeil dazu, der ihr vom Kopf bis zu den Hüften reichte.

Sie nickte kaum merklich und meinte: „Das ist die Ideale Waffe für mich… die nehme ich!"

Legolas lächelte erschöpft und nickte ebenfalls.

„Gut, dann werden wir mit dem Unterricht nach dem Mittagessen beginnen. Aber da dies nur eine Fernwaffe und keine für den Nahkampf geeignet, muss ich dir leider auch den Umgang mit dem Schwert erklären, damit du dich auch im direkten Kampf behaupten kannst."

Feli, die nur mit halbem Ohr zugehört hatte, nickte wieder und betrachtete den fein ausgearbeiteten Elbenbogen.